"Judgement Day" (Roman) wird nicht übersetzt!

Nepharite schrieb:
Auch dieses sehe ich ganz pragmatisch. Ich lese ja nicht "nach Gewicht" bzw. unter der Prämisse "mehr Text ist besser". Wenn also in der deutschen Übersetzung Passagen wegfallen und es nicht auffällt bzw. es nicht weiter stört, dann hat der englische Lektor eben seine Hausaufgaben nicht gemacht und der deutsche Lektor muss dies nun korrigieren. Z.B. kann man die meisten Stephen King-Romane IMO um gut die Hälfte kürzen, ohne dass sie dadurch noch schlechter werden :D

Nun, die Sachen, wo es mir besonders aufgefallen ist, waren Passagen, die im Deutschen gekürzt wurden, und auf die der Autor sich in einem folgenden Band explizit bezog. Und eine andere, wo die gesamte Bedeutung eines eingeschobenen Zwischenstücks umgedreht (!) wurde, und den Text dadurch ziemlich sinnlos machte. Ich lese auch nicht nach Gewicht, aber ich möchte doch lieber wissen, was der Autor sagen wollte und nicht was ein Übersetzer und danach der Lektor *meint* was der Autor wohl sagen wollte...

Clear Ether!
Stayka
 
So extrem ist es mir noch nicht untergekommen. Allerdings lese ich auch in den seltensten Fällen Bücher sowohl im Original und als auch auf deutsch - jedenfalls keine Rollenspielbücher.

Mich regen in erster Linie ärgerliche Kleinigkeiten auf. In irgendeinem RSP-Buch wurde mal 1st floor mit 1. Stock übersetzt. An sich nichts wirklich gravierendes. Wenn allerdings die Protagonisten im kurze Zeit später fluchtartig über die Terasse auf den Parkplatz flüchten, runzelt man schon mit der Stirn. Und wenn sich solche Nachlässigkeiten summieren, macht es mir irgendwann keinen Spaß mehr weiter zu lesen. Und richtig ärgerlich wird es, wenn sich solche Nachlässigkeit bei RSP-Büchern im Regelteil einschleichen und es dann in der Gruppe wieder mal diese häßlichen "englisch vs deutsch"-Diskussion gibt, die sich gerne mal etwas in die Länge ziehen, wenn einer in der Gruppe dem Englischen nicht ganz soo mächtig ist.

Mein letztes Buch Die 27. Stadt von Franzen würde ich z.B. niemals im Original lesen. Schon alleine aus dem Grund, dass bei solchen Büchern wesentlich fähigere Leute wesentlich sorgfältiger an die Arbeit gehen als bei 08/15-RSP-Büchern. (Hallo F&S!)

@Stayka
Danke für den Tipp, aber der grüne Engländer reicht mir. Soo dicke habe ich die Kohle nun auch nicht, um mir noch ein englisches Wörterbuch zu kaufen.
Als Maschinenbauer reicht einer vollkommen
biggrin.gif
 
Ich habe aus rein professioneller Neugierde so einiges parallel gelesen - immerhin arbeite ich zuweilen selber als Übersetzerin. Aber das ist auch der Grund, warum ich weiß, daß es extrem schwierig ist, etwas wirklich gut zu übersetzen - und noch schwieriger, wenn man die Deadlines dabei einhalten muß. Dabei gehen eine ganze Menge Sachen brutal den Bach herunter, weil ein Übersetzer eben nicht mehr wirklich recherchieren kann, wenn er den Zeitplan einhalten will. Und die Übersetzung von Wörtern mit bestimmten Wortfeldern und Redewendungen ist in den meisten Fällen eh aussichtslos, und wenn man nicht mit endlos langen Fußnoten arbeiten will, geht der Kram dann sang- und klanglos verloren.

Bb, Stayka
 
Das mit den Kürzungen habe ich auch bemerkt...ich besitze die deutsche und die englische Version von Agatha Christies "4.50 from Paddington", und da fällt es an einigen Stellen doch ins Auge. Auch bei "Harry Potter and the Prisoner of Azkaban" haben sich die Übersetzer den einen oder anderen Absatz gespart (einer der Gründe, warum ich mir die nachfolgenden Bände dann direkt auf Englisch gekauft habe...ich für meinen Teil will die Geschichte bitte komplett haben!).

Allerdings ist es auch eine ziemlich undankbare Sache, vom Englischen ins Deutsche zu übersetzen. Deutsch hat (allgemein gesagt, es gibt definitiv auch den umgekehrten Fall) einfach umständlichere Konstruktionen als Englisch. (@Stayka: Ich habe irgendwo mal eine Faustregel gelesen, wieviel ein englisches Buch an Umfang zulegt, wenn man es übersetzt, aber die Zahl nicht mehr parat. Weißt du das zufällig?)

