Gedanken über das Rollenspiel

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Deleted member 317

Guest
Zuerst mal erhebt dieser Thread überhaupt keinen Anspruch auf irgendwas. Ich will nicht, dass ihr jetzt auf Biegen und Brechen etwas postet oder es kommentiert, obwohl es dafür keinen Grund gibt. Dürft ihr natürlich tun, nur: Ich stelle keine Frage ... ich werfe meinen Erfahrungshorizont in den Raum, da ich denke, dass er möglicherweise für andere Interessant sein könnte. Vielleicht mag ich auch Dinge für mich selbst strukturieren. Ich fang einfach mal an und guck wohin sich das entwickelt :)

Ich hab damals angefangen mit DSA 2nd Edition. Im Ferienlager hab ich das zum ersten mal gesehen und fand das erzgeil. Angeschafft und dann immer allein mitm Holger gespielt. Mehr Nerds waren wir leider nicht - egal, war trotzdem spaßig irgendwie. Dann folgte Shadowrun in der 7ten Klasse und irgendwann mit Beginn der Abiturphase Hunter: the Reckoning. Irgendwie dann auch Cthulhu & Delta Green, SLA Industries, Witchcraft, Vampire: the Masquerade, Mage: the Ascension....

Irgendwie konnte es nie Horrormäßig genug sein. Oftmals waren es blutige Gewaltorgien gepaart mit Slapstick Comedy. Natürlich wurden später nur noch besonders erwachsene Themen verwurstet. Irgendwie gabs ne Zeit wo Missbrauch, Mindrape und ähnlicher Kokolores dominant waren. Und das obowohl wir alle in Beziehungen steckten. Seltsame Zeit irgendwie ... es ging immer um emotionale Grenzerfahrungen befürchte ich. Was retrospektiv betrachtet natürlich quatsch ist - aber damals ... was hab ich mir in Foren die Finger blutig getippt, nur um meinen Standpunkt als allgemeine Wahrheit zu verkaufen, mit null Rücksicht auf andere.
Die Entwicklung von DSA als Schüler bis hin zu Witchcraft vollzog sich so, dass ich irgendwann ab Shadowrun die Regelbücher auswendig kannte und es zu den klassischen Konflikten kam: "Nein nein, Gabriel, auf Seite 34 des M&M steht doch eindeutig, dass...." - "Ja, jedoch widerspricht das SOTA 2063 auf Seite 97 mit folgendem Offtalk!" - "Offtalk stellt nun aber kein valides Regelkonzept dar und ist nicht bindend!" ... Ich mein, damit haben wir wirklich Zeit verbracht. Uns angeschnauzt, ganze Spielabende verenden lassen und dann doch wieder gefangen, geeinigt und wieder von vorn. Im Laufe der Zeit wurden Regeln für mich immer unwichtiger. Was interessiert mich denn, ob da irgendwo in irgendeinem Buch irgendein Zusatz steht, der da besagt, dass dieses und jenes folgenden Bonus in Höhe einer völlig blödsinnigen Formel gibt. Oder auch das WoD übliche "Für jede Kraft gibts nen eigenen 2-Seiten Regeltext" .... Ich wollte Storyflow, ich wollte Interaktion und ich wollte das die Scheiße lief. Freiheit wollte ich auch. Konnte bei SR nie verstehen, warum regelwerksseitig das Bespielen von Kaputten Magiern (hier so Giftschamanen und sowas) verboten war und dann auf NSC Seite mit Regelkonzepten gelöst wurde, die für Spieler mehr als untauglich war. Gleiches Recht für Alle, dachte ich immer ... und denks heute noch. Das konnte Witchcraft ganz gut ... scheiterte aber so im Nachhall an Charakteren, die bereits von Anfang an alles konnten. Es gab also keine Evolution des Charakters. Und an stellenweise wirklich mies geschriebenen Texten. Trotzdem machte Witchcraft Spaß, weil das was es bot recht gute Ideenansätze lieferte zum selber bauen. Man durfte eben nur keinen Blick in die Regelbücher werfen. Zumindest nicht, um soetwas wie ein gestreamlinetes Spiel zu erwarten.
Ich hab vor kurzem für ca. 4 Monate in ner DSA 4 Runde mitgemacht. War ja auch erstmal spaßig. Obschon mir dann irgendwann klar war, dass Regelkenntnis hier ein Muss ist. Also bis in die Tiefe. Mir ist nicht klar, wieso ein Spiel so konstruiert ist, dass es AP und GP und was weiß ich für P's noch gibt und das alles bei Charaktererschaffung. Ich weiß nicht, wieso ein Heilzauber nicht einfach heilt, sondern da erst noch wer weiß wie gerechnet werden muss. Und ich versteh nicht, wieso Elfen im Grunde Alleskönner sind, aber eben so total unsympathische Bratzen, baumkuscheliger Art. Aufgehört hatte ich als ein Spieler mitteilte, dass er keinen Bock mehr auf Magier hat und sich jetzt umorientiert. Sag ich: Ich mach den Magier. Die Blicke die mich trafen waren wirklich ... schockiert. "Da musste dich aber einlesen. " - "Da brauchste aber diese und jene Bücher" - "Wir können dir helfen, aber..." und mein Liebling "Magier spielen ist echt verdammt schwer! Also eher nichts für nen Anfänger!" Hab drüber nachgedacht und dann aufgehört. Offensichtlich hatten die Leute einen anderen Anspruch als ich. Tief in der Materie drin, mit festsitzender Regelkenntnis und dem Anspruch, dass andere ebenfalls diesen Anspruch haben oder sich erarbeiten.

