Also. Ich weiß jetzt nicht genau, obs dafür noch einen neuen Thread braucht, ich glaube eher nicht. Falls doch, kann man das ja irgendwie auslagern. Ich weiß auch nicht, wie detailliert ihr die Erfahrungsberichte haben wollt, ich versuch' mal so einen Mittelweg. War eine lange Runde am Wochenende, dementsprechend viel ist schon am Anfang passiert.
Erstmal 'ne kurze und etwas ausführlichere Charaktervorstellung:
Sharif al-Tabar, Kind Annazirs - einer der beiden als Toreador getarnten Spielercharaktere. Diente Sultan Darshuf von Damaskus seit etwas über zehn Jahren als Adjutant, der den Handel und die Finanzen des Hofs kontrollierte. Ein eloquenter und findiger Geschäftsmann mit einem Sinn für Politik und Diplomatie. Das älteste Kind Annazirs, des Kopfs der Baali in Damaskus, und Anführer des Klüngels / des Nests, besonnener und hingebungsvoller Diener des Schwarms.
Ahud-din ibn Masud, Kind Annazirs - der andere "Toreador". War in den letzten Jahren in Damaskus als
qadi tätig, eine Art richterliche Autorität, die in Streitfragen herangezogen wird und Ordnung in der
'umma, der Gesellschaft der Kainiten der Stadt hält. Eine strenge Persönlichkeit mit einem spürbaren Mangel an Geduld, allerdings einer hingebungsvollen Liebe für Poesie und Gesang. Eines der jüngeren Kinder Annazirs, eine Art "Aufräumer", der auch für den Schutz und die Verborgenheit des Nestes zuständig ist.
Hilel el-Arif, Kind Jamuds - der als Assamit getarnte Freischärler der Truppe. Tötete den echten Hilel und dessen Erzeuger Jamud um seine Spuren zu verwischen und verbrachte einige Jahre damit, ein Informationsnetzwerk unter falscher Identität aufzubauen. Er traf in Damaskus nur kurz auf die Truppe und betrat Kairo auch ohne sie. Sultan Faruq hat den "Clansbruder" aufgrund seiner Reputation aus Syrien / Baghdad bereits an seinem Hof aufgenommen und einen besonderen Auftrag erteilt. Hilel hat seinen wahren Namen aufgegeben.
Sabra bint Nasrid, Kind Reesahs - die als Nosferatu getarnte "Pilgerin", die Kairo auf dem Weg nach Medina besucht. Ihr Standbein ist das Schwierigste, da sie gleich zwei zu berücksichtigende Kompenenten vereint: sie ist die Brutmutter des Nests und deswegen in regelmäßigen Abständen "unpässlich". Das lässt sich vereinbaren, da Bettler und Pilger auch gerne mal für eine Zeit von der Bildfläche verschwinden. Das wirkliche Problem ist die Tarnung als Nosferatu, da der Clan im Orient von einer extrem religiösen, fanatischen Sekte unterwandert ist, deren Mitglieder sich als Hüter des heiligen Pilgerwegs betrachten. Einige von denen laufen auch in Kairo rum, einer ist sogar der dortige Imam.
Die Runde begann in Damaskus mit einer Zusammenführung der Gruppe und Instruktion ihres Auftrags in Kairo, in zweifacher Ausführung - einmal durch Annazir im Nest und einmal durch Sultan Darshuf im Palast. Die Reise wurde größtenteils besprochen, das eigentliche Spiel begann in Kairo.
Da die Rollen klar verteilt waren, gingen die ersten Schritte schnell von der Hand. Sabra suchte einen passenden Ort für das Nest aus, während sich die beiden "Toreador" im Palast blicken ließen, um sich vorzustellen. Hilel war schon einen halben Monat früher angekommen und hatte sich das Vertrauen des Sultans erschlichen. Wie sich (wie im Anekdoten-Thread angedeutet) herausstellen sollte, gestaltet sich die Suche nach den Setiten, die die Gruppe als Lieferanten bzw. Quellen für die Erschaffung der neuen Pest braucht, als schwierig, da Sultan Faruq in den letzten Jahren einige Mühen dafür aufwandte, den Clan zu vernichten bzw. zu vertreiben.
Die anfängliche Resignation wandelte sich schnell, als Hilel in vertraulicher Weise vor den Sultan bestellt wurde, der ihm gestand, dass es noch mindestens einen Tempel der "verfluchten, schlangenköpfigen Missgeburt und seiner jämmerlichen Diener" in Kairo selbst gab und den Auftrag erteilte, danach zu suchen. Perfekt.