Gruß Ospero
 
@Ospero
Man spricht von etwa 20%, die ein ins Deutsche übersetzter Text länger ist als das englische Original.
Bb, Stayka
 
@Ospero
Anders rum läuft es genau so: Ich habe Verwandte in Amerika, die sich neulich "Der Untergang" in der übersetzten und danach in der deutschen Fassung angesehen haben. Bei der englischen Version mussten sie sich zwingen nicht vorzeitig auszuschalten.
"Mein treuer Heinrich" mit "Loyal Heinrich" zu übersetzen ist wahrscheinlich die bestmögliche Übersetzung, trifft den Kern und die wahre Aussage allerdings nicht wirklich - Und klingt auch wesentlich blutärmer.
Mit Büchern soll es sich ähnlich verhalten: Dort bevorzugen sie auch die Originale.

Den Amis geht es also nicht im Ansatz besser als uns.
 
Es ist generell ein Problem, daß Übersetzungen viel verlieren, wenn man auch nur annähernd versucht, werkgetreu zu arbeiten. Bei anderen Sachen ("Die Zwei" kommt da in den Sinn) kann die deutsche Version durchaus amüsant sein, wenn sie sich nicht die Bohne um die Vorlage schert und praktisch ein neues Werk daraus macht. Ich schaue mir ja auch Animes lieber mit dem Originalton an, da die ganzen Höflichkeitsebenen (die verdammt viel über Chars aussagen), einfach nicht übersetzbar sind - egal wieviel Mühe sich die Übersetzer dabei machen.

Clear Ether!
Stayka
 
Stayka schrieb:
Es ist generell ein Problem, daß Übersetzungen viel verlieren, wenn man auch nur annähernd versucht, werkgetreu zu arbeiten.

Diese Aussage verstehe ich nicht so ganz. Was heißt "werktreu"? (Doch sicherlich nicht wortwörtliche Übersetzung?) ... und was verliert man dann in der Übersetzung?
Man sollte auch grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass die Originalautoren herausragende und begnadete Literaten sind (gerade im Massenmarkt), so dass ein guter Übersetzer ein verhunztes Werk vielleicht nicht retten kann, es u.U. aber immerhin erträglicher macht (siehe die Krege-Übersetzung von Tolkien).

Ein gut synchronisierter Anime ist mir natürlich auch lieber, als das asiatische Original. Das liegt eben auch daran, dass ich auf Grund der kulturellen Unterschiede aus Sprachrhythmus, Tonfall überhaupt nichts schließen kann, wenn es nicht sowieso durch die Zeichnungen reflektiert wird. Und um mich in den kulturellen Background einzuarbeiten, sind mir persönlich Film und Bücher einfach nicht wichtig genug. Allerdings sind gerade einige billige Animes so gräßlich synchronisiert, dass es sogar mich ich als Laie stört. Nur gewinnen diese nicht dadurch, dass ich im Original überhaupt nichts mehr verstehe. Im zweifelsfall verzichtet ich also lieber ....
 
@Nepharite
Wenn man werkgetreu übersetzt, dann übersetzt man so, wie man meint, daß es der Autor gemeint hat. Das Problem ist, daß der Übersetzer dann schon interpretiert. Außerdem versucht man dann, Wortspiele o.ä. zu übertragen, aber so etwas funktioniert halt nicht wirklich, und der Übersetzer muß Neues erfinden, was der Sache irgendwie entspricht, aber eben dann in der Regel trotzdem ein anderes Feeling herüberbringt (weil eben die Wortfelder niemals deckungsgleich sind). Im Prinzip hast Du immer zwei unterschiedliche Bücher vor Dir - das, was der Autor ausdrücken wollten, und die eine Variante, die der Übersetzer als die seines Erachtens beste erachtet.

Betrachte zB mal "Well, and then I nuked my food." und "Nun, und dann habe ich mein Essen in der Mikrowelle erwärmt." Der Sinn ist identisch, aber das "Feeling" ist komplett anders. Aber es gibt nunmal nichts im Deutschen, womit man das "to nuke" auch nur annähernd mit den ganzen Nebenbedeutungen 'rüberbringen kann. Und das ist nur ein Beispiel, das mir gerade eingefallen ist, davon gibt es aber ungezählte.

Mir ist es halt lieber, wenn ich die von Autor beabsichtigten Nuancen mitkriegen und nicht die auf eine Variante beschränkte Übersetzung.

