AW: Beim Rollenspiel spielt man eine Rolle / verkörpert eine Spielfigur ...
Wenn sich Rollenspiel so bewerbe (und das wird auf Verlagwebsites, in Communities usw so getan), dann schließe ich mich aus einem großen Komplex freiwiliig aus: Dem Gesellschaftsspiel.
Aber Rollenspiele sind doch schon IMMER "Gesellschaftsspiele"! Daran bestand auch NIE ein Zweifel!
Die Wikipedia sagt zum Thema Gesellschaftsspiele:
Gesellschaftsspiel
Daraus zitiert:
Unter einem Gesellschaftsspiel versteht man ein von zwei oder mehr Personen unternommenen Zeitvertreib zum Zwecke des Vergnügens.
Trifft auf Pen&Paper-Rollenspiele voll zu.
Im Mittelpunkt steht bei diesen Spielen jedoch fast immer der soziale Aspekt des Spielens, die Vergesellung (siehe Gesellschaft).
Genau. Das ist bei Rollenspielen die eigentliche Triebfeder im Gegensatz zu "Solo"-Spielformen.
Merkmale und Mechaniken
Wesentliche Merkmale von Gesellschaftsspielen sind die verwendeten Spielmechaniken, deren Ausstattung, Regelumfang und Zugänglichkeit, Glücksfaktoren, Zielpublikum und andere Charakteristika. Abgesehen von einer Spiel-Klassifikation nach objektiven Kriterien der mathematischen Spieltheorie, die als Abgrenzung zwischen Glück-, Logik- und Bluff-Komponenten interpretierbar ist, lassen sich kommerzielle Gesellschaftsspiele wie folgt aufteilen:
* Brett- und Kartenspiele
o Klassiker (oftmals abstrakt wie Schach, Halma, Backgammon etc.)
o American Games
+ Historische Konfliktsimulationen (CoSims / Wargames)
+ Miniaturenspiele, TableTops (meistens ebenfalls CoSims)
+ Spiele amerikanischen Vorbilds (Risiko, Monsters Menace America), als Abgrenzung zu Eurogames (siehe unten) wird hier seit kurzem von Spielern auch der ironisch überhöhte Begriff Ameritrash benutzt)
o German Games (oft auch Autorenspiele genannt, inzwischen meistens einfach als Eurogames bezeichnet)
+ Kinderspiele
+ Familienspiele
+ Anspruchsvolle Spiele (Imperial, Caylus, Puerto Rico)
+ speziell für ältere Menschen (um)gestaltete Spiele (Seniorenspiele) oder Spielvarianten
o Euro/Amerikanische Hybride (Wallenstein, Perikles)
* Rollenspiele (D&D usw.)
Also für den Laien, der in der Wikipedia nachschaut, stehen Rollenspiele aber ganz klar eingeordnet als GESELLSCHAFTSSPIELE.
Kein Zweifel, Rollenspiele SIND Gesellschaftsspiele.
Wäre aber pen&paper Rollenspiel definitionsmäßig ein Gesellschaftsspiel, dann würde ich micht nicht freiwillig aus dem Markt ausgrenzen.
Du willst damit bestimmt etwas anderes sagen, als Du schreibst. - Rollenspiele SIND DEFINITIONSMÄSSIG GESELLSCHAFTSSPIELE. Das ist ein Fakt.
Damit dürfte ja auch keine "freiwillige Ausgrenzung aus dem Markt" vorliegen.
Woran machst DU denn die von DIR wahrscheinlich so wahrgenommene "freiwillige Ausgrenzung aus dem Markt" fest?
Es wäre von außen nicht einfach separierbar.
Es ist unter der Kategorie "Gesellschaftsspiele" ja auch NICHT separierbar.
Die Abgrenzung findet in UNTERKATEGORIEN statt. Eben in CoSims, Tabletop-Wargames, Brettspielen, oder Rollenspielen.
Also ICH habe meine ersten CoSims in England in normalen Spielwarenläden erstanden. Im selben Regal wie Monopoly stand Third Reich und Fulda Gap. Hierzulande mußte man hingegen SUCHEN, bis man mal einen EXOTEN-Laden fand, der ein CoSim führte - oder gleich in Übersee bestellen.
So ist das eben mit NISCHEN-Produkten - insbesondere mit Nischen-Produkten, die vornehmlich im AUSLAND Verbreitung haben/hatten.
