1.4.04 - Klappe, die Elfte

Ein neuer Tag, ein neuer Niederschlag.
Von wegen. Niederschläge gab es die letzten Nächte ja nun wirklich genug. Das erste, was Meyye heute abend tut, ist eines der winzigen Kellerfenster zu öffnen, die lichtdichten Rollladen aufzukurbeln und skeptisch den Lichtschacht hinaufzuschauen und zu -lauschen, ob es etwa schon wieder regnet. Irgendwann darf es auch mal aufhören.

Wie auch immer. Sie schließt sorgfältig wieder alles (schließlich will sie am nächsten Tag nicht durch einen verirrten Sonnenstrahl aufs Unangenehmste geweckt werden) und macht sich daran, sich anzuziehen und dann die Wohnung zu verlassen. Zeit, mal wieder auf Beutefang auszugehen. Um sich die Zeit zu vertreiben, denkt sie währenddessen ein wenig nach über die letzten Nächte, und vom Tierpark kommt sie - wie es manchmal so passiert - auf Nonsens. Was für ein Raubtier ist sie eigentlich?

Kein Wolf. Die jagen in Rudeln. Löwen auch. Hmmm... Vampir-Fledermaus? Viel zu naheliegend. Jaguar? Könnte passen... aber es gibt schon jemanden namens Cat, und sie ist es nicht. Schakal? Tss... also so niedermachen will sie sich dann auch nicht. Was bleibt denn noch? Hyänen? Hmpf... klar. Vielleicht sollte sie doch in die Luft ausweichen. Aber die Geier schiebt sie gleich mal beiseite. Ach was solls... sie ist eben was ganz eigenes, beschließt sie, als sie soweit fertig ist und hinausgeht.

Vor der Haustür liegt noch eine Ausgabe der Morgenpost. Irgendwer ist wohl in Urlaub, tja, Pech gehabt. Sie hebt sie auf und überfliegt die Artikel ein wenig. Sie hält inne und liest genauer, als sie zur Sondermeldung vom Cineprotz kommt. Wow! Brad Pitt hier in Finstertal? Sie kann ja im Allgemeinen mit diesem Fantasy-Kram nichts anfangen (inzwischen noch weniger als zu ihren Lebzeiten; schließlich ist sie selbst Fantasy und weiß, dass die Guten (und Lebenden) nicht gegen die untoten Scharen gewinnen...), aber Des Königs Sohn hat sie gemocht. Vielleicht den Schauspieler noch ein bißchen mehr als den Film an sich, obwohl solche Anwandlungen für soetwas wie sie vielleicht fehl am Platze sind.

"Hm." macht sie unentschlossen, als sie die Zeitung wieder achtlos dahin fallen läßt, wo sie sie gefunden hat. Sie wollte ja eigentlich ins Mexican, aber am Cineprotz dürfte auch einiges los sein, und warum eigentlich nicht? Jagen kann sie auch nachher noch, falls sich nichts ergeben sollte. Und sie könnte Brad Pitt mal live sehen. Wie lange war sie eigentlich nicht mehr im Kino?

Sie grinst kurz, steigt aufs Rad und fährt los.

Ach verdammt, sie hätte es wissen müssen. Sogar mit dem Rad wird es heute schwierig werden, einen Parkplatz zu finden. Menschenmengen die an die Völkerwanderung erinnern, zu einem Großteil bestehend aus kreischenden Teenies überwiegend weiblichen Geschlechts (es kommt ja auch Brad Pitt und nicht Monica Bellucci), und eigentlich hätte ja der lokale Ausnahmezustand ausgerufen werden sollen und das Gelände großräumig abgesperrt gehört...

Einen gefühlten halben Kilometer fährt sie also wieder zurück um dort dann ihr Rad an einen Laternenpfahl zu schließen und von dort aus zu Fuß zum Kino zu gehen. Von ihrem sichtbaren Alter könnte sie sich eigentlich leicht unter die Teenies mischen... aber irgendwie ist sie von deren Betragen abgestoßen, sie war nie so. Auch nicht zu Lebzeiten. Da wäre sie nur gern so gewesen... aber das hat sich geändert. Wie so vieles.