Und ich glaube das ist es was mich am Rollenspiel nervt. Das ist nicht n Freizeitevent mit einem gewissen, zeitlichen Turnus. Sondern das hat was mit harter Arbeit zu tun. Lesen, verstehen, sich gangbar machen und Konzepte entwickeln, die, wenn man es genau betrachtet bloß immer dieselben sind. Die DSA Runde ist jetzt frisch im Gedächtnis: Egal was gebaut wurde - es musste Kampftauglich sein. Wenn es eines gibt, was ich im Rollenspiel totlangweilig finde, dann sind das Kämpfe. Am besten noch mit Minis und 6-eckigen Kästchen und Möbelnachbauten aus Lego. Stundenlanges herumgewürfel und Geeier für 30 Sekunden Echtzeit Kampf. Wow - das ist Spaß - pur! Ich sagte bereits: Ich will Interaktion, ich will das der Krams durch geschicktes Vorgehen und durch Ausnutzen möglichst vieler Talente bewältigt wird. In keinem Spiel mag ich Kriegerklassen ... oder auf Kampf ausgelegte Klassen. Weil die - vor allem zu Anfang - nichts anderes können. Oder sie können anderes, loosen dann aber total ab, weil ihnen die wichtige Schlüsselfertigkeit für den Anfang fehlt. Ich find Krieger gut, die auch richtig verdammt gut kämpfen können, deren Wert aber nicht einzig und allein auf dem Schlachtfeld besteht. Und ich mag Aussagen nicht von Spielern und SLs die folgendermaßen klingen "Also Kämpfen, so einmal pro Runde, muss sein!" Ist für mich ab sofort ein Gütekriterium, bei dem ich für mich weiß "Da mach ich gar nicht erst mit!"
Ich find auch diesen Progressionsdrang nervtötend. Wir müssen jetzt auch langsam mal voran kommen ... Warum eigentlich? Wenn 4 Spieler am Tisch Spaß haben "Zuhause bei Werwolfs" zu spielen, Ingame gerade mal zwei Tage vergehen und sie sich in den zwei Tagen nicht mit der Ausrottung der hiesigen Vampirpopulation befasst haben, dann ist das doch okay.... Ich finds doof, dass in einem Spiel immer irgendwas "muss".

Immer wieder tauchen Fragen auf, was muss ein Rollenspiel können, was sind die wichtigsten Eigenschaften....und ich bemerke: Das is sowas von Typenabhängig (auf die Mitspieler bezogen). Feste Systeme grenzen scheinbar enorm ein. Und ein großes Kampfkapitel erweckt nahezu immer den Anschein, dass jetzt auch viel gekämpft werden muss. Die eigentliche Interaktion bleibt auf der Strecke ... oder scheitert auch oftmals an den unterschiedlichen Wahrnehmungen der Spieler. Ich krieg auch immer mehr nen Kasper, wenns um das explizite töten eines SCs geht. Damals war ich totaler verfechter der Philosophie, dass Charaktere halt sterben ... und dass doofe Spieler halt bestraft werden müssen bzw. dass dann ihre eigene Schuld ist. Ich könnte heute nicht ferner von solchen Ideen sein. In meinen Augen gibts eine erfahrungsgeprägte unumstößliche Wahrheit: Eine seit Monaten gut funktionierende Runde, in der plötzlich ein Charakter abdankt, warum auch immer, erfährt ein strukturelles Trauma. Davon kann sie sich erholen, aber oft knickt die Kampagne dann ein. Noch blöder finde ich den Charaktertod bei frischen Charakteren....sitzte Stunden bei der Generierung, haste Würfelpech, tja, bau dir nen Neuen (WTF???). Ich glaub das ist auch der Grund warum tote Charaktere in Comics nie wirklich tot sind. Die kommen immer irgendwie wieder ... weil eben im Laufe der Zeit Bezug zwischen den Charakteren untereinander, aber auch beim Konsumenten (bzw. den Mitspielern) entstanden ist. Und meist - so erlebe ich es vor allem in Horror- und Actionsspielen - wird dem neuen CHarakter keine Chance eingeräumt, auf Grund der allgemeinen Paranoia die bei SCs ausgebrochen ist.

Was würde ein Rollenspiel ausmachen, das mich heute noch kicken könnte? Gute Frage:

- kurze, knappe Regeln, die nicht zig Sonderfälle vorsehen
- kein Fokus auf Kampf und Waffen
- alle Regeln gelten sowohl für SCs wie auch für NSCs, als auch untereinander (also nix hier mit Professionalitätsstufe, Crimescore oder wie sie alle heißen, die ausschließlich NSC-only sind)
- Entwicklungsfähigkeit des Charakters, ohne dass man als Stufe 1 Nulpe beginnen muss und ein ahnungsloser Nichtskönner ist (auch so ein Ding, dass ich total kacke finde)
- ein System, dass auch den Charakteren kommunikationsschwacher Spieler in sozialen Konflikten unter die Arme greift ... so dass auch der eher schüchterne Spieler die NSC Frau bezirzen kann, der Typ ohne Durchsetzungsvermögen jemanden total übermanipuliert, etc. pp. Und das nicht ausschließlich selbsternannten Rampensäuen vorbehalten bleibt, die eigentlich nur deswegen mitspielen, weil sie mit wem aus der Gruppe gut befreundet sind oder sich keiner traut die Meinung zu geigen