Tipp-Kick ist seit über 89 Jahren ein beliebtes deutsches Fußball-Brettspiel, das in vielen Vereinen wettkampfmäßig in mehreren Ligen gespielt wird. Auch international. - Wie leicht hat es ein US-Amerikaner an all das Zubehör für Tipp-Kick zu kommen? - Eben.
Genaus die "German Games". - Da gibt es halt einige wenige HARDCORE-Hobby-Gamer in den USA, die sich die deutschen Neuerscheinungen kaufen, die Spielregeln schnell übersetzen und diese Spiele dann spielen, weil sie eben engagierte Hobby-Spieler von in den USA wenig verbreiteten NISCHEN-Produkten auf dem Brettspiel-Markt sind.
Pen&Paper-Produkte sind sowohl in den USA wie auch hierzulande NISCHEN-Produkte. - Genauso Nische wie Tipp-Kick.
Der Handel könnte das besser führen, die Verlage könnten es verständlicher bewerben.
Was heißt "besser führen"? - Der Handel will Spiele in KARTONS. Die Rollenspiele, also die KUNDEN(!), wollen aber richtige BÜCHER mit festem Einband, schöner Aufmachung und eben keine 8-Seiten-Falt-Anleitung und Sortiereinsätze für Würfeln und Spielgedöns.
Nur manche Rollenspiele, solche mit mehr Spielmaterialanforderungen als andere (Karten, Figuren, Würfel, Marker, usw.), würden sich überhaupt sinnvoll in einer Box machen. - Und schon bei Quellenbänden, wo NUR der Text interessant ist, wäre eine Box einfach UNFUG.
Wie die Midgard 3 Version zeigt. Midgard 1 und Midgard 2 waren Bücher (in A5 bzw. A5 als Softcover). Midgard 3 war eine unglückliche Chimäre: Es war KEIN Brettspiel, sondern ein ROLLENspiel, welches aber in mehreren Boxen völlig der Spielpraxis zuwiderlaufend geradezu "auseinandergerissen" präsentiert wurde. Für mich die abscheulichste Tat, die man einem Rollenspieltext je angetan hat! - Midgard 4 ist dann wieder zeitgemäß und KUNDENORIENTIERT als Hardcover erhältlich.
Bücher.
Bücher sind DAS Trägermedium für Rollenspielinhalte.
Alles andere ist nur Zubehör.
Und solange sich die Spielwarenabteilungen in den Kaufhäusern nicht in der Lage sehen neben Boxen mit ödem chinesischem Gift-Plastik-Spielzeug von Hasbro eben auch Rollenspiel-BÜCHER zu führen, wird man an der Präsenz von Rollenspielen im "normalen" Spielwarensegment auch nichts ändern können.
Rollenspiele stellen sich zwischen Brettspiel/Kartenspiel/Würfelspiel und Buch dar. Also sollte man - wie es übrigens früher kein Problem war - Rollenspiele über den gängigen Buchhandel beziehen können.
Wo sind die "Rollenspiel-Ecken" bei Gondrom, Hugendubel, Herwig, usw.?
Ich hatte früher meine Midgard-Bücher über eine normale Buchhandlung bezogen. Das war auch überhaupt kein Problem.
Da Rollenspielprodukte vornehmlich in Buchform erscheinen und auch die KUNDEN sie als Bücher wünschen, wäre weniger der normale Spielwarenhandel gefragt, als der Buchhandel. - Vor allem, wenn auch das Zubehör wie Würfel usw. angeboten würde.
Aber: Die Grenzen sind wieder einmal fließend. Manche Rollenspiele sind dazu gedacht mit Miniaturen gespielt zu werden. Und wer sich die Blisterpack-Wände in Miniaturen-Läden anschaut, der wird nicht wirklich erwarten, daß ein Buchladen sich so etwas einrichtet, oder?
Wie sieht es eigentlich mit den Tabletop-Wargames aus?
Die sind ja AUCH ein Nischenprodukt. Und eines das sowohl Bücher (Armeenbücher, Regelbücher), als auch Boxen (Starterboxen) und Zubehör (Würfel, Miniaturen bis zum Umfallen, Szenerie/Gelände, usw.) benötigt.
