Was du nicht verstehst, ist, dass ich nicht die Meinungsäußerung als Solche kritisiere, sondern die Verkleidung handwerklicher Kritisierung.
Zwischen "Der Film sieht komisch aus" und "Man erkennt deutlich, dass der Film unter immensen Schwächen in der Dramaturgie ab dem zweiten Akt leidet" besteht ein himmelweiter Unterschied. Sollte eigentlich klar sein. Die Sache ist die: wenn ich mich aus letzterem Vokabular bediene ist es damit nicht getan, das einfach nur zu sagen. Ich muss begründen, warum ich 1. überhaupt vermeintlich objektive Bewertungskriterien in der Praxis, Ausführung, also schlicht im "Handwerk" anführe und 2. in welcher Relation dies zum Gesamtwerk steht. Eine dramaturgische Schwäche lässt sich nicht wirklich identifizieren, wenn man die Dramaturgie, von der man ausgeht, nicht klar herausarbeitet. Zumindest ist es notwendig, hinzuzufügen, welche Dramaturgie, vielleicht welcher Aktbogen gemeint ist - der des Protagonisten? Ein Übergeordneter? Der einer Nebenfigur?
Es ist auch niemals sinnvoll, eine schauspielerische Leistung zu bewerten, wenn man sich nicht ernsthaft mit der Theorie der Kunst und Arbeit im Bezug auf den kritisierten Film auseinandersetzen möchte. In der Kurzform der Bewertung ist immer nur möglich, die subjektive Rezeption darzustellen, die in vielerlei Hinsicht mehr mit der eigenen Erwartung zu tun hat, als mit der tatsächlichen Arbeit des Schauspielers vor der Kamera, die auch widerum weitaus mehr Kriterien unterliegt, als die Erwartung des Zuschauers in Szene XY zu erfüllen.
"Schauspieler XY bringt es in der Rolle für mich einfach nicht" vs. "Das ist ja wieder mal ein grottenschlechter Versuch dieses Amateurs, sowas wie echte Gefühle darzustellen"
Wenn es schließlich um das "Pacing" geht, also letztlich eher um die Geschwindigkeit des Handlungsverlaufs und die Fokussierung einzelner Szenen ist es ebenso ziemlich leer, das einfach ohne Bezug raus zu hauen. Ohne Bezug ist eine Beurteilung von Geschwindigkeit und Szenenfülle überhaupt nicht möglich. Pacing funktioniert nur in Relation zu plot points, turning points und zur climax. Inwieweit das daneben liegt, hat damit zu tun, wie sich der Spannungsbogen über die Akte verteilt, was wieder von Medium zu Medium unterschiedlich ist. Der wichtigste Knackpunkt dabei ist das Pulp Fiction Dilemma: lange Dialoge, die unter den normalen Bewertungskriterien einer nicht zerbrochenen Erzählung, das Pacing "runterschrauben" und den Film "langsam" oder "langatmig" erscheinen lassen, geben dem Spannungsbogen überhaupt erst die Geschwindigkeit der nicht kausalen Erzählung vor und machen diese möglich, die Dialoge sind Träger des größten Teils der Handlung und können somit gar nicht mit den Dialogen in anderen Filmen verglichen werden, wenn man das nicht berücksichtigt. Pulp Fiction schlechtes Pacing vorzuwerfen, weil die Dialoge zu lang sind, ist eben genau so sinnvoll, wie Rambo vorzuwerfen, dass es viel zu lange braucht, bis einer mal rumballert.
Es hat also wenig damit zu tun, sich das "meiner Meinung nach" hinzuzudenken. Wenn du das Werk eines Schreiners, vielleicht einen Tisch, bewertest, kannst du das auf subjektiver oder handwerklicher Basis tun. Du kannst sagen "dieser Tisch gefällt mir nicht" (Laienmeinung) oder "Das ist ein schlechter Tisch" (Professionelle Meinung, bezogen auf die handwerkliche Qualität der Verarbeitung). Während nur sehr wenige Menschen, die keine Ahnung vom Schreinerhandwerk haben, für sich in Anspruch nehmen würden, dem Schreiner zu erklären, dass sein Tisch schlecht ist, im Sinne von dsfunktional oder schlecht verarbeitet (verwendetes Holz, Methode, Verzierung etc.)*, ist die Welt und vor allem das Internet voll von Leuten, die eine sehr pointierte Meinung über die Arbeit von Menschen haben, die Unterhaltungsmedien produzieren. Das ist nervig.
Jeder macht das mal. Man muss nicht bei jeder Aussage über einen Film bedenken, dass dahinter echte Arbeit steckt, von Leuten, die ihr Handwerk gelernt haben. Sollte man vielleicht, ist aber auch kein Beinbruch mal polemisch zu sein und über irgendwas herzuziehen.
Richtig nervig wirds, wenn ein überwiegender Teil der persönlichen Meinungsäußerung über dieses Schema verläuft. Richtig auffällig wirds, wenn man ohnehin schon dazu tendiert, eher mal zu meckern, als zu loben. Wenn persönlicher "dislike" immer damit einhergeht, dass die Schauspieler sowieso unter aller Sau sind und nichts von ihrer Arbeit verstehen, der Regisseur noch nie wusste, was er da macht, die Kameramänner alle besoffen sein müssen und die Drehbuchautoren am Besten nochmal in die Grundschule gehen sollten um rudimentäre Erzählstruktur zu lernen, wärs vielleicht Zeit, die Alarmglocken schrillen zu lassen.
Ganz nebenbei: Bisher habe ich noch keine echte Meinung von dir hier gelesen, nur "me too"-Posts zu schon bekannten Einschätzungen und Posts in denen du die Meinung anderer User angreifst. So etwas macht dich, meiner bescheidenen Meinung nach, zu einem ziemlichen Troll.
Dann solltest du genauer und mehr lesen, vielleicht ist dir da so Einiges entgangen.
Vielleicht solltest du das Fass aber auch nicht unbedingt aufmachen. Deine Meinungsäußerungen gegenüber gefühlt 90% der besprochenen Filme, Serien etc. sind auffallend negativ. Zusammen mit der Lobpreisung von absoluten Nischenprodukten, die möglichst weit abseits populärer Wahrnehmung sind, lässt das zwei Schlüsse zu:
- Du hast tatsächlich einen sehr einzigartigen Geschmack, der weit von dem anderer abweicht und nur schwer befriedigt werden kann.
- Du verordnest deine Meinung bewusst in exotischer Richtung und schiebst hohe Anforderungen und negative Kritiken vor, um möglichst weltgewandt zu wirken und Deutungshoheit, sowie einen erlesenen Geschmack zu suggerieren.
Kann ja Jeder für sich selbst entscheiden.
Ich möchte nur noch einmal anmerken, falls das bis hier untergegangen sein sollte: ich war lediglich an einer Erklärung für deine Beurteilungskriterien interessiert. Die fand ich nicht einleuchtend, damit wars aber auch getan. Auf die persönliche Ebene hast du es gezogen, also wein bitte nicht rum, dass ich das jetzt so möglichst breit ausformuliert habe, um mein Problem deutlich zu machen. Ich habe versucht, sachlich zu bleiben.
Wenn dich das alles nicht kümmert und du das anders siehst: fair enough. Ich hab meinen Punkt deutlich gemacht, für mich ist das soweit erledigt.
*es sei denn, es handelt sich um etwas Offensichtliches: ein Bein fehlt, das Holz bricht etc. .. das wäre dann vergleichbar mit "im Film fehlt eine halbe Stunde", "der Ton setzt dann und dann aus", "Ton- und Bildspur laufen nicht synchron"