[07.05.2008] Just Business

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Emil? Hatte Thürmer ihn gerade ernsthaft Emil genannt? Marius konnte sein Lachen nicht zurückhalten. Er konterte mit einem einem "Just as you like, Miss Sophie."

Während ihn Thürmer durch die Straßen navigierte, nutzte Marius die Zeit, um noch ein paar letzte Dinge mit ihm besprechen zu können.

"Dürfte ich dich fragen, was du morgen Nacht auf dem Treffen ansprechen möchtest? Ich für meinen Teil bin der Auffassung, dass wir die Sache mit dem Tresor unbedingt als Thema einbringen sollten. Es wäre wohl auch besser, wenn wir geschlossen an der Aufklärung des Komplotts um Herrn Buchet arbeiten. Es hätte nur Vorteile, wenn wir die ersten sind, die genau über die Vorfälle Bescheid wissen. Ich denke unser Chef wird es ähnlich sehen, dass zwei Ermittlungsteams eingeteilt werden sollen, die sich dann Buchets Privatgemächer und die Leichenhalle etwas genauer ansehen. Wir müssen alle erdenklichen Spuren verfolgen und natürlich benötigen wir auch die Kombination für den Tresor. Sollten die Bemühungen von Erfolg gekrönt sein, ist es wohl am besten, wenn wir beiden den Tresor öffnen und den Inhalt unserem Chef melden. Er wird wissen, was dann zu tun ist. Ich werde wohl mal wieder den Politiker in mir besänftigen müssen, denn so, wie die Struktur innerhalb unserer Kreise organisiert ist, kann ich sie nicht lassen. Eine engere Zusammenarbeit ist unabdinglich, wenn wir in der nächsten Zeit unseren Einfluss und unsere Position ausbauen wollen. Ich erninnere mich da gerne an meine Zeit in Berlin. Der gesamte innere Zirkel hielt sich verborgen und es gab nur einen einzigen Fürsprecher, der abgesandt wurde, wenn die Interessen unserer Brüder und Schwestern gewahrt werden sollten oder anderweitige Verhandlungen und Gespräche an der Tagesordnung waren. Stell dir mal unsere Möglichkeiten vor, wenn wir ein solches Vorgehen auch in Finstertal etablieren können. Wenn es nur einen Kontaktmann gibt, genießt dieser ausgezeichneten Schutz, da er stellvertretend für alle Mitglieder spricht und die anderen haben auch nichts zu befürchten, wenn sie aus dem Hintergrund agieren. Außerdem verschafft es uns einen nicht unerheblichen Vorteil, wenn niemand der Außenstehenden über unsere genaue Zahl und unsere Fähigkeiten Bescheid weiß. Somit würden wir uns in einen Sonderstatus katapultieren, den die anderen notgedrungen akzeptieren müssen, da jeder auf unsere Hilfe angewiesen ist. Ich möchte ehrlich zu dir sein. Innerhalb von Finstertal sind du und Jennifer die einzigen, denen ich wirklich vertraue. Unser Chef hat einen positiven Eindruck auf mich gemacht, aber ich kenne ihn noch nicht gut genug, um ihn wirklich einschätzen zu könnnen. Tja und dieses andere widerspenstige Individuum..? Davon will ich gar nicht erst anfangen... Wenn wir alle überleben und unsere Machtposition festigen wollen, muss einer von uns der Fürsprecher werden, während die anderen verborgen handeln. Ich werde versuchen die anderen von meinen Ansichten zu überzeugen. Wir haben so viel Potenzial und doch wird es verschwendet, da wir unsere Möglichkeiten nicht effizient genug einsetzen. Ich kann und werde nicht zulassen, dass es so weitergeht. Wenn ich es schaffen sollte die anderen zu überzeugen, werde ich mich selbst für den Posten des Fürsprechers vorschlagen. Ich habe schon diverse Erfahrungen im Bereich der diplomatischen Verhandlungen, dem Schließen von Kompromissen und der preislichen Einigung. Unser Chef hat schon genug zu tun und wer sonst wäre für dieses interne Amt besser geeignet, als ich? Der einzige, der ansonsten der Logik nach in Frage käme, wärest du. Aber kennst du dich gut genug mit Politik aus und würdest du eine solche Tätigkeit überhaupt aufnehmen wollen? Wenn nicht hoffe ich, dass ich bei einer eventuellen Zustimmung meines Vorschlags auf deine Stimme zählen kann..."

Marius legte mit der rechten Hand einen anderen Gang ein. Sein linker Handballen lag auf dem Lenkrad, die Finger weit abgespreizt. Sie bogen in eine Seitenstraße ein und noch immer regnete es unaufhörlich. Das Radio hatte Marius inzwischen ausgestellt und so hörte man neben Marius' Worten nur das laute Prasseln des Regens auf dem Auto.
 