Tabletop-Wargames finden im normalen Spielwarenhandel auch NICHT statt. - Eben weil auch hier ein SPEZIALISIERTER HOBBY-MARKT mit geringem Volumen vorliegt. - Und das, wo man Miniaturen wenigstens NICHT kopieren kann, während man auf Papier dargebotene Rollenspielregeln scannen oder photokopieren kann, was das Zeug hält, was die Zahl der verkaufbaren Exemplare schmälern wird.
Der Begriff "Rollenspiel" und eine "Rolle spielen" entpuppt sich ja regelmäßig als Falle.
Wieso sollte das eine "Falle" sein?
Es ist doch GENAU DAS, was man beim Rollenspiel die ganze Zeit über TUT!
"Beim Tipp-Kick schießt man einen Polyeder-'Ball' über ein Filz-Spielfeld." - Ist das auch eine "Falle"? Denn das ist ja genau das, was man beim Tipp-Kick tut.
BEIDES, also eine Rolle spielen oder einem Metallspieler auf den Kopp drücken, daß sein "Spielbein" einen Polyeder-Würfel nach vorne schnippt, sind eben die Tätigkeiten, die bei den jeweiligen Spielen den GRÖSSTEN RAUM einnehmen. Alles andere ist nebensächlich oder dient nur der Vorbereitung/Nachbereitung/Buchführung.
Ein "Gesellschaftsspiel (mit besonderen Ansätzen)" sollte die Definition sein, die wir brauchen. Eine hilfreiche Definition.
Das IST doch schon lange die "Definition" für Rollenspiele: Gesellschaftsspiele mit besonderen Ansätzen: nämlich, daß man als besonderer Ansatz in dieser Form von Gesellschaftsspiel ständig dabei ist eine ROLLE ZU SPIELEN.
So wie es jetzt ist fördern wir nur, dass wir eine Randerscheinung bleiben.
Tja, erzähl das mal den Tipp-Kick-Spielern, oder den Echt-Dampf-Eisenbahn-Modellfreunden, oder den Slot-Car-Spielern/-Wettkämpfern.
Warum MUSS denn Pen&Paper-Rollenspiel weg von einer "Randerscheinung" und hin zu Spielverbreitung wie Kniffel, Risiko, Monopoly gelangen?
Pen&Paper-Rollenspiel ist halt eine Spielform, die UMSTÄNDLICH ist. Diese wird auch bei noch so leichtgewichtigen Regelsystemen nicht wesentlich weniger umständlich. - Der KERN dieser Spielform ist nämlich, daß alle Beteiligten in der Lage und Willens sind Texte zu LESEN und im Spiel in eine Rolle zu schlüpfen und diese zu spielen. Das ist anstrengend.
Anstrengender als die HAUPT-KONKURRENZ zum Begriff Rollenspiele: Computer-"Rollenspiele".
Das Computerrollenspiel ist aktuell SYNONYM für den Begriff Rollenspiel geworden.
Wenn ich jemandem sage, daß ich Rollenspiele spiele, dann versteht inzwischen die Mehrzahl der Leute darunter COMPUTER-Rollenspiele. Von Pen&Paper haben manche mal was gehört, aber das sei ja wohl "veraltet". "So hat man doch früher mal gespielt, bevor es das am Computer gab."
Rollenspiele am Computer sind oft KEINE Gesellschaftsspiele. Nur die massiv vernetzten, community-orientierten Spielformen (gerade WoW) sind als Gesellschaftsspiele "in physischer Abwesenheit" der Spielenden einzuordnen.
Rollenspiele im Pen&Paper-Format sind auf den Träger Buch, auf das LESEN der z.T. langen Texte (Harry Dresden Rollenspiel bei ca. 700 Seiten!) angewiesen, um überhaupt spielen zu können!
In der heutigen, lesefaulen, leseungewohnten Zeit stellt somit auch das Einlesen in ein "Nicht-so-ganz-ein"-Rollenspiel wie John Sinclair eine INVESTITION in "Spaß später" dar.
Computerrollenspiele bringen mir "Spaß SOFORT". Pen&Paper-Rollenspiele bringen mir "Spaß VIEL SPÄTER", da ich und auch meine Spieler sich einlesen müssen, da ich Zeit und ORT finden muß, an dem ich alle Spiele beisammen habe, da ich auch noch Spielmaterial besorgen muß (Figuren, Würfel, Karten, usw.) und dann auch noch ein Abenteuer ausdenken oder ein fertiges erwerben und vorbereiten muß. - Ich investiere bei Pen&Paper ENORM VIEL MEHR an Zeit als ich es JEMALS bei einem Computerrollenspiel investieren müßte, um das erste Mal zu spielen.
