Noorianische Geschichten

ExeQtor

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1. Januar 2011
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Hallo Leute,
Für mein aktuelles Rollenspiel Nooria (Siehe Signatur), habe ich angefangen, diverse Kurzgeschichten zu schreiben. Es soll eine Sammlung aus meheren Storys entstehen, die teilweise in einer späteren Geschichte fortgesetzt werden. Part 1 könnt ihr im folgenden Post oder in meinem Blog als komfortablere pdf Version lesen.
Kritik ist erwünscht.
 
AW: Noorianische Geschichten

Neue Hoffnung



Olec´s schallende Flüche rüttelten heute alle Langschläfer in ganz Feruam aus ihren Betten. Der immerzu mies gelaunte Kunstschmied war in ein wildes Wortgefecht mit dem örtlichen Fischer verfallen. Merle wusch die stinkende, verschmutzte Wäsche ihrer 3 vorlauten Bengel im Fluss und dachte dabei an ihren geliebten Mann, er war am gestrigen Abend allein in den Wald gegangen, weil er meinte, ein junges Wildschwein gesehen zu haben. Er war nicht zurückgekehrt. Gunnar bot seine Waren auf dem kleinen Marktplatz an und Bruder Jacobi beschwerte sich, dass für seine Kapelle das Geld fehlte.
Kurz gesagt: Es war ein ganz normaler Morgen in Feruam.
Aber was ist in dieser verrückten Zeit schon normal?
Mocham, so nannten die Einheimischen den schwarzen Nebel, hatte bereits Garet erreicht und dort die ersten Opfer gefordert. Und dabei liegt die beliebte Stadt der Gaukler und Spieler nur 2 Tagesmärsche von Feruam entfernt. Den Frohsinn und die Heiterkeit sucht man jetzt vergebens in Garet. Auch Erik Kaulson, Feruams Hauptmann, bemerkte es: Die Einwohner wurden nervös, sie sind verunsichert. Keiner hier hat genaue Informationen über Mocham. Dunkle Gerüchte und verängstigende Spekulationen sind an der Tagesordnung. Einige behaupten, dass man einen sehr schmerzvollen Tod erleidet, wenn man vom schwarzen Schatten berührt wird, angeblich versucht man im Todeswahn noch, so viele Gesunde wie möglich mit der Krankheit zu infizieren. Andere meinen, dass sich Mocham in das Gehirn des Betroffenen frisst und ihn steuert.
Doch keiner weiß es.
Es war an der Zeit, folgenschwere Entscheidungen zu treffen. Der Dorfrat hatte Nächte voller hitziger Diskussionen hinter sich. Jetzt war es Zeit, sich ans Volk zu wenden. Alle sollten mitentscheiden.
Jeder Einwohner des kleinen Küstenortes war am Mittag auf den großen Platz vor dem Rathaus getreten. Die Langschläfer waren wach und ein frischer, geschenkter Braamas Fisch konnte das Gemüt von Olec beruhigen, der jetzt brav und gespannt in der ersten Reihe stand.
Kilian Karlson, der oberste Stadtvorsteher und Erik Kaulson betraten das hölzerne Podest. Sie trugen prunkvoll bestickte Uniformen aus feinstem Stoff. Alle Augen waren auf sie gerichtet.
„Ich weiß, ihr seid alle beunruhigt, doch unser Volk stand dem Untergang schon oft näher.“ Er sprach mit fester und lauter Stimme. Doch wer ihn kannte, konnte einen Hauch von Verunsicherung in seinen Augen erkennen.
„Ich will unsere Lage nicht beschönigen, wie ihr alle wisst, konnte auch Garet den dunklen Nebel nicht aufhalten. Wir dachten nicht, dass es je soweit kommen würde aber wir werden wohl auch nicht verschont werden.“
Obwohl das wahrscheinlich alle Anwesenden schon länger wussten, machte sich beim letzten Satz ein aufgeregtes Grummeln in der Masse breit. Nie zuvor hatte ein so hohes Gemeindemitglied ausgesprochen, was jedem in Feruam bevorstehen wird. Die meisten Mütter hatten es ihren Kindern verschwiegen und auch die Alten haben nie an eine Lösung gedacht sondern ihren Kummer immer wieder verdrängt.