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Thürmer warf einen abschätzigen Blick aus dem Fenster auf die Straße.

"Daß wir die ersten sein sollten, liegt auf der Hand, alles andere wäre peinlich... Vielleicht läßt uns die Seneschall ja auch offiziell in die Räume, das ersparte uns eine Menge Ärger und sie sollte eigentlich auch ein Interesse daran haben, daß die Sache aufgeklärt wird."

Er hörte sich Marius' weitere Ausführungen schweigend an, bevor er antwortete:

"Du kannst Finstertal nicht mal eben so mit Berlin vergleichen, die Vorraussetzungen sind völlig verschieden.
Wir sind hier deutlich zu wenige um so eine Ihr-wißt-nicht-wie-viele-wir-hier-haben Nummer abzuziehen. Daß es hier kein Dutzend von uns gibt und wohl auch nie geben wird, kann sich jeder mit etwas Grütze in der Birne an den Fingern abzählen. Mal ganz abgesehen davon, daß jetzt eine Hexe in der Akademie sitzt.

Wir und Lurker sind allgemein bekannt, aber wenn wir hier irgendwelche Extratouren versuchen, dürfte der Rest für Trapper Zielscheibe spielen dürfen, und dann hilft uns auch ein Kontaktmann mit erhöhter Einflußbasis nicht viel.

Effizienz ist ja schön und gut, aber nicht um jeden Preis... Was meine Kandidatur angeht: Bedenke, was passiert ist, als wir das letzte mal einen Gefreiten in die Politik gelassen haben. Auf sowas kann ich gut und gerne verzichten.

Neue Besen kehren gut, ich weiß, aber wer als Neuer sofort versucht, neue Sitten einzuführen, macht sich selten beliebt... Besonders in einer Gegend wie der hier."

Thürmer sah Marius forschend an. Er glaubte nicht, daß sich etwas zum positiven wendete, wenn Marius seine Vorstellungen durchsetzte. Ganz im Gegenteil: Er hatte das ungute Gefühl, daß sie schon genug damit zu tun haben würden, ihren Hals im Stück zu behalten. Dann womoglich auch noch Trapper einen Grund zu geben, etwaige nichtregistrierte in dieser Stadt stärker zu verfolgen hielt er für eine Torheit, die sie unnötig Blut kosten konnte, das sie hier nötig bräuchten...
 
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Marius musterte Thürmer ganz genau. Jedes Detail seiner Gestik, seiner Mimik und seiner Aussprache versuchte er wahrzunehmen. Dann gehen wir mal auf's Ganze...

"Die Hilfe der Seneschall in Anspruch nehmen? Sag mal, von welchem Planeten kommst du eigentlich? Das können wir auch ganz gut alleine, glaub mir, da benötigen wir keine falschen Fünfziger, die uns hinterher noch in den Rücken fallen könnten. Die Informationen gehen nur uns etwas an und sonst niemanden!"

Marius schien wenig begeistert von Thürmers Vorschlag bezüglich der offiziellen Erlaubnis zu sein. Seine Aussprache war harsch und anprangernd zugleich. Jedoch beruhigte sich sein Tonfall wieder schnell und er begann weitere Ausführungen.

