Rollenspieler fragen Rollenspieler?

G

Gelöschtes Mitglied 5033

Guest
Ich habe eine Frage zu Fantasy Bögen, fand es aber irgend wie sinniger anstatt eines Threads, der gleich in die Versenkung verschwindet, diesen Thread zu machen. Kann auch am Kaffee liegen, aber ich stelle mir das wie folgt vor:

Einfach das Thema angeben und hoffen, dass sich die Richtigen angesprochen fühlen. Dabei geht es nicht, "mehr" Realismus ins Spiel zu bekommen, sondern sein Allgemeinwissen für den nächsten Klugscheißer - Contest zu steigern |D
Sollten Diskussionen auftauchen, bitte in ein eigenen Thread verschieben.

Thema: mittelalterliche Bögen bzw. Fantasy Lang/Kurz/Blabla-Bögen

Wie lange kann man einen Bogen gespannt halten ohne Einbußen beim Zielen?
Ist das schädlich für den Bogen, wenn man ihn über eine gewisse Zeit in der Hand gespannt hält?
Wie lange dauert der "normal" gezielte Schuß?

Danke :D
 
Thema: mittelalterliche Bögen bzw. Fantasy Lang/Kurz/Blabla-Bögen
Nachdem ich bald zehn Jahre in mittelalterlicher Schießtechnik mit reinen Holzbögen (ohne moderne Materialien hergestellt) schieße, gebe ich mal Auskunft.
Wie lange kann man einen Bogen gespannt halten ohne Einbußen beim Zielen?
Mit einem historischen Bogen "zielt" man NICHT! - Jedenfalls nicht so, wie es mit modernen Bögen mit modernen Materialien möglich ist, die man im ausgezogenen Zustand längere Zeit halten kann und wo man eine moderne Zieloptik verwenden kann.

Die historische "Zielweise" ist, den gesamten Körper nach dem zu treffenden Ziel auszurichten. Man "zielt" somit nicht über den Pfeil, nicht über die Pfeilspitze (was aufgrund des "Bogenschützen-Paradox" eh nicht geht, außer bei modernen Bögen, welche den Schaft ausgesägt haben - keine historische Technik!). Man "zielt" durch die Körperhaltung.

Wenn man richtig steht, die Schulter richtig vorne hat, die Füße richtig plaziert sind, und wenn der Auszug und das Lösen stimmen, dann trifft man. - Man zieht NICHT den Bogen aus und "visiert" dann irgendwie irgendwas an. - Das Heben des Bogens, das Ausziehen und das Lösen ist EIN Vorgang, der insgesamt über Treffen oder Nicht-Treffen entscheidet.

Ein Bogen ist kein Gewehr (wobei eben moderne Bögen mit modernen Materialien und moderner Konstruktion (Compound-Bögen) ein völlig anderes Schießen erlauben, das viel näher dran ist an dem, was man beim Gewehrschießen gewohnt ist).

Ist das schädlich für den Bogen, wenn man ihn über eine gewisse Zeit in der Hand gespannt hält?
Bei einem Holzbogen z.B. aus Eibenholz ist der Moment des maximalen Auszugs und damit der maximal gespeicherten Energie im natürlichen Material immer kurz vor dem BRECHEN der Fasern! - Somit hält man einen solchen Bogen NICHT ausgezogen! Der Moment des maximalen Auszugs vor dem Lösen ist wirklich nur ein Moment, ein Augenblick, ein Sekundenbruchteil.

Hält man einen noch so teuren, noch so gut gearbeiteten Bogen wie einen "Expander" länger im Vollauszug, dann kollabieren auf der Bauchseite des Bogens die Zellen und der Bogen wird schlechter. Nicht gleich beim ersten mal zu spüren, aber wenn man ansonsten qualitativ gleichartige Bögen vergleicht, von denen einer dergestalt MISSHANDELT wurde, daß er oft und lange ausgezogen wurde, während ein anderer normal benutzt wurde, dann ist das Degenerieren des Materials schon spürbar.

