@Huhn
Ne, die Diskussion ist durchaus noch am Leben, begrab' sie noch nicht. Ich hab das hier ja unter anderem eröffnet, um Gegenpositionen zu hören und zu lesen. Lass' dich vom Gebrüll nicht abschrecken, das sind nur Großbuchstaben.
Mir ist zum Beispiel schon klar, dass das dazu gedacht ist, den Spaß zu erhöhen. Ich sehe nur unterschiedliche Spaßquellen. Natürlich werden einige Spieler diese emotionale Achterbahn (gewollt oder ungewollt, bewusst oder unbewusst) mitmachen und es wird sie faszinieren. Es würde vielleicht auch mich faszinieren (bis zu einem gewissen Punkt, siehe unten). Es ist ja absolut richtig, dass der Immersionsgehalt oder sagen wir mal das emotionale "Investment" und damit vielleicht auch das Erlebnis gesteigert werden kann, wenn man gewisse Techniken anwendet. Allein auf dieser Basis ist das erstmal okay.
Die zwei Hauptprobleme sind für mich nur wie gesagt:
- Die unterschiedlichen Spaßquellen. Der Spielleiter, so wie er in Play Dirty illustriert wird, hat Spaß an seiner Zucht und seinen Experimenten, weniger an dem gemeinsamen road trip. Vielleicht ein bisschen, hauptsächlich scheint seine Befriedigung jedoch daraus zu erwachsen, wenn er der Meinung ist, dass seine Spieler durch sein Wirken eine höhere Daseinsform des Spielers erreicht und das Gefühl haben, durch den Fleischwolf gedreht worden zu sein.
- Sobald ich in dieser Situation wäre und merken würde, dass ich als Spieler manipuliert wurde (und so unoffensichtlich ist das ja nicht, bei der Knastszene zum Beispiel) würde ich mir verarscht vorkommen. So wie wenn ein Teenager auf der Straße zu mir kommt und kichernd sagt "hier, fünf Euro, kaufst du mir Zigaretten?". Er weiß, dass die Polizei um die Ecke steht und macht das, um mir eins auszuwischen. Wenn er dann auch noch auf dem Dunkler Rächer / Erzieher-Trip ist und mich mit dieser Praxis "erziehen" und mir "eine Lehre" erteilen will, ist das in meinen Augen noch einmal deutlich asozialer.
Für mich ist Rollenspiel kein soziales Experiment und ich fühle mich unwohl dabei, meine Spieler als Spielfiguren auf meinem Schachbrett zu begreifen. Das ist aufgrund der Formulierungen und der Prämisse der ganzen Herangehensweise für mich so essentiell und so schlecht von der "Technik" zu trennen, dass ich sie nicht gutheißen kann, selbst wenn sie möglicherweise zu erwünschten Ergebnissen führt.
Die kann ich allerdings auch anders erreichen. Ich muss meine Spieler nicht benutzen und hintergehen, um den Einsatz zu erhöhen. Das kann auch im Einklang mit ihnen geschehen, wenn ich ihnen zutraue, das mitzugestalten. Diese ganze "today we show your players who's boss, here's how."-Attitüde macht es natürlich nicht unbedingt sympathischer, das ist schon richtig.