Und da ist mir das Setting erstmal völlig egal. Sollte im Grunde für alle Spiele gelten, weil ich für mich persönlich der Ansicht bin: Wenn ich haupsächlich Kämpfe will, dann spiel ich Tabletop. Da isses auch scheißegal, wenn wer verreckt. Isses in P&P Runden meist nicht.
Vielleicht wäre genau das die Lösung: Kämpfe müssen dermaßen tödlich sein, dass Spieler sich 10 mal überlegen, ob sie das wirklich riskieren. So wie bei Cthulhu oder Hunter zum Beispiel oder SLA Industries (zumindest was ich so in Erinnerung habe). Das besondere am Kämpfen ist ja auch nicht der eigentlich Kampf find ich, sondern die Entwicklung dahin. Der geplatzte Drogendeal, wo sich die Parteien gegenseitig so ankeksen, bis einer das Messer zieht ... danach ist die Spannung eh hin, wenn es allein hier im Forum ne Debatte darüber gibt, ab wann wie was beschrieben werden darf. Bereits nach dem Fertigkeitswurf? Erst nach dem Schadenswurfe? In einem System, in dem eine Schussverletzung grundlegend immer tödlich ist und der Verteidigungswurf höchstens hervorbringt, ob jemand n abbes Bein abkriegt oder n Auge verliert... da sind Konzepte wie Critical Hit oder Botch völlig hirnig (aber auch nur, wenn es keinen antürlichen Erfolg gab und dann noch 1en gewürfelt wurden ... ARGH!). Brauch ich ein System, in dem ich Kampfkünste hochstufig haben kann, aber mir dann als Manöver (!) beispielsweise Tritte nehmen muss, weil mein SC das sonst nicht kann, obwohl er Tae Kwon Do erlernt? Wieso erheben P&P Rollenspiele den Ansruch komplexer als Computerspiele sein zu wollen, obwohl die 10 Millionen Rechnungen in Milisekunden leisten können?
Gut, hätte natürlich den Nachteil, dass Charaktere tatsächlich schnell sterben, was ja auch so ein Nervpunkt war.

Tja, keine Ahnung, angefangen hat dieser Thread mit ner Geschichte wie ich zum Rollenspiel kam und mit nem Abriss wo es letztlich hinging. Geendet isses jetzt so ... ich lass es mal so stehen. :)
 
Es ist - auch wenn ich dir weitestgehend zustimmen würde - allerdings ein Widerspruch in sich, ein System zu wollen das derartig tödlich ist das sich die Spieler das Kämpfen überlegen und GLEICHZEITIG den Tod von Spielercharakteren zu vermeiden.
 
Ich selbst machte darauf aufmerksam... Danke ;-) Ich schieß ja bloß Ideen und Gedanken raus... Ich sag ja nicht: so is richtig.
 
Das wollte ich dir auch gar nicht unterstellen - ich sage ja, ich bin geneigt dir zuzustimmen und kenne das Problem daran durchaus auch. Rollenspiele sind - aus irgendwelchen Gründen - aber stets darauf angelegt eine eskalation der Gewalt zu beschwören, die man im wahren Leben nicht hat. Wenn ich mich streite, richtig böse und fies streite, dann ziehe ich trotzdem kein Messer. Im Rollenspiel sitzt der Colt immer recht locker. Man müsste ein System haben, bei dem man zufriedenstellende Konfliktlösung finden kann, ohne gleich jemanden umzulegen.

Unknown Armies versucht das - mit dem Ergebnis das es jedenfalls in Deutschland nie wirklich ein Bein an die Erde bekommen hat.
 
Rollenspiele sind - aus irgendwelchen Gründen - aber stets darauf angelegt eine eskalation der Gewalt zu beschwören, die man im wahren Leben nicht hat.
Rollenspiele sind NICHT dafür gedacht "das wahre Leben" abzubilden. - Rollenspiele sind dazu gedacht die vielen unterschiedlichen UNWAHREN, rein FIKTIVEN Welten, Gesellschaften und in diesen die DORT akzeptierten Konflikt-Strategien abzubilden.

Ein Western-Rollenspiel wird den Shoot-Out um 12 Uhr Mittags unendlich viel häufiger ins Rampenlicht rücken, als es historisch akkurate Abbildung der Besiedlungsgeschichte des amerikanischen Westens hergäbe. - Die "Eskalation der Gewalt" liegt nun einmal in den zugrunde liegenden Medien: sogar in den alten Dime-Novels der tatsächlich historischen Western-Ära wurde die Gewalt im Westen massivst überzeichnet und waren die Helden dieser Groschenhefte andauernd dabei Probleme mit dem Colt aus dem Weg zu räumen. Und das hat sich über die frühen Stummfilm-Western, die schwarz-weißen Western-Filme bis zu den Farbfilmen in epischem Format so gehalten. Und auch Western-Romane, Western-Comics, Western-Zeichentrickserien thematisieren die ständigen Shoot-Outs nun einmal.

Wer wollte denn ein Western-Rollenspiel spielen, in dem es zugeht wie in "Unsere kleine Farm"? - Eben.

Die Eskalation der Gewalt, die man im wahren Leben nicht hat, ist genau das, WARUM man überhaupt Rollenspiele, Computerspiele, Brettspiele, usw. spielt! - Sie vermitteln die Spannung, den "Thrill" der (für die fiktiven Charaktere) lebensbedrohlichen Gewalteskalation, ohne den Spieler selbst direkt zu gefährden.

