Spielfilm Kriegs/Gewaltfilme

Doomguard

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ich möchte mich hier darüber unterhalten, warum man sich gewalt- und kriegsfilme ansieht.
ich stelle meine motivation und erfahrung zur disskussion und würde mich über eure freuen:

1. menschen weren in extremen situationen dargestellt. ich fühle mich damit konfrontiert, wie ich wohl in so einer situation handeln würde ohne wirklich in der situation zu stecken 8und verletzt oder getötet zu werden, ein imenser vorteil ;) ). desweiteren kann man das handeln der charaktere abwägen und beurteilen und möglicherweise inspirationen für das eigene bewusstsein bekommen.

2. mitgefühl.
man fühlt mit, ich habe mich dabei entdeckt, als ich "we were soldiers" gesehen habe, wie ich in einer szeene tatsächlich aufgeschrien habe (hab den film leider alleine gesehen, so dass mir niemand beistehen konnte) als ein brandopfer als man ihn ans bein fasste um ihn wegzubringen, die haut vom bein angestreift wurde. es war so überraschend und echt dargestellt, dasmein empfindliches wesen darauf unbeherrscht reagierte.
dieses verhalten wirkt möglicherweise ein wenig masochistisch (warum setzt man sich solchen dingen freiwillig aus) aber es gehört zum gefühlsspektrum und lässt mich angenehme dinge auch intensiver erleben.

3. erlebenen und versinken in apokalyptischen kompromisslosen unveränderlichen momenten (doom)
bei kriegsfilmen gibt es oft apokalyptische szeenen, in denen es ausser der kompromisslosen vernichtung kaum raum für andere gefühle gibt. dieses nimmt mich sehr ein und gibt mir das gefühl, fasziniert und ergriffen zu sein. ich fühle mich leer und doch intensiv lebendig zur gleichen zeit. man verschmiltzt irgendwie mit der situation und sieht das nun gleich endende leben ineiner ungeahnten klarheit vor sich. (ich weis nicht, ob das jemand nachvollziehen kann, aber es umschreibt die bestehenden gefühle am besten). das bewusstsein vergeht vor den urgewalten und das einzige was man tun kann, ist loslassen, ändern kannman sowieso nichts mehr, ein gefühl der freiheit, was mit hineinspielt.

4. heldentum.
menschen wachsen über sich hinaus und verändern sich. dan kommt es zu epischen heldentaten. taten bei denen der egoismus nicht mehr im vordergrund steht, bei denen es um ein "höheres" ziel als das eigene wohlbefinden/leben geht. sicher kann man darüber disskutieren, ob es nicht auch egoismus ist, wenn mann sich für andere einsetzt, aber das gemeinschaftsgefühl,die bewunderung und der respekt ist auf jeden fall vorhanden (auch, wenn ich im einzelfall nicht unbedingt so handeln würde). man lässt sich vom "spirit" beflügeln.
 
Ja, zu den von dir genannten Punkten gebe ich dir recht und empfinde sie auch relativ ähnlich. Aber mir ist noch ein weiterer Punkt oftmals sehr wichtig:
Die Trostlosigkeit des Krieges und des Kampfes. Wenn es ein guter Kriegsfilm ist, erkennt man den Wahnsinn des Krieges und möchte am Ende kein Held sein, kein Soldat, kein Krieger und auch kein Zivilist der an so einem Krieg teilnimmt. Man sollte die Nutzlosigkeit des Krieges erkennen und sich auch damit auseinander setzen können.
 
Hmmm. Interessante Frage.... Eigentlich seh ich mir Filme an um unterhalten zu werden. Darunter fallen auch Gewaltfilme (beispielsweise der indizierte "Der blutige Pfad Gottes"). Ich weiß nicht, irgendwie fiebert man mit, das hat wenig mit irgendwelchen Motiven zu tun, eher mit Spannung, Überraschung - mit Emotionen. Das gilt aber nicht nur für Filme, die Gewalt darstellen. Alle Filme sollten Emotionen wecken, ein Film der bei mir nichts anspricht, ist in meinen Augen kein guter Film. Und was für mich wichtig ist, ist das die Emotionen in irgendeiner Form "positiv" sind, bzw als solche empfunden werden.
Ich stelle mir keine Fragen wie: "Wie würde ich handeln?" Ich will einfach Unterhaltung, Realität ausblenden. Deshalb schau ich mir beispielsweise auch keine Filme wie "Schindler´s Liste" an. Das ist für mich irgendwie "Realität", das will ich nicht sehen (dazu kommt das ich Geschichte studiere und mein "Spezialgebiet" die nationalsozialistische Judenvernichtung ist). Filme wie diesen empfinde ich nicht als "Unterhaltung", aber genau das ist es, was ich will wenn ich mir ne DVD anschaue. Ein, zwei Stunden Alltagsstress vergessen, lachen, mitfiebern - entspannen. Und ich kann das auch, wenn ich Filme ansehe die Gewalt zum Thema haben. Ich ziehe allerdings Filme wie "Snatch", "Reservoir Dogs" oder so was vor. Das heißt nicht, da ich keine "ernsten" Filme anschaue, nur gehe ich dann die Sache anders an...

