Rezension Mage: The Awakening [B!-Rezi]

Manny

Relikt
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Mage: The Awakening


WoD2 Kernregelwerk


Mage: The Awakening[/B] ist White Wolfs dritter Hauptpfeiler in der neuen World of Darkness. Ich kannte zwar Mage: The Ascension nicht, aber wollte (irgendein) Mage immer schon einmal probieren – nur ist The Awakening zuvor gekommen. Das ist aber kein Grund zum Bedauern, denn ich mag das neue System. Warum? Das versuche ich in dieser Rezension zu erläutern.

Makeup:
Das Buch selbst ist eins der breiteren in meiner World of Darkness Abteilung im Bücherregal. Mit ziemlich genau 400 Seiten stellt es damit eins der gewichtigsten Publikationen dar, und es kann sich sehen lassen. Es fängt schon am Äußeren an: ein türkis-zyan-hellblaues Farbenspiel, das Ruinen am Meeresgrund darstellt, abgebildet auf einem qualitativ hochwertigen Hardcover-Einband mit Reflexionen; in diesem Fall ist es ein verziertes Pentagramm in einem Pentagramm in einem Pentagramm.

Die Seiten selbst sind in üblicher White Wolf Grundregelwerk-Qualität: schwarzer Text auf weißem Grund mit goldglänzenden Überschriften. Was ein wenig sauer aufstoßen kann: der Illustrationsstil ist eine Geschmackssache, nicht jeder ist ein besonders großer Liebhaber der Lineart-Grafiken. Ich persönlich finde den Stil im Vergleich zu „Feinden“ aus den eigenen Reihen wie beispielsweise Werewolf: The Forsaken oder Vampire: The Requiem um einiges fürchterlicher – salopp gesagt. Wenn man aber darüber hinweg sieht und sich mit dem System selbst beschäftigt, dann stoßt man auf Goldnuggets.

Anstatt üblicherweise den Inhalt zusammenzufassen und stellenweise Kommentare einfließen zu lassen will ich es einmal umgekehrt versuchen und das System per se beschreiben, bevor ich einen minimalistischen Durchlauf durch die Kapitel starte.

Was also ist Mage? Das Cover versucht es in einer prägnanten Phrase zusammenzufassen, „A Storytelling Game of Modern Sorcery.“ Also weniger zauberstabschwingende Helden in einem grobmittelalterlichen Fantasyszenario und mehr in Richtung Hausmeister Franz, der mit reiner Gedankenkraft den Müllsack in den nächsten Eimer teleportiert.

Hintergrund:
Aber fangen wir einmal am Anfang an. Der dem Setting zugrunde liegenden Mythologie zufolge gab es vor langer, langer Zeit eine Stadt namens Atlantis – ja, ganz genau, die versunkene Stadt. Bewohnt wurde diese Stadt von der Menschheit, die die Thaumaturgie beherrschte. Dummerweise ist ihnen das Ego über ihre Macht nach einigen Generationen zu Kopf gestiegen, und Magier lehnen sich gegen Magier auf. Dem Sieger gehörte die Beute, oder eher Atlantis; die Besiegten, die später Exarchen genannt werden, mussten sich ihr Exil andernorts suchen.

All diese thaumaturgische Macht hat aber einen Ursprung, die Realms Supernal. Und natürlich machten sich die Atlanter daran ihre Macht und ihre Mittel darin zu investieren eine Leiter in die hohen Reiche zu errichten. Das gefiel den Exilanten nicht, und sie stürmten Atlantis und die Leiter. Die Stapelung der Ereignisse hatte leider nur einen fatalen Nebeneffekt: die Leiter hat sich desintegriert, die Welten sind erzittert und ganz nebenbei sind die Fundamente von Atlantis zerborsten. Zwischen der niederen Ebene und den höheren breitete sich das Abyss aus, quasi ein schwarzes Loch der Magie. Die Kunst der Thaumaturgie versiegte unter den zahlreichen „Schläfern“, aber es gibt noch einige Magier, „Orakel“, in den höheren Reichen, die das alles überdauern konnten. Und diese Orakel rufen hin und wieder Seelen zu sich zu den Wachtürmen, um sie zur „Wahrheit“ erwachen zu lassen. Soweit die Geschichtsstunde.

