Irgendwas stimmt nicht... Tatjana sieht traurig aus. Das bringt sie schon wieder zur Weißglut. Dieser verdammte Tänzer, der noch einen ihres Rudels auf dem Gewissen hat! Oder war es jemand anderer? Lost Shadow? Tati braucht nur was zu sagen, dann kann der was erleben! Sie ist gerade in der richtigen Stimmung...
Aber dann kommt ihr der Gedanke, dass vielleicht gerade ihre Stimmung der Grund ist. Und dann ärgert sie sich über sich selbst, was auch nicht gerade das Richtige ist... sie kann das Tier in sich hassen, aber es wird dadurch nur stärker. Besser, sie beschäftigt sich schnell mit etwas anderem, sonst wird sie noch verrückt. Sie geht jagen, wie schon angekündigt.
Will Tatjana mit? Klar... was Meyye jetzt brauchen kann ist eine Aufpasserin, ein Anstandswauwau (sogar noch fast wörtlich zu nehmen) der aufpaßt dass sie den armen Menschen nicht zuviel abnimmt. Als wenn sie sich nicht unter Kontrolle hätte! Sie wird den Püppchen schon nicht die Fäden durchschneiden. "Wir sehn uns nachher." antwortet sie knapp, aber sie fährt Tati nicht mehr an, nickt dann Silvia zu und geht von dannen.
Aber wohin jetzt? Eigentlich kann sie sich sicher sein, dass der gesamte Nordbezirk auf den Beinen ist, so wie die Garou rumgeheult haben. Sie schlägt erstmal den Weg zum Fernsehturm ein. Als von dort ein Licht zu sehen ist, duckt sie sich schnell hinter ein Gebüsch, aber anscheinend raschelt sie dabei zu stark. Das Licht - einer Taschenlampe - richtet sich auf 'ihren' Busch, und sie erkennt eine Person, die näherkommt. "Ist da wer?" ruft eine männliche Stimme, und sie erkennt schließlich jemanden in einer Art Uniform. Ein Nachtwächter vielleicht? Jedenfalls genau das Richtige für sie. Sie weiß schon, welche Rolle sie jetzt spielen könnte.
Der Anblick den sie bietet, muß den Mann in einen halben Schock versetzen. Da bricht eine junge Afrikanerin durch das Gebüsch, mit zerfetzter, blutiger Kleidung und stürzt gleich wieder zu Boden. Die Reaktion ist ganz wie erwartet. "Mein Gott!" macht er seinem Erschrecken Luft, dann läuft er zu ihr und läßt sich auf den Boden nieder. "He, junge Frau..." Erst faßt er sie an den Schultern, und da faßt Meyye auch gleich zu und hält seinen Arm fest. Sie muß verhindern, dass er ihren Puls fühlen will. Dabei schaut sie ihn an und macht den Anschein schweren Atems, wie es eine Schwerverletzte (wie und warum genau, solche Details überläßt sie ihm und seiner Phantasie) halt tut... das Gesicht vor Schmerz verzerrt, mit aufgerissenen Augen. "Hilfe..." flüstert sie hervor, und das hat ein hastiges Nicken seinerseits zur Folge. "Alles klar... ganz ruhig... ich hole Hilfe..." sagt er, und seine Stimme zittert. So hat er sich seine Nachtschicht wohl nicht vorgestellt. Aber sie hält seinen Arm fest. "Nicht weggehen... muß... was sagen..." bringt sie, offenbar unter Aufbietung aller Kräfte, hervor und läßt ihn zögern. "Na gut... sagen Sie es mir, aber dann ruf ich den Krankenwagen, okay?" Sie nickt schwach und er beugt sich hinunter, das Ohr zu ihrem Mund geneigt, womit auch sein Hals in nächster Reichweite ist. Perfekt. Danke für die Einladung. Sie beißt zu.
