Rezension Himmel über Aachen (I) [B!-Rezi]

Caninus

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Himmel über Aachen (I)


Engel Kampagnenband [B!-Rezi]


Die größte Rollenspielkampagne für das System Engel, erstmals in den Mephistoausgaben Nummer 19 bis 21, 24, 25, 26 und 32 erschienen, wurde nun zusammen mit neuem Material in Buchform erneut veröffentlicht. Das Cover ziert eine neue Zeichnung eines Engels, der auf einem alten Wasserspeier sitzt. Im Inneren findet sich zunächst ein Inhaltsverzeichnis und eine Übersicht über die Kampagne, dann folgen sieben Kapitel, wobei die ersten beiden eine Einführung in die Welt um Aachen darstellen und ein Anhang mit Informationen über neue Traumsaatkreaturen und Waffen.

Himmel über Aachen
Das erste Kapitel beschreibt die Stadt Aachen. Und zwar aus Sicht eines Spähers im Oktober des Jahres 2655. So wird zunächst das Umland um die Stadt und Tore und Wachen, aber auch der Markt und die Schenken beschrieben. Im zweiten Teil des Berichts befasst sich dann der Spion eindringlicher mit den verschiedenen Fraktionen in der Stadt, die neben den Angeliten selbst, den sogenannten Sockel, ein Lager von Ausgestoßenen außerhalb von Aachen, aber auch den seltsamen Kult der 'Les fleurs du mal' und natürlich die Neue Ordnung mit ihren verschiedenen Gruppierungen (Haus Karolus, Gilde, Bohemer und Archivare) um den Diadochen von Aachen umfasst. Zum Abschluss folgt noch ein Auszug aus dem Tagebuch des Ramieliten Abs über seine Ankunft in der Stadt.

Aachen im Spiel
Dieses Kapitel beschreibt im Grunde nochmal dieselben Dinge wie das vorhergehende, dieses Mal aber mit Fokus auf den Fakten und nicht dem was ein Späher im Spiel herausbekommen zu haben glaubt. So wird hier nochmal die Geschichte der Stadt erläutert und dann ebenso die verschiedenen Fraktionen, die eine wichtige Rolle dort spielen.

Danse macabre
Dieses Kapitel stellt den Einstieg in die Kampagne dar bei der die Mitglieder der Engelsschar von einem Monachen gebeten werden in einem nahen Dorf nachzusehen, welche Krankheit die armen Leute dort überfallen hat. Die Engel stoßen auf eine für sie zunächst unbekannte Ursache, können aber nach längerem Nachfragen herausbekommen, dass einige Dorfbewohner in ein kürzlich freigelegtes unterirdisches Gebäude eingedrungen sind. Machen sich die Charaktere auf den Weg dort nachzusehen, finden sie Räuber, die die wertvolle Technik dort unten für den Diadochen von Aachen bergen möchten. Der Anführer des Trupps ist nach einigen Verhandlungen sogar bereit das Gegenmittel für die Krankheit herauszurücken.

Die Gefahren des Weges
Im nächsten Teil der Kampagne übernehmen die Spieler die Rollen von Angeliten, also Mitgliedern der angelitischen Kirche, wie etwa Beginen und Monachen oder Templer. Diese sind nach Aachen geschickt worden, reisen aber in einem größeren Verbund, da es sicherer ist. Auf dem Weg finden sie ein verlassenes Dorf und in der kleinen Kirche dann letztlich die verschwundenen Bewohner, eingesponnen von einer spinnenähnlichen Traumsaatkreatur. Sind dieses Monster und seine Helfer beseitigt, können die Charaktere einige Kinder unter der Kirche finden, die im Schockzustand sind.
Der fortgeschrittene Tag und die doch unangenehme Erinnerung an die Spinnen sollte die Charaktere dazu veranlassen im nahen Kloster Schutz zu suchen, doch in der Nacht greifen auch hier die Traumsaatdämonen an und es ist an den Charakteren herauszufinden warum.

Wolken über Aachen
Die Charaktere aus dem vorherigen Abenteuer sind nun endlich in Aachen angelangt und müssen nun zunächst einmal ihren Platz in der großen Stadt finden. Sie erhalten dann den Auftrag sich mit einer Gesandten aus Cordova zu treffen, aber müssen bei ihrem Besuch feststellen, dass sie jemand umgebracht hat und alles danach aussieht, als wäre es ein Sarielit gewesen. Nun ist es an den Charaktere herauszufinden wer Vorteile von einem Krieg zwischen Aachener Bürgern und Angeliten hätte und auch noch die Möglichkeit einen Sarieliten zu "erschaffen".