Realität:
Der „Wahrheit“ stellt sich aber die „Lüge“, das Abyss. Die Magier, die den Ruf einer der fünf Wachtürme empfangen, können aber nicht einfach so wild-zaubernd durch die Gegend rennen. Denn jedem Schläfer – und das ist beinahe jeder, der nicht früher oder später von einem Wachturm gerufen wird – liegt ein Funke des Abyss inne. Realitätsferne und surreale Geschehnisse werden mit Unglauben begegnet und alleine durch diesen Prozess werden realitätsbiegende Zauber wieder „entfernt.“ Schlimmer noch, jeder realitätsbiegende oder unglaubwürdige Zauber kann Paradoxa hervorrufen; die Realität und ihre Gesetzmäßigkeit versucht sich quasi selbst zu reparieren. Und während diesen Prozesses können üble Dinge passieren: von Zaubern, die plötzlich der eigenen Kontrolle entgleiten über unwirkliche Anomalien bis hin zu plötzlichen Besuchen namenloser Schrecken aus dem Abyss. Soweit die Nebenwirkungen, bei denen Arzt oder Apotheker auch nicht mehr helfen.

Kreativität:
Und jetzt zum meiner Meinung nach besten Aspekt des Settings: das Zaubersystem erlaubt so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann. Anstelle von „vorgefertigten“ Zaubern wie bei anderen namhaften Rollenspielsystemen kann man sich einfach Zauber aus dem Nichts ausdenken und sie wirken, ohne sie jemals „gelernt“ zu haben. Gut, ich hab in zweierlei Punkten übertrieben: man benötigt nach wie vor einen mehr oder weniger hohen Wert in den zugehörigen Arcana; und das Buch enthält bereits auf 134 Seiten (!) eine beeindruckend umfangreiche Sammlung an Zaubersprüchen, die eigentlich schon beinahe den ganzen Alltagsgebrauch abdecken. So groß die Sammlung auch klingt, man findet sich meistens gut zurecht; vorallem der eigene Index für Zauber kann ab und zu hilfreich sein. Für besonders skurrile Zauber, die in diesem Sammelsurium nicht abgedeckt sind, gibt es aber natürlich noch einen Leitfaden unter dem Stichwort „kreative Thaumaturgie.“

Leider gibt es auf den 400 Seiten nur einen Crashkurs in kreativer Thaumaturgie; man kommt nicht drum herum sich das Supplement zu beschaffen, das sich am meisten mit thaumaturgischen Details beschäftigt: Tome of the Mysteries. Neueinsteigende Spieler und Gruppen sollten es auf jeden Fall auf die Einkaufsliste setzen, wenn sie das System wirklich längerfristig spielen wollen.

Charaktere:
Es gibt in diesem Subsetting der World of Darkness aber auch wieder zwei „Achsen“, Orden und Pfad. Die fünf Orden stellen sehr salopp formuliert Gruppen auf Makroebene dar, die natürlich den einen oder anderen Stereotypen mit sich tragen. Pfade hingegen repräsentieren, unter welchem Wachturm man erwacht ist – und das ist eine permanente Angelegenheit.

Die fünf Orden sind:

  • The Adamantine Arrow ist vom Konzept her eine Mischung zwischen Miliz und Außenpolitik, hauptsächlich aber eher ersteres.
  • The Free Council ist eine eher junge Vereinigung von Freigeistern, die den technologischen Fortschritt willkommen heißen und in ihre Praktiken inkorporieren.
  • Guardians of the Veil stellen eher die innere Sicherheit dar, und das ist eine durch die Blume gesprochene Umschreibung. Exekutive eines Polizeistaates wäre vielleicht bildlicher.
  • The Mysterium beschäftigt sich, wie der Name schon impliziert, eher mit mysteriöseren Angelegenheiten, immer auf der Suche nach neuen Geheimnissen.
  • The Silver Ladder versuchen eher Führungs- und Beratungspositionen einzunehmen, um die Schäfchen zu führen.
Dazu gibt es noch die andere Achse, die fünf Pfade:

