[13.11.2007]The Fight Song

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Natürlich hatte Lurker mit dem was er sagte absolut recht und wieder einmal musste sich die Caitiff eingestehen, das sie einfach nicht gut genug nachdachte. Wieder einmal nahm sie sich vor das zukünftig zu ändern und wieder einmal wussten sie beide, dass dieser Gedanke schon jetzt zum Scheitern verurteilt war.

Fortan still schweigend folgte die Anarche ihrem Onkel und war sehr gespannt darauf wie er wohl wohnen würde? Sollte er in seinem Geschmack aber auch nur annähernd dem von Cockroach ähneln, dann hätten sie für diese Nacht einen ganzen Haufen Arbeit vor sich.
Der Hamburger Nosferatu hatte über die Jahre eine große Leidenschaft für Sperrmüll entwickelt und so kam es das seine Behausung zwar durchaus geschmackvoll eingerichtet, aber denoch vollkommen überfüllt war.

Mit jedem Meter den die beiden weiter hinab stiegen wurde es dunkler und Jenny entschied sich irgendwann für ihr Talent im Dunkeln sehen zu können. Dabei war auch Lurkers Taschenlämpchen kein größeres Problem. Natürlich nur solange er ihr damit nicht direkt ins Gesicht leuchtete.

Dann endlich kamen sie an und Jenny sah sich neugierig um. Es war ganz sicher nicht das was sie erwartet hatte, aber sie war auch nicht erschrocken. Die Behausung schien irgendwie zu dem Nosferatu zu passen, allerdings fehlte ganz deutlich die weibliche Hand.
Allerdings traute sich die Anarche nicht dieses Thema zur Sprache zu bringen. Obwohl, das ein oder andere ansprechende Bild, eine Decke hier und da, vielleicht ein paar künstliche Blumen...
Ein verträumtes Lächeln trat auf die Lippen der Caitiff und sie sah sich interessiert und unbekümmert um.
 
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Ein richtiges, ein echtes Lächeln. Es fühlte sich an wie eine kleine Sonne in seinem Bauch, aber eine schöne und angenehme Sonne, aus der Zeit als ein warmer Lichtstrahl an einem Sonntagmittag der einem auf den Rücken schien noch angenehm die Knochen wärmte.

Fühl dich wie Zuhause...

Es mochte gut sein das Jenny diese alte Floskel noch nie in ihrem Leben gehört hatte und sie nur aus alten Filmen kannte, aber Lurker ging sie flüssig und selbstverständlich von den Lippen.
Man mochte erwarten das er ihr gleich noch etwas zu trinken anbot. Sicherlich würde er gleich einen Hausmantel anlegen, mit einem Seidenschal, und fragen ob sie einen Brandy wollte.
Wäre da nicht diese dumme Sache mit ihrem jeweiligem Tod gewesen. So gab es nichts das der Nosferatu seiner Ziehtochter anbieten konnte.

Geschäftig begann er nun damit seine Habseligkeiten in ein paar Kisten zu verräumen. Seine Bücher, seine Schallplatten, einige Dinge die seinem altem Erstgeborenem 'Reisser' gehört hatten. Die Möbel würde er wohl komplett hier lassen. Wenn er erstmal seinen Kram hier heraus hatte, dann würde ein zufälliger Finder dieser Höhlenanlage wohl denken das hier vor Jahren vielleicht einmal ein Penner gehaust haben mochte.

Nicht das er damit rechnete das irgendjemand diesen alten Komplex hier finden würde. Bis heute wusste noch nichteinmal Lurker genau was das hier für ein Ort war, vor vielen Jahrhunderten.
Nebenan stand der steinerne Altar der direkt aus dem Stein der Höhle geschlagen worden war, mit seinen verwitterten Ornamenten und in der Wand waren die zerbröselten Halterungen der Ketten die dort einmal verankert gewesen waren. Sogar die alte, merkwürdige Erde mit dem seltsamen Staub und den Knochenresten war unangetastet liegen geblieben seit seinem Einzug.

Sieh dich ruhig um..

