Midwinter
Kainskind
- Registriert
- 1. Dezember 2008
- Beiträge
- 282
Unsere Kampagne spielt im Chicago unserer Tage; abgesehen von ein paar offenkundigen Unterschieden entspricht die Spielwelt der realen Welt. Das bedeutet natürlich, dass reale Ereignisse in vielerlei Hinsicht auch relevant für die Spielwelt sind.
Aktuell hinken wir der Realität noch um ein paar Jahre hinterher, der Kalender unserer Spielwelt steht momentan auf Oktober 2016 (die überraschende Wahl von Donald Trump steht also kurz bevor).
Ich will an dieser Stelle ausdrücklich keine Diskussion vom Zaun brechen über das Für und Wider der Verwendung von realen Ereignissen als backdrop für Erzählungen; ich weiß, dass es Spieler gibt, die das nicht mögen oder oder sogar für schlechten Stil halten. Aber darum soll es hier nicht gehen (ich bin gerne bereit das Pro und Contra an anderer Stelle zu diskutieren).
Vielmehr zerbreche ich mir derzeit den Kopf, was passiert, wenn unsere Chronik das Jahr 2020 erreicht.
Wie geht die Camarilla mit einer Welt um, die durch Corona, aber auch durch politische und gesellschaftliche Unruhen (zumindest in den USA) plötzlich eine andere ist? In der Clubs plötzlich längerfristig geschlossen werden müssen und landauf, landab social distancing das Gebot der Stunde ist? Welche Auswirkungen hat es, wenn ein einzelner Vampir womöglich zum Super Spreader wird (können Vampire überhaupt gewöhnliche Krankheiten übertragen?), weil er von einem Covid-19-Infizierten getrunken hat?
Fangen wir mal mit dem vielleicht einfachsten Punkt an: Die Maskerade.
Ironischerweise scheint ausgerechnet in Zeiten der Pandemie die Maskerade, zumindest, wenn man von reinen Äußerlichkeiten ausgeht, leichter zu wahren sein – es trägt ja (fast) jeder eine Maske; bis zu einem gewissen Grad macht es das vielleicht sogar für Nosferatus etwas einfacher, sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten.
Das Problem aber ist, dass die "Öffentlichkeit" nicht mehr ist, was sie mal war. Jeder ungewollten Annäherung wird mit Skepsis begegnet, und insgesamt sind – zumindest in den ersten Monaten der Pandemie – deutlich weniger Menschen unterwegs als zuvor.
Regeltechnisch betrachtet würde ich etwaige Jagdwürfe deutlich schwerer machen (man könnte aber natürlich auch argumentieren, dass weniger Menschen auch weniger Zeugen bedeutet und dass somit die Jagd insgesamt leichter ist).
Manchmal habe ich den Eindruck, dass die wichtigsten Clubs einer Stadt fast immer von Vampiren kontrolliert werden (und das betrifft nicht nur unser liebstes Rollenspiel, sondern ebenso Romane, Filme und TV-Serien). Die Clubs sind gleichermaßen Jagdrevier wie auch Einkommensquelle. Letzteres dürfte im Spiel nur eine kleine Rolle spielen; regeltechnisch könnte man an dieser Stelle, soweit Spieler betroffen sind, für die Dauer der Pandemie-Maßnahmen den Ressourcen-Hintergrund um 1 Punkt reduzieren, aber ansonsten sollte die finanzielle Durststrecke nicht sonderlich ins Gewicht fallen.
Der soziale Aspekt dagegen ist nicht zu vernachlässigen. In unserer Chronik gibt es einen sehr beliebten Club in Spielerhand, der mit schöner Regelmäßigkeit für verschiedenste Treffen wie auch zur Jagd genutzt wird. Ein weiterer Club ist sogar das offizielle Elysium der Stadt! Man kann davon ausgehen, dass beide Läden von den Behörden dichtgemacht werden. Sicher wäre es nüchtern betrachtet möglich, Beziehungen und/oder Disziplinen spielen zu lassen und eine Sondergenehmigung zu erwirken. Aber in der Praxis wäre das für alle Welt ein grellrot leuchtendes Hinweisschild, dass mit dem jeweiligen Etablissement etwas nicht ganz in Ordnung ist. Von daher dürften sich die Spieler für's Erste neue Jagdgründe suchen müssen. Die Verlegung des Elysiums ist eher eine Formsache (und angesichts dessen, dass das Chicago Art Institute wie alle Museen der Stadt geschlossen ist, ist es vielleicht sogar unauffälliger als früher, wenn man sich hier trifft).