"Was deine Besorgnis über meine Idee angeht, kann ich dich beruhigen. Weder Herr Trapper noch sonst jemand wird in der Position sein uns zu verfolgen, wenn wir kooperieren. Ich verstehe deine Einwände sehr gut, aber die Voraussetzungen sind genau so, wie in Berlin. Natürlich wird es hier niemals fünfzehn Individuen unseres Blutes geben, doch das ist unerheblich was den Plan angeht. Indem niemand weiß, wer alles innerhalb der Domäne ist - mancher Besuch meldet sich nur beim Primogen an - und solange niemand weiß, welche konkreten Interessen der Clan vertritt oder mit welchen Nachforschungen man sich gerade beschäftigt, ist niemand in der Lage uns zu bedrohen. Die Sachlage verhält sich genau andersrum, denn wer kann schon sagen, ob nicht ein Mitglied unseres Clans im Schatten hinter Herrn Trapper oder einer anderen Person steht, bereit zuzuschlagen, wenn es die Situation erforderlich macht? Eines habe ich in all den Jahren gelernt: Lasse deinen Gegner niemals wissen, was du vorhast und versorge ihn stets mit Desinformation. Wir müssen zu den Wurzeln unserer Existenz zurückkehren. Wir müssen in der Lage sein jederzeit die Seiten zu wechseln, Revolutionen zu starten und zu beenden, so wie es uns gefällt. Niemand muss wissen, dass wir etwas damit zu tun haben. Ohne unsere Unterstützung kann sich niemand lange Zeit auf dem Thron halten. Das wissen die Oberflächengauner ganz genau, auch wenn sie es niemals zugeben würden. Das derzeitige Regime ist eine Interimsregierung und sie sollte so agieren, wie wir es für richtig erachten. Ich garantiere dir: Wer auch immer es wagen sollte Hand an einen der unseren zu legen, wird dafür mit seinem Leben oder einem noch höheren Preis bezahlen. Mit mir als Fürsprecher stehen uns alle Möglichkeiten offen. Natürlich werden Frau Färber und die mir namentlich unbekannte Clansschwester gegen meinen Vorschlag sein. Man wird meinem Vorschlag anfangs mit Skepsis begegnen, doch er wird sich als positiv herausstellen. Du hast doch selbst gesehen, mit was für Cretins wir in Finstertal konfrontiert sind. Und da sollen wir einfach so mitspielen? Ohne mich! Mit deiner und Lurkers Unterstützung kann ich es schaffen! Und wenn ich es schaffe, soll dies nicht zu eurem Nachteil geschehen. Wie du weißt, verfüge ich über ausgezeichnete Kontakte und eine Empfehlung meinerseits öffnet viele Türen. Eine Hand wäscht die andere..."
 
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"Natürlich können wir das alleine, aber sollte die Nummer daneben gehen, warum auch immer, dann gebe ich dir Brief und Siegel darauf, daß die Seneschall über die Betreffenden kommen wird wie das jüngste Gericht. Ich finde es wäre schon einen Versuch wert, zu sehen, ob wir uns nicht von ihr für etwaige Aufklärungsarbeit belohnen lassen können.

Ich hoffe, du bemerkst, daß die Lage, die du mit dem außenseitigen Unwissen bezüglich der Nachforschungen und der Interessen des Clans beschreibst, im Großen und Ganzen bereits vorliegt.

Trapper ist Geißel, und als solche kann er jeden, der in der Akademie nicht angemeldet ist, als Caitiff oder unrechtmäßige Zeugung vernichten. Das ist schlimm, wenn man ihm als sowas über den Weg läuft, aber mal dir mal aus, was passiert, wenn er anfängt, aktiv unter nach denen zu suchen, unterstützt von den Hexern und der Führung. Ich sehe also keinen Grund, denen da oben Anlaß zu geben, uns mit noch mehr Argwohn zu behandeln als ohnehin schon.

Weiterhin sehe ich die Lage so, daß wir uns mit unserer neuen zahlenmäßigen Stärke erstmal eine solide Basis aufbauen, bevor wir uns an politischen Zielen versuchen. Wenn wir zu schnell zuviel an Einfluß gewinnen, könnte auch der Eindruck entstehen, daß wir Dreck am Stecken haben, was Buchets Verschwinden angeht.
Und ich habe keine Lust, hier einen Justicar vor Ort zu haben, du etwa ?

Ich hätte dich eigentlich für vernünftiger gehalten, als hier rumzulaufen und 'Vive la revolution' zu rufen. Ich betone nochmal, daß wir nichts überstürzen sollten."

Auf Marius' letzte Worte folgt ein kurzes Schweigen, aber Thürmers Gesicht nimmt einen Ausdruck an, der mit feindselig sehr gut beschrieben werden kann. Auch seine Stimme wandelt sich zu einem eisigen Zischen.

"Ich hoffe ernsthaft, daß du nicht grade versucht hast, mich zu kaufen. Das kannst du mit deinen mehrheitsherumschiebenden Fraktionskollegen in Berlin machen."

Ebenso plötzlich wie zuvor normalisieren sich Stimme und Mimik wieder.

"Aber vermutlich habe ich da mehr hereingelesen, als beabsichtigt, nicht wahr ?
Wahrscheinlich wolltest du mich nur darauf hinweisen, daß du denkst, daß Eile nottut."

Er sieht nach vorne auf die Straße.
 
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In ruhigem Ton erklärte Marius nun die offenen Fragen von Thürmer, während er ebenfalls nach vorne blickte und den Wagen durch die Nacht steuerte.

