Als das Gespräch zu Ende war verarbeitete er erstmal die Informationen die er erhalten hatte. Als wichtige Stichworte erfasste er das es Probleme mit den Traditionen der Domäne und der Maskerade gab, bevor er aber auch nur daran denken konnte seine Hilfe anzubieten war das Gespräch schon zu Ende. Aber wie hätte er das auch machen sollen, erstmal gab es für ihn wichtigeres. Wie sollte er das Gespräch beurteilen? Moishe zeigte mit keiner Silbe das er nichts von dem Video wusste, was in anbetracht der Umstände ein Ding der Unmöglichkeit war. Gab es ein Problem bei der Übergabe?
Die Situation zerstört mich.
Und wie musste es seiner Ghul gehen? Sie erkannte sicherlich das etwas nicht stimmte und musste mit großen Problemen rechnen, vielleicht sorgte das für Verwirrung die sie selbst nicht benennen konnte. Oder das Problem lag am Zeitplan des Ventrue.
Aber kann sowas bei zweien passieren?
Es war unwahrscheinlich. Mit dem Handy in der Tasche suchte er sich einen Platz von aus er den Menschen am Audi sehen konnte. Er war ohne echten Plan losgezogen und hatte dort an dem Punkt einen Menschen mit hineingezogen der nichts hiermit zu tun hatte, er war sogar noch bereit gewesen ihn einer großen Gefahr auszusetzen. Kai wollte den Verstand des Mannes durch seinen eigenen Verdrängen, im Wissen das dies beim Verlassen im schlimmsten Fall große Probleme erzeugen, dem Mann sogar größten Schaden zufügen konnte. Und er plante es nicht wegen einem höheren Ziel, nicht wegen etwas das die Gesellschaft retten würde oder auch nur einen Teil davon, nein, es ging dabei nur darum ihn selbst zu retten.
Betrachte es aus der Ferne.
Eine einfache Übung die ihm beigebracht wurde, er zog sich in sich selbst zurück und betrachtete die Situation von Kai Braun ohne Kai Braun zu sein. Er sah was dieser Caitiff geleistet hatte, wozu er im Stande war und was er sich als Ziel gesetzt hatte.
In Schubladen geschoben war er nützlich gewesen, hatte Potential die Caitiff dieser Stadt zu unterstützen, ihnen zu einem höheren Ansehen zu verhelfen. Er hatte die Möglichkeit dem Clan der Ventrue zu helfen indem er seine Angehörigen unsterstützte. Er hatte die Möglichkeit der Camarilla im Dienste der Maskerade zu dienen. Definitiv jemand, dessen Leistungen und dessen Ansehen dem neugegründeten Clan der Caitiff in dieser Stadt helfen konnten und damit auch den Caitiff selbst. Demzufolge müsste er jemand sein der aufrecht stand, Problemen entgegentrat,bereit war Verantwortung zu übernehmen und wenn nötig andere zu führen.
Aber wie stand er tatsächlich hier?
Die Vergangenheit hatte ihn eingeholt. Er hatte einen beschuldigten Verräter bestraft und dabei das Strafmaß selbst festgelegt, nicht neutral sondern nach seinem Hass, hatte ihn mit einer Schandtat vernichtet. Es hätte einen Richterspruch über Kai geben müssen, mit dem Urteil ob es aufgrund der Umstände toleriert werden sollte oder nicht, stattdessen hatte er selbst entschieden. Nun sollte dafür über ihn geurteilt werden, aber er war in der Absicht das Gericht über ihn zu verhindern, möglichst alle Beweise dafür zu entfernen das es jemals passierte. Er wollte sich durchsetzen, ohne Rücksicht, nicht um einem höheren Zweck zu dienen sondern um sich der Verantwortung zu entziehen. Nicht aufrecht und würdevoll wie der Clan dem er angehören sollte, sondern Feige, Meuchelnd und ehrlos wie das als das er schon beschimpft wurde.
Damit wäre alles weg.