Wenn man selbst Vollkontakt-Kampfkunst betreibt, dann weiß man, daß ein umso "realerer Thrill" mit umso realeren Schmerzen, Blessuren und Schädigungen des eigenen Körpers einhergeht. Es ist SEHR aufregend in einem Freikampf seine Fähigkeiten mit jemand anderem messen zu können. Aber dabei geht es um nichts (außer sportlichen Auszeichnungen - eventuell). Es geht jedenfalls nicht um Leben und Tod. Und trotzdem jagt das Herz, ist die Wahrnehmung verzerrt, spürt man die Schmerzen mitten im Kampf nicht, sondern erst hinterher.

Eine REALE Leben-oder-Tod-Situation möchte doch keiner. Unterhaltungsmedien wie eben Spiele dienen dazu sich mit der IDEE solcher Auseinandersetzungen zu befassen, ohne die Last des Realen mitzuschleppen. Abstraktion, Verfremdung, Überzeichnung, usw. - Kommen eben auch alle in Rollenspielen so vor.

Im Rollenspiel sitzt der Colt immer recht locker. Man müsste ein System haben, bei dem man zufriedenstellende Konfliktlösung finden kann, ohne gleich jemanden umzulegen.
Wer mal in betrieblichen Mediations-Prozessen involviert war, der wird wissen, daß genau der Punkt "ZUFRIEDENSTELLEND" bei der Konfliktlösung im "wirklichen Leben" meist auf der Strecke bleibt.

Oft ist eine solche Konfliktbewältigung außerordentlich unbefriedigend. Aber da niemand ins Gefängnis gehen möchte, weil er seinem Unmut und seinem Schmerz mit Gewalt gegen andere Ausdruck verliehen hat, lebt man damit und steckt das irgendwie weg oder frißt es in sich hinein.

In Spielen muß man sich nichts gefallen lassen! - Da kann man dann, wenn einem ein NSC die dicke Lippe gibt, diesem sofort und physisch eine Antwort verpassen, die sich solch ein Bastard verdient hat.

Und dabei gehen ja Rollenspiele NICHT davon aus, daß man immer jemanden TÖTEN müßte! - Man kann in den meisten Rollenspielen vor dem Tode des Gegners innehalten, aufhören oder ihn "nur" bewußtlos schlagen oder gefangennehmen.

Interessanterweise sind es aber oft genug die Spielleiter, die ihre NSCs stets wie ultra-fanatische Selbstmordkommandos bis zum Tode kämpfen lassen, statt einfach mal aufzugeben oder sich zurückzuziehen. - Klar ist das bekloppt, aber auch aus solchen "Vorbildern" lernen dann die Spieler, daß sie selbst mit ihren SCs wohl auch keine Gnade zu erwarten haben und geben ebenfalls nicht auf, suchen keinen Weg die Gewaltspirale zu vermeiden.

Natürlich gibt es auch jede Menge Rollenspiele, in denen Gewalt KEINE Lösung ist und in denen man ganz anders vorgeht, weil Gewalt auch überhaupt nicht zum Erfolg führen KANN. Leverage - hier geht es um das Austricksen der Schurken, Gewalt kann bestenfalls einen Wachmann KO schlagen, aber löst das eigentliche Problem nicht. Trail of Cthulhu - hier geht es um das Ermitteln cthulhoider Machenschaften, Gewalt löst hier gar nichts, weil die Gegner viel zu stark und zu tödlich sind, als daß man ihnen überhaupt so beikäme.

Aber Gewalt ist ein klassisches SPANNUNGSMITTEL. Eines der Versatzstücke von ACTION-Geschichten.

Und da gehört eben auch eine gehörige Portion Gewalt hin. - Nicht in die Miss-Marple-Kriminalgeschichte, wo die Gewalt im Off stattfindet und nur das zu lösende Problem geschaffen hat. Wohl aber in eine Mike-Hammer-Kriminalgeschichte, wo den Detektiven die Gewalt mitten in die Fresse haut, sie umzulegen versucht und so das Leben der Ermittler und damit die Ermittlung direkt gefährdet.

Wenn es so leicht wäre eine BEFRIEDIGENDE Konfliktlösung abseits von Gewalt zu finden, wenn das auch das wäre, was die LESER, die KONSUMENTEN dieser Art von Unterhaltung wollten, dann würde es auch mehr davon geben, denn dann wäre der BEDARF ja da.

Es besteht aber offenbar mehr Bedarf an ACTION im fiktiven Leben von Rollenspielcharakteren als es die Spieler in ihrem wahren Leben haben.
Kann ich nachvollziehen. Die grausamen Tode, die meine letzten eigenen Spielercharaktere allein in diesem Jahr bei unterschiedlichen Action-Einlagen, die gescheitert sind, gestorben sind, die möchte ich selbst nie und nimmer durchleiden müssen. - Andererseits: Wenn einem ein magisch reanimiertes Tyrannosaurus-Rex-Skelett auf den Fersen ist und einen umzulegen versucht, dann ist es mit "befriedigender Konfliktlösung durch Gespräche" auch nicht mehr weit her. Oder wenn einem Kultisten mit Schrotflinten den Leib zerballern. Oder wenn einen ein Killerroboter einfach zerlasert.

Spielt man ACTION-Genres und -Settings, dann gehört MEHR Gewalt als im realen Leben einfach dazu.

Oder meint irgendwer "Alarm für Cobra 11"' stellt in irgendeiner Form "dokumentarisch akkurate deutsche Polizeiarbeit" dar? - Eben.

Wozu also das Gejammere?
 
Gabriel schrieb:
Und ich glaube das ist es was mich am Rollenspiel nervt. Das ist nicht n Freizeitevent mit einem gewissen, zeitlichen Turnus. Sondern das hat was mit harter Arbeit zu tun. Lesen, verstehen, sich gangbar machen und Konzepte entwickeln, die, wenn man es genau betrachtet bloß immer dieselben sind.

