Ausweichen vs. Block

Skar

Dr. Spiele
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Wie ist eigentlich das Ausweichen bzw der Block/die Parade in einem Kampf definiert?

In Rollenspielen findet man oft 2 getrennte Werte dafür, aber wären denn nicht in der Realität beides Kampfmechanismen, die zur Kampfdevensive gehören?
Also muss ich immer mit der Klinge parieren, oder kann ich nicht auch austänzeln? Und wären daraus folgerichtig die beiden Begriffe nicht besser über eine Fähigkeit anwendbar (z.B. Defensive)?
 
"Gegen die Klinge" zu parieren wäre eh nicht besonders intelligent. Besser lenkt man den Schlag ab. Blocken sollte komplett raus aus einem schnellen Kampfsystem und evtl. durch eine Kampfoption (nur Abwehren/Ausweichen) ersetzt werden. Ein globaler "Rüstungswert" (definiert durch Rüstung, Geschicklichkeit etc., ähnlich D&D) ist am schnellsten zu behandeln und läßt viel Spielraum zur Interpretation...
 
Skar schrieb:
Wie ist eigentlich das Ausweichen bzw der Block/die Parade in einem Kampf definiert?
Unterschiedlich, je nach System bzw. Simulationsgrad/Detailiertheit der Kampfregeln. :D

Skar schrieb:
In Rollenspielen findet man oft 2 getrennte Werte dafür, aber wären denn nicht in der Realität beides Kampfmechanismen, die zur Kampfdevensive gehören?
Was hat denn "Realität" bzw. echte Kampftechnik mit Rollenspielregeln zu tun? - Ich trainiere seit über 20 Jahren in unterschiedlichen Kampfkünsten und kann nur eines sagen: JEDER Versuch die Realität eines echten Kampfgeschehens in einem auch nur halbwegs handhabbaren Regelwerk abzubilden ist von vorneherein aufgrund der enormen Komplexität der Geschehnisse zum Scheitern verurteilt. - Vom Thema "Realistisches Kampfsystem im Rollenspiel" kann man sich aus diesen ganz grundsätzlichen Erwägungen gleich verabschieden.

Was man sich überlegen sollte, ist: Wie stimmig ist das Kampfsystem für mein Setting?

In diesem Zusammenhang hätte man in einem Musketier-Setting gerne Paraden, Riposten, Abwehr mit Parierdolch, Hut, Mantel, Angriffe gegen die Klinge mit Degenbrechern, das vielgerühmte, aber im Rollenspiel viel zu selten auftretende "Schwingen am Kronleuchter".

In einem eher historischen Mittelalter-Setting hätte man vielleicht einen deutlicheren Unterschied bei den Fechtfertigkeiten zwischen Harnisch-Fechten (in Rüstung) und Bloßfechten (ohne Rüstung), sowie unterschiedliche Fecht-Stilrichtungen mit ihren Huten, Lagern, Hauen ausgearbeitet - aber nur, wenn oftmals gerichtliche Duelle oder andere die FechtKUNST betreffende Auseinandersetzungen gewollt sind. Will man ein "schmutziges" Mittelalter, dann wird man die historische Finesse der mittelalterlichen Fechtkunst zu Gunsten einer deprimierenden Tödlichkeit ausblenden wollen.

In einem viktorianisch-magischen Fantasy-Setting wird man hingegen die "Hohe charakterbildende Schule der Fechtkunst" aufleben lassen wollen, wo je nach Charakter der persönliche Fechtstil zum Ausdruck der Persönlichkeit des Charakters gehört: der schändliche Schurke tritt, kratzt, schmeißt mit Fackeln oder zieht im Degenduell gar einen Revolver!, der edele, überlegene Gentleman und Sportsmann läßt nach einer Entwaffnung des Gegners diesen sogar seine Waffe wieder aufnehmen, da es ja enorm unsportlich wäre, jemanden ohne eine faire Chance zur Gegenwehr zu bekämpfen. Damit braucht man im Regelwerk alle Paraden etc. aus dem Musketier-Umfeld, jedoch nicht mehr so übertrieben und flamboyant, sondern hochwissenschaftlich und von "aristokratischer Blässe". ;) Und natürlich Entwaffnungen, Duell-Regeln nach Comment, d.h. je nach sozialer Gruppe nach unterschiedlichen Vorgaben (z.B. Manschetten-Fechten, Studentische Mensur, Berittene Säbelduelle der Kavallerieoffiziere etc.).

Skar schrieb:
Also muss ich immer mit der Klinge parieren, oder kann ich nicht auch austänzeln?
Müssen mußt Du garnichts. Die Frage ist doch, was sieht das System an Simulationsgrad vor? Bei Engel nach Arkana-System kann ein Gabrielit entscheiden, daß er das Bajonett eines Ketzer-Söldners mit seinem Flammenschwert pariert, daß er den Lauf der Muskete samt Bajonett zerteilt, daß er knapp ausweicht und sein Flammenschwert dem Gegner die Eingeweide auf die Füße klatschen läßt, während dem Engel noch die Klinge des Bajonetts einen verwegenen Kratzer an der Schulterplatte hinterläßt. - Du siehst, bei einem freien System wie Engel mußt Du nichts und kannst alles, was Dir einfällt und Dir Spaß macht zu erzählen.