Dies ist bei Komposit-Bögen aus unterschiedlichen Materialien wie Sehnen, Horn usw. nicht so der Fall. Diese vertragen auch längeren Auszug deutlich besser als ein "Selfbow" aus einem einzelnen Stück Holz. Aber auch Holzbögen mit Verleimungen mögen das längere Ausgezogenhalten überhaupt nicht. Auch hier bilden sich bald Stauchfalten und der Bogen bricht irgendwann. - Das längere Ausgezogenhalten ist ein sicherer Weg einen Holzbogen zu ruinieren.

Wie lange dauert der "normal" gezielte Schuß?
Ich schieße NIE "ungezielt". Wie soll das auch gehen? - Wenn ich einen "gezielten" Schuß abgebe, dann ist das eigentliche "Korrekturmoment" bei der Feinausrichtung auf ein bestimmtes (kleines) Ziel ein Bruchtel der Gesamtzeit, die ich für das Anheben, Ausziehen, Lösen benötige. Also alles in allem vielleicht eine Sekunde für den Gesamtablauf, eventuell anderthalb, wenn ich es sehr bedächtig mit tiefer Atemtechnik ausführe. Davon ist der "Zielmoment" dann deutlich unter der Gesamtzeit, vielleicht eine oder zwei Zehntelsekunden für das eigentliche "Feinjustieren". - Wie gesagt, das grobe Zielen ist in der gesamten Körperhaltung.

Man schießt einen traditionellen Bogen mit dem GESAMTEN Körper.

Je moderner die Bögen, desto mehr tritt diese verdammt schwierige Technik aus dem ganzen Körper schießen zu müssen in den Hintergrund. Man kann einen Compoundbogen lange Zeit entspannt ausgezogen halten, mit einem gut eingestellten Visier verdammt genau schießen, vor allem, weil der Pfeil genau MITTEN durch den Schaft geht und die Sehne ihn direkt von hinten (statt historisch von hinten-seitlich) schiebt. Mit einem Auslöse-Clip an der Sehne und Stabilisatoren ist der Schuß butterweich und trotzdem SEHR kraftvoll (viel kraftvoller als bei manchen "bockigen" Holzbögen!).

Wie gesagt, langes Zielen mit einem natürlichen Holzbogen ist nicht. Macht man nicht. Macht den Bogen kaputt und - wichtiger noch - man BRAUCHT ES NICHT!

Ein Bogen ist eben kein Gewehr und keine Armbrust.

Siehe hier:
 
Danke dafür (y)

Mit dem "normal" gezielte Schuß, meinte ich im Vergleich mit dem blind feuern in Richtung Gegnerhorde.
Ansonsten wie schon gesagt, danke.
 
Wobei, wer mit einem Gewehr ohne Auflage lange zielt im Normalfall auch seine Zielgenauigkeit mindert, so ist es bei mir jedenfalls immer gewesen, wenn ich zulange im Stand gezielt hatte fing ich an zu verwackeln. Ich bin eigentlich auch mit dem Gewehr immer gut gefahren, kurz aufs Ziel konzentrieren, anlegen, kurz zielen und dann schießen. Ich stelle mir vor, daß das beim Bogenschießen noch extremer ist....

Gruß

Marduk
 
Wenn man mal auch nur einen gerade so für die Jagd tauglichen Bogen von nur vielleicht 40 oder 50 Pfund Zug anschaut (nicht erst einen Kriegsbogen, der im Falle der englischen Langbögen über 100 Pfund Zug haben mußte, um die schweren Pfeile überhaupt weit genug zu befördern), dann kann man den zwar ausgezogen halten, aber mit jeder Sekunde, die man versucht einen solchen Bogen gespannt zu halten, fangen die Muskeln an massiv zu ermüden, das Zittern setzt ein und man löst nicht mehr weich genug, versaut sich dadurch selbst den Schuß.

