(Kurzfassung)
[FONT="]Im Winter 1230[/FONT]
[FONT="]Margery ist widerwillig in eine etwas größere Siedlung gekommen, um zu jagen, weil es draußen in diesem harten Winter einfach keine Beute gibt. Sie beobachtet ein junges unheimlich hübsches Mädchen, Mairead, das offenbar Spaß daran hat, die Herren der Schöpfung um den Finger zu wickeln. Das Mädel ist ein ziemliches Miststück, das sich einen Spaß daraus macht, sich genau so lange mit einem Verehrer zu beschäftigen, bis er ihr völlig verfallen ist, um ihn dann einfach für den nächsten stehen zu lassen. Es passiert allerdings nie wirklich etwas zwischen ihr und den Jungs, von Blicken und Worten mal abgesehen.[/FONT]
[FONT="]An dem Mann ihrer Cousine beißt sich Mairead zuerst die Zähne aus, versucht es aber so lange, bis er sich in sie verliebt; die beiden werden dann tatsächlich körperlich und sie verpasst ihm einen Knutschfleck, so dass ihre Cousine merken muss, was passiert ist. Diese ist daraufhin völlig am Boden und ihre bis dahin sehr liebevolle Beziehung emotional am Ende, was Mairead nicht weiter kümmert oder eher noch freut. Sie lässt auch den Mann wieder fallen und spielt nur dann mit ihm, wenn seine Frau dabei ist. Sie ist von dieser Sache agesehen aber nicht bösartig oder so, eigentlich ist sie ein ziemlich nettes Mädchen, das einfach gerade erst gemerkt hat, welche Wirkung sie auf die Herren ausübt und das jetzt „etwas übertreibt“. Margery ist grässlich eifersüchtig wegen ihrer Schönheit und ihrer Wirkung, rechtfertigt das Ganze aber mit der Idee, sie sei ja jetzt schon so etwas wie eine Jägerin. Halb aus Bosheit schenkt sie ihr dann den Kuss.[/FONT]
[FONT="]Mairead hasst es natürlich total und ist am Anfang kurz davor die Sonne zu grüßen. Margery verpasst ihr dann eine etwas härtere Schule; sie entmenschlicht ihr Kind aktiv und zwingt sie mehr oder weniger zum Pfadwechsel. Dadurch verdrängt MacFarlane ihr altes, menschliches Ich und entwickelt zum Einen einen Hass auf Menschen, gerade auf (hübsche) Frauen, zum Anderen eine Obsession für den Pfad, auf dem sie sich trotzdem immer unsicher fühlt. Daher versucht sie, so viel wie möglich über den Pfad, seine Geschichten und so weiter, zu lernen, weil sie im Grunde ständig Angst hat, sich noch einmal so weit (oder völlig) an ihr Tier zu verlieren.[/FONT]
(Geschichte)
[FONT="]Der Temple Wood Steinkreis bei Kilmartin, am 24. Juni 1252[/FONT]
[FONT="]MacFarlane trat an den Rand des Steinkreises und blickte von dem Meer duftender, dunkelblauer Glockenblumen auf, in die Runde der versammelten Wolfskinder. Neben ihr stand Margery, das deformierte Haupt stolz erhoben. Die hünenhafte Gestalt ihres Verbündeten Angus von Clan des Tiers ragte links von ihr auf, umgeben von den Kainiten seines Rudels. Der Hüter der heiligen Stätte, ein Malkavianer mit dem Namen Cullum, stand ihr gegenüber am anderen Ende des Steinkreises, von der Dunkelheit dieser kürzesten Nacht des Jahres fast gänzlich verschluckt. Einige weitere waren der jungen Nosferatu vom Ansehen her bekannt, von früheren Treffen, aber es gab auch neue Gesichter. Eines davon gehörte einem Mann in den besten Jahren von schlankem Wuchs und flachsblondem Haar, der nun mit würdevollem Ausdruck in den Kreis trat. Mit volltönender Stimme setzte er an, die Geschichte