Rezension Die Larm-Chroniken [B!-Rezi]

Orakel

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Die Larm-Chroniken


Labyrinth Lord Abenteuerband [B!-Rezi]


Nachdem der Manticore Verlag mit der deutschen Ausgabe von Labyrinth Lord sein erstes Rollenspiel auf den Markt gebracht hat, stellt Moritz Mehlem mit „Die Larm Chroniken“ die erste Abenteuer-Sammlung für den deutschen Markt auf, welche Anfänger-Charakteren auf den Stufen 1 bis 5 das Geschehen innerhalb einer Spielwelt zur Seite stellt.
Larm ist ein kleines Dörfchen am Fluss Dolm in den Bekannten Landen und soll vom Grundansatz her ein Auftakt und Rückzugpunkt für Anfängerrunden darstellen, von dem aus sich die Charaktere aus ins Abenteuer stürzen können. Aber wie es immer so schön heißt: Anfänger-Helden sind noch in den Lehrjahren. Und dementsprechend bietet auch dass Dörfchen Larm erst einmal einigen kleineren Zwist und ein paar Überraschende Handlungen, mit dehnen sich die Gruppe beschäftigen kann.

Insofern ist es wenig überraschend, dass das erste Kapitel sich ausschließlich um eine Ortsbeschreibung dreht: Welche wichtigen Personen gibt es? Wo sind diese anzutreffen? Wer treibt es mit wem und woraus resultieren dabei welche Probleme, sind im Grunde die Schlagwortfragen, die dabei geklärt werden. Und aus diesen Umständen entspringen dann teilweise (kombiniert mit ein paar Zufallstabellen) der eine oder andere Auftakt, um sich in die ersten Erlebnisse einer möglicherweise tödlich endenden Abenteurer-Karriere zu stürzen.
Die darauf aufbauenden Unterkapitel liefern dann anschließend ein paar Örtlichkeiten, die wirklich vor Gefahr nur so strotzen: „Die Mühle“ ist von einer Rattenplage zu befreien, ehe Larm das Brot ausgeht, während „Der vergessene Tempel des Thaxon“ von Untoten bereinigt werden muss, welche das Heiligtum einer mittlerweile beinahe in die Vergessenheit anheim gefallenen Gottheit besetzen. Und falls man das halbwegs mit heiler Haut überstanden hat, geht es noch darum ein Goblinlager auszuspionieren, dessen Bewohner die Umgebung unsicher machen.

Danach folgen wieder einzelne, kurze Abenteuer, die sich aber mehr aus dem kuscheligen Umfeld der Siedlung Larm herausbewegen und die Umgebung zumindest teilweise in Augenschein nehmen. In „Der Schrein des Grimic“ erforscht man auf der Suche nach einem übergroßen Rubin einen aufgegebenen Schrein, der mit tödlichen Fallen gespickt ist und in die Festung des Bergkönig ein Kobold mit seiner Bande Unruhe stiftet.

Wirklich interessant ist eigentlich zentral das Kapitel „Der Fluß Dolm“.
Das Abenteuer ist in sofern nämlich etwas anderes, weil hier ein gesonderter NSC in Form der Tochter des Bürgermeisters von Larm in den Vordergrund geschoben wird, die man zu ihrer Hochzeit (oder besser Verlobung) über den Fluss geleitet werden, um ihren späteren Ehemann kennen zu lernen. Wie das Leben aber so spielt, ist die Dame davon wenig begeistert und der Fluss will es den Spielern auch nicht einfacher machen, um diese Aufgabe zu erfüllen. Wilde Monsterstämme, Flusspiraten und sonstige Probleme inklusive.

Und zum Abschluss gibt sich mit „Die Rückkehr des Bergkönigs“ Glgnfz der Kobold noch einmal die Ehre. Diesmal terrorisiert er die Gegend um Larm von einer alten Zollstation aus, und bietet immer noch mehr als genug Ärger.

Ich verkürze das ganze um ein paar Details, denn die meisten Abenteuer laufen auf das gleiche Prinzip hinaus, dass man fast schon als Archetyp des Labyrinth Lord Abenteuers mittlerweile bezeichnen kann: Den Dungeon Crawl. Annähernd jedes Abenteuer endet früher oder später in einem Kampf in irgendeinem Labyrinth aus Gängen, Fallen und Gegnern die man bekämpfen muss. Prinzipiell ist nichts dagegen einzuwenden, fraglich ist nur, ob tatsächlich dauerhaft und ständig die Runden darauf abfahren werden. Da dieser Band aber bereits für den Anfang zu einem gewissen Grad alles vereinfacht und damit auf eine simple Weise erst einmal die grundlegende Herangehensweise für diese Umstände bereitstellt steht sich dort sicher nichts gegenseitig im Wege. Das soll jeder für sich entscheiden.