  • Magier am Acanthus-Pfad sind Glückskinder, die über die Zeit und das Schicksal bestimmen.
  • Die Mastigos krümmen das Konzept von räumlicher Distanz und ziehen die Fäden in den Köpfen ihrer Marionetten.
  • Die Moros herrschen über Materie, den Tod und damit implizit Gespenster; prädestiniert für Nekromantie.
  • Die etwas brachialeren Obrimos kommandieren weltliche Energien und übernatürliche Kräfte.
  • Magier auf dem Thyrsus-Pfad repräsentieren archetypische Schamanen und gebieten über Geister sowie das Leben an sich.
Magie:
Jedem der Pfade sind jeweils zwei Ruling Arcana sowie ein Inferior Arcana zugeordnet, die die Grenzen des eigenen Wachturmes bestimmen. Nicht jeder kann jedes Arcanum voll erschöpfen. Insgesamt gibt es übrigens zehn Arcana: Death, Fate, Forces, Life, Matter, Mind, Prime, Space, Spirit und Time. Bis auf eines sollten eigentlich alle selbsterklärend sein; Prime stellt in gewisser Weise die Kontrolle über Magie und magischen Dingen selbst dar.

Es kommt aber auch gelegentlich vor, dass Zauber nicht nur einem Arcanum zugeordnet sind. Einige Zauber haben mehrere Arcana-Anforderungen; beispielsweise benötigt ein Zauber, der einen unbelebten Gegenstand in kleine Spinnen zerfallen lässt, sowohl Kenntnis in Matter als auch Life.

Das Schöne daran: man muss keine endlosen Zauberformeln aufsagen oder Fingerakrobatik üben – Zauber entstehen aus der eigenen Vorstellungskraft und benötigen meistens nicht mehr. Es gibt aber auch Varianten jeder Zauber, die in Gesten und Mimiken „kodiert“ sind; das funktioniert ähnlich wie beim Pawlowschen Hund. Das erleichtert den Zauberprozess etwas für emporsteigende Magier, ebenso wie Wörter der Macht, die in der Hohen Sprache gesprochen werden (und für Schläfer klingt wie eine auf einem verstimmten Grammophon sterbende Katze... oder so ähnlich).

Und man darf die obligatorischen Special Effects nicht vergessen. Üblicherweise sieht man sie nicht, aber unsere Magier haben für jedes Arcanum einen passiven Zauber, der in die Kategorie „Mage Sight“ fällt und Special Effects wahrnehmbar macht – besonders mächtige und vorallem realitätsbiegende Zauber sorgen für nach Ozon riechender Luft, Engelschöre oder funkelnde Illusionen.

Das klingt zu schön um wahr zu sein – und das ist es auch: denn letztenendes sind Magier nur Fleisch und Blut, und damit ebenso sterblich und verwundbar wie normale Menschen.

Thema:
Die wohl schwierigste Frage im ganzen System ist allerdings: Ich bin nun Magier, was nun? Im Gegensatz zu beispielsweise Werewolf: The Forsaken, Promethean: The Created oder Hunter: The Vigil ist es nicht ganz so trivial, weil explizit nie etwas „empfohlen“ wird. Das kann bei Einsteigern für Kopfzerbrechen sorgen, ist aber unter dem Strich eigentlich ein positiver Aspekt: alle Türen stehen offen. Man kann in der lokalen Politik der Magier, dem Consilium, mitmischen, in die Fußstapfen von Indiana Jones und Lara Croft bei Artefaktensuche treten oder einfach nur diese wirklich lästigen Exarchen – die es übrigens immer noch gibt – loswerden.

Inhalt:
Zum versprochenen, minimalistischen Breakdown der Kapitel:
Das Buch fängt mit dem obligatorischen, achtseitigen Prologue an. Dieser hört übrigens mit den Worten „I am a Mage now. I can do anything“ auf, und ich denke diese zwei kurzen Sätze treffen das System an sich wirklich hervorragend.