„Mocham lässt sich nicht durch scharfe Klingen fernhalten!“, rief Erik in die aufgeregte Menge. „Keine Barrikaden werden ihn aufhalten und kein Wille ist stark genug, ihm zu widerstehen.“
„Und was sollen wir dann unternehmen? Sollen wir hier alle auf unseren Tod warten?“, unterbrach ihn Alek. Er hatte Angst um Frau und Kinder, das sah man ihm an.
„Nein, aber wir müssen der Wahrheit ins Auge blicken. Viele von uns sind alt und schwach. Ich werde nicht von hier verschwinden und mir ein neues Heim suchen, wenn ich auch nur einen von euch zurücklassen muss.“
„Aber Erik, wir müssen hier weg! Wir sollten uns alle so bald wie möglich auf den Weg machen. Die Alten können sich doch auf die großen Pferdekarren setzen.“
„Ich verlasse doch nicht einfach so meinen Hof“, sagte Samuel, der wohl bekannteste Bauer der Stadt. „Was soll ich mit den Rindern machen? Was wird aus meinen Möbeln, meinen Essensvorräten und Emmas Bildern? Ihr denkt doch nicht, dass ich hier alles verrotten lasse und ins Nichts wandere? Wer garantiert mir, dass Mocham nicht hinter den nächsten Berg kommt? Wo wollen wir denn hin? Wer von euch weiß denn, wo es sicher ist? Es hat Jahre gedauert, bis sich Mocham von Keruam nach Garet verbreitet hat. Bis er hier ist, wurde sicher schon ein Gegenmittel gefu…“
„Still!“, unterbrach Kilian ihn. „Ein Botschafter berichtete uns gestern, dass schon fast jeder Zweite in Garet besessen ist und das, obwohl nach dem Ausbruch jeder Verdächtige eingesperrt wurde. Es geschieht schneller als ihr euch vorstellen könnt. Mocham könnte schon lange unter uns verweilen und auf den passenden Augenblick warten. Es gibt keine Garantien aber ich halte es für das Beste, wenn wir uns bald schon auf den Weg machen. Ich habe euch heute zusammengerufen, damit ihr es euch überlegen könnt. Bedenkt bitte, dass wir hier auf keinen Fall sicher sind. Gelehrte halten Nothringen für äußerst sicher. Wir sollten in spätestens zwei Wochen aufbrechen. Mehr Zeit wird uns nicht bleiben.“
„Bis wir in Nothringen angekommen sind, werden Wochen vergehen. Wie sollen wir es alle bis dahin schaffen?“
„Die lassen uns niemals in die Stadt!“
„Wo sollen wir dort wohnen? Sollen wir zweihundert Zimmer in einer Herberge mieten?“
„Ich bleibe hier!“
Kilian seufzte, er hatte damit gerechnet, dass sich nicht jeder überzeugen lies. Auch für ihn war es schwer. Er wollte niemanden zwingen, Haus und Hof zurückzulassen. Jeder einzelne Einwohner lag ihm am Herzen. Er dachte daran, wie groß die Bestürzung war, als vor drei Jahren die Felder vertrocknet waren und er verlangte, dass die Bauern ihr Gemüse auf dem Hügel im Westen anbauen sollten. Keiner wollte so weit laufen. Doch schließlich tat es jeder Einzelne, weil ihnen nichts anderes übrig blieb.
Unweigerlich musste er das Grinsen unterdrücken. Kilian wusste, dass alles gut wird.
Acht Tage später war jeder Langschläfer Feruams schon vor dem ersten Sonnenschein wach. Zahlreiche Wägen standen aufgereiht auf dem Weg Richtung Nothringen und wurden beladen. Die Alten saßen auf Wolldecken und erzählten den Jungen Mädchen alte Geschichten. Kilian gab das Signal zum Aufbruch. Sein Pferd trabte neben dem Konvoi. Merles Mann war inzwischen zurückgekehrt und Samuel hielt die Hand seiner Frau, während er über seine Schulter zurückblickte. Er sah seinen Hof zum letzten Mal. Ein Gebet zu Luzia, der Göttin des Glücks, lag auf seinen Lippen als er nach seinen Rindern schaute. Sie waren an den letzten Wagen gebunden, er wusste, dass sie brav hinterher laufen würden.
Feruam war eine Geisterstadt geworden. Keiner blieb zurück.
 
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