der zweiten Stadt und des Auszugs Ennoias in die Wildnis zu erzählen und MacFarlane prägte sich jedes Detail, das sie noch nicht gekannt hatte, gut ein. Der Mythenbewahrer faszinierte sie. Seine Art, die alten Legenden zu erzählen war so lebendig, so voller Leidenschaft, wie sie es noch nicht erlebt hatte. Sie schloss die Augen und konnte die Wälder und Sümpfe förmlich schmecken, in denen Ennoia sich von der Dekadenz ihrer Geschwister reinwusch, ihre Präsenz fast greifen, als die Sprache darauf kam, wie sie ihre Kinder und auch die jungen der anderen Clans, die den Fehler ihrer Erzeuger eingesehen hatten, ihren Weg lehrte.[/FONT]
[FONT="]Als Angus die Jagd eröffnete, fiel es ihr leicht, ihr Tier die Führung übernehmen zu lassen.[/FONT]
[FONT="]Stunden später saßen die Kainiten in Grüppchen um den Steinkreis, die Glockenblumen scharlachfarben von dem Blut der Sterblichen, die in dieser Nacht Kain dargebracht worden waren, die Luft von einem verführerischen Duft erfüllt. MacFarlane kauerte neben Margery, die trotz des besonderen Anlasses mit Angus über die elenden Blaublütigen sprach, und leckte sich geistesabwesend das halb getrocknete Blut von den Klauen, als der Mythenbewahrer sich zu ihnen setzte. Die Gangrel nickten ihm zu, und auch Margery begrüßte den Mann wie einen alten Bekannten: „Cailean. Schöne Worte, wie immer.“ Er lächelte und sah von der Nosferatu zu Angus herüber. „Und eine schöne Jagd. Ich war viel zu lange nicht in Argyll. Es hat sich viel geändert. Wir sind, wie ich höre, nicht mehr die einzigen hier. Und doch gibt es viele junge“. MacFarlane spürte seinen Blick, sah aber nicht auf. „Unsere Rudel sind im Krieg“, gab Angus zurück. „Und so wertvoll die jungen sein mögen, was wir brauchen sind Strategien gegen die, die uns das Land streitig machen. Mit reiner Gewalt werden wir gegen Mithras‘ Ansprüche nichts ausrichten“, gab der bärengroße Gangrel zu. Cailean nickte ernst. „Dieser Kampf wird keiner sein, der mit Zähnen und Klauen ausgefochten wird, soviel ist klar“[/FONT]
[FONT="]MacFarlane hörte Margery neben sich leise knurren. Ein Kampf, der subtilere Waffen erforderte, war keine Sache ihrer Erzeugerin, die am liebsten fern der Siedlungen der Sterblichen durch die Highlands streifte. Margery war keine Frau ausgefeilter Taktiken oder vieler Worte. Sie zog es vor, die Dinge direkt, mit Taten zu klären.[/FONT]
[FONT="]MacFarlane glaube indes immer noch an die Macht der Worte, auch wenn sie nicht über sie gebot. Diese Unzulänglichkeit allerdings wollte sie ausräumen. Sie würde lernen, Worte wie Klauen zu verwenden und mit dieser und den Waffen, die ihr ohnehin gegeben waren, jede Beute zur Strecke bringen, jeden Feind zu Fall bringen. Sie warf einen Blick auf Cailean und beschloss, in den nächsten Nächten mit ihm zu jagen.[/FONT]
[FONT="]Kilmartin, einige Nächte darauf[/FONT]
[FONT="]Cailean war darauf gefasst gewesen, bei der jungen Nosferatu, die mit ihm hatte jagen wollen, auf Unverständnis zu treffen, als er ihr von seinem Interesse für die Sterblichen erzählte, aber sie schien damit gerechnet zu haben, dass er gern mit der Beute sprach. Bei vielen Wolfskindern stieß er mit seinem Hang zu den Städten und Siedlungen auf Ablehnung und Misstrauen, auch wenn man ihn als Mythenbewahrer respektierte. Sie blieb in den Schatten, während er jagte und hörte wie es aussah gut zu. Der Brujah beschloss, noch ein wenig Zeit mit der Kleinen zu verbringen und mehr über das Kind der Barbarin Margery herauszufinden.[/FONT]
