Im ernst: Bevor man anfängt etwas solidarisch zu finanzieren sollte man überlegen wie "notwendig" etwas wirklich ist um eine entsprechende Rechtfertigung zu haben.
Stimmt. Ich finde das solidarisch finanzierte Straßen-, Schul- und Gesundheitswesen außerhalb Berlins kein bisschen notwendig. Ich nutze es ja nicht. Schaffen wir es ab.
Ist Fernsehen so essentiell, das wir darauf nicht verzichten könnten? Wer das meint, dem stelle ich anheim mal Samstags Abends das ZDF zu gucken. Und natürlich muss man sich die Frage stellen, ob es "notwendig" ist Millionen Euro bei irgendwelchen Quizsendungen mit Jörg Pilawa rauszuhauen. Ist das so wichtig?
Öffentlich-rechtliche, d.h. sowohl vom Staat, als auch von Werbekunden weitgehend unabhängige Medien sind essentiell. Natürlich. Wer das bezweifelt, dem stelle ich mal anheim, sich auf dem ZDF die Anstalt anzugucken. Oder die Bundestagsdebatten auf Phoenix. Besseres politisches Unterhaltungsfernsehen gibt es nicht. Auf WDR5 und DRadio Wissen gibt es richtig gutes Bildungsradio. Deutsches Kulturgut wie Loriot, die deutsche Synchro von Bud Spencer & Terrence Hill, die Sesamstraße, Spaß am Dienstag, Dieter Hildebrandt und Cindy&Bert wären ohne den ÖRR niemals denkbar gewesen.
Und apropos solidarisch - solidarisch ist an da nichts dran. Alle zahlen das gleiche. Ein Student ohne Bafögsanspruch zahlt das gleiche wie ein Millionär.
Studenten ohne BAFöG-Anspruch sind nicht arm. Sonst hätten sie ja BAFöG-Anspruch. Dass Leute aus privilegiertem Elternhaus das selbe zahlen wie richtig dolle reiche Leute, treibt mir jetzt nicht die Tränen der Ungerechtigkeit in die Augen.
Jeder, der wirklich arm ist, ist befreit.
In Belgien habe ich keine Zwangssteuer auf das Angebot der öffentlich rechtlichen Sender bezahlt.
Doch.
In Belgien ist der ÖRR steuerfinanziert. Der Französische und der Flämische Teil kosteten 2011 zusammen knapp 480.000.000 €. Und das bei 11.000.000 Einwohnern. Das sind also knapp 44€ im Jahr. Der Rest kam aus Werbung (die das ganze dann nochmal fast verdoppelt: Gesamteinnahmen beider ÖRRs:. Ist zwar nicht viel, aber dafür profitiert Belgien auch vom französischen, vom niederländischen und vom deutschen ÖRR. Und Belgien hat halt auch viel weniger Sender. In den Niederlanden läuft es ähnlich.
Der Grund, dass das bei uns ausgelagert ist, ist, dass man damals eine Staatsferne erreichen wollte. Der Gedanke war, dass Parteien (und Kirchen) nicht den Staat, sondern die Bevölkerung vertreten. Deshalb sind die in den Gremien so stark. Und mir fällt auch ehrlich gesagt keine bessere (praktikablere) Form der demokratischen Kontrolle als Gremienbesetzung nach Parteienproporz ein. Auch wenn ich selber diese unendlich lange und unverdünnbare Legitimitätskette, die wir in Deutschland immer annehmen, auch für reichlich unplausibel halte. Die einzige Alternative, die mir einfiele, wäre dass man den ÖRR völlig von (offenen) Interessengruppen reinigt. Aber dann hat man immernoch inoffizielle Verbindungen. So ist es wenigstens transparent. Und bei uns haben die Medienschaffenden im ÖRR zumindest eine rechtliche Grundlage und Verpflichtung, um Befehle aus dem Bundeskanzleramt oder den Ministerien abzulehnen. Das ist der entscheidende Unterschied zu Russland (keine Rechtsgrundlage, nehme ich an... aber selbst wenn... Widerstand unter Einsatz der Karriere und des Lebens) und den USA (keine Rechtsgrundlage und auch kein Problembewusstsein).
Mein Problem mit der deutschen Gebühr ist das ich das deutsche Fernsehprogramm von ARD bzw. ZDF nicht nur nicht nutze sondern es aufgrund massiver qualitativer Mängel sowie politisch tendentieller Berichterstattung für unbrauchbar halte. Ich habe bereits am Sonntag geschrieben das ich für das Radioprogramm durchaus eine Gebühr entrichten würde, allerdings nicht unbedingt 210€ im Jahr.
Bis auf die politisch tendenziöse Berichterstattung - die, wie gesagt, so pauschal einfach Unsinn ist - sind wir da ja garnicht weit auseinander. Ich habe ja auch schon geschrieben, dass es an der praktischen Ausgestaltung Verbesserungsbedarf gibt. Aber das ändert nichts daran, dass ÖRR notwendig und sinnvoll ist.