AW: Carthianische Bewegung
Grüezi, Moritz.
Aber sobald ich meine Hemmungen überwunden und bissl mehr power hätte, würde ich vielleicht dem Zirkel beitreten und die blutigsten Rituale veranstalten, die mir einfielen, um Menschen zu verstümmeln oder meine Artgenossen zu schlachten und im Blut zu baden und whatever. Warum? Weil ich es kann! Weril ich eine Bestie in mir habe, die meiner Menschlichkeit widerspricht. Warum den Kampf aufnehmen?
Sehr simpel: Weil, wenn du dich so verhalten würdest, du binnen kürzester Zeit deiner Bestie anheim fallen würdest. Du scheinst den Zirkel für eine Art "Belials Brut light" zu halten - das ist er nicht. Auch der Zirkel strebt nach dem Erreichen einer gewissen Balance zwischen menschlicher und bestialischer Seite. Warum? Weil beide Seiten in einem Vampir existieren, und weil es bei Requiem keine "Pfade" gibt, in denen man das bequeme "Go!" für sinnloses Schlachten bekommt.
Ja, wer Cruac lernt, reduziert seine Menschlichkeit (genauer: Sein Menschlichkeits-Maximum). Aber gerade auch der praktizierende Cruac-Hexer ist sich der Gefahr, seiner Menschlichen Seite - und damit seines VERSTANDES verlustig zu gehen, sehr bewusst.
Von den Carthianern zu denken, diese seien "menschlich", ist falsch. Zwar sind sie unter allen Bünden der im Schnitt "menschlichste", aber das heißt in keiner Versammlung von Bestien besonders viel.
Wenn Carthianer nach einem System "zum Wohle aller" streben, meinen sie damit keineswegs "gut für Menschen und Vampire", sondern in aller Regel "gut für Vampire". Und selbst das "gut für ALLE Vampire" ist - wie immer bei Requiem - meist eine Lüge, denn ein Vampir der Carthianer ist erstmal genauso selbstsüchtig und "böse" wie jeder Vampir des Invictus, des Zirkels, der Kirche oder der Drachen.
Da du deinen Charakter konkret anführst, nehme ich wieder bezug auf Murnau: Er ist keineswegs an einem MENSCHLICHEN System interessiert! Sondern an einem VAMPIRISCHEN Herrschaftssystem. Und zwar einem, dass besser funktioniert als Invictus-herrschaft, Lancea-Dominanz und dergleichen mehr.
Wenn ich jetzt aber noch als Mensch ein Vampirrollenspiel mache, und mir vorstelle so eine Bestie zu sein, dann doch wohl um meine dunkelsten Seiten auszuspielen.
Aber Dunkelheit existiert nicht ohne Licht, bzw. wird ohne die Präsenz von Licht bedeutungslos.
Der Kern der "Schauerromantik", auf dem das Vampir-Rollenspiel aufbaut, ist das Grauen eines Menschen, der durch äußere oder innere Zwänge zu bösen Taten getrieben wird und sich in Konflikt mit diesen befindet.
Dem gegenüber ist ein Genre, das einfach nur auf die Maximierung von Böse-Effekten unter Ausblendung des Lichtes abzielt, schlicht das Splatter-Genre. Und selbst dieses funktioniert nur über Kontrastierung mit dem Menschlichen, und zwar dem menschlichen (Ekel, Angst) im Zuschauer. Die Handlungen aber - das letztlich, was wir ohne Verbrauch von 500 Litern Cryolan-Blut live spielen können - sid im Splatter-Genre erbärmlich platt und uninteressant (eigentlich sind sie nicht mal Horror).
Außerdem schätze beim Zirkel vor allem dass er den Vampirzustand sozusagen als Basis für seine Überlegungen nimmt. Bei allen anderen Kabalen habe ich den Eindruck, ist der stetige Rückbezug auf den Menschen so präsent.
Das ist nicht richtig bzw. dein Eindruck ist an sich unbegründet. Die Lancea Sancta betrachtet sich ausschließlich von vampirischer Warte aus und gilt nicht umsonst als "der Vampirischste" der Bünde. Auch der Invictus hat zunächst mal völlig den Vampir im Blick, und auch die Drachen streben ja mitnichten danach, wieder Mensch zu werden, nur, sich als Vampire unbezwingbar zu machen, indem sie ihre Schwächen überwinden.
AAS