Eigentlich würde ich erwarten, daß kein Spielleiter mit der (je nach Anspruch) überzeugenden Darstellung von Charakteren des jeweils anderen Geschlechts größere Probleme haben sollte. Immerhin ist es die Aufgabe eines SL den gesamten Reste der Welt via NSCs für die Spieler und ihre SCs erlebbar zu machen. Da gehören dann natürlich auch NSCs beiderlei Geschlechts, unterschiedlichster Religionen, Hautfarben, Herkünfte, sozialer Gruppen etc. dazu. - Natürlich ist das nicht leicht, ist das eine der wesentlichen Herausforderungen an die Rolle des Spielleiters, aber da es ja doch so einige Rollenspielrunden gibt, scheint es wohl - zumindest aus der Wahrnehmung der Spieler heraus - zu funktionieren.
Man sollte diese Frage m.E. nicht nur spielercharakterbezogen sehen, da ein Spieler seine Charaktere längst nicht sooft wechselt, wie es ein SL tun muß.
Man kann natürlich anführen, daß sich der SL nicht so mit dem jeweils aktuellen Charakter als echtes Alter-Ego identifizieren wird, wie das bei einem Spieler mit Fokus auf nur einen Charakter der Fall ist. Das ist aber nur bedingt richtig. Ich habe aus eigener Erfahrung meine Lieblings-NSCs (ja, beiderlei Geschlechts), um deren Wohlergehen und Wirkung ich mich mehr sorge, als bei einem beliebigen Passanten, den die Spieler nach dem Weg fragen.
Außerdem gibt es auch Runden, in denen die Spieler mehr als einen Charakter gleichzeitig führen - sei es als Sidekick, als Familiar, als Groks, als untergeordnete US-Marines-Einheit. Ich leite gerade eine episch angelegte Fantasy-Kampagne, in der die Spieler zu Heerführern werden MÜSSEN, so daß sie - in Verantwortung der Spieler (aber mit Veto-Recht von mir
) - jeder eine ganze Reihe Offiziere und Mannschaften mit unterschiedlichen Persönlichkeiten zu führen haben. Da ist die Identifikation mit dem einzelnen eigenen Charakter nicht mehr ganz so tief, wie in einem 1 Spieler - 1 Charakter Verhältnis. Aber man kann so trotzdem Rollenspiele spielen und einen Heidenspaß haben, auch ohne die Tiefe der Gefühle eines jeden Charakters auszuloten.
Es ist eben alles eine Frage des Genres, welches man sich gerade erspielt.