Das interessanteste Abenteuer in dem gesamten Bereich steht allerdings fest. „Der Fluß Dolm“. Insgesamt ist das Abenteuer zwar mit dem Flussverlauf einer stringenten Linearität unterworfen, die nur leicht dadurch aufgelockert wird, dass ein paar unberechenbare Faktoren ins Spiel gebracht werden, indem man pro Flussabschnitt jeweils ihre Ereignisse auswürfelt und dementsprechend als SL sich vorbereitet. Der Punkt, der hier heraus sticht ist allerdings ein anderer: Es wird ein NSC ins Zentrum gerückt, der noch nach dem großen Abenteuer selbst sucht und nur bedingt von der Idee begeistert ist, bald am Gängelband leben zu müssen.
Hier bietet sich wirklich Potential zur Interaktion zwischen den Spielern und der Welt, die der SL so lebendig wie ihm nur eben möglich gestalten kann. Immerhin ist alles wohl und wehe der Scs von der Laune der „kleinen Göre“ abhängig. Gerade das kann insgesamt zu sehr viel Chaos, aber auch zu einigem Spaß führen.

Fazit

Was haben wir also hier? Einen Abenteuerband für den blutigen Anfänger. Im Guten wie im Schlechten. Die einzelnen Abenteuer an sich machen einen grundsoliden Eindruck, auch wenn nicht alle unbedingt durch eine unglaubliche Fülle an Ideenreichtum sprudeln. Grundsätzlich muss man nämlich durchaus sagen, dass der Geschmack des Dungeoncrawls nicht sonderlich vielschichtig ist, sondern eher für den simplen, schnellen Spaß zwischendurch, bei dem es nicht sonderlich auf viel Interaktion ankommt. Fans des Hack&Slay dürften also durchaus auf ihre Kosten kommen. Ähnlich wie solche, die einige, mehr oder weniger simple Rätsel mögen.
Für die anderen, die sich ein wenig mehr Interaktionsmomente wünschen, dürfte bei einem Spielleiter, der sich die Mühe macht entsprechende Möglichkeiten auszuschmücken hingegen das bereits herausgestellte „Der Fluß Dolm“ einen interessanten zweiten Blick wert sein.

Dadurch dass die Larm-Chroniken allerdings ein Sammelband verschiedener, älterer Publikationen von Melem ist, erkennen solche, die sich bereits etwas länger mit Labyrinth Lord beschäftigt haben sicherlich die entsprechenden Titel wieder, und können dadurch selbst entscheiden, ob sich die Anschaffung für sie jeweils lohnt. Der Rest, der sich nach der ersten Lektüre des GRWs von LL immer noch gefragt hat, was man mit diesem Spiel eigentlich tun soll, sei diese Abenteuer-Sammlung ans Herz gelegt. Ich denke man kann mit den Larm-Chroniken durchaus einen eigenen, gründlichen Eindruck über Möglichkeiten und Verfahrensweisen (sowie die Beschränkungen) von LL erfahren und dadurch für sich entscheiden, ob sich das Spiel für einen selbst lohnt. Der eine oder andere One-Shot und damit spaßeshalber durchgeführte, kurzweilige Spielabend sollte auf jeden Fall drin sein.

Spielleiter, die sich etwas trauen und ihre Spieler auch gerne im positiven quälen, werden allerdings wohl tatsächlich nur mit der Fahrt auf dem Dolm ihren Spaß haben. Diese Abenteuer begeistert durchaus, verlangt aber einiges an Planung im Vorfeld, um die entsprechenden Szenen auch wirklich ausgeschmückt zu bekommen, was die Tochter des Bürgermeisters anbelangt. Zumindest vielen mir auf Anhieb einige Dinge ein, die man da testweise ausprobieren könnte.

Insofern ist der gesamte Band zwar keine Kost die jedem schmecken mag, aber durchaus für Freunde des Dungeoncrawls sicherlich zu empfehlen. Und zumindest ein brauchbarer Einstieg in die „Welt“ von Labyrinth Lord.Den Artikel im Blog lesen
 
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