Danach folgen Credits, Inhaltsverzeichnis und die neunseitige Introduction, wo Neulinge gleich sanft an das Konzept und den Hintergrund des Systems herangeführt werden. Etwas deplatziert wirkt an dieser Stelle allerdings das Glossar.

Kapitel 1 – „Arcanus Mundus“ – geht dann schon auf 39 Seiten näher ins Detail, was es mit dem System auf sich hat. Von der Geschichte von Atlantis, wie sie von paranoiden Magiern gehütet wird, bis hin zu Magiern in der modernen Welt.

Danach folgt mit Kapitel 2 – „Character“ – auf 45 Seiten das obligatorische, ausgearbeitete Charaktererschaffungssystem, das wie gewohnt an die Charaktererschaffung des World of Darkness Kernregelwerks anknüpft.

Kapitel 3 – „Magic“ – ist dann schon deutlich gewichtiger und nimmt mit 183 Seiten insgesamt den Großteil des Buches ein. Hier wird das Magiesystem erklärt und es gibt wie schon erwähnt eine ganze Menge an Beispielzaubern.

Danach folgen mit Kapitel 4 – „Storytelling and Antagonists“ – auf 49 Seiten ein paar Hinweise und Details für den geneigten Erzähler. Ehrlich gesagt habe ich das Kapitel als für mich nutzlos empfunden; es enthält einfach keine für mich neuen oder interessanten Informationen.

Danach gibt es nur noch Appendix 1 – „Legacies“ –, die obligatorischen „Spezialisierungen“ für die Achsen sowie Appendix 2 – „Boston“ – als sehr rudimentär gehaltenes Beispielszenario.

Inhaltlich an den Prolog anknüpfend folgt dann der Epilog, getrennte Indexe für Stichwörter, Zauber und Rotes (die kodierten Zauberformeln) sowie ein zweiseitiges Charakterblatt und die übliche Werbung für das Settingsupplement Boston Unveiled plus White Wolfs offiziellem Fanclub Camarilla.

Fazit:
Unter’m Strich sicher ein unheimlich versatiles System, das aber vorallem für Erzähler eine nicht unbedeutende Herausforderung darstellen kann. Das Grundregelwerk selbst ist streckenweise wieder schwammig und man kommt nicht dran vorbei das eine oder andere Supplement zu besorgen. In diesem Kontext empfehle ich übrigens Tome of the Mysteries als Must Have, und vielleicht noch Sanctum & Sigil sowie möglicherweise noch Intruders - Encounters with the Abyss.Den Artikel im Blog lesen
 
Bild für die Rezi:

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Tome of Mysteries? Wirklich? Da hab ich für mich persönlich so gar nichts Gewinnbringendes drin gefunden.

Umbedingt erwähnenswert ist, dass die Goldschrift nicht besonders gut zu lesen ist.

Das fehlende Thema braucht man nicht zu beschönigen. Fakt ist: Entweder du hast ne Idee, was du damit spielen willst oder du besorgst dir besser ein anderes Spiel. Um die Mythologie des Spiels kann man aber, wenn man möchte, problemlos herumkommen. Diese beiden Aspekte werden auch an deiner Interpretation deutlich:

Also weniger zauberstabschwingende Helden in einem grobmittelalterlichen Fantasyszenario und mehr in Richtung Hausmeister Franz, der mit reiner Gedankenkraft den Müllsack in den nächsten Eimer teleportiert.

Hausmeister, die Magie benutzen, um Müllsäcke zu teleportieren halte ich für meinen Teil in dem Spiel für abwegig. Erstens würde sich niemand dafür der Gefahr aussetzen Dox zu ziehen, zweitens haben Magier nicht die Not sich schlecht bezahlten Jobs auszusetzen. Höchstens noch als Hobby, aber dann würde man dafür wohl noch viel weniger Magie benutzen.
 