Und diese Investition bei Pen&Paper-Rollenspielen muß ich WIEDER UND WIEDER erbringen. Für jede Spielsitzung erneut. Und bei jedem neuen Rollenspiel nochmals VON VORNE ANFANGEND! (Gut, das ist bei Computerspielen ähnlich, dauert aber nie so lange und ist nicht mit soviel "Trockenschwimmen" verbunden, wie beim Pen&Paper-Rollenspiel.)
Das ist auch anders als bei Brettspielen. Dort sind die Regeln oft SEHR überschaubar, dafür ist der Wiederspielwert hoch, man hat es nicht einfach "durchgespielt" und braucht ein neues, sondern man kann Jahre, ja Jahrzehnte DASSELBE Brettspiel wieder und wieder spielen (Schach, Go, Tipp-Kick, Diplomacy, usw.).
Ein Rollenspielabenteuer hat man irgendwann FERTIGGESPIELT. - Wie ein Computerrollenspiel, so es nicht die ständig "verlängerten" MMORPGs sind.
Die Geld- und Zeit-Investitionen bei Pen&Paper hören NIE auf! Man muß VIEL reinstecken, um dieses Nischen-Hobby betreiben zu können. - Wie eben auch ein Slot-Car-Fahrer ordentlich Zeit mit seinen Fahrzeugen verbringen muß, um sein Hobby betreiben zu können.
Aus dieser Nische wird ein Hobby wie Pen&Paper-Rollenspiele NICHT rauskommen.
Es wird natürlich grenzwertige Produkte geben, die näher am Buch (Abenteuerspielbücher), näher am Brettspiel (WHFRP 3rd Ed.), näher am Miniaturen-Spiel (D&D 4E) liegen und somit versuchen die entsprechenden NISCHEN-KUNDENSEGMENTE anzugehen. - Aber die KERNPRODUKTE im Pen&Paper-Rollenspielhobby sind und bleiben BÜCHER und Zubehör.
Rollenspiele, die in ein "normales" Brettspiel-/Kartenspiel-Sortiment im "normalen" Spielehandel "passen" könnten, sind solche Spiele, die von den AKTIVEN Rollenspiel-Hobby-Betreibenden eher als grenzwertig, eher als "kein RICHTIGES Rollenspiel mehr" betrachtet werden. - Man gewinnt daher mit solchen Chimären-Produkten nicht nur KEINE NEUE Aktiven für das eigentliche Pen&Paper-Rollenspielhobby, sondern man "befremdet" zudem auch noch die bisherigen guten Kunden und Unterstützer.
Als Hersteller sollte man sich daher SEHR GUT überlegen, was man alles ANRICHTET, wenn man solch einen Weg der Entfremdung von der stabilen KUNDEN-BASIS geht.
Ich kannte Abenteuerspielbücher und CoSims (auch mit Fantasy-Thematik) schon VOR Pen&Paper-Rollenspielen. - Diese "Rand-Produkte", die durchaus manche Überschneidungen in Thematik oder Spielform mit Pen&Paper-Rollenspielen aufweisen, haben mich NICHT für ein Pen&Paper-Rollenspiel interessieren können.
Das kam erst, als ich einen Spielleiter gesehen hatte, wie er in den Pausen in der Schule die ARBEIT INVESTIERT hatte, sich ein Pen&Paper-Rollenspiel zu erschließen. Dann hatte ich mir dessen Regelwerk photokopiert, gelesen und dann haben wir mehr Leute gefunden und dann haben wir gespielt. Und DAS war es dann, was MICH zum Pen&Paper-Rollenspiel-Hobby gebracht hatte. - Vor dreißig Jahren. Ohne Unterlaß.
Es ist das GESELLIGE SPIELEN von fremdartigen, seltsamen, phantastischen ROLLEN in phantastischen, exotischen Welten. - Eben eine BESONDERE Art von Gesellschaftsspiel.
Gesellschaftsspiel mit Rollen, die gespielt werden.
Rollenspiel eben.