Spielerisch war es zunächst eine Herausforderungen, die ausgearbeiteten Tarnungen in die Tat umzusetzen. Es wurde recht schnell klar, was ging und was nicht - und dass die Disziplinen zumindest zu Beginn nicht so wichtig waren, wie befürchtet bzw. erwartet. Dann ging es an die Logistik, um ein neues Nest zu errichten. Die Gruppe brauchte einen unauffälligen Zufluss von Blut, sowie einen Ort, der abgeschieden genug war, um niemals gestört zu werden. Nachdem Letzteres gefunden wurde, hoben sie gemeinsam die rituelle Grube aus und setzten ihr Fachwissen und ihre Fähigkeiten schonmal ein, um eine leprös erscheinende Epidemie in einem der Armeviertel auszulösen, sodass einige dutzend Sterbliche verschwinden konnten, ohne dass es für großes Aufsehen erregte. Erste Unruhen breiteten sich unter den Sterblichen aus, es ist von einem Fluch die Rede. Die Milch wird sauer, Krankheit bricht aus, Gott straft oder prüft, man ist sich noch nicht sicher.
Während die sterblichen und kainitischen Autoritäten alle Hand zu tun haben, Chaos in der Stadt zu vermeiden, wird die Organgrube angefüllt und der Schwarm brütet zum ersten Mal.
Ich muss sagen, dass die Spieler sich trotz der unmenschlichen Szenen und Vorstellungen recht gut und schnell in die Charaktere einfanden, dabei spielte die "devotion" zum Schwarm eine große Rolle, mit dem sie auch immer wieder in eigener Kontemplation oder als Gruppe in rituellen Befragungen Rücksprache hielten. Das klappte gut, die Gräueltaten wurden für die Runde in dem Sinne ausgeblendet, dass man sich an das mangelnde Mitgefühl der Charaktere anpasste.
Wobei ich sagen muss, dass wir auf Extreme verzichten. Auch wenn es White Wolf vielleicht so vorgeschwebt hat, gibt es bei uns keine grausamen, stundenlangen Folterungen oder gar rituellen Vergewaltigungen der Opfer. Das ist so eine Art Hollywood-Brutalität mit ein bisschen Gore. Also genug Heuchelei, um die Immersion aufrecht zu erhalten und nicht zu viel menschlicher Abgrund, um uns den Spaß zu versauen. Da setzen wir uns auch selbst Grenzen, immer hin hatten wir uns den Clan aus anderen Gründen ausgesucht und eben nicht, um "mal die Sau rauszulassen".
Gerade die Wechselwirkung mit dem Schwarm als omnipräsente, kollektive Entität ist ungemein spannend im Spiel auszuleben. Es verbindet das Klüngel deutlich stärker miteinander, als das sonst oft er Fall ist, lässt sie einander wie Brüder und Schwestern (bzw. Mutter, im Fall von Sabra, worauf die Spieler übrigens von selbst kamen, sie so zu nennen) betrachten. Dazu macht es als SL Spaß, sich vorzustellen, wie so ein Kollektiv denkt. Anlehnungen an gewisse Vorbilder aus Filmen, Videospielen und Sci-fi Franchises die zufällig kürzlich neu aufgelegt wurden kann ich da sicher nicht ausschließen. Aber es ist nicht zu abgedroschen, glaube ich und es ist mir sogar gelungen, den Charakteren durch den Schwarm nicht nur Verbundenheit, sondern auch einen ziemlichen, Furcht gebierenden Respekt einzuflößen - und den Spielern den ein oder anderen Schauder zu bescheren. Vor allem wenn sie ihre Charaktere dabei beobachteten, wie sie sich selbst an den Schwarm verloren und erkannten, dass sie keinen eigenen, freien Willen im natürlichen Sinne mehr besitzen. Mission accomplished.
Das erste Problem trat auf, als der Imam von Kairo - ein nubischer Nosferatu namens Jamal - eine Versammlung der
'umma in einer kleinen Moschee im Süden der Stadt anordnete. Sabras Fehlen wurde bereits bemerkt und wird hinterfragt bzw. untersucht, wodurch sie den Kopf gerade eher bedeckt hält.
Während die beiden "Toreador" die Gastfreundschaft von Sultan Faruq ein wenig strapazieren und versuchen, Informationen aus ihm herauszupressen, erreichte Hilel schon erste Erfolge dabei, die Setiten aufzuspüren. Zumindest spürte er einen von ihnen auf, der allerdings alles andere als begeistert davon war, von einem Kind Haqims entdeckt worden zu sein und Hilel so massiv angriff, dass dieser sich gezwungen sah, ihn zu vernichten. Man verbuchte das als "na ja, immer hin erste Hinweise" und versucht es in den nächsten Runden weiter.
Soviel zur ersten Runde. Wenn ich weitermachen soll, sagt Bescheid, auch, wenn ich das in einem anderen Thread machen soll um potentielle Leser dieses Threads nicht zuzuspamen. Auch bitte mitteilen, ob in Zukunft ausführlicher oder knapper. Aber Danke fürs Interesse, für uns ist es natürlich auch eine neue Erfahrung und bisher scheint das Experiment ganz gut zu verlaufen