Wenn ein Spieler einen Roten nutzt, zieht der Marshal neu aus dem Pool. So weit so klar.
Scheinbar nicht.
Wenn ein Spieler einen Roten Chip zum Vermeiden von Wunden ausgibt, dann darf der Marshal KEINEN neuen Chip ziehen.
Nur wenn der Spieler einen Roten Chip zum Obendrauf-Würfeln auf einen bereits erfolgten Wurf ausgibt, darf der Marshal einen neuen Chip zufällig ziehen.
Was passiert nun jedoch, wenn ich als Marshal einen roten Chip nutze?
Dann bekommt der Spieler, dessen Charakter von diesem Einsatz des Roten Chips betroffen ist, einen zufällig gezogenen Chip.
Der Spieler bekommt jedoch KEINEN Chip, wenn der Marshal den Roten Chip nur zum Vermeiden von Wunden beim NSC eingesetzt hat. (siehe oben - das ist genauso bei den Spielern)
Im Interesse des Spiels wäre es ja, möglichst viele Glückschips in Fluss zu bringen, also alle Spieler ziehen lassen?
Nein. - "Im Interesse des Spiels" ist es NICHT allen Spielern so viele Chips wie möglich in die Hände zu geben, sondern die Spieler dazu anzuregen die NACHTEILE der Charaktere auszuspielen, so daß sie sich dadurch Chips VERDIENEN.
Beim Roten Joker der Initiative bekommen Spieler zufallsabhängig einen neuen Chip (nur der Spieler natürlich, der den Roten Joker gezogen hat).
Beim Resultat "Gebrochen" im Willensduell bekommt der Spieler, dessen Charakter dieses Ergebnis erzielt hat, einen neuen Chip.
Beim Einsatz eines Roten Chips durch den Marshal zum Obendrauf-Würfeln für einen NSC bekommt der davon betroffene Spieler (und nur dieser) einen neuen Chip.
Spielt man nach der Deadlands Classic 2nd Edition gibt es ja keine Kopfgeldpunkte mehr nach einem Abenteuer, sondern nur noch Chips, die man an bestimmten Meilensteinen des Abenteuers erhält. Diese sind meist nicht zufällig, sondern, je nach "Errungenschaft" im Spiel, mit festen Farb-Angaben versehen. Also z.B. "für das Auffinden der Leiche des Bahnhofsvorstehers einen Weißen Chip" oder "für die friedliche Beilegung der Streitigkeit im Goldgräberlager einen Blauen Chip".
Spielern KANN man als Marshal auch mal "einfach so" oder wenn einem etwas an gespielten Szenen besonders gefallen hat einen Chip geben. Meist ist dies ein weißer Chip. - Solche "freien Vergaben" sollten aber nicht das VERDIENEN der Chips durch das Ausspielen der Nachteile in den Schatten stellen. Diese Nachteile dienen ja dazu Helden mit Ecken und Kanten zu spielen. Daher ist das Erspielen von Chips über die Nachteile nach Intention des Regelwerks auch besonders wichtig.
Oder nur den Spieler, der durch den Einsatz meines roten Glückschips beeinflusst wurde?
Ja. Nur der.
Beispielsweise indem ich für einen der bösen Jungs etwas Schaden verhindere oder dem Banditenanführer auch mal die Möglichkeit geben möchte, den mächtigen Revolverhelden gnadenlos einzuschüchtern...
Nein. Nicht für das Vermeiden von Wunden! Da kann man sowohl als Marshal wie auch als Spieler beliebig viele Rote Chips einsetzen, ohne daß die "Gegenseite" einen neuen Chip ziehen darf.
Und dann die vielleicht doch philosophische Frage: warum als Marshal überhaupt Glückschips ziehen?
Weil auf diese Weise die WICHTIGEN NSCs etwas "härter im Nehmen" werden und sie nicht so leicht mit einem einzigen Schuß aus dem Sattel zu pusten sind.