BTW, wenn Du eine Sprache "vernünftig" lernst, dann wird auch gerade auf die kulturellen Feinheiten eingegangen, damit Du dann nicht etwaige Fauxpas begehst, wenn Du in Gedanken 1:1 übersetzt. Eine Sprache ist ohnehin ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis einer anderen Kultur, und deshalb finde ich es ungemein bedauernd, daß sich anscheinend immer mehr Leute hierzulande praktisch auf Ami-Niveau begeben und sagen "meine Muttersprache reicht mir".

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Stayka
 
Stayka schrieb:
Eine Sprache ist ohnehin ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis einer anderen Kultur,
... was natürlich auch umgekehrt gilt. Das Wisen um die Kultur ist ein wichtiger Schlüssel für das Verständnis der Sprache ;) -besser: kann ein wichtiger Schlüssel sein.

Die Frage ist, ob man das Eine auch ohne das Andere begreifen kann. Muss ich, wenn ich mich z.B. für Irland (Kultur und Geschichte) interessiere, irisches Gälisch lernen bzw. für das Erlernen der Sprache wissen, wann bspw. die Christianisierung des Landes begann? Naja .. wenn ich über gälische Wortlehre promovieren will, wohl schon. Für mich als Durchschnittskonsument und Nicht-durch-akademische-Interessen-Gesteuerter sind die Interdependenzen zwischen Sprache und Kultur relativ unerheblich. Das eine funktioniert ohne das andere.

[/QUOTE]und deshalb finde ich es ungemein bedauernd, daß sich anscheinend immer mehr Leute hierzulande praktisch auf Ami-Niveau begeben und sagen "meine Muttersprache reicht mir".
[/QUOTE]

Diese Beobachtung dürfte sich empirisch nicht belegen lassen. Abgesehen davon, dass die meisten Immigranten zweisprachig sind, fängt der fremdsprachige Unterricht heute in der Schule/kindegarten immer früher an. Im übrigen hielte ich es für besser, wenn die Menschen wenigstens eine Sprache gut beherrschten, als zwei oder mehr nur rudimentär ...
 
Nepharite schrieb:
Man sollte auch grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass die Originalautoren herausragende und begnadete Literaten sind (gerade im Massenmarkt)
Genau das ist der Punkt warum ich mir keine Rollenspielbücher auf deutsch kaufe. Rollenspiel-Autoren sind nur in den wenigsten Fällen gute Literaten. Wenn sie es wären, würden sie in aller Regel einen breiteren Markt abdecken. Die meisten schreiben ihre Bücher neben ihrer regulären Arbeit oder liefern sie im Akkord ab.
Es spricht aus meiner Sicht auch nichts dagegen. Es gibt einen Markt für solche Massenware und der wird von ihnen beliefert. Angebot und Nachfrage eben. Ich lese solche Bücher jedenfalls lieber als mir abends den Serienmüll anzutun der momentan in der Glotze läuft.

Und zu dem nicht gerade hochbegabten Literaten kommt noch ein nicht gerade hochbegabter Übersetzer hinzu, der genauso, da der Rollenspiel-Markt doch recht überschaubar ist, die Bücher nebenbei oder im Akkord übersetzt. Wäre er ein wirklich guter Übersetzer würde er keine Nischenbücher übersetzen sondern besser bezahlte Arbeiten annehmen. Angebot und Nachfrage.
Und so gesellen sich zu den literarischen Unzulänglichkeiten des Originals noch die Unzulänglichkeiten des Übersetzers. Das ist mir genau eine Potenz zu viel. Die Einleitungsgeschichte von Magus in der 2.Edition ist ein sehr gutes Beispiel.

Ich finde das Deutsch eine sehr schöne Sprache ist. Ich finde sie jedenfalls wesentlich schöner und ausdrucksstärker als beispielsweise Englisch, gerade weil sie wesentlich präziser und somit etwas komplizierter ist. Bücher und Filme bevorzuge ich, wenn es irgendwie geht, in deutscher Sprache - allerdings nicht um jeden Preis.
Bei F&S ist mir der Preis für meine Bequemlichkeit entschieden zu hoch. (Um den Bogen zu eigentlich Thema mal wieder zu bekommen
rolleyes.gif
)
 
Oh Mann - die Krege-Übersetzung ist so mit das beschissenste Beispiel, das du hättest nennen können. Noch schlechter hätte man es gar nicht machen können: Sinnenststellend und in einem Stil, der so gar nicht dem herrausragend guten Original entspricht. Klassischer Fall von Filet zu Fast Food.
 
AW: "Judgement Day" (Roman) wird nicht übersetzt!

*threadnekromantie*

Hat irgendwer eine Ahnung, ob und wo es eine Fanübersetzung von dem Roman gibt? Ich werde gerade von Gix bedrängt, ihn den zu übersetzen, da ihm das Englich darin zu schwer ist...
 
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