"Natürlich ist Eile geboten, sonst würde ich dir dies alles nicht im Vertrauen erzählen. Und nein, ich habe keineswegs versucht dich zu kaufen, sondern habe dir lediglich gesagt, dass ich mich stets großzügig revanchiere, wenn mir jemand hilft. Es ist nichts weiter als ein freundschaftlich gemeintes Angebot, welches du zu jeder Zeit annehmen oder ausschlagen kannst. Ich bot dir für die heutige Hilfe ohnehin schon an, dich namentlich bei meinen Kontakten zu erwähnen, wenn du dies wünscht. Ich diene lediglich dem Clan und der Camarilla, nicht mehr und nicht weniger. Man hat nicht umsonst meine Person nach Finstertal abberufen, wenn es die Situation nicht erfolderlich gemacht hätte. Und ich persönlich sehe es camarillatechnisch betrachtet so, dass hier eine stabile Regierung her muss. Clantechnisch betrachtet bin ich der Meinung, dass wir uns darum kümmern müssen, weil man den anderen nunmal nicht trauen kann. Trapper ist eine belanglose Figur auf dem Schachbrett. Ich glaube du überschätzt ihn. Er ist die Geißel, richtig. Aber dennoch ist er nur eine Geißel. Ich glaube auch nicht, dass er all zu viele Freunde und Verbündete hat und außerdem hat er besseres zu tun, als sich mit einem gesamten Clan zu verfeinden. Er mag hier in der Stadt ein wenig zu sagen haben, meinetwegen, aber allgemein betrachtet bin ich derjenige, der das Sagen hat. Würde ich offiziell von meinem Status und meinem Ansehen Gebrauch machen, stünde er ziemlich schlecht da. Sobald mein Auftrag erledigt ist, werde ich mich den anderen ohnehin offenbaren, sofern ich nicht direkt danach einen neuen Auftrag in einer anderen Domäne annehmen muss. Auf lange Sicht betrachtet wird es nur Vorteile haben, mich in meinem Anliegen zu unterstützen."
 
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"Ein Troubleshooter, was ?
Eien stabile Regierung wäre nicht schlecht, aber ich finde der Clan sollte sich nicht allzu tief da mit hineinbegeben. Wer zu tief drinsteckt kommt meistens nicht mehr rechtzeitig aus der Sache raus, wenn die Chose kippt... Ich habe sowas mehrfach miterlebt, für die Beteiligten ist das eigentlich nie gut ausgegangen, also ist ein gerütteltes Maß an Vorsicht nicht ganz fehl am Platze, wenn du mich fragst.

Was Trapper angeht, so überschätze ich ihn lieber und werde angenehm überrascht. Ist mir allemal angenehmer als die Alternative." Er machte eine vielsagende Handbewegung mit der Handkante über den Hals.

"Wie auch immer, bevor wir uns noch tiefer in die Haarspaltereien begeben, in die Politik immer gerne abzurutschen pflegt, sollten wie uns erstmal anhören, was der Boß zur örtlichen Lage zu sagen hat. Als Ortsfremde können wir lange diskutieren, das nützt uns nichts, solange wir keinen Eindruck vom Gesamtbild haben. Vom grünen Tisch aus sind schließlich schon viele Kriege verloren worden..."

Thürmer grinst wieder.

"Außerdem habe ich keine Lust zu laufen..."
 
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"Was du mir schon wieder unterstellt... Ich würde dich doch nicht laufen lassen. Du dürftest aber gerne anschieben."

Marius lächelte Thürmer mit einem recht ironischen Grinsen an. Danach konzentrierte er sich wieder auf die Straße.

"Ich hoffe nur, dass ich von dir unterstützt werde, wenn es soweit ist. Denke in Ruhe über meine Worte nach und erinnere dich daran, dass ich bisher immer ehrlich zu dir war. Wir, mein Bruder, müssen zusammenhalten!"

Letztlich kamen die beiden am El Privilegio an. Bevor Thürmer ausstieg, betätigte Marius den Hebel für den Kofferraum. Er stieg aus, hievte einige Sachen hinaus und klappte den Deckel wieder zu.

"Ich hoffe das Gesagte bleibt unter uns, mein Freund."

Zum Abschied hielt Marius Thürmer die Hand hin.
 
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Thürmer schlug ein.

"Das hängt vom Boß ab. Wenn er mich danach fragt, werde ich ihn nicht belügen. Aber ansonsten kannst du beruhigt sein, betrachte es als unter der Schweigepflicht befindlich...

Ehrlichkeit ist ein gutes Stichwort. Ich habe dir gesagt, was ich über deine Pläne denke, also versprich dir nicht zuviel von der ganzen Sache, wenn ich sage, daß ich mir alles nochmal durch den Kopf gehen lasse..."
 
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Nach der Verabschiedung von Thürmer fuhr Marius den Wagen zurück in die Seitengasse, in welcher er ihn sich ausgeliehen hatte. Er parkte das Fahrzeug, sprintete durch den Regen und wurde letztlich von der Nacht umschlungen.
 

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