AW: Löwenclub - DER Gentlemen-Club der Rollenspielszene
Grundsätzlich könnten Rollenspiele mMn in eingängiger Form ... sich für viele Menschen als Freizeitbeschäftigung eignen (These).
Und dasselbe gilt ja wohl auch für Brettspiele - und zwar auch für die weniger eingängigen als nur "Mensch-ärgere-Dich-nicht!". Und erst recht für Schach oder Skat oder - gerade sehr en vogue - Poker nach Texas Hold'em Regeln.
Wenn sich etwas als Freizeitbeschäftigung, genauer: als AKTIVE SPIELERISCHE Freizeitbeschäftigung (im Gegensatz zu passiven wie Fernsehschauen oder sportlichen wie Aerobic) für viele Menschen eignet, dann heißt das ja noch lange nicht, daß es einen spürbaren öffentlichen Einfluß oder auch nur eine spürbare Sichtbarkeit erlangen muß.
Aerobic kam auch nur mit Filmen wie Flashdance auf, wo die Hauptdarstellerin in so seltsamen Klamotten rumgerannt ist und den Jane Fonda Videos, wo man die gute (alte) Jane beim Sich-Bewegen-in-engen-Trikots anschauen konnte. - Die Mechanismen, die eine Beschäftigung ins Rampenlicht, in den Blick der Öffentlichkeit rücken, können sehr weit weg vom Gegenstand der eigentlichen Beschäftigung sein. (Siehe die Counterstrike-Thematik im Zusammenhang mit gestörten Mördern.)
Schach ist ein sehr altes, sehr verbreitetes, und vom Regelwerk her sehr leicht zugängliches Spiel. Es gibt auch in vielen Orten Schach(sport!)vereine, Turniere, etc. Von Schachmeisterschaften wird berichtet - auch in der Glotze. Es gibt Spielfilme und sogar Musicals darüber.
Auch Brettspiele sind sehr bekannt und in anderen Medien verwurstet worden (Monopoly als Liedtitel, Jumanji als zentralen Gegenstand, um den sich der ganze Film dreht). Und umgekehrt findet man Stoffe aus Film, Fernsehen, Comics auch im Brettspiel (oder Kartenspiel - da sind die Grenzen inzwischen auch fließender geworden) wieder. - Auch hier gibt es Turniere. Hier gibt es, oft als MIT-Veranstaltung bei Rollenspielvereinen oder auf Rollenspiel-Cons, Spielmöglichkeiten, Treffs für Interessierte, Spielerunden (auch für bzw. MIT Senioren - generationenübergreifendes Spielen halte ich für eine sehr gute Sache).
Schach hat eine Vereinsinfrastruktur. Brettspiele, Kartenspiele (Skat, aber auch Blue Moon, oder andere) haben das inzwischen auch (außer bei Skat und anderen Klassikern, sind die neueren Spielevereine ja erst im Kommen).
Aber weder Skat, noch Schach, noch Tipp-Kick, noch Siedler von Catan haben eine solche "soziale Infrastruktur" erreichen können, daß sich dort die Idee dieses Thread, die Idee eines elitären Clubs der Reichen und Einflußreichen herausgebildet hätte.
Bei Karnevalsvereinen ist das anders. DIE HABEN ihre Eliten-Clubs, in denen man gefälligst Mitglied sein muß, um überhaupt eine Chance auf ein Landtagsmandat zu haben. Wie die Verstrickungen der Karnevalsvereine gerade in Mainz aussehen, da hatte ich "Insider-Informationen", die mich schwindlig werden ließen. - Karnevalsvereine sind KEIN SPASS.
Es gibt nun auch eine gewisse - und verglichen mit Tipp-Kick sogar recht große - Anzahl an Rollenspielvereinen in Deutschland.
Nur sind die meist nicht gerade öffentlichkeitssichtbar.
Woran liegt das?
Problem ist hier meine Ansicht nach eben, dass viele Rollenspieler
a) gerne einer Subkultur angehören wollen und folglich am Mainstream gar kein Interesse haben
Das kann ich aus meinen Spielerkreisen innerhalb und außerhalb des Vereins nicht bestätigen. Nur die mir bekannten Vampire-LARPer sind nicht das, was ich als sozial interessiert bezeichnen würde - das mag aber mehr an den einzelnen Personen, weniger an dieser Art des Rollenspiels allgemein liegen. (Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht hinzufügen müßte, daß sich gerade beim Vampire-LARP solche Leute SAMMELN, denen ich auch am helllichten Tage gerne unter Wechsel auf die andere Straßenseite den Gehweg lasse. Aber ich bin alt und intolerant und deshalb darf ich das.)
DIE Rollenspieler gibt es meiner Erfahrung nach NICHT.
Es gibt bei den Rollenspielern in Deutschland sehr unterschiedliche "Geschmacksrichtungen", die man mit solchen pauschalen Zuordnungen zu DER Rollenspieler-Subkultur meiner Meinung nach unzulässig vergröbert darstellt.