Da sprichst du mir so aus der Seele. Das ist auch der Grund, warum ich in den letzten zwei, drei Jahren völlig von traditionellen Rollenspielen weggekommen bin.
Zu viel Arbeit.
Zu viel Zeitaufwand.
Und für mich, der ich immer den SL machen muss, zu wenig, was hinten rauskommt.
Zumal ich als Dauer-SL dann (und meine Runden durch ihre Leitfaulheit gezwungenermaßen mit mir) immer in der selben alten Sauce schwimme, weil ich ja nur das verspielen kann, was ich durch die mich umgebende Kultur in mich einsauge. Meine Spieler wechseln hin und wieder. Ich bleibe immer bei mir. Und so habe ich fünfzehn Jahre lang im Prinzip immer die selben Geschichten geleitet. Egal in welchem System. Und wenn ich mir die Plot-Point-Kampagnen von Savage Worlds angeguckt habe, dann haben mich dort exakt die selben Geschichten erwartet. Weil es eben nur begrenzt viele verschiedene Geschichten gibt. Und die Details und die Verpackung die Würze machen. Und gerade die geben fertige Abenteuer entweder nicht her (vgl. SW), oder sie sind so überspezifisch, dass sie in der kontingenten Spielrealität kaum bis gar nicht umgesetzt werden können (vgl. Scion-GRW-Kampagne, die NWOD-Abenteuer). Deshalb halte ich Abenteuer auch für so sinnlos: Das, was sie mir anbieten, kann ich entweder ohne Abenteuer auch, oder es ist meiner Gedankenwelt so derartig fremd, dass ich es als SL nicht gescheit in das laufende Spiel einbauen kann, ohne dass es sich für mich wie ein Fremdkörper anfühlt. Damit meine ich diese Stellen in Abenteuern, die in den NWOD-Abenteuern manchmal vorkommen, bei denen ich mir denke, dass sie irre cool und kreativ sind, die ich mir aber eben nicht sinnvoll anverwandeln kann. Die ich nur "nachspielen" kann.
Und dafür spiele ich nun nicht das Spielmedium mit dem größtmöglichen Freiheitsgrad, dass ich die coolen Ideen anderer Leute nachspiele.

Meine Lösung sind, wie schon öfter geschrieben, die SL-losen Erzählrollenspiele á la Fiasco oder MicroScope, die jeden Mitspieler in die SL-Rolle setzen, ohne dass die Verantwortung für die gesamte Runde gefühlt (nicht wirklich, ich weiß, aber das kannste den Leuten tausendmal erzählen, die glauben dir nicht) nur auf ihren Schultern liegt.

Gerade MicroScope begeistert mich durch die im System vorgesehene totale narrative Autonomie jedes Spielers und das zunächst konterintuitiv wirkende Kollaborationsverbot: Jeder Spieler hat, wenn er dran ist, die totale Freiheit, er darf sich nicht mit anderen kurzschließen, niemand darf ihm reinreden. Er darf nur nichts bereits etabliertes retconnen. Das sorgt dafür, dass bei vier Spielern für jeden drei Mal frischer Input drin ist, auf dem er aufbauen kann. Und am Ende wachsen die allerschönsten Geschichten.
Ich habe dabei gemerkt, dass ich auch auf eigene Charaktere, Würfel und lineare Erzählstruktur blendend verzichten kann.
Durch die wesentlich stärkeren Inputmöglichkeiten all der Spieler, die bisher auf einen einzelnen SC beschränkt waren, kommt viel mehr Kreativität in die Geschichten. So entstehen wirklich spannende, neue Geschichten. Das, worum es mir beim Rollenspiel schließlich geht. Und ich habe exakt gar keinen Aufwand und gar keine Vorbereitungszeit.

MicroScope hat Rollenspiel wieder aus dem Gebiet der nervenden, arbeitsähnlichen Freundesbespaßung zurück in das Gebiet des unkomplizierten (und dennoch profunden!) Freizeitvergnügens gebracht.
Die am besten angelegten acht Euro meiner gesamten Rollenspielkarriere.

(Ich mag dieses assoziative Format, Gabriel... bei mir hat sich der Text von einer simplen Solidaritätsadresse zu einem Werbetext entwickelt... wer hätte das gedacht.)
 
Ich mag Fiasco ja auch - aber es hat den massiven Nachteil das es meine Spieler überfordert. Ein paar von den schüchternen Leuten fallen in Schockstarre wenn sie sich JETZT etwas schnell überlegen müssen. Die verzweifeln bei Fiasco gleich dopppelt, wenn die aktiveren Leute loslegen. Und dann gibt es noch die, die irgendwie ein gutes Gefühl bekommen wenn ihre Charakterwerte steigen.
 
- kurze, knappe Regeln, die nicht zig Sonderfälle vorsehen
- kein Fokus auf Kampf und Waffen
- alle Regeln gelten sowohl für SCs wie auch für NSCs, als auch untereinander (also nix hier mit Professionalitätsstufe, Crimescore oder wie sie alle heißen, die ausschließlich NSC-only sind)
- Entwicklungsfähigkeit des Charakters, ohne dass man als Stufe 1 Nulpe beginnen muss und ein ahnungsloser Nichtskönner ist (auch so ein Ding, dass ich total kacke finde)
- ein System, dass auch den Charakteren kommunikationsschwacher Spieler in sozialen Konflikten unter die Arme greift ... so dass auch der eher schüchterne Spieler die NSC Frau bezirzen kann, der Typ ohne Durchsetzungsvermögen jemanden total übermanipuliert, etc. pp. Und das nicht ausschließlich selbsternannten Rampensäuen vorbehalten bleibt, die eigentlich nur deswegen mitspielen, weil sie mit wem aus der Gruppe gut befreundet sind oder sich keiner traut die Meinung zu geigen


Ist jetzt eine Weile seid ich reingeschaut habe, aber das klingt ein wenig als könnte - un abhängig davon ob man das Setting mag oder nicht - das A Song of Ice and Fire RPG was für dich sein.
 