Nicht besonders tiefsinnig, aber das was mir halt grad so einfällt...
 
Man sollte da vielleicht zwischen Kriegs- und Antikriegs-Filmen differenzieren. Dazwischen ist nämlich ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. (Auch wenn Nächte eigentlich wie Tage sind, nur nicht ganz so hell.)

Was reizt mich an Antikriegsfilmen?
Die düsteren Emotionen - Hoffnungslosigkeit. Schmerz. Hoffnungslosigkeit.
Es sind keine schönen Emotionen, aber sie sind Teil von mir.

Das abschreckende in der Gewaltdarstellung. Ich will nicht dass die Leute wie bei good old Eastwood sauber umkippen. Ich will auch keine kindische Fixierung auf rausgeschnittene Herzen und mit Kettensägen abgetrennte Gliedmaßen.
Ich will das Opfer sehen. Das was die Gewalt wirklich anrichtet, hinter dem Schleier der Heroik. Denn das ist der Kern der Gewalt, und das ist es was ich meinen Spielern auch in den meisten RPGs zeigen will wenn ich leite. Es ist häßlich, verstörend. Aber es ist die Wahrheit.

Was reizt mich an Kriegsfilmen?
Sehr wenig. Ich hasse Verklärung, ich hasse falsches Heldentum. Bestenfalls kommt dabei im Halbschlaf akzeotierbares Popcorn-Kino raus.
 
kahlams punkt möchte ich auf jeden fall noch zustimmen.
blutige pfad gottes usw. sehe ich mehr als komödien, als als filme, über die ich hier disskutieren möchte an. (klar, ich seh mir so etwas auch an und lache, aber das warst dann auch schon, es ist wirklich nur trivialunterhaltung)
 
Doomguard schrieb:
naja ich finde es eher schrecklich das es überhaupt so etwas wie heldentum im Krieg gibt, insbesondere in diesen Amerikanischen kriegsfilmen wo die Amis als die guten heroischen tapferen dargestellt werden und ihre opposition als die Bösen und terroristen

Es gibt keine heldentaten im krieg genausowenig ist Krieg heldenreich man sollte immer bedenekn das es zwei seiten gibt und wenn die eine seite die andere seite errschiesst, ist trozdem jemand tot
 
es gibt heldentaten im krieg. diese sind meistens eher menschlicher natur, als von besonderer zerstörungskraft geprägt, aber es gibt sie zuhauf. in den moderneren kriegsfilmen wird sich auch bemüht, krieg immer als brutal, rücksichtlos und schlecht darzustellen, weiterhin werden beide seiten dargestellt, zwar schon noch etwas amerikanisch eingefärbt, aber, es wird versucht, auch die andere seite einigermassen objektiv darzustellen (der schmale grat, windtalkers, we were soldiers)
 
Was Heldentum und Krieg angeht:
Es gibt kein Heldentum im Krieg, aber es gibt Heldentum während des Krieges.

Krieg ist die militärische Konfliktlösung zweier oder mehrerer größerer Gruppen. Dazu zählt das taktische Manövrieren, die Rüstung und Versorgung, strategisches Vorgehen, das Befolgen von Befehlen und Erfüllen von Missionen und Zielen. Krieg an sich ist nur abstrakt. Er funktioniert nach demselben Prinzip wie ein Schachspiel. Aber aus Krieg folgt anders als beim Schachspiel direkt eine ganze Reihe schrecklicher Konsequenzen.

Die Folgen eines Schachspiels sind ein paar Holzfiguren, die von einer Stelle an eine andere bewegt werden. Aus Krieg erwächst Tod, Elend und Zerstörung.

Es kann kein Heldentum im Krieg geben, da es keine Werte oder Tugenden im Krieg gibt, für die ein Held einstehen könnte. Es geht dabei um das reine Befolgen von Befehlen zur Durchsetzung eines Plans, um einen militärischen Sieg über einen Gegner zu erringen. Da ist nichts heldenhaftes dran.

Während des Krieges, also in einer Kriegssituation allerdings gibt es viele Formen von Heldentum: Menschen, die anderen helfen zu fliehen oder sich zu verstecken; die Verletzte pflegen und Sterbenden beistehen. Auch Soldaten können Helden sein, wenn sie sich für ihre Freunde in Gefahr bringen. Denn was sie dann tun, ist nicht das (amerikanisierte) reine tragische Selbstopfer, nur um ihre Heldenhaftigkeit zu zeigen, sondern der Versuch, einem anderen zu helfen.

