epische Breite im kleinsten Loch?

Skar

Dr. Spiele
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Ich frage mich, ob es ohne große Verrenkungen möglich wirklich epische Geschichten in Dungeons zu erleben.

Rein von der Assoziation her haben epische Geschichten eine weite Ausdehnung und Dungeons eher eine beengende, beschränkende Assoziation.
Das scheint sich mir auch im Rollenspiel zu wiederholen: Während man in einer offenen Fanatsywelt sehr weit vorausblicken kann, ist der Horizont im Dungeon doch eher auf den nächsten Raum beschränkt. Man lebt dort quasi von der Hand in den Mund und plant weniger große Schritte ein.

Rein umsetzungstechnisch denke ich auch, dass das wesentliche freiere, erzähllastige Rollenspiel in der Weite besser funktioniert und eben Epik gut unterstützt. Im Dungeon ist man mehr auf den Regelkern des Rollenspiels konzentriert und agiert viel kleinschrittiger.

Rollenspiele bestehen schon lange nicht mehr ausschließlich aus Dungeons (manche allerdings aus einer Aneinanderreihung von Encountern ;) ) und Dungeons kann man auch prima einsetzen, wenn man die Entscheidungsfreiheit im Rollenspiel limitieren möchte. Zudem kann die begrenzte Handlungsmöglichkeit auch eine gewisse Spielerleichterung für Einsteiger darstellen.

Habt ihr Gegenbeispiele?
 
AW: epische Breite im kleinsten Loch?

Ich frage mich, ob es ohne große Verrenkungen möglich wirklich epische Geschichten in Dungeons zu erleben.
Ja. Spiel mal Evernight durch.

Du denkst bei Dungeon an eine mickrige Ansammlung kleiner miefiger Räume. Ich denke bei Dungeon in ganz anderen Dimensionen (sowohl was die soziale Organisation, als auch die räumliche Ausdehnung anbetrifft).
 
AW: epische Breite im kleinsten Loch?

Du denkst bei Dungeon an eine mickrige Ansammlung kleiner miefiger Räume. Ich denke bei Dungeon in ganz anderen Dimensionen (sowohl was die soziale Organisation, als auch die räumliche Ausdehnung anbetrifft).
Ja. Minas Tirith oder wie diese Zwergenbinge im HdR-Film hieß ist für mich irgendwie kein Dungeon. Schließlich kann ich da Wände und Decke quasi nicht sehen.
Aber groß ausgedehnte "Dungeons" wie bei Ptolus halte ich schon für Dungeons. Bei Ptolus ist das Konzept auch etwas aufgeweicht, aber die Vorgehensweise der Spielgruppe ist durch die Architektur irgendwie doch auf kleinschrittigem Niveau.
 
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Kleiner Tipp: Lies Dir "Die Goblins" von Jim C. Hines rein. Ein kleiner Goblin, ein klassisches Dungeon, ein episches Abenteuer - irgendwie. Besonderes Highlight ist die Darstellung eines 'funktionierenden' Dungeons.

Weitere Beispiele wären auf Mittelerde zu finden, zum Beispiel Moria (also während des Falls) oder im Vorfeld des kleinen Hobbits rund um den Arkenstein etc. Gerade Zwergenstädte und andere Untergrundstädte eignen sich hervorragend für sowas. Die Kaer bei Earthdawn zum Beispiel, unter Belagerung eines Terrors.

Abseits fällt mir spontan als c64 Klassiker Bard's Tale ein, denn mMn können auch Städte Dungeons sein, wenn sie einen geschlossenen Mikrokosmos bilden, den man nicht verlassen kann.

m4lik
 
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Ja. Spiel mal Evernight durch.

Du denkst bei Dungeon an eine mickrige Ansammlung kleiner miefiger Räume. Ich denke bei Dungeon in ganz anderen Dimensionen (sowohl was die soziale Organisation, als auch die räumliche Ausdehnung anbetrifft).

What he said - Schau dir mal sachen an wie "Night Below" von TSR an (Lvl 1-14), oder ich stelle (wenn ich es wiederfinden kann) meinen "Escher-Dungeon" zur verfügung, oder...
 