Also begnügt sie sich damit, sich mit leicht amüsiertem und auch ein wenig abschätzigen Schmunzeln durch die Masse zum Eingang durchzukämpfen, schließlich will sie eine Karte haben... und dann muß sie noch rausfinden, von wo aus sie einen guten Blick auf den Star hat.

Seltsamerweise ist es nichtmals halb so voll, wie du dir gedacht hattest. Trotzdem kannst du dich in eine lange Schlange am Eingang einreihen. Aber auch die obligatorischen Absperrgitter fehlen vollkommen.

Ebenfalls siehst du hier und dort enttäuschte Gesichter, wieder andere lachen Lauthals.
Am Eingang hängt ein großes Kinoplakat von Des Königs Sohn mit Brid Patt auf dem Bild. Daneben hängt ein großes Plakat welches wohl die Vorpremiere heute Abend ankündigt.

Sehr merkwürdig. Sehr verdächtig. Da stimmt doch irgendwas nicht. War das am Ende nur fake... ein Werbegag? Wäre schon ärgerlich, wenn ausgerechnet sie auf sowas hereinfällt... aber es las sich eigentlich ganz so, als wäre der Typ anwesend.

Aufmerksam mustert sie ihre Mitschlangenansteher, als sie sich brav einreiht und sich ruhig verhält. Vielleicht kann sie ja was erlauschen, das sie weiterbringt.

Als vier oder fünf Menschen vor Ihr in der Schlange an der Reihe sind hört sie etwas das wie "keine Karten" oder so klingt.

Wäre sie noch lebendig, würde sie unwillkürlich seufzen. So wie es ist müßte sie es schon absichtlich tun, darum läßt sie es, denn so wichtig ist es ihr jetzt auch wieder nicht. Sie hätte sich ja denken können, dass die Karten schon eine Stunde vor Beginn weg sind. Mindestens. Aber dass sie jetzt so knapp dran war, ärgert sie doch etwas.

Sie will es trotzdem genau wissen. "Stimmt das? Sind keine Karten mehr da für den Brad Pitt-Film?" fragt sie, vorsichtshalber mal ein ganz enttäuschtes Gesicht machend, nachdem sie an den paar Leuten vor ihr mal vorbei zum Verkäufer gegangen ist.

Sie meinen Brid Patt in Der König und sein Schwert? Es tut mir Leid, aber dabei handelt sich um einen Aprilscherz. Aber als kleine Entschädigung bekommen Sie eine Tasse von dem ersten Film. Dabei lächelt sie Dich bezaubernd an und überreicht Dir eine Tasse mit Brid Patts Profil drauf.

Out of Character

Arrrgh! *g* Hast mich drangekriegt.

Ein Glück dass gerade kein Fotoapparat auf sie gerichtet ist; sonst würde Meyye mit dem Bild den Preis für das dämliche Gesicht des Tages gewinnen oder sie in Raserei verfallen bei dem Versuch, die Aufnahme in die Hände zu kriegen bevor Schlimmeres passiert. Und dann bekommt sie eine Tasse! Jetzt muß sie ihre Opfer nur noch überreden, da reinzubluten, um sie auch nutzen zu können. Sie starrt den Typen vor ihr an und verdreht die Augen gen Himmel, während sich ein Lachen aus ihrer Kehle Bahn bricht. Eigentlich ist es traurig, dass das, was bei einem Menschen von selbst passiert, bei ihr mangels Atmung bewußte Anstrengung braucht. So geht eigentlich der Effekt flöten und echte Fröhlichkeit kann nicht aufkommen. Aber es gilt, wenigstens für die Menschen ringsum den Schein zu wahren.

"Oh Mann, dieser verdammte erste April! Immer wieder vergess ich dass ihr Europäer an dem Tag nichts Besseres zu tun habt als alle Welt zu verarschen." sagt sie und schüttelt schmunzelnd den Kopf, nimmt die Tasse an sich und betrachtet sie ein wenig. "Naja... die Tasse ist auch nicht schlecht. Viel Spaß noch." meint sie schmunzelnd und dreht sich um, dem Kino und der Episode den Rücken kehrend. Sie hat ja heute noch mehr vor.