AW: [06.05.2008] Big Meeting
Der Nosferatu hatte in den Karton gegriffen und sich eine der Schärpen herausgenommen. Er widerstand dem Impuls, das Ding unter die Nase zu halten und daran zu schnüffeln. Vermutlich würde er ohnehin nichts wahrnehmen daran, was wäre das auch für eine erbärmliche Falle, wenn die Dinger eine Meile gegen den Wind nach Hundekuchen röchen? Er stopfte es scheinbar achtlos in eine Tasche seines Mantels.
Fragen zur Taktik oder Bewaffnung hatte er keine. Ganz sicher würde er sich keine Hexenbeutel um den Hals hängen. Auch zu der Erkundungsmission hatte er nichts zu sagen. Der Sheriff wusste um Lurkers Möglichkeiten und hatte sich anscheinend entschlossen, ihn nicht als Späher voraus zu entsenden. Wenn man nun die Zusammenstellung ihrer Gruppe betrachtete, ergab sich daraus für den Nosferatu nur eine Schlussfolgerung.
Pareto hatte nicht vor mehr zu kämpfen als unbedingt notwendig. Er würde die Hexe und sich selbst, mit der entsprechenden Rückendeckung direkt ins Herz ihrer Mission führen. Es ging nicht darum alle Werbestien abzumurksen, das musste man nicht ihm offenem Kampf tun. Lurker sollte sie hinein und hinaus bringen, so unauffällig wie möglich, vermutete er.
Wenn er mit Zacharii zusammenarbeitete, oder von diesem manipuliert wurde, würde er so wenigstens in seiner Nähe sein. Wenn nicht, dann musste er wohl schlichtweg wahnsinnig sein. Dieser Gedanke war natürlich entsprechend beunruhigend. Aber die Würfel waren gefallen und er wollte sehen wer was für ein Blatt auf der Hand hatte. Schon lange hatte der rationale Teil seines Verstandes ihm immer wieder zugeraunt, das seine verfluchte Neugierde eines Tages sein Untergang sein würde.
Als sich dann also die Anderen in ihre Arbeitsgruppen zusammensetzen, als gelte es einen Bauernhof aus alten Eierkarton oder Burgen aus Knete zu basteln, rutsche auch er aus seinem Stuhl und begab sich hinüber zu Enio. Immer noch, hatte er kein Wort von sich gegeben und er würde auch wortkarg bleiben. Er hatte nichts rechtes zu sagen und wollte mit niemandem Reden. Mit dem Sheriff alleine, hätte er über Stray gesprochen. Zumindest bevor dieser seine irren Pläne hier ausgebreitet hatte. Aber es waren zuviele Fremde anwesend und Zeit blieb dafür auch nicht. Der Sheriff würde wissen, dass etwas nicht in Ordnung war und er konnte sich sicher denken um was es ging. Alle anderen sollten ihn ohnehin für griesgrämig halten, oder eben denken dass die bevorstehenden Dinge ihn beunruhigten. Irgendwann, wenn Zeit wäre, würde er den Blick des Italieners kurz auf den Inhalt seines Beutels lenken. Lurker hatte scheinbar einen Antiquitätenhändler ausgeraubt, denn der Sack war voll von weißglänzendem Bestecken, Brieföffnern Stiften und sogar Tortenhebern. Alles was man mit einger Gewalt in einen Gegner hineinrammen konnte, hatte er mitgehen lassen. Es würde einiges an Kraft brauchen, um einem Gegner ein Tafelmesser oder eine Fleischgabel in den Leib zu jagen, aber an der mangelte es dem Nosferatu nicht und die Wunden würden umso unangenehmer sein, je stumpfer die Waffe sein würde.
Auch Silberschmuck war zu erkennen. Auf den ersten Blick mochten Ohrringe und Ansteck Broschen keine sonderlich furchterregenden Waffen sein, aber wenn man sie mit einer Zwille abschoss, würden sie so ein Wolfsmonster zumindest ablenken. Mit einer Schusswaffe konnte Lurker nicht so recht umgehen, aber eine ordentliche Steinschleuder war einfach genug zu bedienen. Als Kind hatte jeder mal mit so einem Ding auf leere Büchsen geschossen. Zumindest zu der Zeit als der Mann ein Kind war, der gestorben war um Lurker hervorzubringen.
Aber damit war er noch nicht am Ende, sondern entpuppte sich als unerschöpfliche Quelle der Gemeinheit. Er hielt einen Tiegel hoch, wie man ihn in Apotheken bekam, oder in Krankenhäusern, die selber Medikamente anmischten. Es standen komplizierte chemische Zeichen darauf und wer sich damit auskannte, mochte daraus lesen, dass dies eine silberhaltige Mischung war, wie sie beim behandeln von Hautkrankheiten oder vor Operationen verwendet wurde. Was für Spaß, dass gerade ein Nosferatu mit einer Paste für Hautkrankheiten ankam, aber dieses Zeug war nun einmal relativ leicht zu bekommen. Alles einfache Haushaltsgegenstände oder Alltagsartikel und kein bisschen technisch versiert. Ganz sicher nicht so wie ein spezielles Geschoss, oder ein behandelter Silberdolch. Dennoch wäre es für so einen Werwolf sicher nicht angenehm, mit einem Untoten in Berrührung zu kommen, der von Kopf bis Fuß mit silberhaltiger Schmiere eingeölt war. Es wirkte außerdem auch noch antibakteriell. Wie praktisch.