Es ist leider nur "nett". "Nett", wie in "Nett ist die kleine Schwester von scheisse."
Die Kämpfe sind hübsch animiert, es kracht und scheppert ordentlich beim Monsterverpelzen. Die drei Pfade (Magier/Schurke/Krieger) und ihre jeweiligen Spezialitöten machen ordentlich Laune, und auch Hybridchars gehen ohne Probleme. Es gibt Häuser abzustauben, es hagelt nur so an Items, und die Grafik brennt nicht im Auge.
Auf der Schattenseite ist es ziemlich flach und wiederholt sich ständig. Keine Ahnung, wer sich die 150+ Stunden für 'nen Speedrun aus dem Arsch gezogen hat, aber ich war nach 70 Stunden durch. Sämtliche Questbelohnungen sind gelevelt und zufallsgeneriert (Ausnahmen gibts, bei der Magiergilde z.B. gibts ein (nutzloses) Rüstungsset). Bei Diablo und Torchlight funktioniert das, hier hingegen nervts, da man selbst mit mittelmässigem Schmiedeskill besseres Zeug bauen kann, als der Zufallsgenerator ausspuckt, und dazu einfach nur den Müll zerlegen muß, den einem der Zufallsgenerator an den Kopf wirft.
Sollte man Schmieden und Sagecraft (Edelsteinherstellung...) maxen, dann hat das Ergebnisse die denen in Skyrim in nichts nachstehen. Ausser der Optik...
Optik ist ein gutes Stichwort. Generell gibt es Pro Gattung 5-6 Materialien, aus denen dann Items bestehen und auf deren Grundlage man eigene bauen kann. Leider sehen 80% davon einfach nur Scheisse aus - von den ätzend hässlichen Sack-und-Asche Magierroben über die kotzgrüne Sylvanit-Rüstung des Warris oder der "Farbenblinder Clown"-Trollhautrüstung des Schurken, wer immer die Designs verbrochen hat, sollte die Sparte wechseln.
Ja, es gibt auch "hübsche" Items - alle "legendären" Items haben einen eigenen Skin, und auch Rüstungssets sehen toll aus.
Leider sind die Sets Zufallsdrops, und da es kein "New Game+" gibt, auch so gut wie nicht zu komplettieren - dazu kommt, das selbst gesockelter blauer Kram (der dann allerdings doch wieder "Standardoptik" hat) die Dinger wertemässig in den Sack steckt. *golfclap*, lieber Spieledesigner, DIE Arbeit hätte sich das Grafikteam sparen können.
Großer Lacher am Rand: Die Grafikengine kann keine alten Frauen darstellen. Das wäre nicht soo tragisch, wenn nicht wenigstens ein weiblicher NSC darauf beharren würde, daß sie alt und verbraucht ist. *Fazialpalmier* - wie schwer ist es, eine schrumpelige Gesichtstextur zu integrieren, ihr Helden? Bei Skyrim fiel sowas erst nach dem Looten auf, und greise NSCs wirkten wenigstens halbwegs glaubwürdig.
Der Sound ist auch nur "Nett" - es ist nicht ein verdammter NSC dabei, der einem Irgendwie im Hinterkopf bleibt. Oder sympatisch ist. Selbst die beiden Mitstreiter des Helden sind so farblos, das wir vermuten müssen das sie nach diesem Gig einen Pfeil ins Knie bekommen haben und bei der Stadtwache anheuerten.
Der zweite Sargnagel ist der Schwierigkeitsgrad. Es ist zu leicht. Selbst ohne die selbstgebaute "Klompfe des Gottestöters" ist es schlicht und ergreifen so, das keine Taktik gebraucht wird. Im Falle einer krassen taktischen Fehleinschätzung können Tränke gespammt werden, aber selbst das ist nicht nötig. Dank dem eigebauten "Oh, shit"-Button in Form des Reckoning-Modes (so'n bisschen wie Neo in der Matrix) sind selbst Trollmassenaufläufe trivial und Bosskämpfe meistens in unter 20 Sekunden schaffbar. Looten mitinbegriffen.
Das Inventar ist noch schlechter als in Skyrim (hierfür einen Applaus, DAZU gehört einiges). Das Spiel hat, dank der Option der sofortigen und allgegenwärtigen Umskillfunktion, exakt NULL Wiederspielwert. Die Story ist 08/15-Standardweltenretterfantasy - das alleine geht, aber stummer Protagonist + nichtvorhandene NSC-Persönlichkeiten töten jeden Anflug von Immersion.
Was bleibt, ist ein netter Fantasyprügler, der ein bisschen an Fable und God of War erinnert. Zum Budgetpreis durchaus empfehlenswert, aber Vollpreis? Naaah. Mein persönlich grösstes Ärgernis war der Punkt, das ein Speedrun angeblich 150 Stunden dauern sollte.
Was soll ich sagen, ich war nach 70 fertig, und hatte bis auf 2-3 Nebenquests auch alles abgefrühstück.
Ich hoffe weiterhin auf Torchlight 2.
-Silver