[FONT="]Seine Verwunderung ließ nicht nach. Wo Margery es vorzog, Klauen und Fänge sprechen zu lassen, schien Mairead, die alle nur nach ihrem sterblichen Clan MacFarlane nannten, es auch mit Argumenten versuchen zu wollen, bloß mangelte es ihr klar an Erfahrung. Selbst wenn sie einmal eloquent gewesen sein mochte, hatte ein einsames Leben mit ihrer Erzeugerin dafür sorgen müssen, dass das Mädchen sprachlich verkümmert war. Cailean spürte dennoch, dass der Geist in diesem entstellten Körper sich ausdrücken wollte. Und es wäre doch eine Schande, verborgene Fähigkeiten verkommen zu lassen, die vielleicht in ihr schlummerten. Angus hatte es selbst gesagt: Mit reiner Gewalt kam man in diesen Nächten fast nirgends mehr weit.[/FONT]
[FONT="]Eine Lichtung bei Kilmartin, im Juli 1252[/FONT]
[FONT="]„Ich werde Dich verlassen.“[/FONT]
[FONT="]Die nüchternen Worte ließen Margery aufhorchen. Die mit Fellen behängte Gestalt ihres jüngsten Kindes warf einen tiefen Schatten auf die Nosferatu, die an ihrem Lagerplatz damit befasst war, einen Hirsch abzuziehen.[/FONT]
[FONT="]„Wie bitte?“ Eine Drohung lag in der Frage, aber MacFarlane ließ sich schon lange nicht mehr so leicht einschüchtern. Geduldig wiederholte sie: „Ich werde Dich verlassen, Margery. Dein Kampf um die Highlands ist sicher eine wichtige Angelegenheit, aber ich kann Dir gegen die Blaublütigen nicht helfen. Nicht so.“[/FONT]
[FONT="]Die ältere legte den Kopf schief. Was erdreistete dieses Kind sich eigentlich, eigenmächtige Entscheidungen zu fällen? Margery würde die Augen wie die Fänge des Mädchens brauchen, wenn es gegen diese blaublütigen Aaskrähen ging. Und auch Angus und sein Rudel würden alles andere als begeistert sein, eine Mitstreiterin zu verlieren.[/FONT]
[FONT="]„Du wirst unser Revier verteidigen, wie ich es Dich gelehrt habe, Welpe!“[/FONT]
[FONT="]MacFarlane seufzte. „Diese Länder sind Dein Revier, nicht unseres. Was ich verteidigen werde ist unser Weg. Ich gehe mit Cailean.“ Margery grunzte mürrisch, erwiderte aber nichts. Was wollte sie darauf auch sagen?[/FONT]
[FONT="]Ihr Kind warf einen kleinen Gegenstand in das Gras neben ihr. „Da. Ich hab keine Verwendung mehr dafür.“ Margery wartete, bis ihr Kind außer Sicht war, dann erst hob sie die kleine Beinschnitzerei auf und legte sich das Lederbändchen, an dem sie befestigt war, um den Hals.[/FONT]
[FONT="]Nächte später wanderte MacFarlane mit dem Mythenbewahrer durch das Revier, das sie bald würden verlassen haben. Er bemerkte die riesige Eule zuerst, die fast lautlos über ihnen dahin zog und streckte den Arm aus, um dem Tier einen Landeplatz zu bieten. Bevor der Vogel sich auf Caileans Arm niederließ, ließ er einen länglichen Gegenstand ins Gras fallen. MacFarlane hob ihn auf und erkannte Margerys Messer, eines der wenigen Erzeugnisse der Zivilisation, das ihre Erzeugerin besessen hatte. Während die Eule sich wieder in den Nachthimmel erhob und einen verwunderten Cailean zurückließ, schob die Nosferatu die Klinge in ihren Stiefelschaft und lächelte in sich hinein.[/FONT]