In Savage Worlds hat jeder Charakter eine Parry-Charakteristik, die aus dem Fighting-Skill errechnet wird. Diese kann man mit bestimmten Vorteilen noch erhöhen und bestimmte Waffentypen geben Boni/Mali darauf. Gegen die Parry würfelt der Angreifer mit seinem Fighting und das hat dann getroffen, getroffen mit einer oder mehr Erhöhungen (ähnlich wie bei Deadlands) oder ging daneben. Hier gibt es KEINE AKTIVE Verteidigungs-Charakteristik oder eine Parade/Abwehr/Ausweichen-Fertigkeit. Und das vermißt man auch nicht, da das System NICHT detailierte Simulationen ermöglichen soll, sondern schnelle, flüssige Action. Und das tut es. Und da braucht es keine Dreiviertelstunde pro Kampfrunde, wie in manchen anderen Systemen.

Skar schrieb:
Und wären daraus folgerichtig die beiden Begriffe nicht besser über eine Fähigkeit anwendbar (z.B. Defensive)?
Was daran folgerichtig sein soll, entzieht sich mir. Besser anwendbar ist auch sehr schwammig: besser könnte bedeuten: schneller (siehe Savage Worlds - enorm unrealistisch, nicht-simulationsorientiert, aber schnell!), besser könnte auch bedeuten: auf die Situation und das Setting besser angepaßt, stimmiger, plausibeler (siehe Engel, siehe HeroWars, siehe Unknown Armies, siehe Chtulhu, siehe D&D, siehe Midgard, siehe....). Insbesondere Rollenspiele mit einem Regelsystem, das explizit an das Setting oder zumindest das Genre angepaßt ist, können hier in puncto setting-bezogener Plausibilität punkten.

Erlaubt ist, was gefällt und solange es gefällt. Wenn es nicht paßt, dann ändert man was, oder spielt was anderes. So paßt nach meinem Geschmack und dem meiner Mitspieler das D20-Kampfsystem nicht zu Babylon 5 D20. Wir spielen das nach Savage Worlds Regeln, aber mit den Hintergrundbänden von Babylon 5 D20. Für D&D Forgotten Realms hingegen finde ich das D20-Kampfsystem absolut passend. Das ist ein D&D-Setting, man merkt den Regelbezug bei vielen Schilderungen des Hintergrundes und fühlt sich mit dem D20-System in diesem Setting daheim.

Die einzig wahre und immer stimmige Umsetzung von Kampfmanövern und Kampfoptionen im Rollenspiel KANN es nicht geben.
 
Ich will auch nicht auf ein realistisches Kampfsystem hinaus. Mir will nur nicht in den Kopf, warum in manchen Systemen "Ausweichen" und "Parieren" differenzierte Werte hat. Offenbar sind dies beides im Kampf anwendbare Defensiven.
Da in diesen Systemen aber bestimmte Angriffsmanöver fehlen, werden aus meiner Sicht auch keine differenzierten Verteidigungmanöver benötigt.
Zudem kann ich die Frage manche Spieler nicht mehr hören "Gegen den Angriff kann ich ja nicht parieren, kann ich nicht auf Ausweichen würfeln?"
Die Antwort sollte in meinen Augen "Nein" sein, denn das Defensivmanöver wäre hier (in allen Sytemen mit wechselseitigen Attacke/Parade-Kampfrunden) durch die Parade abgedeckt.
Ausweichen sollte dann für wahres Ausweichen stehen (siehe der rollende Stein in der Indiana Jones-Falle).

Darauf wollte ich hinaus...
 
Hm, bei Earthdawn gibt es immernoch das "Hieb Ausweichen", das eine Art rettenden Hüpfer zur Seite darstellt aber gegen den Angriffswurf des Gegners gewürfelt wird. Das heißt um so besser der Gegner trifft, um so schwerer weicht man aus. Das geht aber (soweit ich mich erinnere) nur einmal pro Kampfrunde, verursacht immer einen Punkt (Überlastungs-)Schaden und beim Misslingen stürzt man immer.

Nette Idee an sich...
 
Skar schrieb:
Da in diesen Systemen aber bestimmte Angriffsmanöver fehlen, werden aus meiner Sicht auch keine differenzierten Verteidigungmanöver benötigt.

Das eine bedingt nicht das andere. Manche Systeme machen z.B. weitere Aktionen von der Verteidgungsentscheidung abhängig. So muss man Ausweichen, um aus dem Kampf fliehen zu können, mit Blocken kämpft man weiter. Da ist es dann Banane, ob der Gegner mit Hieb oder Stich angreift.
Das sind alles unterschiedliche Designentscheidungen des Autors.
 