Out of Character

Wahnsinn... Themen werden hier wirklich nur diskutiert, wenn sie künstlich nach oben gepusht werden!
Merk ich mir ;)



Tome of Mysteries halte ich persönlich für kein wirkliches "must have". Es ist eher eine nette Erweiterung der Betrachtungsweise bzw. ein tieferes Eindringen in die Vorstellung von der Magie als solche:

  • wie kann man eigene Sprüche designen?
  • wie werden Sprüche tatsächlich gecastet, was geht dabei vor?
  • wie sind Kultur und Magie verwoben? Welchen Einfluss hat Technik auf Magie und umgekehrt
  • wie kann man Gegenstände enchanten, welche Auswirkungen hat das
  • ein relativ vages Kapitel darüber, wie die Mage der Antagonisten aussehen könnte, was hinter dem Horizont der SCs bezüglich Magie liegt, etc. ...
Ich hätte es jetzt eher als "ganz nett", denn als "must have" beschrieben.

Wem das Setting nicht so recht schmecken will, wer aber so wie 1of3 am Magiesystem Gefallen gefunden hat, dem kann ich den Mage Chronicler's Guide empfehlen:
http://www.aktion-abenteuer.de/b/th...ge-the-awakening-quellenband-team-rezi.72365/

EDIT:
Was tatsächlich recht cool am ToM ist, ist der Absatz über die Crossovermöglichkeiten bzw. die Interaktion von Mages mit anderen Charakteren der Kernregelwerke, also mögliche Konflikte mit Prometheans, Werwölfen, etc. ...
 
Oh, also ich hab mit dem Setting kein Problem. Es tut nur wenig. Da waren mal irgendwo eine Stadt, wo weiß man nicht. Da haben irgendwelche Leute was getan, was genaues weiß man nicht. Jetzt sitzen sie irgendwo, wo man nicht hinkommt. Die Magie kommt von Orten, die niemand gesehen, außer im Delirium. Das ist im Grunde nur Philosophie. Wenn man nicht will, hat es keine Relevanz fürs Spiel.
 
(..)Wenn man nicht will, hat es keine Relevanz fürs Spiel.
Was exakt der Grund ist, warum es so implementiert wurde, mMn.
Das zeichnet doch die komplette nWoD aus, dass sie quasi einen möglichen Hintergrund bietet, der aber in keinster Weise verpflichtend ist. Wer will, kann sich an der Mystik des Settings bedienen und die Andeutungen und das "Hörensagen" im Regelwerk harten Fakt sein lassen - wer nicht will, kann selbst eigene "Wahrheiten" implementieren oder losgelöst vom Setting spielen.

Siehe Vampire, Werewolf, Hunter...
 
Mein Problem an Mage ist, dass es für mich abseits dieses "Hintergrunds" relativ wenig zu bieten hat. Irgendwie erzieht sich für mich da kein roter Faden durch das Spiel, so wie es bei allen anderen WOD Systemen ist. Die nWOD braucht keinen "epischen Hintergrund" geschweige den einen Hintergrund weil ihre Stärken in den "kleinen" Interaktionen und den "Problemen des Alltags" der Subsysteme liegen.

Bei einem Changeling, Sinneater oder Werwolf ergibt sich für mich gleich ein Bild des Spiels gleich durch ihre Existenz, bei Mage erst wenn ich einen gewissen Hintergrund ins Spiel bringe. Eventuell ist mir auch damals beim Lesen etwas entgangen (was gut möglich ist ^^), aber Mage fühlt sich da etwas leer an.
 