Regen über Aachen
Dieses Kapitel hat sowohl Szenen für die Engelgruppe, als auch für die Angeliten. So sollen zum Beispiel die Engel den zweiten Gesandten der Urbanis Liga unauffällig verschwinden lassen und so einige dreckige Geheimnisse erfahren. Außerdem sollen sie dem Gesandeten der Ramieliten zu einem kleine Dorf folgen um nach ihm zu suchen. Vor Ort müssen sie dann allerdings feststellen, dass der Monach mit einem Verräter spricht. Zum Schluss sollen sie noch ein Treffen zwischen der Neuen Ordnung etwas außerhalb der Stadt begutachten, geraten dort jedoch in einen Hinterhalt schlimmster Sorte.
Die Angeliten hingegen müssen zunächst weitere Informationen über die Stadt erlangen und sollen dann gegen die Em der Raphaeliten vorgehen hinter der die Kirche eine Abtrünnige sieht, müssen aber feststellen, dass sie mit der Stadt enger verwoben ist, als sie gedacht hatten. Nachdem dies erledigt ist, werden die Angeliten damit beauftragt mehr über die Archivare herauszufinden, welche im verborgenen unterhalb der Stadt wohnen. Letztlich machen sich die Spielercharaktere jedoch durch den einen oder anderen Auftrag ihre Tarnidentität kaputt und so sollen sie am Ende des Kapitel in einem letzten Abenteuer untergehen.

Sturm über Aachen
Im finalen Kapitel der Kampagne geht es um nichts geringeres als das Wohl einer ganzen Stadt. Dieses ist wieder rein für die Engelgruppe gedacht, die sogar durch eine zweite Gruppe Engel Unterstützung bekommt. Jedoch ist es nicht unbedingt eine willkommene Unterstützung, da die Spielergruppe inzwischen Einzelheiten erfahren hat, die sie zumindest an der Aufrichtigkeit einiger Führungspersönlichkeiten zweifeln lassen kann. Das Abenteuer sieht hier vor, dass sich die Engel dafür entscheiden mit der Neuen Ordnung zusammen zu arbeiten und somit in der Endschlacht gegen den Herrn der Fliegen eine Chance zu haben. Tun sie dies nicht, wird die Stadt zerstört und die Engel und alle Einwohner getötet oder versklavt.

Zunächst einmal muss gesagt werden, dass diese Art Kampagne mit Sicherheit nicht für jede Spielgruppe geeignet ist, einfach auf Grund der Tatsache, dass man abwechselnd Engel und Angeliten spielt, die nichts voneinander wissen, wohl aber eben die Spieler. Darauf wird auch direkt im Einleitungstext eingegangen und theoretisch spricht nichts dagegen, eine der beiden Fraktionen einfach außen vor zu lassen.
Die Abenteuer selbst sind bis auf die ersten beiden Teile nur Stückwerk und nicht ausgearbeitet, wie man es etwa bei vielen DSA Abenteuern findet. So werden zwar grob die möglichen Ereignisse beschrieben, aber eben nicht wie die Charaktere von Bauklötzchen A zu Bauklötzchen B gelangen. Das wird geflissentlich dem Spielleiter überlassen. In Heftform war dies kein Wunder, denn immerhin hatte man dort begrenzten Platz und wollte ja nun sein Heft nicht nur mit Engelabenteuer füllen. In diesem Buch aber hätte man schon ein bisschen mehr investieren können um auch die Zusammenhänge für die Charaktere weiter auszuarbeiten. Dies ist sicherlich nicht einfach bei einer politischen Stadtkampagne, aber mit Sicherheit ausführlicher machbar, als es jetzt der Fall ist.
Die späteren Teile haben auch zunehmend den Charakter eines Abenteuerspielebuchs mit jeder Menge "gehe zu 234 ---> Du bist tot" Szenen in denen die Charaktere, wenn denn das falsche (was in ihren Augen nicht mal unbedingt so sein muss) getätigt wurde, sterben oder zumindest für die Kampagne aus dem Verkehr gezogen werden, was Spieler ungemein frusten kann, wenn sie nicht ordentlich darauf vorbereitet wurden, dass dies passieren kann.
Die Geschichte an sich ist durchaus eine gelungene Sache, aber unter Umständen einfach viel zu komplex für einige Runden mit den verschiedenen Fraktionen und wer denn nun wen verrät um mit wem zusammenzuarbeiten usw. Ebenso wird es schwierig sein, eine sinnvolle Mischung zwischen der Ansicht von Engeln und Angeliten und der Ansicht der heutigen Spieler zu finden, da die Spieler vermutlich gar nichts Schlimmes an der Zusammenarbeit mit der Neuen Ordnung finden werden und so ein durch die Kampagne hervorgerufener innerer Konflikt bei den Spielern vom Spielleiter sorgfältigst ausgearbeitet werden muss, um die Spieler auch in den entsprechenden Zwist zu bringen.
Das Artwork des Bandes ist wie bei fast allen Engel Veröffentlichungen sehr gut gelungen. Es sind zwar bis auf die Karte der Stadt lediglich schwarz-weiß Zeichnungen, aber diese passen hervorragend in die düstere Welt hinein.

Fazit:
Jeder der sich dieses Buch kauft um dann die Kampagne zu leiten muss sich darüber im Klaren sein, dass er trotz der netten einleitenden Infotexte noch jede Menge Arbeit reinstecken muss um diese Abenteuer (bis auf die ersten beiden) überhaupt spielbar zu machen. Zum Anderen muss er eine Gruppe haben, die diese Art von Abenteuern mag (und hierbei ist nicht nur der Stil mit mehren Charakteren, sondern vor allem die ewige Infosuche in einer Stadt gemeint). Hat man diese Sorte Spieler und ist man gewillt diese Arbeit zu investieren und auch damit zu leben, dass die Spieler in der Stadt scheitern können, so kann man sicherlich einige interessante Abende erleben.
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