Skar schrieb:
Wie ist eigentlich das Ausweichen bzw der Block/die Parade in einem Kampf definiert?

In Rollenspielen findet man oft 2 getrennte Werte dafür, aber wären denn nicht in der Realität beides Kampfmechanismen, die zur Kampfdevensive gehören?
Also muss ich immer mit der Klinge parieren, oder kann ich nicht auch austänzeln? Und wären daraus folgerichtig die beiden Begriffe nicht besser über eine Fähigkeit anwendbar (z.B. Defensive)?

Ich würde sagen:

Ausweichen kannst du immer (ob bewaffnet oder Waffenlos)!!!

Blocken oder parieren nur mit einer Waffe oder geeigneten Gegenstand!!
Außer, beide sind unbewaffnet!!!

Ich schätze mal, das ist der einzige Unterschied! :nixwissen


H
 
Stimmt. Ist ein Punkt (den ich nicht bedacht habe).
 
Bei Agone gibts z.B. einen Unterschied.

Parieren ist einfacher, aber man kann durch den Schwung noch Schaden bekommen. Ausweichen etwas schwieriger, aber man ist aus der Schusslinie.

Und das ist äußerst relevant, wenn da ein Riese mit nem Baumstamm auf dich zukommt.
 
Beim Parieren könnten auch die Waffen verhaken und es zu Kopfnüssen und ähnlich unschönen Dingen kommen (zB eine Entwaffnung). ;)

EDIT: Auch kann ein brennendes Schwert (oder was der Powergamer sonst so mit sich führt) nicht unbedingt gut geblockt werden. Da geht schon mal was bei ü. ;)
 
Ich halte ebenfalls differenziertes Ausweichen und Parieren/Blocken, je nach Anspruch an das System, für sinnvoll.

Zudem kann ich die Frage manche Spieler nicht mehr hören "Gegen den Angriff kann ich ja nicht parieren, kann ich nicht auf Ausweichen würfeln?"
Diese Frage halte ich in dem erwähnten "Riese mit Baumstamm" -Fall für außerordentlich sinnvoll, ebenso wenn etwas mit bloßen Händen angreift und die eigene Waffe ihm Schaden bei einer Parade zufügen könnte, nicht jedoch beim Ausweichen. Auch als Unterscheidung im Kampfstil des tänzelnden Elfen zum schwergerüsteten Ritter ist sowas recht praktisch.
 
Zornhau schrieb:
In diesem Zusammenhang hätte man in einem Musketier-Setting gerne Paraden, Riposten, Abwehr mit Parierdolch, Hut, Mantel, Angriffe gegen die Klinge mit Degenbrechern, das vielgerühmte, aber im Rollenspiel viel zu selten auftretende "Schwingen am Kronleuchter".

In diesem Zusammenhang kann ich die Arcane Codex empfehlen. Unter anderem ist dort das erwähnte "Schwingen am Kronleuchter" für eine Kampfschule sogar in einem Beispielt angegeben.

Außerdem gibt es in dem System fast alle anderen Punkte die du angesprochen hast. Das System hat es hinbekommen mit einfachen Regeln die meisten Situationen abzudecken. Dafür ist bisher der Hintergrund noch nicht so stark ausgearbeitet.

@Topic: Meist gibt es wegen dem bereits erwähnten Riesen mit Baumstamm eine Unterscheidung.

Jemand mit einem Dolch in der Hand wird einen Faustschlag lieber parieren wollen. Wenn dann jedoch jemand mit einem Zweihänder kommt wird er sich das wohl überlegen. Daher gibt es in den meisten System die ich kenne einfaches parieren und schwereres ausweichen.

Mit ausweichendem Gruß

Sidor
 
Also in den meisten Fällen hilft da "Gesunder Menschenverstand" (irgendsonne umstrittene Fähigkeit) weiter.
Auch wenn man regeltechnisch mit einem Dolch einen Zweihänder blocken KÖNNTE, einfach weil die Regeln nicht differenziert genug sind, sollte der Spielleiter da eingreifen.
 
zum glück ist das in den meisten systemen nicht der fall (2händer geg. dolch). ausweichen ist zwar gut gegen schwere angriffe, in einigen systemen entfernst du dich dadurch automatisch soweit aus dem kampfgeschehen, dass du erst wieder einen teil deiner runde dazu verwenden musst in die nähe deines gegners zu kommen. in dem fall sollte man es sich immer gut überlegen ob es denn sinnvoll ist auszuweichen oder man eher einen schlag mit dem dolch leicht abfälscht einen teil des schadens abbekommt, dafür dann aber ungehindert angreifen kann. (ich weiß dass klingt nach dem unberechenbaren barbaren, aber so bin ich halt)
 
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