Die anderen Kernregelwerke thematisieren in erster Linie die "Entmenschlichung" der Protagonisten:

  • Vampire werden immer mehr vom Tier übermannt, leiden unter unsäglichem Hunger, fürchten ihre Menschlichkeit zu verlieren und stellen entsetzt fest, dass sie irgendwann nur noch Menschen- oder gar Vampirblut nährt
  • Werwölfe sind nicht nur latente Choleriker sondern kämpfen verzweifelt gegen die ihnen inne wohnende tierische Wut, je mehr sie sich ihrer Werwolfs-Natur hingeben, um so fremder und unverständlicher wird ihnen die Menschheit
  • Hunter merken zwar, dass sie theoretisch etwas "Gutes" tun, weil sie ja gegen Monster kämpfen und gegen das Böse vorgehen, müssen dazu aber auch oft "Böses" tun, sich fragen ob der Zweck wirklich immer die Mittel heiligt und erleiden tatsächlich Extremes
  • Prometheans HUNGERN danach, menschlich zu werden... und das, obwohl nicht einmal ganz sicher ist, ob das überhaupt machbar ist, ist ja alles nur Legende!
  • Changelings sind quasi vergewaltigte Existenzen, die so sehr verändert wurden, dass sie das Kind zweier Welten sind - und doch in keiner von beiden mehr zu Hause sind! Alles ist fremd...
  • SinEater sind Tote... naja... scheiß Existenz!
Und Mages?
Im Grunde genommen thematisiert Mage meiner Meinung nach das schwierigste Thema der "nWoD Superheroes with kool Powerz". Nämlich 'Hybris' ( http://de.wikipedia.org/wiki/Hybris ); krankhafte, gefährliche Selbstüberschätzung. Die Mächte mit denen sie spielen zwingen sie an der Grenze zur absoluten Selbstüberschätzung entlangzubalancieren - oder diese bereits längst hinter sich gelassen zu haben. Und das ganze nicht als langlebiges Wesen, sondern als an sich schwaches, sterbliches Menschlein.
Das finde ich verdammt schwierig zu thematisieren und entsprechend in eine Runde einzubauen, ohne dabei in einem Aberrant-Supermovie-Verschnitt zu enden...
 
auch wenn ich noch bei SinEater die "du hast du eine Chance.. NÜTZE SIE" Message hinzufügen würde kann ich mich da nur anschließen.

Was dem Spiel dabei aber eventuell gut tun würde (zumindest aus meiner Sicht) wäre den Hintergrund weiter zu beschneiden, dafür aber mehr Focus auf das hier und jetzt legen, eventuell eben genau die von dir beschriebene Problematik zu benennen. Und ganz ehrlich? Ich würde den Mage dafür noch mehr "Powerz" geben. Warum sich bemühen die Zigarette mit dem Feuerzeug anzuzünden, wenn die Gedanken das für einen übernehmen.. warum nur Geschirr abwachen wenn es die Magie tun kann? Ich meine damit den "Magiegebrauch" in eine dekadente überdrehte Weiße auszuleben und sich aber somit eben den von nir genannten Weg der Selbstüberschätzung zu verstärken
 
Stimmt... das Thema "zweite Chance" ist bei SinEater tatsächlich der Kern des Ganzen.

Aber noch mal zurück zu Mage:
Ich persönlich finde die "Mächte" der Mages, sprich die Magie an und für sich stark genug. Ist ja alles damit machbar. Die Frage ist nur wie und zu welchem Preis / welchen Konsequenzen.
All das was du beschreibst kann ein Mage ja locker tun. Nur eben am besten in seinem Refugium, wo es nicht zu Paradoxa kommt.

Aber, um Missverständnisse auszuräumen, was meinst Du mit Hintergrund beschneiden?
Meinst Du damit das ganze atlantische Geschichtsgebrömsel (das mMn ohnehin nur optional ist), oder meinst Du den Ursprung, die Wirkung und die Gefährlichkeit von Pardoxa sowie deren Auswirkung auf Magie?
 
Nur würde zb das Zigaretten anzünden nicht Mana kosten? Und irgendwie ist da der Kosten/Nutzenfaktor etwas gering :)

Ich mein all das mit Atlantis, die Realms und Co. Das Paradoxa würde ich auf keinem Fall weglassen auch wenn es für mich keinen Ingamegrund braucht warum es da ist.
 
Übver die Manakosten einiger spezieller Sprüche kann man ja durchaus noch einmal nachdenken und diese verhausregeln. Da sehe ich keine Schwierigkeiten. Alternativ kann man ja an der Regeneration von Mana schrauben.