Saint schrieb:
Ich mag Fiasco ja auch - aber es hat den massiven Nachteil das es meine Spieler überfordert. Ein paar von den schüchternen Leuten fallen in Schockstarre wenn sie sich JETZT etwas schnell überlegen müssen. Die verzweifeln bei Fiasco gleich dopppelt, wenn die aktiveren Leute loslegen. Und dann gibt es noch die, die irgendwie ein gutes Gefühl bekommen wenn ihre Charakterwerte steigen.


Dieses gute Gefühl kennt wohl jeder. Und denen, die gar nicht ohne können, kann ich nicht helfen.

Aber das Problem mit der Schockstarre löst MicroScope sehr überzeugend auch durch das Kollaborationsverbot. Da ist jeder mal dran, jeder der dran ist, hat totale Freiheit und durch das Kollaborationsverbot ist dafür gesorgt, dass ihm keiner reinredet. Auch nicht mit "coolen Ideen" und "guten Hinweisen". Und in der Anleitung gibt es ein eigenes Kapitel über die Gedanken hinter den Designentscheidungen und es wird im Buch mehrfach ermutigt, auch scheinbar langweilige und blöde Ideen umzusetzen, weil auch die andere Spieler zu etwas inspririeren können. Was sich bei uns in der Praxis schon öfter bewahrheitet hat. Es ist schon erstaunlich, was in den Händen der anderen Spieler schönes aus den eigenen lahmen Quatschideen wird.
 
Ist dieses Kollaborationsverbot nicht nur eine Krücke, um eine im Grunde nicht gut funktionerende Gruppe zum Funktionieren zu bringen? Wenn ich Mitspielern verbieten muss, sich auszutauschen und jedem designierte Runden zuteile, in denen nur sie allein handeln, wirkt das Ganze unglaublich schematisch auf mich. Ich kann mir schon vorstellen, dass das als befreiend empfunden wird, wenn das Ungleichgewicht zwischen kreativen / aktiven und eher passiven Spielern vorher zu ausbremsenden Situationen geführt hat, aber allgemein klingt das unglaublich restriktiv, gerade in Hinsicht der Tatsache, dass du den Freiheitsaspekt des Mediums so stark betonst.
 
Kennst du MicroScope?

Falls nicht: Die Idee ist, dass man zusammen (aber eben nicht direkt kollaborativ, sondern mit eigenständigen Ideen jedes Spielers auf anderen eigenständigen Ideen der anderen Spieler aufbauend) eine Geschichte (History, nicht Story) entwickelt.
Die Funktion des Kollaborationsverbotes ist dabei, dass jeder der Spieler seine Gedanken möglichst unverwässert einbringen kann. Zum einen, weil es immer schüchternere und aktivere Spieler gibt, zum anderen aber auch, weil es absolut gewollt ist, dass auch auf den ersten Blick seltsame, langweilige oder doofe Ideen eingebracht werden, ohne im Plenum durch "coolere" Ideen ausgetauscht werden. Weil aus diesen auf den ersten Blick seltsamen Ideen was schönes wachsen kann, wenn ein anderer Spieler sie aufgreift.

Ich hatte erst im letzten Spiel eine Situation, wo ein Spieler eine für mich auf den ersten Blick unheimlich doofe und platte Idee hatte.
Konkret war das ein "chinesisch angehauchtes Großreich" auf der anderen Seite eines Ozeans von dem Kontinent (und frührömisch-nordlandbarbarisch angehauchten Großreich, das wir gerade gespielt hatten).
Langweilig und schon taustendmal dagewesen, right? Vor allem "chinesisch angehaucht". Ich finde nichts langweiliger als "asiatische" Elemente im Rollenspiel.
Am Ende hat sich dann rausgestellt, dass dieses Reich schon Schwarzpulver entdeckt hat, vom letzten, durch Generationen der Inzucht grenzdebilen Sproß einer antiken Herrschersippe beherrscht wird, und aus Gründen, die wir noch nicht erspielt haben, keine Hochseeschifffahrt entwickelt hat. Die Entdeckung, so stellte sich raus, wurde von einem uralten Dämon intiiert, den genau der Spieler, der den Gedanken des Großreiches hatte, schon ganz am Anfang im Spiel etabliert wurde.
Dieser Dämon hat dann noch in Gestalt eines Händlers das Geheimnis der Hochseeschiffahrt an das Großreich verkauft.
Ich war dann am Ende unheimlich froh, dass mich das Kollaborationsverbot daran gehindert hat, dem Spieler sein chinesisches Großreich auf der anderen Seite des Ozeans auszureden, weil ich den Gedanken, dass eine Hegemonialmacht sich daran macht, neue Zivilisationsgrenzen zu erforschen, nur um zu entdecken, dass jenseits dieser Grenzen eine viel fortgeschrittenere Zivilisation herrscht, von der die Hegemonialmacht aber glaubt, sie könne sie nicht erreichen, sehr charmant finde.

