AW: Autoren >= Fanboys ?!
Harlekin schrieb:
Ein Autor muss ja eigentlich schon "schlimmer" sein, da ein Autor seine eigene [Arbeit] "verteidigt".
So?
Hast Du schon mal zum Lebensunterhalt etwas geschrieben, was Dir in Inhalt und Ausführung durch harte Randbedingungen praktisch keine Identifikation mehr erlaubt hat?
Ich schon.
DAMIT identifiziert man sich als Autor nun wirklich nicht.
Oder meinst Du die ganzen Heftchen-Roman-Autoren identifizieren sich mit ihrem Geschreibsel? NIE! Bestenfalls noch diejenigen, die das Expose für die nächsten 100 Hefte erstellen dürfen, aber die "Käfighaltungs"-Schreiber niemals.
Damals, als es noch TSR gab, da konnte man tatsächlich im Dragon auch von ein paar Autoren und ihren Problemen mit der Identifikation mit ihren eigenen und den Produkten ihres Brötchengebers (zwischen den Zeilen natürlich) lesen. Man las, wie traurig sie doch darüber waren ihre geliebte Produktreihe abgeben zu müssen, daß sie aber ganz bestimmt wirklich begeistert diese tolle *seufz* neue Produktreihe betreuen und dafür schreiben werden. - Und nachdem manche Autoren TSR verlassen hatten bzw. nach der WotC-Einkaufaktion mit nachfolgendem "Straffen des Portfolios" hatten manche im Web von ihren Gefühlen diesbezüglich berichtet.
Mir hatte das damals klar gemacht, daß es sich bei der Rollenspielbranche um einen Wirtschaftszweig und nicht um karitative Organisationen oder Künstlerkolonien handelt.
In Deutschland rekrutieren sich die Autoren oft aus dem Fan-Bereich. Das ist in den USA auch so. - Der Unterschied ist nur der vollständige Wechsel in die Professionalität.
Wenn ein hiesiger Autor mit etwas anderem sein Geld verdient und Rollenspiele als Freizeit- oder Neben-Beschäftigung schreibt, dann ist er einfach nicht dort, wo ein Vollprofi ist: dieser MUSS ALLES schreiben, was ihm seine Miete zahlen hilft. Wenn er sich einen Namen gemacht hat, wenn er bekannt genug ist, dann kann er vielleicht wählerischer sein. Aber solange er für einen Verlag als Autor tätig ist, solange hat er zu schreiben, was ins Verlagsprogramm reinpaßt.
Oder er geht zu den Indies und macht sich klein, aber dafür selbständig. Daß das funktionieren kann (aber nicht muß) zeigt ja Ron Edwards mit seinem Sorcerer, für das er immerhin pro Quartal etwa $1000 durch Verkäufe an Händler und Kunden, die bei ihm bestellen, einnimmt (Quelle für diese Angaben ist ein Beitrag von Ron Edwards selbst in einem Blog).
Man muß sich aber bei der Selbständigkeit vor Augen halten, daß man hier KEINE hohen Auflagen fahren kann. Dogs in the Vineyard hat jetzt insgesamt seit Erscheinen vor ein paar Jahren 800 Stück verkauft. Wenn man das mit der Unterhaltungsliteratur vergleicht, dann ist das um Größenordnungen weniger.
Somit kann man als professioneller Autor versuchen sich kreativ selbst zu bestimmen der Selbständigkeit, die einem trotzdem Kompromisse abverlangen wird, wenn man vom Rollenspielschreiben leben können muß, oder man schreibt für einen oder mehrere Verlage und hat dann den mehr oder weniger strikten Vorgaben für die Inhalte zu folgen.
Beides fördert nicht gerade das Fanboytum solcher Autoren.
Nur Autoren, die nicht von ihrem Schreibwerk leben müssen, nur Amateure also, tendieren zum Fanboy-Verhalten. Weil sie in erster Linie Fan(boy)s sind und eben NICHT die professionelle Distanz zu ihren Werken und denen des Verlags, der ihre Werke neben anderen Produkten seines Portfolios veröffentlicht, haben.