Er keucht, denn er weiß gar nicht wie ihm geschieht und kommt auch erstmal nicht mehr dazu, einen klaren Gedanken zu fassen. Meyye schon... sie ärgert sich. Wie Leitungswasser nach einem Pina Colada ist das Menschenblut nach dem, was sie von Tatjana gekostet hat. Aber es ist immer noch gut genug um ihren Durst zu stillen, und auch in ihrem Ärger denkt sie daran, rechtzeitig aufzuhören. Als ihre Zähne sich zurückgebildet haben und sie die Bißwunde geschlossen hat, läßt sie sich zurückfallen und schließt die Augen. Blinzelnd und mit einem Anflug von Schwäche kommt der Mann wieder zu sich. Verwirrt sieht er Meyye an, die sich zur Sicherheit noch schwach bewegt und den Anschein von Atmung aufrechterhält. "Ich ruf jetzt das Krankenhaus... ich komm gleich zurück, mit dem Erste Hilfe-Kasten. Bin gleich wieder da!" sagt er und drängt was gerade eben gewesen ist in den Hintergrund seiner Prioritäten. Dann steht er auf und läuft zum Turm.
Als er außer Sichtweite ist, wird die Schwerverletzte plötzlich schnell. Sie erhebt sich und läuft in Richtung Parkausgang, schaut sich aber erst vorsichtig nach Beobachtern um, bevor sie auf den Gehsteig tritt. Gut, das war der erste Streich... und viel wird sie in dieser Nacht, die sich dem Ende zuneigt, nicht mehr schaffen. Sie muß Glück haben, wenn ihr noch jemand begegnen... in dem Moment kommt jemand um die Ecke. Sie reagiert prompt und erweckt den Eindruck, sie könnte sich nur mit Mühe und dadurch, dass sie halb die Wand herunterrutscht überhaupt auf den Beinen bleiben. Sie muß sich zusammenreißen, dass sie über den Ärger wegen des begrenzten Vokabulars der Stadtbewohner nicht ihre Rolle fallenläßt, denn auch die Worte dieses frühmorgendlichen Spaziergängers sind: "Mein Gott! Mädchen... was ist passiert?" Auch er eilt auf sie zu, und sie vertauscht die Wand mit ihm. Dankenswerterweise gibt er sich Mühe, sie festzuhalten. Sie hat es leicht, ihn damit zu überraschen dass sie an seinen Hals will. Und diesmal während sie trinkt, heilt sie ihr verwundetes untotes Fleisch weiter. Es braucht fast alles auf, was sie von beiden Menschen zusammen genommen hat, aber es ist das Werwolfblut, das sich bei der Heilung verflüchtigt. Kein Pina Colada mehr, nur noch Leitungswasser. Und als es vorbei ist, ist sie ruhig.
Sie läßt von ihm ab, und jetzt ist er es, der sich keuchend abstützen muß. Ein alter Mann, mit zumindest größtenteils schon grauen Haaren. Sie hält sich nicht lange mit Betrachtung und schon gar nicht mit Erklärungen auf sondern huscht einfach um die Ecke... ein Gespenst mit merkwürdiger Wirkung. He, gar nicht so unzutreffend, diese Bezeichnung. Erst als sie in die nächste Straße eingebogen ist, wird sie langsamer. Gut... eigentlich ja eine erfolgreiche Nacht. Wenigstens jetzt... die Hilfsbereitschaft und das Mitleid zweier Menschen ausgenutzt um sie zu verletzen. Guter Schnitt. Und als Sahnehäubchen: Tatjana rüde behandelt dafür, dass sie dir ihr Blut gegeben hat, obwohl sie wußte, dass das ihr Ende auch dann sein kann, wenn sie sich rechtzeitig losläßt. Wer weiß ob sie eine weitere Raserei einer Gangrel überstanden hätte. "Vampire sind doch der letzte Dreck." flüstert sie zu sich selbst, während sie weiterhin durch die nächtlichen Gassen schleicht, immer darauf bedacht, eventuelle Passanten eher zu bemerken als diese sie, und ihnen auszuweichen. Sie hat noch einen langen Weg vor sich und möchte jetzt nicht mehr gesehen werden.
Out of Character
Ach ja... die Abwicklung der Restnacht und die beiden Opfer beruhen auf Erlaubnis und Ausarbeitung von Klingentanz... jedem davon wurden 3 BP entnommen. Meyye hat jetzt nur noch leichte Blessuren (kein Malus, aber noch eine Gesundheitsstufe schwer heilbarer Schaden).