In der Realität ist es aber so, dass sich die meisten Menschen durch eine Kriegssituation zu dem entwickeln, was von jeder Form von Heldentum am weitesten entfernt ist. Patriotismus als Selbstläufer und Universalargument für die Beendigung zahlreicher Leben hat beispielsweise nichts mit Heldentum zu tun. Der Soldat, der alleine ein ganzes Lager von "Gegnern" eliminiert, ist kein Held, sondern nur ein gut funktionierender Soldat. Aber vom menschlichen Standpunkt aus gesehen, hat er sich zu einem Monster entwickelt.

Unter solchen Gesichtspunkten kann man sehr viel über Kriegs- und Antikriegsfilme diskutieren.

Allgemein finde ich die Verfilmung dieser Themen gut. Es wäre abe genauso gut, Bücher darüber zu lesen o.ä., denn das, was ich daran gut finde, ist die Auseinandersetzung mit dem Thema. Natürlich bietet der Film besondere Möglichkeiten, Schrecken und Gewalt zu visualisieren.

Filme, die allerdings nur darauf abzielen, Gewalt verherrlichend darzubieten, halte ich für Müll. Ich kann nicht mal über sie lachen. An Gewalt ist nichts herrliches und auch nichts lustiges. Jeder, der ein gewisses Maß an Gewalt an sich selbst erlebt hat, wird mir da wahrscheinlich zustimmen.

Was das Erleben der Emotionen bei der Betrachtung von Gewalt angeht, so wäre das eigentlich ein eigenständiges Thema, das äußerst komplex ist.
 
Und hier ist meine:

Unterhaltungswert.

Manchmal ist ein Film nur ein Film, eine auf Zelluloid gebannte Geschichte, die den Zuschauer unterhalten soll. Nicht mehr und nicht weniger.

Natürlich kann man in einen Film schrecklich viel hineininterpretieren, doch ändert das wenig an seinen Wurzeln: Wir erzählen uns seit Jahrtausenden Geschichten, und zu denen gehört auch die herbere Variante um Tod und Helden.

Wenn ich ein Traktat über die unterträglichen Greuel von Krieg und Gewalt lesen möchte, bemühe ich ein Sachbuch. Ein Film hingegen wird mich lediglich unterhalten. Es ist eine Geschichte, niemand stirbt dabei und niemandem wird wehgetan. Industrial Light & Magic, auf Zelluloid gebannt. Rauch und Spiegel, Schatten und Illusion.


Verwechselt hier bitte nicht die Tat mit der Erzählung, sonst muß ich mit Rashomon anfangen.

-Silver
 
Doomguard schrieb:
ich möchte mich hier darüber unterhalten, warum man sich gewalt- und kriegsfilme ansieht.

"Man"? Also, ich schaue mir so etwas nicht an, weil ich die absolut nicht unterhaltsam finde. Kriege und Gewalt sind für mich etwas widerwärtiges, und das muß ich mir nicht auch noch als Spielfilm antun.

Clear Ether!
Stayka
 
Silvermane schrieb:
Verwechselt hier bitte nicht die Tat mit der Erzählung, sonst muß ich mit Rashomon anfangen.

-Silver
Die Erzählung von der Tat kann aber zur Auseinandersetzung mit der Tat führen.

Du hast recht, dass Filme und Geschichten im allgemeinen vielfach der reinen Unterhaltung dienen. Doch finde ich in diesem Fall, dass der Hintergrund der Geschichte (= die Tat) es wert ist, dass man sich mit ihm auseinandersetzt und nicht nur den Unterhaltungswert aus der Geschichte zieht.
 
Doch finde ich in diesem Fall, dass der Hintergrund der Geschichte (= die Tat) es wert ist, dass man sich mit ihm auseinandersetzt und nicht nur den Unterhaltungswert aus der Geschichte zieht.

Hm. Keiner der an der Tat beteiligten spielt in dem Film mit. Die Geschichte wurde angepasst, um sie auf 1,5-2 Stunden zu komprimieren. Aspekte werden hervorgehoben, andere unterdrückt. Geschichte wird verfälscht, und sei es nur um unterhaltsamer zu wirken.

Nein, das hat nichts mehr mit der Tat zu tun. Das verlässt den Rahmen des Berichts und geht ein ins Reich der Geschichten. Ich kann sowas keinerlei tiefe Bedeutung beimessen.

Ein Film aus einer Geschützkamera, die das Sterben eines Jagdflugzeuges auf streifiges Zelluloid gebannt hat...das ist Geschichte, damit kann ich mich auseinandersetzen.
Ein Schauspieler, der eine vage historische Szene mehr oder weniger talentiert nachspielt? Das ist IMHO Unterhaltung. Nicht mehr.