Ich als durch meine ständige SL-Rolle schon gewohnheitsmäßig aktiver Spieler finde es sehr befreiend, mal ausgebremst zu werden und die Ideen der anderen Spieler (und natürlich meine eigenen) wachsen zu sehen. Und ich bin weißgott keiner dieser dominanten SL-Autokraten.

Aber ich gebe zu, dass ich das Kooperationsverbot vor dem Spielen auch etwas seltsam fand. Aber hauptsächlich, weil ich nicht einschätzen konnte, wie harmonisch es sich in das Gesamtkonzept von MicroScope einfügt.
Das ist eins dieser Spiele, die man mal gespielt haben muss, um es sich richtig vorstellen zu können.
 
Nein. Es ist bei Microscope eine Mechanik.
Das heißt das Verbot des Austausch bezieht sich nicht darauf dysfunktionalen Gruppen entgegen zu wirken sondern betrifft auch Gruppen die bspw. Fiasco sehr gut miteinander spielen können.
Es versucht über den konzentrierten, unverfälschten Austauch etwas eigenes zu schaffen. Wobei es dort durchaus wohl funktioniert.

Ich persönlich mag Spiele die starke Eigen-Initiative von allen fordern eher weniger.
Das heißt unabhängig ob es Fate, Microscope oder Fiasco ist.
PbtA hat dort für mich einen guten Mittelweg getroffen in dem man konkrete Fragen erhält die es gilt zu beantworten.
 
und mein Liebling "Magier spielen ist echt verdammt schwer! Also eher nichts für nen Anfänger!"

Ich hab jetzt bereits den ganzen Morgen damit zugebracht, mir im Kopf ein Szenario zurecht zu basteln, wo man mir diesen Satz ins Gesicht sagt und welche Reaktion darauf meinerseits käme. Und ich bin mittlerweile ziemlich sicher, mein Gesicht würde in einer Maske des permanenten Erstaunens festfrieren und würde auch so bleiben, während ich meine Sachen einpacke, den Ort verlasse und nach Hause fahre. Ich glaube, ich würde noch überrascht aussehen, wenn ich dann später im Bett läge.
 
Magst du keine Kämpfe oder magst du keine Kampfsysteme? Das ist nicht das selbe. Da können Kämpfe vorkommen ohne Kampfsystem und man kann Kampfsysteme für andere Dinge als physische Auseinandersetzungen nutzen.

Was ist ein Kampfsystem? - Wenn das Spiel in einen Rundenmodus wechselt, wenn alle jede Runde bestimmte Aktionen haben, wenn regelmäßig gewürfelt und/oder gerechnet wird usw.
 
Ist dieses Kollaborationsverbot nicht nur eine Krücke, um eine im Grunde nicht gut funktionerende Gruppe zum Funktionieren zu bringen?

Ja klar.
So wie Sprache eine Krücke zur Kommunikation von Gedanken ist.

Man kann ja auch die nicht so sprachgewaltigen Spieler rausekeln und alleine mit den Pros spielen...
Auch eine Methode.

Oder man versucht jedem etwas MEHR an Anteil zu geben. Und manche müssen dann halt, sonst als Limelight Whores unterwegs, etwas kürzer treten.
Damit man jedem einen fairen ANTEIL geben kann.

Sollen alle GLEICH sein?
Nein.
Aber jeder soll ERMUTIGT werden zu partizipieren.

Ansonsten bleiben die Hidden Gems nur in den Köpfen der stillen, zurückhaltenderen, Mitspieler.
Und das wäre SCHADE!

Wenn ich Mitspielern verbieten muss, sich auszutauschen und jedem designierte Runden zuteile, in denen nur sie allein handeln, wirkt das Ganze unglaublich schematisch auf mich.

Es geht, und verhindert das ggf. ein Spieler eine Figur des anderen Spielers in eine ausweglose Situation maneuvriert ohne das dieser da was alleine draus machen kann.
Fiasco will ja das die Figuren scheitern, das sollte man verstehen, und die Spieler sorgen dann dafür das die Ideen der anderen scheitern und daraus wird dann was GROSSES. Auch wenn es nur ein MEGA FIASKO ist.

Ich kann mir schon vorstellen, dass das als befreiend empfunden wird, wenn das Ungleichgewicht zwischen kreativen / aktiven und eher passiven Spielern vorher zu ausbremsenden Situationen geführt hat, aber allgemein klingt das unglaublich restriktiv, gerade in Hinsicht der Tatsache, dass du den Freiheitsaspekt des Mediums so stark betonst.


Nein.
Es ist im Gegenteil BEFREIEND.

Deine Figur wird keinen Erfolg haben. Aber Du kannst Ihr Scheitern mitbestimmen.
Du brauchst die Figur nicht für die nächste Geschichte aufsparen. Das ist nur ein Bonus, aber kein Ziel.
Und ein GRANDIOSES Scheitern ist allemal besser als ein KLÄGLICHES davonkommen.

Go with a BANG!

Not with a Whimper...
 
1of3 schrieb:
Magst du keine Kämpfe oder magst du keine Kampfsysteme? Das ist nicht das selbe. Da können Kämpfe vorkommen ohne Kampfsystem und man kann Kampfsysteme für andere Dinge als physische Auseinandersetzungen nutzen.
Der Gedanke kam mir auch schon. Gerade, weil mein "Entwicklung" in ein paar Teilen so ganz gegenläufig verlief. Ich habe mit DSA3 angefangen und Kämpfe bald echt nervig gefunden und andere Regeln auch für eher hinderlich gehalten. Ich wollte vor allem Story und Charakterspiel, will ich auch immer noch, aber das Regeln auch den Spielspaßfördern und Kämpfe Laune machen können kam bei mir erst später, als ich a) "bessere" Spiele kennen lernte und b) merkte das meine persönlichen Vorlieben auch eher bei Rules light bis maximal regelseitig mittelgewichtigen Systemen liegen.