In meiner "Alte Säcke (tm)"-Runde bin ich der Jüngste (mit momentan noch 42 Jahren). Die Leute dort haben ALLE fest Jobs in unterschiedlichen z.T. auch leitenden Positionen (nein, nicht im Management - solche und die Zeugen kommen mir auch nicht in meine Wohnung). - Alle spielen neben Rollenspielen auch Brettspiele, Kartenspiele, Computerspiele. KEINER spielt WoW. KEINER spielt Handy-Spiele. Fast alle betreiben Sport - die meisten aktiv und seit Jahrzehnten Kampfsport unterschiedlicher Richtungen.
Die Überschneidungen mit Goth-Freak-Darkies sind gleich NULL.
Das ist im Rollenspielverein anders. Da spielen in den P&P-Runden auch WoW-Spieler mit, da sind in P&P-D&D-Runden auch Vampire-LARP-Spieler als Spielleiter aktiv. Da spielen hartgesottene Tabletop-Spieler beim P&P-Deadlands mit. Da sind in einer Runde 15-Jährige und 45-Jährige am Spielen.
Meine Erfahrung ist, daß die Rollenspieler gerade im Verein so dermaßen unterschiedlich sind, daß ich keine in sich homogene Subkultur feststellen kann, sondern wirklich ein buntes Miteinander erlebe. - Und ein Miteinander, welches IMMER BEREIT und OFFEN ist für NEUE INTERESSIERTE.
Hier besteht keinerlei einschüchternde Abgrenzung, wie ich sie als Neuling z.B. in Billiard-Clubs erfahren habe, sondern jeder, der kommt zum Schauen, zum Reden, zum Spielen ist herzlich willkommen.
Daß es auch andere Rollenspielgruppen geben mag, die sich eher vom Rest der Republik abseparieren wollen, das ist wahrscheinlich. Aber die sieht man eh nirgendwo.
Wie überall im Leben gibt es auch bei den Rollenspielern die aufgeschlossenen, die an die Öffentlichkeit gehenden, die ein positives Bild vom Rollenspiel vermitteln wollenden, und die anderen, die sich nicht engagieren wollen, denen es egal ist, ob jemand mit dem Begriff "Rollenspiel" etwas anfangen kann.
b) in vielen Fällen wenigstens teilweise einen "Außenseiter-Hintergrund" haben und sich daher
Was heißt das "einen Außenseiter-Hintergrund"? - Wie definierst Du hier "Außenseiter"? Und zu welchen Zeiten? Nur in der Schule? Oder auch in der Uni? Oder in der Ausbildung? Oder im Job? Oder im Sportverein? Oder....
c) als Vorbild für den Mainstream oft nur bedingt eignen.
Was ist denn "vorbildgeeignet"? - Die Big Brother Exhibitionisten? Die "Superstars"? Paris Hilton? Die Leute vom KSK? Die Kanzlerin?
Von allen Bewohnern der Bundesrepublik eignen sich bestenfalls eine Handvoll wirklich als Vorbild für den Mainstream. Und da zähle ich mich schon mit rein.
Was wirfst Du DEN ROLLENSPIELERN in ihrer Gesamtheit hier eigentlich vor?
Daß sie genausowenig "Vorbildcharakter" haben, wie die Leute, die mit ihrem Cayenne ins Wäldchen fahren, dort den 9 Jahre alten angeleinten Schäferhund eines Rentnerehepaares erschießen und das für eine entspannte Freizeitbeschäftigung halten (und darüber im "Club" entrüstet erzählen, daß schon wieder so ein räudiger Hund die ganzen Rehe und Wildschweine gerissen hätte, wenn sie ihn nicht umgelegt hätten)?
Sind die Ackermanns und Essers die Vorbilder für den Mainstream?
Vermutlich wollen die meisten Rollenspieler diesen Zustand auch gar nicht ändern. ;-)
Der "Zustand", so wie Du ihn beschreibst, ist zunächst schon einmal ein sehr verzerrte Sicht auf DIE ROLLENSPIELER.
Und "die meisten Bundesbürger" wollen ja auch am Zustand der Republik nichts ändern.
Die MEISTEN MENSCHEN wollen sich NICHT ENGAGIEREN.
Aber mit solchen "vermutlich"-Phrasen übersieht man leicht, daß es eben DOCH Leute gibt, die sich jede Woche aktiv engagieren. Die in Vereinen oder hier mittels des Forums für ALLE die Möglichkeit schaffen miteinander in Kontakt zu treten, miteinander zu spielen, miteinander zu LEBEN.
Es engagieren sich immer nur wenige.
Überall ist das so.
Das scheint aber nicht schlimm zu sein.
Die Fußballvereine haben VIELE Mitglieder. Sie sind SEHR medienpräsent. - Wieviele von diesen Mitglieder spielen wirklich aktiv Fußball? Wieviele von diesen Mitgliedern engagieren sich AKTIV für ihr Hobby? - Eben.
Ich habe lieber einen Rollenspielverein mit 40 Mitgliedern, wo nur eine Regel gilt: Jeder spielt! Statt einen mit 400 Mitgliedern, wo auch nur 40 AKTIV sind.