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Hallo Skar,

Ich frage mich, ob es ohne große Verrenkungen möglich wirklich epische Geschichten in Dungeons zu erleben.

episch im Sinne des Lexikons bedeutet ja:
episch [lateinisch], die Epik betreffend; erzählerisch, erzählend; sehr ausführlich (berichtend); nichts auslassend, alle Einzelheiten enthaltend
Quelle: Meyers Lexikon Online

Ist das da nicht eher so, dass gerade der Mikrokosmos eines Dungeons episch ist, da hier deutlich mehr Details und Einzelheiten zur Sprache kommen, als im Macrokosmos des bespielten Globus? Während sich die Reise von Stadt A nach B völlig detailarm durch die Erklärung des Antritts eben jener abhandeln lässt, wenn sie zur Dramaturgie des Spieles nichts beitragen kann, benötigt man zum Wechseln eines Raumes in einem Dungeon doch gerade deutlich mehr Einzelheiten. Was ist es für eine Tür? Ist sie verschlossen? Sind Anzeichen für Fallen zu erkennen? Gibt es Kratzspuren im Holz? Was ist dahinter zu hören? Wie sieht der Boden vor der Tür aus?

Gerade je beschränkter der Raum, desto mehr Details lassen sich auch sinnvoll im Spiel verwenden, da sich hieraus Handlungsmöglichkeiten für Spieler ergeben. Also ist es doch gerade ein Dungeon, der episches Spiel erlaubt.
 
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Ich gehe hier von der Bedeutung im Sprachgebrauch aus, die eher beim Heldenepos liegt. Große Geschichten, in denen einzelne Charaktere viel bewirken, in denen weitgreifende Veränderungen vonstatten gehen. Es wird viel bewegt und einfach viel Geschichte geschrieben.

Von der Hand in den Mund zu leben, wie man es in der Regel im Dungeon tut, gehört für mich nicht dazu.
 
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Gut, ich weiss natürlich jetzt nicht, wer welche Worte wie in seinem Sprachgebrauch nutzt, da kann ich mich nur an die allgemein definierten Bedeutungen von einzelnen Begriffen halten, die so zumindest international bei der Mehrheit der Menschen verstanden werden. :D

Aber auch das Heldenepos ist per Definition eine Literaturform, in der detailliert ein als historisch signifikant angesehenes Ereignis aufgearbeitet wird. Die umgangssprachlich "epische Breite" bezieht sich dabei nicht auf die heroische Größe des dargestellten Ereignisses, sondern auf die in dieser Literaturform typische Detailfülle.

Aber wir wollen ja nicht kleinlich sein. Wenn es also darum geht, ob im Dungeon (spiel-)weltbewegende Dinge passieren können, dann bin ich auch der Meinung, gerade eben da!

Die meisten Dungeonplots beinhalten doch das Beschaffen großartiger Gegenstände, das Töten finsterster Bösewichte, das Retten unglaublich wichtiger Personen. Gerade die in Dungeons stattfindende Handlung hat doch immensen Einfluss auf die Spielwelt, weitaus mehr als eine Reise von A nach B oder das Nachspielen einer Intrige am Hof. Im Dungeon werden die Spielercharaktere zu den Helden, die in die Geschichte ihrer Welt eingehen werden. Ist da nicht eben genau der Dungeon epischer in deinem Sinne als alles andere in einer Fantasy-Welt?
 
AW: epische Breite im kleinsten Loch?

Wenn es also darum geht, ob im Dungeon (spiel-)weltbewegende Dinge passieren können, dann bin ich auch der Meinung, gerade eben da!

Die meisten Dungenplots beinhalten doch das Beschaffen großartiger Gegenstände, das Töten finsterster Bösewichte, das Retten unglaublich wichtiger Personen. Gerade die in Dungeons stattfindende Handlung hat doch immensen Einfluss auf die Spielwelt, weitaus mehr als eine Reise von A nach B oder das Nachspielen einer Intriege am Hof. Im Dungeon werden die Spielercharaktere zu den Helden, die in die Geschichte ihrer Welt eingehen werden. Ist da nicht eben genau der Dungeon epischer in deinem Sinne als alles andere in einer Fantasy-Welt?
Ich sehe zwei große Faktoren, über die im Rollenspiel viel bewegt wird.