Aber natürlich kann das bei ArchangelGabriel ganz anders liegen.
 
Kowalski schrieb:
Es geht, und verhindert das ggf. ein Spieler eine Figur des anderen Spielers in eine ausweglose Situation maneuvriert ohne das dieser da was alleine draus machen kann.
Fiasco will ja das die Figuren scheitern, das sollte man verstehen, und die Spieler sorgen dann dafür das die Ideen der anderen scheitern und daraus wird dann was GROSSES. Auch wenn es nur ein MEGA FIASKO ist.
Hat Fiasco auch ein Kollaborationsverbot?
Ist mir gar nicht aufgefallen.
Aber ist ja schon lange her und englisch ist auch nicht meine Muttersprache.
 
Was würde ein Rollenspiel ausmachen, das mich heute noch kicken könnte? Gute Frage:

- kurze, knappe Regeln, die nicht zig Sonderfälle vorsehen
- kein Fokus auf Kampf und Waffen
- alle Regeln gelten sowohl für SCs wie auch für NSCs, als auch untereinander (also nix hier mit Professionalitätsstufe, Crimescore oder wie sie alle heißen, die ausschließlich NSC-only sind)
- Entwicklungsfähigkeit des Charakters, ohne dass man als Stufe 1 Nulpe beginnen muss und ein ahnungsloser Nichtskönner ist (auch so ein Ding, dass ich total kacke finde)
- ein System, dass auch den Charakteren kommunikationsschwacher Spieler in sozialen Konflikten unter die Arme greift ... so dass auch der eher schüchterne Spieler die NSC Frau bezirzen kann, der Typ ohne Durchsetzungsvermögen jemanden total übermanipuliert, etc. pp. Und das nicht ausschließlich selbsternannten Rampensäuen vorbehalten bleibt, die eigentlich nur deswegen mitspielen, weil sie mit wem aus der Gruppe gut befreundet sind oder sich keiner traut die Meinung zu geigen

Und da ist mir das Setting erstmal völlig egal. Sollte im Grunde für alle Spiele gelten, weil ich für mich persönlich der Ansicht bin: Wenn ich haupsächlich Kämpfe will, dann spiel ich Tabletop. Da isses auch scheißegal, wenn wer verreckt. Isses in P&P Runden meist nicht.
Vielleicht wäre genau das die Lösung: Kämpfe müssen dermaßen tödlich sein, dass Spieler sich 10 mal überlegen, ob sie das wirklich riskieren. So wie bei Cthulhu oder Hunter zum Beispiel oder SLA Industries (zumindest was ich so in Erinnerung habe). Das besondere am Kämpfen ist ja auch nicht der eigentlich Kampf find ich, sondern die Entwicklung dahin. Der geplatzte Drogendeal, wo sich die Parteien gegenseitig so ankeksen, bis einer das Messer zieht ...
Wie 1of3 schon richtig angemerkt hat, gibt es einen Unterschied zwischen Kämpfen im Rollenspiel (in der Funktion) und Kampfsystemen (im Sinne von detailliert aufgelösten Subsystemen mit Rundeneinteilung, Angriffswurf, Schadenswurf etc.)

Um mal ein paar Extreme aufzuzeigen, die du dir alle umsonst reinziehen kannst:
  • The Pool - Alle Konflikte entscheiden sich in einem Wurf.
  • Risus - Alle wichtigen Konflikte werden wie Kämpfe abgewickelt. (Und lass dich nicht von der launigen Schreibe und Illustration in die Irre führen, Risus ist ein verdammt kompaktes Rollenspiel, das auch für ernsthaftere Sachen brauchbar ist.)
  • The Shadow of Yesterday / Solar System - Frei skalierbares System, bei dem alle Konflikte als einfache vergleichende Würfe beginnen und dann von jedem Beteiligten zum erweiterten Konflikt erklärt werden können, der wie ein Kampfsystem funktioniert. Im Rahmen des erweiterten Konflikts können die Parteien auch ihre Ziele und Methoden ändern, um z.B. den o.g. Streit um Drogengeld in eine Messerstecherei umzuwandeln, oder einen Faustkampf mit dem Ziel "den anderen durchprügeln" zu einer Schießerei mit dem Ziel "den anderen tot schießen".
    Dabei müssen nicht alle Kämpfe auf den Tod der anderen partei abzielen - tatsächlich beginnen damit die wenigsten Kämpfe, weil dann die Gegenpartei dazu gezwungen ist in den erweiterten Konflikt zu gehen (was für einen selbst Risiko, verlorene Ressourcen usw. bedeutet), während sie hingegen vielleicht relativ wenig Probleme damit hätte "in die Flucht geschlagen zu werden" oder "K.O. geschlagen und beraubt zu werden".
Alle diese Spiele könnten dein Zielbündel unterstützen, je nachdem ob die mit Kampf Kämpfe in der Fiktion oder Kämpfe in Kampfsystemen meinst.
Für besonders anschauenswert halte ich für deine Zwecke TSoY/SS, weil die von dir beschriebene Eskalation von Konflikten von Nicht-Kampf zu Kampf voll im System des erweiterten Konflikts verankert ist.
 
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