AW: Rollenspiele mit einem oder mehreren SCs
Ich stimme Vision zu: In östlichen Rollenspielen ist trotz hoher Storydichte keine besondere Identifikation mit den Protagonisten zu verzeichnen ... was immer das im Einzelnen auch überhaupt heißen mag. So eine wirkliche Identifikation bleibt, wie ich finde, in der Regel sowieso aus. Dazu müsste ja ein Gefühl des "Das bin ich!" entstehen.
Ich glaube diesen Effekt bekomme ich am ehesten in First Person RPGs, in denen ich Aussehen und Zugehörigkeit zu Fraktionen selbst bestimmen kann und am besten beim rumlatschen noch die Gliedmaßen von mir sehe. Fallout 3, Oblivion, Morrowind - Spiele dieser Art halt. Allerdings sollte die Welt auch konsistent sein. Bei Oblivion zum Beispiel nervt es mich tierisch, dass ich in allen Gilden gleichzeitig Mitglied sein kann. Als Oberjockel der Dark Brotherhood finde ich aber, dass ich irgendwie nichts in der Kriegergilde verloren habe ... zumindest hätte die Welt da in irgendeiner Form drauf reagieren müssen. Besser gelöst in Morrowind, wo nur gewisse Skillwerte das Voranschreiten in einer Gilde gewähr leistet (und wer eben nur auf Kämpfer gelevelt hat, kommt bei den Magiern nicht weit) und auch in Fallout mit seinem gut/böse Konzept, wo manche Aktionen auch über Städte hinaus nen miesen Ruf einbringen können - wobei auch das stringenter hätte durchgezogen werden können.
Spiele wie Baldur's Gate 1+2 oder Neverwinter Nights 2 oder auch das neue Dragon Age: Origins bringen mich eher in eine Position des Zuschauens und Taktierens. Zwar kann ich ebenfalls die Gesinnung durch meine Aktionen bestimmen, trotzdem spüre ich, dass ich nur eine Gruppe von Pixel-/ Polygon'soldaten' lenke. Ich bin nur dabei, nicht mittendrin. Und das allein durch die visuelle Position auf das ganze. Von hinten, von oben, von der Seite, isometrisch ... aber eben nicht mitten im Charakter. Diese Position finde ich zur Identifizierung schon sehr wichtig. Das Gefühl kann aber aufgeweicht werden durch die Art der Freiheiten die mir gewährt werden. Und da ist Baldur's Gate bisher ungeschlagen. Wenn ich Lust hatte schickte ich den Gruppendieb auf Beutezug. Ganz allein, abgeschottet vom Rest der Party. Klauen hier, Türen aufbrechen da und das mit absoluter Resonanz seitens der Bevölkerung. Bei Neverwinter Nights 2 (vom unsäglichen ersten Teil will ich gar nicht erst anfangen) war das ja nicht möglich. Man ging los, man klaute im Beisein der gesamten Party und wenn man den Wurf verhaute, dann passierte nichts.
Letztlich fühlten sich solche Spiele trotzdem eher wie eine Art taktisches Spiel mit mehr oder weniger hohem Storyeinschlag an.
Demgegenüber stehen dann die reinen Dungeoncrawler von damals Might & Magic, Wizardry und Konsorten. Tatsächlich stand das überleben und weniger die Story im Vordergrund. Alles was man machte war mehr XPs abgrasen, um zu überleben und magische Items finden und nicht zu vergessen Rätsel lösen (wahrscheinlich waren es jene Spiele, die P&Pler dazu inspirierten in jedem guten Abenteuer müssten Rätsel sein). Identifikation mit irgendwem ging gegen null. Die wirklich erstaunliche Ausnahme ist da in meinen Augen Wizardry 8. First Person und trotzdem ne ganze Party aus 6 Recken und jeder von denen hat Sprachsamples für alle Situationen. Ob nun bei nem Critical Hit, wenn ein Zauber nicht klappte, wenn man übel getroffen wurde, wenn man ne Geheimtür fand und und und ... man konnte aus zig Emotionsrichtungen wählen und dann quatschten einen die Charaktere zu. Ein Element, welches leider NIE wieder aufgegriffen wurde. Wie gerne hätte ich mal ein Wizardry gespielt mit diesem Feature und dann in besserer Grafik (die wirklich unter aller Sau, auch damals schon, war).
JRPGs sind ja nochmal ne Kategorie anders. Allein der Look hebt sich ja deutlich ab. Diese Spiele sind in der Regel in der Mechanik weniger kompliziert oder besser: Wenn sie kompliziert sind, dann weil es unheimlich viel mit Grinden, Dinge suchen und enormen Zeitaufwand zu tun hat. Final Fantasy und vor allem Star Ocean (mit seinem unsäglichen Dinge bauen Feature) sind was das angeht ja ganz groß. Die Spieler werden in solchen Spielen eher gegängelt. Open World meist (wenn überhaupt) erst gegen Ende (also ganz anders als Oblivion z.B.), die Dramaturgie wird konsequent durch Cut-Scenes aufgebaut, die Charaktere sind teils vorgegeben (wurd ja schon gesagt, dass sie dann in wenn man sie dann doch nicht bei hat, in wichtigen Storysequenzen wieder vor Ort sind) und alles läuft auf sehr viel Pathos und Theatralik hinaus. Das soll nicht heißen, dass nicht auch westliche RPGs mal ihre dramatischen Momente haben, aber JRPGs setzen dem ganzen die Krone auf, angefangen bei einzelnen Attacken (die eingeleitet werden und größtem Bimbamborium und Geschrei und dann keinen Schaden machen) bis hin zu Bösewichten, die einfach mal nur böse sind, weil das so sein muss.
Fazit:
Alle RPG-Subgenres spielen sich unterschiedlich in Optik, Dramaturgie und Management, vermitteln ein unterschiedliches Gefühl von Nähe zum Charakter oder den Charakteren und haben auch völlig unterschiedlichen Anspruch an den Spieler (eher storybetont, eher Kampfbetont - ARGH, Zufallskämpfe *fauch* - eher Micromanagement betont...).