[13.11.2015] Von Bredows Nachforschungen

Kalanni

Drachentochter
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Das Taxi brachte den Ventrue zu einem Gebäude über dessen Eingangstür der Schriftzug "Finstertaler Abendblatt" prangte.

Es war ein Gebäude aus den Sechzigern des letzten Jahrhunderts und an das 4 stöckige Vordergebäude schloss ich an der Rückseite, ein 2. Gebäude an, in dem sich die Druckerei befand. Es gab nur wenige Fenster, hinter denen Licht brannte, aber es gab einen Pförtner am Eingang, der gelangweilt, irgendeine Show anschaute.
 
Gustav von Bredow hatte es nicht übermäßig eilig, im Gegenteil, er verabscheute übertriebene Hast. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie die Sache im Elysium ausgesessen. Aber es ging ja nicht nach ihm. Noch nicht.
Auf der anderen Seite boten sich ihm hier nun gleich mehrere Gelegenheiten. Zum einen war er vom der Primogena Hagen geradezu dazu aufgefordert worden sein Netzwerk auszubauen, eine Bitte der er nur zu gerne nachkam. Alles zum Wohle der Stadt natürlich, dachte er zynisch.
Zum anderen zwangen ihn die Ereignisse sich um ein paar private Angelegenheiten zu kümmern und dazu diente ihm der Vorwand gerade recht, das Elysium zu verlassen, um dies abseits der allzu neugieren Augen und Ohren von Helenas Spionen zu erledigen.

Da seine Prioritäten klar strukturiert waren, kümmerte er sich erstmal um seine Angelegenheiten.
In einem Hauseingang gegenüber vom Finsteraler Abendblatt suchte von Bredow etwas Schutz vor dem unangenehmen Wetter. So konnte er das Gebäude beobachten, ohne vom Pförtner gesehen zu werden, während er mit seiner Sekretärin telefonierte.
Klar, heutzutage, nannte man die Personal Assitant, Projektassistenz oder Communication Manager. Wie auch immer, solange sie Anrufe entgegen nahmen, Post und Termine organiserten, würden sie Sekretäre bleiben.
Er diktierte ihr einige Anweisungen, zur Umschichtung von Vermögenswerten, die eventuell durch die Anschläge kurzfristig an Wert verlieren könnten und beriet sie auch kurz darin, wie sie die Börsen von New York und Tokio dafür nutzen könnte, die jetzt noch geöffnet waren. Ohne Zweifel würde der DAX morgen einen verlustreichen Tag haben, aber glücklicherweise konnte man auch auf Verluste wetten und damit Gewinne machen.

Als Zweites sandte von Bredow noch eine kryptische Textnachricht an Herrn Krüger, den Assisten von Simon Kauwell:
"Polizei wird erneut Verbindungen zu Tumulten an Hotels untersuchen, anstatt sich auf offensichtlich islamistischen Hintergrund der Anschläge zu konzentrieren."
Krüger und Kauwell würden schön wissen, was sie damit machen müssen.

Dann wandte sich der Ventrue den Finstertaler Abendblatt zu. Er war etwas enttäuscht, dass es so verschlafen wirkte. Er hatte erwartet, das an einem ereignisreichen Abend wie diesem der Laden wie ein Bienenstock brummt und nicht nur die Druckerei Überstunden bis in den frühen Morgen macht.
Aber es war ja nicht der erste Terroranschlag in der Welt. So langsam gewöhnten sich die Menschen wohl an den permanenten Ausnahmezustand. Oder wie es der Radiosprecher während der Taxifahrt monoton formuliert hatte: "Heute Abend starben 40 Menschen bei Explosionen in der Finstertaler Innenstadt. Und nun zum Sport..."
Selbst der Taxifahrer ärgerte sich lediglich über die Straßensperren, die sein Geschäft beeinträchtigten.

Jawohl, die Gleichgültigkeit der Menschen über das Schicksal anderer war immer noch eine der stärksten Säulen der Maskerade, sinnierte von Bredow.
Nun denn, wie dem auch sei. Bringen wir es hinter uns.

Gustav von Bredow schritt also zum Eingang und klopfte mit dem Knauf seines Regenschirms an das Fenster des Pförtners.
"Guten Abend guter Mann. Mein Name ist von Bredow. Ich bin heute Abend mit Herrn Manuel Bertels aus der Wirtschaftsredaktion verabredet. Es geht um ein Interview für einen seiner Artikel. Können Sie mich bitte reinlassen? Hier draußen holt man sich noch den Tod."
 