  1. In einem stärker auf Regelbasis abgewickelten Teil ist meist der persönliche Einsatz (das Leben des Charakters) am höchsten, was sich natürlich auch im Ausmaß der Spielspannung widerfindet. Man ist sehr nah an den Ereignissen dran, geht aber auch sehr kleinschrittig zur Sache.
  2. In einem stärker erzählerischem Teil (manche würden sagen: das Rollenspielen), setzt der Spieler nicht primär seinen Charakter als Einsatz ein, dafür hängt sich der Spieler aber mit seinen persönlichen Ideen voll rein und schafft darüber eine große Spannungsbindung. Bei diesem erzählerischen Teil kann viel mehr erreicht werden und viel weitgreifender in die Geschichte eingegriffen werden. Da geht es mit großen Schritten voran.

Den ersten Faktor sehe ich zum Beispiel eher im Dungeon, den zweiten Faktor eher in einer freieren, offenen Umgebung.
Der Dungeon ist in der Regel einfach eher als Oppositionsgeber aufgezogen. Klar könnte man auch dort mit dem Zwergenkönig in Dialog treten und große Dinge angehen. Das scheint mir aber nicht der Normalfall zu sein.
 
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Ich kann natürlich jetzt nicht in die D&D-Klamottenkiste greifen, um es zu belegen, aber meiner Meinung nach kann man gerade in der Dungeon-Abenteuerliteratur unglaublich viele Beispiele von wirklich weltbewegenden Entscheidungen, die dort unten passieren, finden. Klar wird an diesen kleinschrittiger gearbeitet, aber gerade das macht ein Epos ja aus.
Das an der "Oberfläche" vielleicht weniger regelabhängig und in größeren Zusammenhängen gedacht wird, liegt ja vor allem daran, dass der menschliche Geist nur beschränkt fähig ist, sich räumliche Weite vorzustellen und zu abstrahieren. Im Endeffekt würde ich aber nicht behaupten, dass das Töten eines Lichkönigs z.B. "oben" mehr Bedeutung hat für die Spielwelt, als "unten" in einem Dungeon. Vielleicht ist die Herangehensweise eine andere, weil man sich im Dungeon erst durch eine beliebige Anzahl detailliert beschreibener Räume fighted, während man oben den Weg auf den Berggipfel einfach mit zwei Kletterproben abhakt und dann dort über den Wolken im Licht der untergehenden Sonne den Kampf abhandelt.
Aber gerade der Weg durch den detaillierten Dungeon währe in diesem vergleichenden Beispiel ja der deutlich epischere.
 
AW: epische Breite im kleinsten Loch?

Ich denke "epische Breite im kleinsten Loch" funktioniert dann am besten, wenn man sich unter "epischen Geschichten", diejenigen Ereignisse vorstellt, die auch noch 2000 Jahren besungen werden (oder eben in einer historisch-kritischen Buchausgabe erscheinen).
Meine Güte, die Schlacht um Troja war historisch nun wirklich kein Wendepunkt! Der Zorn des Achilles hingegen (das eigentliche Thema der Illias) ist in seinem Ausmaß und seinen Auswirkungen für das damalige Verständnis weltbewegend.

Eine Möglichkeit also einen Epos im Dungeon zu erzählen besteht darin, "epische Charaktere" zu haben.

Ein ganz schönes Beispiel für ein "episches Dungeon" hat übrigens das Computerspiel "Gears of War".
Im wesentlichen wie Zornhau es beschrieben hat: als GIGANTISCH GROßES DUNGEON!

Grüße
Hasran
 
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Die Armeen, die da gegen die 300 aufmarschieren reichen aber bis zum Horizont. :)
 
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Wie gesagt, die klassischen Epen (Illias und Odyssee) handel vom Zorn das Achill (Illias) respektive Leiden des Odysseus.
Beides nicht gerade "welterschütternd" in dem von dir gebrauchten Sinne Skar.

Grüße
Hasran
 
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Also ich kann mir problemlos eine riesige Anzahl "epischer" Geschichten deiner Definition folgend in Dungeons vorstellen, sehe wirklich nicht wo da ein Problem auftauchen sollte?
 
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Erzähl doch mal. Und ist das der Dungeon, wie er normal im Rollenspiel vorkommt?

