Ars Magica Ars Magica allgemein

L

LushWoods

Guest
Ich interessier' mich seit einiger Zeit für das Game (5. Edition), kann aber trotz aller Recherche noch nicht so ganz schlau draus werden, was man hier eigentlich so tut.
Was für Abenteuer sind denn mit Ars Magica möglich?
Kann man das Spiel mit den alten Pendragons vergleichen? Sieht mir irgewndwie ähnlich aus.
Ist das System mit dem Storyteller, speziell mit Mage vergleichbar? Ist das Magiesystem auch so frei (und komplex)?
Wer hat denn Spielerfahrungen und was für Kampagnen habt ihr gespielt?

thx
 
Ich habe leider nur mal ein Abenteuer bei einer länger bestehenden Runde mitgespielt, damals 3. Edition. Ich habe aber auch die Bücher der 5. Ed. bei mir im Regal. Die damalige Kampagne kenne ich trotzdem ganz gut, weil mir ein Kumpel auch Jahre danach immer wieder davon vorgeschwärmt hat.
Das Magiesystem ist tatsächlich dem von Mage relativ ähnlich und recht frei. Das Kampfsystem hatte zumindest in der 3. Ed. so einige Schwächen, was mundäne Kombatanten angeht.
Neben dem Magiesystem sind das Highlight von AM die Gruppenkonstellationen und Gruppendynamiken, sowie die Vielfalt an Betätigungsmöglichkeiten, die das Spiel ermöglicht. Auch ohne Paradox zielt das Setting darauf ab, dass man außerhalb des Labors seine Magie nur sehr vorsichtig einsetzt.
Man sollte unbedingt die Möglichkeiten ausnutzen, die das Spielen mehrerer Charaktere in AM bietet. Da hat man seinen Magier, der natürlich im Mittelpunkt steht, dann am besten einen mundänen Charakter (Companion), der auch interessante Rollenspielansätze bieten kann, etwa den Verwalter des Anwesens, und dann noch mal den einen oder anderen Soldaten (Grog), in den man mal eben schlüpft, wenn er gebraucht wird, und der vielleicht dann auch mit der Zeit Persönlichkeit entwickelt, oder auch nicht.
Von der Möglichkeit die SL durchzuwechseln halte ich persönlich nicht so viel, das verträgt sich nicht so gut mit der Vorstellung von AM, die ich habe.

Der Bund in der besagten Kampagne hatte seinen Sitz in einem abgelegenen Teil von Griechenland (byzantinisches Reich) und der Bund besaß ein Dorf und ein wenig Land als Lehen. Gegen äußere Bedrohungen hielt man zusammen, aber jeder hatte ziemlich eigene Interessen (was auch hieß, das sich der SL immer wieder separat mit dem einen oder anderen Spieler unterhielt). Betätigungsfelder waren dementsprechend Forschung, Sicherung und Erweiterung der magischen Ressourcen (Vis), Pflege der Beziehungen zu anderen Bünden (das ist unsere Vis-Quelle...), dann wurden die Magier gemeinsam in Abenteuer gezogen - sei es, dass sie gemeinsam gegen ein nahes Kloster vorgehen mussten, das Probleme machte, oder dass sie versuchten, in das Labor eines Magiers eindringen wollten, der Jahrhunderte zuvor in der Anlage lebte... Durch die individuellen Interessen der Magier, seien sie politischer oder magischer Natur wurde die Gruppe dann auch in größere Geheimnisse und Kampagnen hineingezogen, was dann etwa zu Reisen in die Zentren der Macht (Italien) oder zu den Seekern* führte. Was zunächst nur das Interesse eines einzelnen Magiers zu schien (und dann evtl. zu einem Abenteuer führte, an dem nur ein Magier teilnahm, und die anderen mit ihren mundänen Companions/Grogs mitkamen), weitete sich dann mitunter zu Problemen für den ganzen Bund aus. Ein bisschen Wirtschaftssimulation war schließlich auch noch dabei über die Verwaltung des Lehens. Das lief dann wieder v.a. über die Companions, da sich die Magier dafür nur interessierten, wenn es zu größeren Problemen kam. Das ganze lief grundsätzlich eher oberflächlich, so gab der SL für jedes Jahr ein einseitiges Handout aus, das eine Übersicht über die wichtigsten wirtschaftlichen Daten gab, von Geburten bei Mensch und Tier, bis zum Erlös. Auf die Art hatte jeder Spieler unheimlich viele unterschiedliche Sachen um die Ohren, der Magier seine magische Forschung, Korespondenz mit anderen Magiern, Sicherung von Ressourcen und vieles mehr, und dann kommen halt noch die weltlichen Probleme hinzu, die man weitgehend über Companions abhandelt. In dem Zusammenhang sei gesagt, dass der Spieler mit dem nahezu autistischen Criamon-Magier sich zum Ausgleich vielleicht einen besonders interessanten und lebhaften Companion aussuchen sollte. :)