Durch die begrenzte Spielleiter-Ressource der Glücks-Chips kann der Spielleiter seine wichtigen NSCs etwas länger "haltbar" machen und ihnen etwas mehr "Plot-Resistenz" geben. Aber sicher ist das natürlich nie! - Ein Spieler kann einem NSC auch schnell mal über explodierende Schadenswürfel 9 Wunden im Kopf reindrücken. Hat man als Marshal dann nur drei Weiße Chips rumliegen, dann ist der NSC so oder so hopps.
Warum zieht der Marshal dann Glücks-Chips? - Weil er eben diese Chips benutzt, um die Opposition etwas zu stärken, OHNE ZU BESCHEISSEN!
Das ist wichtig, denn Deadlands geht davon aus, daß man als Spielleiter FAIR spielt und KEINE WÜRFELDREHEREI oder ähnlichen BESCHISS vornimmt.
Wenn der Marshal mit seinen Glücks-Chips ordentlich haushaltet, dann muß er auch niemals bescheißen. Das machen nur die SCHLECHTEN Spielleiter, die ihre Spieler nicht respektieren und als SLs eh nichts drauf haben.
Wenn ich verdeckt würfele, kann ich so oder so das Ergebnis haben, was ich brauche.
Klar, bisher habe ich auch eher nach unten angepasst um Spieler ggf. zu retten oder eine wirklich coole Aktion durchgehen zu lassen... aber wirklich nach oben wollte ich bisher nie korrigieren, mir ist ja nicht daran gelegen, meine Spieler gnadenlos aufzureiben.
Du hast Deine Spieler BESCHISSEN. - Siehe oben: Du bist ein SCHLECHTER Spielleiter.
Man muß als Deadlands-Spielleiter NICHTS "korrigieren"! - Was auch auf Seiten des Marshals gewürfelt wurde, das gilt.
Ein "nach unten Korrigieren" ist besonders bescheuert, denn es heißt ja schließlich DEADlands! Hier STERBEN SCs auch schon mal, weil JEDER Kampf verdammt gefährlich ist und es auch so sein soll.
Wer die Knarre zieht, der läßt sich darauf ein, daß selbst ein wenig geübter Gegner durch Würfelglück einem die Birne wegpustet. Das sorgt dafür, daß die SCs nicht als marodierende Massenmörderbande durch den Westen ziehen. Selbst ein kleiner Junge, der den Revolver seines von den SCs erschossenen Vater nimmt und auf einen der SCs ballert, kann diesen in die Ewigen Jagdgründe schicken.
Und: SCs SOLLEN umkommen können, denn wie sollen sie denn sonst als Harrowed / Verdammte wieder zurückkommen? Dazu MÜSSEN sie sterben können.
Marshals sollen NICHT die Spielercharaktere zu "unverwundbaren" und "untötbaren" Überfiguren "pampern". - Wenn die Kugel mit dem Namen eines SCs drauf diesem das Licht ausbläst, dann ist es an der Zeit die Karten zu mischen und einen neuen SC zu erstellen. Wenn dieser SC nicht total scheiße gespielt wurde, dann ist das ein trauriges Ereignis, was den anderen Spielern auch für immer im Gedächtnis bleibt. Wurde der SC scheiße gespielt, dann "good riddance", weg mit Schaden, mehr Glück beim nächsten Charakter.
Offenes Würfeln würde da natürlich Glückschips nahelegen, aber ich sehe auch die Gefahr des "Musstest du das jetzt machen? Er hat mich doch vorher nicht getroffen. Du bist ein böser, mordlüsterner Marshal!"
Weichlinge! - Wenn ein Spieler derartig jammert und herumweint, dann zeige ihm, daß er gerade DEADLANDS spielt und nicht "Unsere kleine Farm" oder "Mein kleiner Ponyhof"!
Natürlich würfelt man bei Deadlands offen. Und selbst Marshals, die hinterm Schirm würfeln, haben sich aus Gründen der Fairness ihren Spielern gegenüber an die Würfelergebnisse zu halten, denn ansonsten wären sie übelste BESCHEISSER.