Seine Stimme klang freundlich und er nickte mit dem Kopf in Richtung eben jenes zweiten Raumes in dem er Tagsüber ruhte. Auf dem Altarstein.
Einzig eine Schaufensterpuppe mit zerschlagenem Gesicht hatte er in diesem Raum hinzugefügt. Sie trug das merkwürdige Ledergeschirr mit den vielen Schlaufen und Taschen und dem Waffenarsenal der alten Geissel Finstertals. Die Klingen waren geschwärzt und Scharf, ein paar Pflöcke und Signallichter, zwei Macheten und viele andere Dinge mit gepolsterten Griffen waren daran angebracht. Das Leder roch nach geschmeidigem Fett.
 
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Neugierig besah sich Jenny jede Kleinigkeit in dem nur spärlich beleuchteten Raum, besonders die kleine Plattensammlung hatte es ihr dabei natürlich angetan. Neugierig und professionell blätterte sie den Stapel Langspielplatten durch und pfiff das ein oder andere mal voll ehrlicher Anerkennung.
Nicht das die vorgefundenen Vinylscheiben irgendwie ihrem Geschmack entsprochen hätten, aber sie wusste die alten Sachen zumindest zu schätzen und erkannte schnell was wertvolle Sammlerstücke waren und was nicht.

Als sie durch war stellte sie den Karton jedoch kommentarlos wieder ab, sie hatte einfach weder ein Interesse an Geld, noch für übermäßige Sammlerleidenschaften.
Zu oft war sie bisher vor etwas oder jemandem auf der Flucht gewesen, um sich unbedacht mit übermäßig Gepäck zu belasten. Wer arm war besaß vielleicht nicht viel, aber er rannte einfach schneller und musste nicht trauernd zurückblicken.
Sicherlich war das auch der Grund warum ihr Lurkers "Wohnung" so gut gefiel, was unnötigen Balast anging, schienen die beiden sich recht ähnlich zu sein.

Immer noch andächtig schlurfend folgte sie dem Nosferatu in den Nebenraum. Dabei galt ihr Blick anfangs den durch die Kerzen verursachten tanzenden Schatten an den Wänden. Dann erst sah sie Sarg und Schaufensterpuppe.
Neugierig sah sie sich das alternde Kunstwerk an und richtete endlich das Wort an Lurker.

"Sag mal die Puppe da. Irgendwie sieht die schwer nach nem verfluchten Waffennarren aus, wusste ja gar nicht das du Wert auf solche Dinge legst?"
 
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Der Großteil seiner Bücher war mit wenigen Handgriffen in stabile Aluminium Kisten verpackt, die er mit schweren Halterungen schloss. Die Gummierung versiegelte den Inhalt wasserdicht. So transportierte er seine Habseligkeiten sicher durch die Unterwelt der Stadt.
Er sah kurz auf als Jenny an der bemerkenswerten Sammlung der alten Geißel Finstertals stehengeblieben war. Ein warmes Lächeln ging in seinem schiefem Gesicht auf als er zu ihr hinüber ging.
Seine Finger falteten sich auseinander und streichelten sanft das dunkle Leder und die Griffe der Tötungsinstrumente.

Das sind Erbstücke. Mein alter Erstgeborener hier in der Stadt war die Geißel.

Er klang ein wenig bedrückt. Dann sank seine Hand wieder hinab und er schüttelte den Schwermut ab.

Wenn dich die Dinger interessieren, nur zu. Du darfst sie ruhig mal herausnehmen. Ich habe allerdings keine Trainingspuppen hier. Die stehen in einer Lagerhalle im Industriegebiet.

Er schien nicht an den Waffen an sich zu hängen, sondern eher an dem sentimentalem Wert für den sie standen.

Kurz ging er hinüber zu seinem Altarstein, hinter dem sich eine weitere Kiste befand. Sie war bereits fertig gepackt und verschlossen, so das er sie nur anfassen und nach vorne tragen brauchte.
In dieser Kiste befand sich seine alte Kleidung. Seit geraumer Zeit trug er immer nur diese eine Montur, schmiss nur ab und an mal ein abgewetztes Hemd oder einen löchrigen Pullover weg, wenn er Ersatz fand.
Der Lurker der wollene Anzüge und Schals getragen hatte war ein anderer Nosferatu gewesen.
 