Die Mortalitätszahlen in den USA sind bekanntermaßen teilweise erschreckend hoch. Illinois hat mit seinen 12 Mio. Einwohnern aktuell fast 8500 Todesfälle (und Cook County, in dem auch Chicago liegt, steuert dabei alleine schon 5100 Fälle bei; zum Vergleich: Deutschland hat derzeit 9400 Todesfälle bei 83 Mio. Einwohnern). Zynisch betrachtet könnte man also sagen, dass Vampire es derzeit wahrscheinlich leichter haben, ihre Opfer in der Statistik untergehen zu lassen; der Umstand, dass die Krankenhäuser überlastet sind und die Polizei angesichts der regelmäßigen Proteste gegen Polizeigewalt und/oder die Einschränkung der Bürgerrechte anderes zu tun hat, dürfte den Kainiten durchaus auch in die Karten spielen.
Aber was bedeutet das konkret? Im Normalfall versucht man ja, nur das Nötigste von einem Opfer zu trinken und es nicht zu töten (falls man Wert auf seine Menschlichkeit legt). Jetzt ist aber Beute schwerer zu bekommen, der Tod dafür aber leichter zu vertuschen. Führt das möglicherweise zu einem "Sittenverfall"? Ich würde sagen, dass das Phänomen nicht flächendeckend auftauchen dürfte, aber es gibt sicher wie immer schwarze Schafe, die die Situation ausnutzen und sich mal so richtig austoben.
Können Vampire Krankheiten übertragen? Ich würde sagen ja; ich meine mich sogar zu erinnern, dass in irgendeinem Quellenbuch mal davon gesprochen wurde, dass es durch Vampire zu für Experten überraschenden Häufungen bestimmter Krankheiten gekommen ist (allerdings würde ich das nicht beschwören, in diesem Punkt kann ich mich auch irren).
Gehen wir also für die weitere Diskussion davon aus, dass Covid-19 von Vampiren übertragen werden kann. Was bedeutet das dann in der Folge? Vampire können definitiv keinen wie auch immer gearteten Test machen, um zu überprüfen, ob sie das Blut eines/r Infizierten aufgenommen haben. Das wiederum bedeutet, dass im Grunde jeder Vampir ein möglicher Überträger einer potentiell tödlichen Krankheit sein könnte. Nimmt man dieses Risiko in Kauf? Oder versucht man lieber, sich nur noch von Tieren oder geklauten Blutkonserven zu ernähren?
Soweit mal meine ersten Überlegungen. Fällt euch noch etwas ein, das man für eine Erzählung in Zeiten der Pandemie beachten sollte oder einfließen lassen kann?
Aktuell hinken wir der Realität noch um ein paar Jahre hinterher, der Kalender unserer Spielwelt steht momentan auf Oktober 2016 (die überraschende Wahl von Donald Trump steht also kurz bevor).
Ich will an dieser Stelle ausdrücklich keine Diskussion vom Zaun brechen über das Für und Wider der Verwendung von realen Ereignissen als backdrop für Erzählungen; ich weiß, dass es Spieler gibt, die das nicht mögen oder oder sogar für schlechten Stil halten. Aber darum soll es hier nicht gehen (ich bin gerne bereit das Pro und Contra an anderer Stelle zu diskutieren).
Vielmehr zerbreche ich mir derzeit den Kopf, was passiert, wenn unsere Chronik das Jahr 2020 erreicht.
Wie geht die Camarilla mit einer Welt um, die durch Corona, aber auch durch politische und gesellschaftliche Unruhen (zumindest in den USA) plötzlich eine andere ist? In der Clubs plötzlich längerfristig geschlossen werden müssen und landauf, landab social distancing das Gebot der Stunde ist? Welche Auswirkungen hat es, wenn ein einzelner Vampir womöglich zum Super Spreader wird (können Vampire überhaupt gewöhnliche Krankheiten übertragen?), weil er von einem Covid-19-Infizierten getrunken hat?
Fangen wir mal mit dem vielleicht einfachsten Punkt an: Die Maskerade.
Ironischerweise scheint ausgerechnet in Zeiten der Pandemie die Maskerade, zumindest, wenn man von reinen Äußerlichkeiten ausgeht, leichter zu wahren sein – es trägt ja (fast) jeder eine Maske; bis zu einem gewissen Grad macht es das vielleicht sogar für Nosferatus etwas einfacher, sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten.
Das Problem aber ist, dass die "Öffentlichkeit" nicht mehr ist, was sie mal war. Jeder ungewollten Annäherung wird mit Skepsis begegnet, und insgesamt sind – zumindest in den ersten Monaten der Pandemie – deutlich weniger Menschen unterwegs als zuvor.