Die Spieler ziehen zu Beginn einer Sitzung je drei Chips. In einer Gruppe mit fünf Spielern haben die Spieler also 15 Chips plus all jene, die sie für das Ausspielen der Nachteile der Charaktere erhalten. - Der Marshal hat in dieser Gruppe nur 5 Chips. - Das zeigt, daß die Spieler es den NSCs ziemlich voraus haben, was das Wegstecken von Wunden anbetrifft oder das Wurf-Verbessern.
Wenn also der Marshal es den SCs mal mit ihrer eigenen Medizin für den einen oder anderen NSC zurückgibt, dann ist das KEIN Problem!
Als Marshal ist man ja NICHT DER GEGNER der Spieler, sondern man spielt die Gegner der SCs aus. Und wenn da einer darunter ist, der vom Charakter her besonders blutrünstig sein soll, dann kann man auch mal als Marshal einen Roten oder Blauen Chip auf einen Trefferwurf obendrauf würfeln, um einen SC eben doch noch zu erwischen. - Das machen die Spieler ja auch ständig für ihre SCs.
Wie gesagt, es heißt ja schließlich DEADlands und nicht "Weicheier-lands".
Die "sinnigste" Variante sehe ich derzeit schlicht bei Willensduellen, um dem ultimativen Killer-Charakter mal ein wenig Dampf zu nehmen und plötzlich die unscheinbaren Komparsen des Aufgebots zu eigenen Heldentaten zu animieren...
Was Du als "ein wenig Dampf zu nehmen" bezeichnest, kann Spieler viel mehr anpissen als einfach dem Charakter die Eier oder einen Arm wegzuballern!
Das Resultat "Gebrochen" bei einem Willensduell bedeutet, daß der Charakter den kompletten Konflikt VERLOREN hat und einfach nicht so weitermachen kann, wie sich auch der Spieler das vorher gedacht haben mag. - Das bedeutet, daß der Spieler einiges an freier Verfügung über seinen Charakter durch solch ein verlorenes Willensduell verliert.
Nimm mal einen NSC, der richtig gut in Verspotten ist und einem harten SC-Gunslinger, der ihn eigentlich über den Haufen ballern wollte, ein Gebrochen-Resultat beim Verspotten reinwürgt. - Der SC hat verloren und muß diesen Konflikt verlassen. Er wurde öffentlich gedemütigt und muß abziehen.
Das schmeckt nicht jedem Spieler. - Vergewissere Dich bei Deinen Spielern, daß sie WISSEN, wie heftig in Deadlands auch die sozialen Konflikte reinknallen können. Spieler, die ihre "Waffenträger" ohne soziale Fertigkeiten bauen, kotzen nämlich bei Deadlands ziemlich ab, wenn sie vom Cow-Town-Deppen per Verspotten vorgeführt werden. Wenn die Spieler wissen, wie heftig die Willensduelle sind, dann können sie ihre Charaktere entsprechend bauen.
Das geht auch umgekehrt! - Wenn man als Marshal meint, man hätte ein paar toll herausfordernde NSC-Gegner gebaut, aber bei diesen die sozialen Fertigkeiten vergessen, dann können einem die Faceman-Charaktere des Aufgebots diesen einfach jeglichen Kampfeswillen "weglabern". Also auch für den Marshal gilt bei Deadlands Classic bei den Willensduellen aufzupassen und die NSCs entsprechend zu gestalten, wenn sie kein "soziales Fallobst" sein sollen.
Aber wie alles in puncto Deadlands-Classic-Regeln gilt das natürlich nur, wenn der Marshal seine Spieler NICHT BESCHEISST.
Sobald man anfängt die Spieler zu BESCHEISSEN, Würfelergebnisse zu ignorieren usw., spielt man NICHT MEHR DEADLANDS, sondern "Cheat-Lands". Und da gelten einfach KEINE Regeln, weil die eh ständig gebrochen werden. Genauer gesagt ist es dann kein Rollenspiel mehr, ja nicht einmal mehr ein Spiel, sondern nur noch Spieler-BESCHISS pur.
Wer seine Spieler respektiert, der BESCHEISST sie nicht. - Dann klappt das auch mit den Spielregeln.