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Der Nosferatu bekam nur ein stummes Nicken zur Antwort, dann besah sich die Caitiff die verschiedenen Tötungsinstrumente. Dank ihrer Begabungen bevorzugte die sie von jeher leichte Nahkampfwaffen, daher zog sie andächtig zwei der geschwärzten Messer aus ihren Scheiden und besah sie respektvoll. Lurker schien ihnen ein sehr große Bedeutung zuzuordnen und da war es für Jenny nur selbstverständlich, dass sie es ebenfalls tat.

Mit routinierten Bewegung vollführte sie einige Grundmanöver die sie sich einst selber auf der Straße beigebracht hatte und die sich über die Jahre als besonders wirkungsvoll erwiesen hatten.
Es hatte ein wenig was von Taijiquan wie sie so voller Konzentration mit den Waffen hantierte. Geschmeidig, ja beinahe katzenhaft drehte sich die junge Kainitin und schien bereits nach Sekunden mit den stählernen Klingen zu verschmelzen. Jede Bewegung war fließend und zeugte von absoluter Körperbeherrschung.
Wie in Trance durchlief sie alle Kampfmanöver die sie kannte, verband sie willkürlich und in verschiedenen Kombinationen.

Es dauerte eine ganze Zeit bis sie den Schattenkampf aufgab und verlegen zu Lurker sah.

"Verzeih mein Lieber, wir sind nicht hier um zu trainieren ich sollte dir tragen helfen!"
 
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Sie hatte Talent. Vielleicht wäre sie in einer anderen Welt, in der es gerechter Zuging, Tänzerin sein können. Oder überhaupt am Leben, das wäre schon was.
Wahrscheinlich konnte sie mit diesen Mordwerkzeugen besser umgehen als Lurker selbst. Sein Kampf bestand aus kurzen, harten Stößen und Schlägen. Er beherrschte keine anmutigen Bewegungen. Wozu auch geschmeidig hin und her springen wenn man einfach wie ein Trugbild vor seinem Gegner auftauchen, diesem 30 Zentimeter gezackten Stahl in die Eingeweide rammen und dann grinsend wieder vor seinen Augen verschwinden konnte ?
Aber er sah ihr gerne zu.

Als sie sich schließlich löste zuckte er nur mit den Schultern und lächelte sachte. Dann fasste er sich die erste Kiste und trug diese in den Eingangsbereich seiner Höhle.
Er legte sie dort ab und ging dann gemessenen Schrittes hinüber zu seinem Schallplattenspieler. Umständlich und mit spitzen Fingern präparierte er das Gerät, sorgfältig und beinahe liebevoll holte der Nosferatu dann eine Vinylscheibe aus ihrer Hülle. Es begann mit dem charakteristischem Knacken in der großen Muschel des Grammophones. Ein Schaben und Kratzen als die Nadel schließlich ihre Spur gefunden hatte. Dann folgte einige Sekunden knisternde Stille, bevor ein paar Blasinstrumente eine Melodie zu spielen begannen die Jenny vielleicht in den ersten Takten bekannt vorkommen mochte, wenn sie als Kind eine Zeichentrickserie um einen Spinat essenden Seeman angeschaut hatte. Schließlich erhob sich die blecherne Stimme einer Frau, die mit viel Verve aus dem Trichter schmetterte.

Ich bin die fesche Lola, der Liebling der Saison!
Ich hab' ein Pianola zu Haus' in mein' Salon
Ich bin die fesche Lola, mich liebt ein jeder Mann
doch an mein Pianola, da laß ich keinen ran!


Der Nosferatu grinste von einem Ohr bis zum anderem und zwinkerte dann verschwörerisch zu Jenny hinüber.

Na komm, mit Musik geht alles besser.

Übermütig schwang er sich einen Beutel über die Schulter, machte einige zum Brüllen komisch aussehende Tanzschritte um Jenny herum, es gab kaum einen groteskeren Anblick als einen tanzenden Nosferatu, und verlud weiter seine wenigen Habseeligkeiten.

Es würde nur etwa eine Stunde dauern seine Höhle bis auf die Möbel leer zu räumen und die Kisten in die Unterwelt der Stadt zu transportieren.
 
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"Na du weißt wie man eine Hamburger Dirn um den Finger wickelt!"

Jenny prustete lauthals bei Lurkers übermütigen Tanz und viel begeistert in die wilden Schritte mit ein.
Dann als er wieder seiner Arbeit nachging half sie ihm so gut sie konnte und sang dabei das Lied der alten Platte lauthals mit.
 
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