-Silver
 
Naja, für mich hat es keine Bedeutung, ob die Schauspieler an der Tat, die Hintergrund für eine Geschichte ist, beteiligt waren. Ein (Anti)Kriegsfilm handelt nunmal vom Krieg (meistens angeregt durch einen tatsächlich geschehenen). Mir ist klar, dass das Gezeigte nicht der wahre Krieg ist und diesen auch bestenfalls nur grob annähert. Aber es bleibt eine Tatsache, dass Kriegsfilme in den meisten Fällen durch echte Kriege motiviert worden sind. Und ich bin eben der Meinung, dass es sich lohnt, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen, da vor allem die Weltkriege, die am häufigsten verfilmt wurden, sehr entscheidenden Einfluss darauf hatten, wie wir heute leben.
 
nun ja, wer dem nichts abgewinnen kann, soll sie sich halt nicht ansehen, hier lang und breit zu verkünde, wie scheisse solche filme sind, ist wenig produktiv, es gibt gründe, warum man sie sich ansehen und sich damit auseinandersetzen will.
@stayka, kannst du keinen meiner gründe nachvollziehen?

für das emotionale miterleben der geschehenisse ist es für mich ebenfalls nur von untergeordnetem interesse, wie "wirklich" es ist. solange es wirklich wirkt, reicht es.
 
Doomguard schrieb:
@stayka, kannst du keinen meiner gründe nachvollziehen?
Ehrlich gesagt, nein. Es ist halt absolut nicht mein Fall, sorry. Wer sich sowas anschauen will, mag das tun, aber ebenso steht es mir ja frei, dies zu lassen.

Clear Ether!
Stayka
 
Der Knackpunkt ist doch das die Bedeutung von Film und Fensehen aufgebläht werden.
Die Nachvollziehbarkeit einer historischen Begebenheit durch einen Film ist nicht da, denn immerhin wird es durch die sehr subjektive Linse einer Geschichte verzerrt.
Bloß weil ich Bruno Ganz in "Der Untergang" gesehen habe muss ich noch lange nicht wissen wie der von ihm verkörperte Massenmörder wirklich ist.
Auch wenn es in "Tora! Tora! Tora!" so gezeigt wird, werden sich japanische Admiräle nicht sofort bei dem ersten Verlust einen Schiffes ihr Schwert in den Bauch gerammt haben.
Wir sehen keinen Krieg, wir sehen Leute die eine Geschichte von einem Krieg erzählen und dabei Emotionen wecken und das ganze komplexe Thema in maximal 2,5 Stunden packen wollen.
Es stellt sich dabei nur die Frage, kann es als Beschäftigung mit dem Thema bezeichnen wenn man sich lediglich darüber aufregt?
 
Thoughtfull schrieb:
Es stellt sich dabei nur die Frage, kann es als Beschäftigung mit dem Thema bezeichnen wenn man sich lediglich darüber aufregt?

mein reden, ein bisschen produktiver war der thread schon gedacht ;)

@stayka, kein problem, trotzdem danke für deine sachliche stellungnahme :)

@der untergang,

man weis vielleiocht nicht, wie es genau war (obwohl sich ziehmlich streng an die buchvorgabe von der sekretärin gehalten wurde, die ja immerhin dabei war), aber die grundsätzliche thematik, der unkritischen mitlaufenden deutschen, und die beschreibung eines zerrütteten geistes sind themen, die unabhängig davon, ob es wirklich so geschehen ist, eine beschäftigung wert sind. (aber zum unterganghaben wir ja nen eigenen thread).
in diesem zusammenhagng möchte ich auch geboren am 4 juli erwähnen (tom cruise, der film hat sogar oscar bekommen) etwas langatmig der film, aber imo auch von heldentum geprägt (nicht die szeenen im kampfeinsatz ;) )
 
Weiß nicht, ob es an mich gerichtet war - falls ja, nur zur Klarstellung: Ich sehe mir solche Filme gern an und setze mich sehr gern mit diesen Themen auseinander. Ich kann solche Filme nur nicht als reine Unterhaltung ansehen, da mir der Hintergrund dafür zu ernst ist.

aber die grundsätzliche thematik, der unkritischen mitlaufenden deutschen, und die beschreibung eines zerrütteten geistes sind themen, die unabhängig davon, ob es wirklich so geschehen ist, eine beschäftigung wert sind.
Das ist genau das, was ich meine. Letztlich kann die Betrachtung von Gewalt eine Art Grenzerfahrung werden, die den eigenen Horizont stark erweitert, wenn man es intensiv genug betreibt. (allerdings nicht übertreibt und es dann nachspielen will oder sowas...)
 
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