Alles was er sich aufgebaut hatte wäre vernichtet. Man würde nicht mehr von dem Caitiff reden der im Dienste der Camarilla Traditionen bewahrte, einem wertvollen Hüter der Maskerade der Freunde und Verbündete unterstützte. Stattdessen würde die Frage gestellt werden wie sich andere nur mit einem solchen Verbrecher abgeben konnten, mit ihm arbeiten konnten, zulassen konnten wie durch den Kontakt zu ihm Clans beschmutzt wurden. Was würde ein Dienst wie die Sicherung des Mentesseanwesends nur für ein Licht auf die Ventrue werfen? Waren sie alleine dazu nicht fähig, das sie einen Diableristen dazuholen mussten?
Es muss ein Ende haben.
Langsam ging er auf den Mann am Audi zu. Moishe und Iain mussten darüber bescheid wissen, wenn nicht hatten sie unfähige Diener. Aber Diener von Ventrue waren nicht unfähig, sie waren entweder fähig oder keine Diener der Ventrue mehr. Also musste zumindest einer von beiden es wissen. Kai griff in eine Tasche, seine Finger suchten nach etwas als er dem Mann näher kam. Und die beiden würden sich absichern, sobald auch nur eine Dritte Person informiert war, war sein wackliger Plan nicht mehr haltbar. Zwei Ventrue beherrschen und ihre Erinnerungen zu ändern war schon ein sehr gewagter Plan, mit Vorankündigung war es sogar wahnsinn und im Grunde unmöglich. Wie naiv war er gewesen, in der Hoffnung das alles weiterginge wie bisher? Er hatte es einfach gehabt und das sollte sich nun umkehren.
"Hallo."
Er hatte die gleiche Maske aufgesetzt wie vorhin am Stieed als er den Knopf der Fernbedienung für die Zentralverriegelung drückte.
"Ich möchte das sie den Wagen nach Burg bringen, auf den Parkplatz des Hotels El Privilegio, das wäre alles."
Er öffnete den Kofferraum des Wagens und holte die Motorradbegleitung wieder hervor die er zuvor hineingelegt hatte. Der Mann stand da. Die Einpflanzung des Befehls von vorhin machte wohl mit dieser Situation Probleme, also legte er noch etwas Macht in seine Stimme während er noch drei 100 Euroscheine aus der Tasche zog, er hielt sie dem Mann mit dem Autoschlüssel und dem Parkticket hin.
"Bringen sie den Wagen zum Parkplatz des El Privilegio in Burg, hier ist ihre Bezahlung dafür. Reden sie nicht über die Fahrt und geniessen sie die Zeit danach."
Danach ging er und suchte sich selbst den Weg zum nächsten Kassenautomaten, er hatte noch das Ticket für das Motorrad.
Alles wird bald vorbeisein.
Er hatte nur mit geliehener Zeit gelebt, es war ihm schon lange klar gewesen. Irgendwann hatte er aufgehört seine damalige Frau verdunkelt zu besuchen, ihr Leben zu verfolgen und sie zu sehen. Irgendwann hatte er aktzeptiert das er nicht mehr Teil ihre Lebens war und sie nicht mehr Teil des seinen. Und nun musste er aktzeptieren das er damals schon gestorben war und die Zeit dazwischen den wirklichen Tod nur aufschieben sollte. Mit dem gelösten Ticket in der Tasche verkabelte er sein Headset am Ohr unter dem Helm. Der Motor der BMW erwachte für Kai in einem Klang voller Freude zum Leben, eines der letzten Dinge die er noch mit echter Freude in Verbindung brachte. Er musste zu seinem Wagen, aber der Weg dahin sollte nicht lange sein, sondern die Fahrt noch auskosten, vielleicht auch die Stadt noch einmal aus einem neutralen Blickwinkel sehen, ohne Wertung und dem Wissen war geschah. Nur mit dem Blick für das offensichtliche, den Bauwerken und den Menschen. Und dem Lärm mit dem er den Motor zum Brüllen brachte als er zumindest für ein kurzes Stück die Möglichkeiten seiner Maschine zur Beschleunigung ausnutzte.