Klar, man konnte es auch aussitzen und die Lage ausnutzen um noch mehr Vermögem zu machen, wenn man keine anderen Hobbies hatte, außer Geld, wer brauchte schon was anderes, wenn er Geld hatte ...

Der Mann an der Pforte sah auf, blickte dann auf seinen Computer.

"Es tut mir leid, hier ist kein Termin eingetragen und Herr Bertels ist auch nicht im Haus, die Reporter und Redakteure haben heute etwas anderes zu tun", erwiderte er dann. "Soll ich ihm etwas ausrichten?"

Heute sah es in Verlagshäusern ganz anders aus, als er in Filmen war, keine Ticker, keine Hektik in einem Gebäude, das Meiste wurde auch hier über Internet und Computer erledigt. Hier wimmelte es nur dann von Leuten, wenn alle darauf warteten, daß irgend etwas die Langweile durchbrach, doch das war heute nicht der Fall. Also würde sich Bredow etwas anderes überlegen müssen.
 
"Nun, wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne drinnen noch etwas auf ihn warten. Vielleicht taucht er ja gleich noch auf."

Es war hoffentlich nicht zu viel verlangt, einen alten Mann, der gewiss kein Landstreicher war, nicht draußen im kalten Regen stehen zu lassen.
Ansonsten würde von Bredows übernatürliche Präsenz und seine bezaubernde Stimme sicherlich reichen, den Pförtner zu überzeugen.
 
"Es gibt ein Wartezimmer, rechts den Gang runter", sagte der Pförtner und liess Bredow dann rein.
 
"Ausgezeichnet, besten Dank. Ihre Spätschicht ist bestimmt sehr anstrengend," sagte von Bredow sobald sich die Tür geöffnet hatte.
"Sie sehen überarbeitet aus. Ich glaube was Ihnen fehlt, ist eine Mütze voll erholsamen...SCHLAF!"

Sobald der Pförtner an seinem Tisch zusammen gesunken war, wandte sich von Bredow ab und stieg die Treppe zu den Räumen hoch, wo er von außen noch Licht gesehen hatte.
 
Es gab ein paar Räume, hier ging auch das Flurlicht an, sobald der diesen betrat. Der erste der Räume war die Poststelle und 3 Türen weiter, stand Hauptsekretäriat an der Tür. An den beiden anderen Türen standen nur Zimmernummern.
 
Gemächlich wanderte von Bredow den Gang entlang, abwechselnd mal nach links oder rechts schauend und horchend, ob sich hinter einer der Türen noch etwas tat. Durch diese würde er nach kurzen Anklopfen eintreten.
 
Hinter der Vorzimmertür waren undeutliche Gespräche zu hören und drinnen waren 2 Frauen und ein Mann, die ob der Unhöflichkeit aufsahen.

"Was wollen sie denn hier?" fragte eine der Frauen.
 
Gustav von Bredow ließ erneut seine übernatürliche Anziehungskraft und Stimme wirken, um sich die schwachen Sterblichen gewogen zu machen und für sein Anliegen zu gewinnen.
"Guten Abend. Entschuldigen Sie die Störung. Ich wollte zu dem Herrn Bertels. Hätte einer von Ihnen die Freundlichkeit mir den Weg zu seinen Büro zu zeigen?"
 
"Der ist nicht im Haus und wird auch heute nicht mehr kommen", sagte eine der Frauen. "Ich denke nicht, daß sie bis morgen vormittag vor seinen Büro warten wollen. Aber es ist Zimmer 308, also im 3.OG."
Bertels hatte noch nie nachts gearbeitet und war auch nicht jeden Tag da.
 
"Richtig, bis morgen werde ich ganz sicher nicht warten. Ich schätze mal die heutigen Anschläge haben nicht nur meinen Terminkalender durcheinander gewirbelt. Wenn ich ihn oben nicht antreffe, hinterlasse ich ihm eine Nachricht. Danke und noch eine gute Nacht."

