Ist ein Char auf Menschlichkeit 9 noch handlungsfähig?

bei 5 hält man sich aber schon nicht mehr so an das geltende Recht

und dann kommen noch lustige Unterschiede bei "Straftaten"
Steuerhinterziehung, da haben die meisten Menschen meist weit weniger Probleme mit, als z.B. mit einen Diebstahl oder Betrug , auch wenn der Schaden in Höhe der selbe wäre, sagen wir einfach mal 500 EURO.
 
Deswegen hat der Durchschnittsvampir(!) ja auch keine Menschlichkeit 9.
Wir haben aber zum Beispiel eine Toreador in der Runde, die eine alte Frau ghult (und die Erlaubnis dafür erhalten hatte, nachdem sie dem Prinzen auf Knien die Treue geschworen hatte).
Diese alte Frau ist die langjährige Liebe einer Malkavianerin. Die beiden hatten nach Jahrzehnten der Trennung wieder zusammen gefunden. Die alte Frau war krank und schwach... und naja, als Mensch lebt man sowieso nie ewig. Gleichzeitig wollte die Malkavianerin sie aber nicht ghulen, einerseits um die Liebe nicht durch ein Band zu verfälschen, aber auch aus Angst, dass sich so ihr Fluch auf die Geliebte übertragen könnte.

Die Toreador ist also eingesprungen - ohne irgendwelche selbstsüchtigen Motive. Ohne irgendeine Gegenleistung zu fordern.

Hätte ich der jetzt dafür ihre Menschlichkeit reduzieren sollen?

Ich möchte darauf nochmal eingehen, weil es ein ziemlich gutes Beispiel ist.

Ich sage: ja, bzw. es hätte zumindest einen Konflikt mit seiner Menschlichkeit (je nach Höhe des Werts) geben müssen. Wenn auch nicht sofort (siehe unten).

Denn: er hat eine unschuldige, alte Frau, die möglicherweise die Aussicht darauf hat, dass ihr Leiden bald ein Ende nimmt, mit seinem Blut an sich gebunden. Das heißt nicht nur, dass er ihr eine Sucht aufgehalst hat, die sie im Ernstfall in den Wahnsinn und zum Kannibalismus (!) treiben kann und die sie absolut von vorwiegend seiner Vitae abhängig macht. Er hat auch noch ihren emotionalen Haushalt zerstört, weil sie sich nun zu ihm deutlich stärker hingezogen fühlen dürfte, als zu der Malkavianerin, die ihre fucking Lebensliebe war.

Selbst wenn er es in bester Absicht getan hat, dürfte ihm der Hass der Malkavianerin - die in Erkenntnis ihres Fluchs und ihrer monströsen Existenz darauf verzichtet hat, ihren egoistischen Motiven zu folgen! - sicher sein, davon mal abgesehen.

Auf den Toreador und seine Wahrnehmung bezüglich des eigenen Handelns bezogen nochmal: diese, nur die positiven Seiten des Fluchs anerkennende Betrachtungsweise ist Selbstbetrug. Das kann nur funktionieren, wenn der Charakter nicht in regelmäßigen Abständen mit dem Horror seiner Existenz konfrontiert wird und erkennen muss, zu was für einem Monster er geworden ist. Wenn Charaktere das irgendwie langfristig schaffen, braucht man sich den personal horror nicht mehr auf die Fahne zu schreiben Ist okay, man spielt halt nur dann mit ner völlig anderen Prämisse und benutzt Menschlichkeit vielleicht nur noch als Handlungsmaxime à la StVO, also als Konstrukt, damit Vampire sich halbwegs benehmen und nicht mehr als Gradmesser der Erkenntnis über den persönlichen Verfall. Ich finde ja eh, dass das mit dem Gradmesser nicht so richtig funktioniert, dann spart man sich die Probleme damit.

Wenn man aber Menschlichkeit doch so anwenden will:
Klar kann der Toreador erstmal glauben und annehmen, dass er was Gutes tut. Er wird aber später feststellen müssen, was er angerichtet hat, wenn er in irgendeiner Form einen Moment der Selbsterkenntnis hat. Hat er den nicht, entartet er, so funktioniert das System ja. Dann sinkt er auf den Grad, für den es okay ist, einem Menschen so etwas anzutun, weil er es vor sich selbst rechtfertigen kann. Vampire die so denken, denken nicht "menschlich", also nicht im gleichen Sinne moralisch, wie Vampire, die sich bewusst darüber sind, wie grausam das ist. Das Spiel versucht das darzustellen, indem sie mit weniger Menschlichkeit rumlaufen.

Gegenfrage: Was sollte sonst passieren? Die Frau ist jetzt von ihm süchtig und an ihn gebunden, auf kurz oder lang wird sie sich entweder von der Malkavianerin abwenden oder darüber wahnsinnig werden, dass der vampirische Fluch versucht, ihre Gefühle mit der Brechstange zu verdrehen. Soll das keine Konsequenzen haben? Leben alle glücklich bis an ihr nicht vorhandenes Lebensende?
 
Auf den Toreador und seine Wahrnehmung bezüglich des eigenen Handelns bezogen nochmal: diese, nur die positiven Seiten des Fluchs anerkennende Betrachtungsweise ist Selbstbetrug
Vielleicht nur als Anmerkung hier zu.
Ich denke das die Wahrnehmung durchaus funktionieren kann.
Nur das das Tier bzw. das Es oder auch einfach nur das Unterbewusstsein dann doch zu einer möglichen Entartung führt weil es unbewusst den Selbstbetrug als solches erkennt. Wenn man beim Wurf erfolgreich ist wird es dem Bewusstsein signalisieren das es falsch war, auf die Versklavung hinweisen. Schlug der Wurf fehl wird das Unterbewusstsein / Tier die Tat mit eben den Lügen des Selbstbetrug rechtfertigen und weitere derartige Taten einfacher machen.
 
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