Diese Art der Kampagne hat mich damals ungeheuer fasziniert, stellt aber auch hohe Ansprüche an SL und Spieler. Ich halte es auf jeden Fall für wichtig, dass die Spieler/Charaktere auch ihre eigenen Interessen verfolgen und nicht nur eine Abenteuergruppe darstellen, wie in den meisten anderen Spielen. Die Charaktere können so mitunter eine faszinierende Individualität entwickeln, und Gespräche zwischen den Magiern entwickeln mitunter gar das Gefühl von diplomatischen Verhandlungen, nicht wie üblich wo Gespräche zwischen Charakteren überwiegend auf der Spielerebene stattfinden. Das führt dann gerne auch mal dazu, das in einem Abenteuer ein Magier die Hauptaufmerksamkeit bekommt, aber da alle Spieler so viele Möglichkeiten haben sich zu betätigen und einzubringen, muss das kein Problem sein. Und wer ist schon gelangweilt, wenn er weiß, das am Ende des Abenteuers die Erforschung des Artefakts, das seit 4 Seasons (Quartalen) im Labor analysiert wird, endlich abgeschlossen sein wird? Und dann muss auch schon wieder ein neuer Potion of Longevity ausgewürfelt werden...

* Seeker sind eine geheimnisvolle Gruppe von Magiern, die ein bestimmtes Mysterium der Magie erforschen.
 
Ok, das hilft mir dann schon etwas weiter.
Erinnert mich tatsächlich immer mehr an Pendragon. Vor allem mit Blick auf die "Wirtschaftssimulation".
Wie ist das mit den Companions und Grogs? Kommt da das Einfühlen in den Charakter nicht ein wenig zu kurz wenn man mehrere steuert? Oder kommen die Spieler/SL da nicht mal durcheinander wer jetzt wer ist? Bei 4 oder 5 Spielern stell ich mir das schwierig vor.

Also Abenteuermöglichkeiten gibt es total unterschiedliche, wie Questen für den Orden erfüllen, seinen Einflußbereich vergrößern, konkurierende Magiergruppen, Intrigen innerhalb des Ordens, usw. es gibt aber kein zentrales Thema (z.B. die obligatorische dunkle Bedrohung für alle) oder Metaplot, richtig?

Wie historisch ist das Spiel denn? Wie bekannt ist Magie und hat sie große Auswirkungen auf den Alltag?
 
Meiner Erfahrung nach gibt es bei AM eine Reihe von Effekten, die dazu führen können, dass das Einfühlen in die Hauptcharaktere nicht nur nicht leidet, sondern sogar gefördert und verbessert wird. Dadurch, dass man mit den anderen Magi auch in Konkurrenz steht, ist es sehr bedeutend, sich über die Ziele, Prioritäten, Stärken und Schwächen des Charakters klar zu werden. Die Vielzahl unterschiedlicher Aspekte des Lebens, die in AM zum Tragen kommen, vom gemeinsamen Leben in einer mehr als merkwürdigen WG über Religion und den eigenen Platz im Universum bis hin zum Umgang mit der eigenen Macht und nahezu-Unsterblichkeit, helfen, den Charakter zu definieren und näher auszuleuchten.