Den geschichtlichen Hintergrund empfinde ich wie gesagt ohnehin nur als optional. Mage könnte auch in einer komplett anderen World of Darkness spielen - oder in einer World of Darkness, in der es nie ein Atlantis gegeben hat. Vielleicht ist die "true tongue" auch gar nicht Atlantisch, sondern eben eine geheimnisvolle magische Sprache - und der Geschichte mit Atlantis wurde nachträglich dazu gedichtet, um eine andere, größere, bedrückendere Wahrheit zu verschleiern? Diesbezüglich kann man sich ja auch hervorragend an der oWoD bedienen oder diverse andere Ideen verarbeiten.

Wie gesagt, ich persönlich finde Mage in keinster Weise eingeengt, im Gegenteil: Die Bandbreite dessen, was man damit alles anstellen kann finde ich extrem erschlagend und überwältend. Tatsächlich wortwörtlich: Ich habe zwar momentan ein paar mMn gute Ideen für eine Chronik, die benötigen aber auf Grund der Vielfalt an Möglichkeiten für Spieler und SL noch SO VIEL Vorbereitung, dass ich vor dem Berg an Arbeit zurück schrecke ;)
 
Mage könnte auch in einer komplett anderen World of Darkness spielen - oder in einer World of Darkness, in der es nie ein Atlantis gegeben hat. Vielleicht ist die "true tongue" auch gar nicht Atlantisch, sondern eben eine geheimnisvolle magische Sprache - und der Geschichte mit Atlantis wurde nachträglich dazu gedichtet, um eine andere, größere, bedrückendere Wahrheit zu verschleiern? Diesbezüglich kann man sich ja auch hervorragend an der oWoD bedienen oder diverse andere Ideen verarbeiten.
Ich habe zwar Mage noch auf dem Stapel der Regelwerke, die irgendwann mal dran sind mit lesen, aber was Hintergründe für die nWoD anbelangt, die gerade in dem Bereich noch ein wenig abgespaceter sein sollen, gibts ja noch'nen Klassiker mit dem man auch arbeiten kann, wenn das System in dem Fall wirklich so frei von jeglichen Muss-Vorgaben ist: Kult. (Andererseits fände ich Magier der Unknown Armies Variante für die nWoD auch noch eine ziemliche Bereicherung. Und sei es nur als SLC die auf die übrigen Ungeheuer treffen.)

Und wenn die "true tong" wirklich wie eine Katze, die von einem Gramophon gequält wird, klingt könnte man ja zur Not auch die Esperanto-Erklärung im Hinterkopf behalten. (Mit ein wenig Dresden Files gewürzt.) dann ist es einfach eine Kunstsprache, die als Krücke zum Magie-Wirken diehnen sollte, dann aber im Laufe der Zeit vermythologisiert worden ist.
 
Och, die True Tongue hat ja den "Vorteil", dass mundan Menschen (die Sleeper) sie nicht verstehen und nichts lesen können, was darin geschrieben steht. Sie IGNORIEREN sie sogar. Dahingehend könnte man sie auch einfach als eine Sprache beschreiben, die mit einem magischen Ritual für eine bestimmte Zielgruppe "uninteressant" gemacht wurde... So viele Möglichkeiten :)

Die Idee, Mage mit anderen Setings alá KULT oder DF zu mergen gefällt mir übrigens auch sehr gut...
 
Ich hab nMage eigentlich - wegen der gnostischen sichtweise - von anfang an mit KULT verbunden - was die hälfe meienr Gruppe in Panik versetzte als sie es merkten, da sie überlebende meiner alten KULT-Runde waren...
 
Tipp: Die Soundtracks der ersten vier Silent Hill spiele auf random repeat und ganz knapp über die Hörgrenze sind ein guter anfang ;)

EDIT: Und Zwölftonmusik. Aber nicht wenn eine Katze in der nähe ist
 
DAS würd ich gern mal leiten und oder spielen, aber leider wollten meine Spielers nicht.
Da musste ich Werwolfie: De Verlassenen mit ihnen spielen. xD
 
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