Regeltechnisch betrachtet würde ich etwaige Jagdwürfe deutlich schwerer machen (man könnte aber natürlich auch argumentieren, dass weniger Menschen auch weniger Zeugen bedeutet und dass somit die Jagd insgesamt leichter ist).
Manchmal habe ich den Eindruck, dass die wichtigsten Clubs einer Stadt fast immer von Vampiren kontrolliert werden (und das betrifft nicht nur unser liebstes Rollenspiel, sondern ebenso Romane, Filme und TV-Serien). Die Clubs sind gleichermaßen Jagdrevier wie auch Einkommensquelle. Letzteres dürfte im Spiel nur eine kleine Rolle spielen; regeltechnisch könnte man an dieser Stelle, soweit Spieler betroffen sind, für die Dauer der Pandemie-Maßnahmen den Ressourcen-Hintergrund um 1 Punkt reduzieren, aber ansonsten sollte die finanzielle Durststrecke nicht sonderlich ins Gewicht fallen.
Der soziale Aspekt dagegen ist nicht zu vernachlässigen. In unserer Chronik gibt es einen sehr beliebten Club in Spielerhand, der mit schöner Regelmäßigkeit für verschiedenste Treffen wie auch zur Jagd genutzt wird. Ein weiterer Club ist sogar das offizielle Elysium der Stadt! Man kann davon ausgehen, dass beide Läden von den Behörden dichtgemacht werden. Sicher wäre es nüchtern betrachtet möglich, Beziehungen und/oder Disziplinen spielen zu lassen und eine Sondergenehmigung zu erwirken. Aber in der Praxis wäre das für alle Welt ein grellrot leuchtendes Hinweisschild, dass mit dem jeweiligen Etablissement etwas nicht ganz in Ordnung ist. Von daher dürften sich die Spieler für's Erste neue Jagdgründe suchen müssen. Die Verlegung des Elysiums ist eher eine Formsache (und angesichts dessen, dass das Chicago Art Institute wie alle Museen der Stadt geschlossen ist, ist es vielleicht sogar unauffälliger als früher, wenn man sich hier trifft).
Die Mortalitätszahlen in den USA sind bekanntermaßen teilweise erschreckend hoch. Illinois hat mit seinen 12 Mio. Einwohnern aktuell fast 8500 Todesfälle (und Cook County, in dem auch Chicago liegt, steuert dabei alleine schon 5100 Fälle bei; zum Vergleich: Deutschland hat derzeit 9400 Todesfälle bei 83 Mio. Einwohnern). Zynisch betrachtet könnte man also sagen, dass Vampire es derzeit wahrscheinlich leichter haben, ihre Opfer in der Statistik untergehen zu lassen; der Umstand, dass die Krankenhäuser überlastet sind und die Polizei angesichts der regelmäßigen Proteste gegen Polizeigewalt und/oder die Einschränkung der Bürgerrechte anderes zu tun hat, dürfte den Kainiten durchaus auch in die Karten spielen.
Aber was bedeutet das konkret? Im Normalfall versucht man ja, nur das Nötigste von einem Opfer zu trinken und es nicht zu töten (falls man Wert auf seine Menschlichkeit legt). Jetzt ist aber Beute schwerer zu bekommen, der Tod dafür aber leichter zu vertuschen. Führt das möglicherweise zu einem "Sittenverfall"? Ich würde sagen, dass das Phänomen nicht flächendeckend auftauchen dürfte, aber es gibt sicher wie immer schwarze Schafe, die die Situation ausnutzen und sich mal so richtig austoben.
Können Vampire Krankheiten übertragen? Ich würde sagen ja; ich meine mich sogar zu erinnern, dass in irgendeinem Quellenbuch mal davon gesprochen wurde, dass es durch Vampire zu für Experten überraschenden Häufungen bestimmter Krankheiten gekommen ist (allerdings würde ich das nicht beschwören, in diesem Punkt kann ich mich auch irren).
Gehen wir also für die weitere Diskussion davon aus, dass Covid-19 von Vampiren übertragen werden kann. Was bedeutet das dann in der Folge? Vampire können definitiv keinen wie auch immer gearteten Test machen, um zu überprüfen, ob sie das Blut eines/r Infizierten aufgenommen haben. Das wiederum bedeutet, dass im Grunde jeder Vampir ein möglicher Überträger einer potentiell tödlichen Krankheit sein könnte. Nimmt man dieses Risiko in Kauf? Oder versucht man lieber, sich nur noch von Tieren oder geklauten Blutkonserven zu ernähren?
Soweit mal meine ersten Überlegungen. Fällt euch noch etwas ein, das man für eine Erzählung in Zeiten der Pandemie beachten sollte oder einfließen lassen kann?