Ich denke nicht, dass große Gefahr besteht, beim Spielen der verschiedenen Charaktere durcheinanderzukommen. Man sollte sich den Löwenanteil an Charakterkomplexität halt für den Magus aufheben, und den Companion nicht als intriganten Soziopathen mit 3 verschiedenen Persönlichkeitsebenen bauen. Da bieten sich etwas bodenständigere Konzepte an. Und Grogs sind zunächst einmal nur Statisten, die oft nicht mal lange genug leben oder genug Rampenlicht bekommen um eine Persönlichkeit wie "Alkoholiker mit schrägem Sinn für Humor" zu entwickeln. Die Nebencharaktere sollen u.a. dazu dienen, dass die Hauptcharaktere sich treu bleiben können, und nicht wie in einer Standard-RPG-Gruppe gilt, entweder die ganze Gruppe macht mit oder gar niemand. Das stärkt die Persönlichkeitsentfaltung der Magi.

Wenn ich doch endlich mal meine geplante Kampagne umsetzen würde, würde klar gelten: neben dem SL mindestens 4 Spieler, da diese für eine spannende Gruppenkonstellation und einen funktionierenden Bund nötig sind, und nicht mehr als 5 Spieler, da dies sonst chaotisch werden könnte, und es dann doch mit dem regelmäßigen Rampenlicht für jeden schwierig werden könnte.

Der Metaplot von AM ist die Weltgeschichte, wenn man so will. ;) Es gab kleine Ansätze (Tremere...) von Metaplot, aber deswege muss man sich keine Sorgen (mehr) machen. Es gibt halt einige Angaben über die jüngere Geschichte der Magier, die dazu dienen, die Beziehungen zwischen den Häusern auf eine Grundlage zu stellen, aber nichts Schlimmes. Es gibt ein paar Themen, die als mögliche zentrale Themen in Frage kommen, aber es gibt kein zentrales Thema. Die (mangelnde) Zukunft der Magie wäre wohl am ehesten ein zentrales Thema.

Das Spiel ist sehr historisch. Der Vergleich mit der WoD bietet sich an, mit dem Unterschied, dass bei AM nicht unter jedem Stein ein übernatürliches Wesen hockt, das nach der Weltherrschaft strebt. Im Grunde ist schon deutlich, dass AM sowas wie ein Vorläufer der WoD ist, aber darüber muss und sollte man nicht so viel nachdenken.
Klar ist, dass das gemeine Volk an Übernatürliches glaubt. Wieviel davon wahr ist, also wieviel Übernatürliches es in der Welt (noch) gibt, und wie leicht man darauf stößt, ist daher bis zu einem gewissen Punkt dem SL überlassen. Der Grundgedanke ist, dass der ganze Aberglauben der Zeit durchaus wahr ist. Allerdings halten es denke ich die meisten SL so, dass Übernatürliches weitestgehend zurückgedrängt ist. Es gibt zwar Feen, aber nur die wenigsten Menschen werden jemals eine zu Gesicht bekommen - nur die Magier wundern sich, warum sich die Feen zurückgezogen haben... Und für die zivilisierteren Regionen gilt, dass die Magi gut beraten sind, wenn sie den Ball sehr flach halten. Es gibt also so etwas wie eine Maskerade, aber solange man nicht gerade in Rom lebt, nimmt man das nicht immer ganz so ernst, solange kein Quaesitor in der Nähe ist. Für den normalen Menschen in Zentraleuropa hat Übernatürliches also üblicherweise wenig direkten Einfluss auf sein Leben. Trotzdem glauben die meisten Menschen natürlich an Magie und Übernatürliches, so wie sie an Gott glauben.
 
Zurück
Oben Unten