Man kann natürlich auch darauf trainieren. Das ist es ja, was einen historischen Bogenschützen z.B. der englischen Armee ausgemacht hat: Lange Jahre Übung mit nicht ganz leichten Bögen. Dafür waren die Bogenschützen aber auch mit Dreißig gesundheitlich im Eimer, insbesondere die linke Schulter war kaputt - ein klassisches Bogensoldatenkrankheitsbild.

Was beim Jagen mit Holzbögen öfter gemacht wird: Den eingelegten Pfeil mit LEICHTEM Zug als "Vorspannung" schon bereit zu halten (ohne diesen Zug fällt er leicht auf die Seite und man muß ihn neu einlegen). Im Moment, wo sich ein Ziel nah genug und lohnend genug darbietet, wird dann der Bogen vollends ausgezogen und gelöst. Der Schuß erfolgt dann ganz normal in einer einzigen flüssigen Bewegung. - Man bedenke: Beim Jagdschießen haben die Jäger oftmals nur zwei oder drei Pfeile dabei. Hier geht es darum NAH an das Wild heranzukommen, damit man einen sicheren Schuß landen kann. Es geht hier nicht darum mit einer Masse an Pfeilen ein Wild zum "Nadelkissen" zu machen. Daher machen sich Bogenjäger auch ihre Schultern nicht so kaputt wie dies die Bogensoldaten gemacht hatten.

Ich hatte als "höchstes der Gefühle" mit Langbögen von etwas über 90 Pfund geschossen. Diese sind "widerwillig", "bockig" und "prügeln" den Pfeil in die Luft (vergleichen mit meinen üblichen Bögen von 40 bis 55 Pfund). Wenn man einen Pfeil mit - je nach beabsichtigter Anwendung unterschiedlicher - geschmiedeter Spitze und entsprechend solidem Schaft schießt, daß er sich nicht durch die Bogensehne selbst spaltet, dann ist das schon ein Geschoß, das VIEL Energie mitführt. - Diese kriegstauglichen Bögen hält man NICHT in ausgezogenem Zustand! Da macht jeder nach kurzer Zeit schlapp und man trifft dann eh nichts mehr damit.

Wenn man sich Filme anschaut, in denen Gefangene mit "ausgezogenem Bogen" in Schach gehalten werden oder gar "abgeführt" werden, als ob es ein Gewehr oder eine Pistole sei, dann mache man sich bewußt, daß die dortigen Komparsen mit Bögen mit MINIMALEM Zug ausgestattet sind - denn sonst würden die bei solchem Ansinnen sofort schlapp machen und - schlimmer noch - zufälligerweise lösen und jemandem einen Pfeil irgendwo reinschießen.


Die Armbrust kann die Energie des Auszugs der Sehne SPEICHERN. Daher ist eine Armbrust für solcherlei Dinge sicher sinnvoller einsetzbar, wenn auch immer noch zum "Abführen" bekloppt. Das macht man mit dem Speer, wenn man eh schon so nah dransteht, oder gar mit dem Schwert.
 
Ich gehe mal davon aus, dass dein Beitrag auch für nicht-europäische vormoderne Bögen gilt, richtig?

Hält man einen noch so teuren, noch so gut gearbeiteten Bogen wie einen "Expander" länger im Vollauszug, dann kollabieren auf der Bauchseite des Bogens die Zellen und der Bogen wird schlechter.
Wenn das passiert, reicht es dann die Sehne an zu passen um wieder vernünftig schießen zu können oder ist der Bogen dann im Extremfall einfach hin?
 
Das Stauchen der Zellen auf der Bauchseite macht den Bogen nicht sofort unbrauchbar, aber eben auf Dauer. Bei längerem Gebrauch knickt der dann einfach ein. Brennholz. - Aber es geht auch "explosiver", wobei das eher beim Reißen der Zellen auf der Zugseite, dem Rücken des Bogens, passiert.
 
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