Von Bredow war überrascht, wie sich die drei namens- und gesichtslosen Affen in ihrem geschlossenen Zimmer so sicher sein konnten, dass Bertels nicht da wäre. Immerhin war es ein großes Haus. Aber gut, viele Sterbliche gingen hier um diese Zeit anscheinend nicht um. Bedauerlich auch, dass die Frau sogar die Zimmernummer sofort parat hatte. Lieber wäre er mit ihr gemeinsam durch das Haus gegangen, um sie in Ruhe zu befragen.
Aber da die drei trotz aller Höflichkeit und Präsenz so kalt und abweisend geblieben waren und keine Anstalten machten auf seine Wünsche einzugehen, hatte es wohl kein Zweck, sich weiter mit ihnen abzugeben.
Stattdessen schloss von Bredow wieder die Tür zum Zimmer und machte sich ohne Eile auf den Weg nach oben.

Obwohl ihm der grundlegende Aufbau und die Verteilung der Räume längst klar war, blieb er zwischendurch immer wieder kurz stehen, als müsste er sich orientieren.
Anstatt nach dem Weg hielt er nach weiteren offensichtlichen Hinweisen Ausschau, die ihm bei seiner eigentlichen Suche, aber auch im Gespräch mit anderen Mitarbeitern helfen könnten. Offen liegen gelassene Unterlagen, Notizen und Nachrichten am schwarzen Brett, Fotos einer Betriebsfeier, Zeitungsausschnitte und Cartoons, die an einer Tür klebten, unterschriebene Glückwunschkarten von den Kollegen, vielleicht sogar Namens- und Telefonlisten die aushingen oder auslagen.
Er würde sicher nicht in verschlossene Räume eindringen oder in fremden Schubladen herum wühlen. Schließlich war er ein Ventrue und kein Nosferatu.
Und abgesehen von einem Glückstreffer erwartete er nicht wirklich auf diese Weise etwas nützliches zu finden. Aber es half ihm die Menschen hier besser zu verstehen.

Also zurück zu Plan A. Einen anderen Büttel finden und befragen.
 
Es waren nachts nicht viele Leute da und überhaupt war das Haus ziemlich leer, der 3. Stock war komplett leer und auch stand er vor etlichen Zwischentüren, die einfach abgeschlossen waren. Deutsche Gründlichkeit könnte man es nennen. Am Treppenaufgang der 3. Etage war ein schwarzes Brett und dort würde Bredow auch den Grund bemerken, warum die Frau genau gewußt hatte, daß der Gesuchte nicht da war, denn darauf küsste diese laut Unterschrift Bertel. Sie hatte wohl mehr mit ihm zu tun. Ein Schild verwiess auf die Teeküche.

Ansonsten könnte er auch ein paar Zimmertüren probieren oder einfach warten, früher oder später würde einer Durst bekommen oder aufs Klo müssen.
 
Wie von Bredow der Dame im Erdgeschoss bereits mitgeteilt hatte, würde er sich nicht lange vor verschlossenen Türen aufhalten. Er klopfte an die Türen, wo er von außen Licht im Fenster gesehen hatte und versuchte ein Blick in diese Räume zu werfen. Eventuell musste er sich wohl damit abfinden, dass nur jemand vergessen hatte, das Licht zu löschen.
In dem Fall würde von Bredow noch eine Weile warten, ob ihm ein Mitarbeiter der Zeitung zufällig über den Weg lief, aber allzu viel Zeit würde er nicht dort verbringen wollen, um sich nicht unnötig verdächtig zu machen.

Während er scheinbar gelangweilt auf sein mobiles Telefon starrte, machte er ein Foto von dem Foto mit Bertels und seiner Gespielin.
Eine magere Ausbeute des Abends und andere wären vielleicht aggressiver vorgegangen, aber der Ventrue hatte Geduld und wollte an diesem sensiblen Ort die Maskerade nicht gefährden.

Wenn sich keine weiteren Möglichkeiten ergaben, würde er dann ins Erdgeschoss zurückkehren.
 
Hinter einer der Türen befand sich die Poststelle. Der Bürobote war anscheinend gerade irgendwo unterwegs, aber auf dem Schreibtisch lag einiges an ungeöffneter Post, die teilweise auch per Express gekommen und noch auf die Verteilung wartete. Die Briefe waren noch verschlossen, aber würden wohl heute noch bearbeitet werden müssen.

Es gab auch 2 Computer und einige Drucker, sowie ein Fax, das gerade einen Papierstau verkündete, so daß wohl gerade ein Schreiben gerne ausgedruckt werden wäre.
 
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