Ich denke nämlich durch die primäre Assoziation von Dungeon als dunkel, klein, beengend, unter der Erde, Monster, Schätze, Fallen und sowas, wird der Dungeon auch primär dafür ins Rollenspiel implementiert.
Und ich sehe hier keine Ausrichtung auf epische Breite (in seiner Bedeutung als große Geschichte mit Helden, in der ausgreifende Dinge passieren).
Eine Aneinanderreihung von Räumen - und genau das ist der klassische Dungeon - hat idR jeweils einen Horizont von der Größe des Raumes. Hier wird operativ gearbeitet, nicht strategisch. Das schließt auch die Nutzung des Rollenspiels mit stärkerer Fokussierung auf die Regeln mit ein. Und die Regelnutzung im Rollenspiel ist klassisch auch kleinschrittig, während die erzählerische Nutzung des Rollenspiels viel weitgreifender ist.

Den Begriff epische Breite können wir auch gerne substituieren. Vielleicht bin ich mit seiner Bedeutung ja tasächlich auf dem Holzweg (ich sehe nur die klassische Definition des Begriffes nicht mit der Bedeutung im Sprachgebrauch gleich). Daran möchte ich mich jedenfalls nicht aufhängen.
 
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Hallo Skar, die Bedeutung im Sprachgebrauch leitet sich aber doch von der klassischen Definition ab, sprich: "epische Breite" bedeutet umgangssprachlich: "bis ins kleinste Detail". Und genau das macht ein Dungeon doch: er stellt begrenzten Raum sehr detailliert dar, ebenso die darin passierenden Handlungen. Darüber hinaus sind es meistens Helden, die dort ihre Abenteuer erleben und der Ausgang eines Dungeon-Abenteuers hat auch meistens sehr weitreichende Konsequenzen für die Spielwelt, weil z.B. ein großer Erzbösewicht besiegt wurde z.B. oder ein besonders mächtiges Artefakt wieder in den Handelskreislauf zurückgeführt wurde.

Alle Faktoren für ein Epos sind doch im Dungeon genauso gegeben wie überall sonst. Wie weit da der Horizont ist oder wie hoch die Räume spielt doch für die Begrifflichkeit "episch" absolut keine Rolle. Einzig die Detailfülle und die Signifikanz der Handlung sind relevante Faktoren für ein Epos.
 
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Ich weiß nicht. :nixwissen: Ob sich einer beim Fallensuchen nen Fingernagel abbricht oder nicht, assoziiere ich nicht mit epischen Geschichten. Mir fehlt wahrscheinlich ein besseres Wort dafür, aber wenn ich "episch" sage, klingelt bei mir sowas wie weite Ländereien, starke Helden, riesige Schlachten, weitgreifende Handlungen, große Ereignisse und ... viel Text.

Wenn ich aber "Dungeon" sage, dann verbinde ich damit einen Mikroebene, die für die einzelnen Beteiligten zwar eine große Bedeutung haben kann, nicht aber für die Welt.

Dungeons finde ich damit ungeeigneter epische Geschichten - Mist, schon wieder gesagt - zu transportieren.
 
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Und ist das der Dungeon, wie er normal im Rollenspiel vorkommt?

Ja. Wenn es dir wirklich so schwer fällt dir welterschütternde Superartefakte, superböse Oberschurken, uralte mächtige Rituale und ähnliches Kroppzeuchs (was ich jetzt mal alles zu deiner Definition von "episch" dazu zähle) in einem Dungeon vorzustellen dann weiß ich auch nicht mehr weiter.

Mir scheint es eher als wolltest du deine Definition von Dungeon so künstlich beschränken dass sie von vornherein jeden epischen Aspekt ausschließt, wenn für dich ein Dungeon um Gottes Willen nix anderes sein darf als eine lieblose Aneinanderreihung kleiner Räume und denen kleine Monster kleine Schätze bewachen und kleine Fallen auf die Helden warten, ja, dann wird es nix mit deiner "epischen Breite". Ich kenne da zum Glück auch genug andere Möglichkeiten, Dungeons spannend und wenn nötig auch episch zu gestalten und das verstößt nicht gegen meine Definition des Wortes.
 
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@ Skar: Tja, vielleicht hast du auch einfach eine negative Vorstellung von Dungeons? Was du hier so von dir gibst, hört sich ja schon ziemlich nach den guten alten Vorurteilen über Dungeons an, die man öfters zu hören bekommt. :nixwissen:
 
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