[05.05.2008]Alliierte oder Wölfe im Schafspelz?

Die Sonne war kaum richtig untergegangen, da klingelte auch schon wieder Enios Handy. Anscheinend hatte der Anrufer sehr viel Geduld, denn wann immer die Leitung automatisch unterbrochen wurde, ertönte der Klingelton nur Sekunden später aufs Neue. Ein Blick auf das Display zeigte aber, dass es sich wenigsten um einen interessanten Anrufer handelte.

Es waren die Nummer von Silva Parxx, der Schattenlord.

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In diesen umtriebigen Nächten war der todesähnliche Schlaf der Untoten am Tage ein wahrhaft gefährlicher Fluch. Für Enio traf das noch mehr zu als auf andere und der Brujah konnte sich nie sicher sein, daß nicht irgendjemand seinen leblosen Körper am Tag irgendwo anders hinbringen würde und er an einem anderen Ort aufwachen würde als er eingeschlafen war. Das galt es immer abzuwägen gegen Jahrzehnte der Alpträume unter denen Enios Laune wie sein Seelenzustand entsetzlich gelitten hatte… Nacht für Nacht. Der Italiener hatte sich aber bereits entschieden. Er bevorzugte den gefährlichen tiefen Schlaf.

Seine merkwürdigen Wunden fühlten sich bereits besser an aber sie waren weit davon entfernt gut zu sein und Enio hatte zur Heilung wieder viel Blut benötigt. Er würde wieder jagen gehen müssen und diesemal solange bis nichts mehr in den Ahn passte. Einmal volltanken bitte! Auserdem gab es da noch ein anderes Problem bei dem er Blut benötigte. Jenny! Er hatte es auf Grund von Blutmangel nicht geschafft die Caitiff gestern noch zu heilen aber das mußte nicht so bleiben. Enio konnte die Fähigleiten der Salubri nicht bei sich selbst anwenden aber er konnte wenigstens seine Rückendeckung auf Fordermann bringen. Das war gar nicht so schwer… und auserdem ein inneres Bedürfnis des Brujahs. Merkwürdig… immer noch.

Aber zuallererst klingelte das Handy. War ja klar! Der Ahn sah auf die Nummer und nahm schnell ab. Einen Namen sagte er nicht. Es lag noch nicht einmal an der Namensscharade, die er mit der Schattenlord begonne hatte – mitlerweile wußte sie ja eh wie er hieß – Silva würde aber ja schon selber wissen bei wem sie anrief und somit war ein „Enio Pareto hier“ oder eine andere Begrüßungssformel total unnötig.

„Das ging ja schnell! Wie siehts bei euch aus? Was gibt es für Neuigkeiten?“

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"Ich habe eine Menge erreichen können, Enio. Davon ausgehend, dass ich eigentlich auf verlorenem Posten stand und eigentlich keine Hoffnung hatte überhaupt eine Reaktion zu erwirken die uns in irgendeiner Weise weiterhilft. Mutter hat mir zugehört und nach meinem Bericht beschlossen, sich mit dir zu treffen. Sie will dich sehen, heute. Die Zeit ist ihr gleichgültig, sie wartet am Fernsehturm auf dich. Du weißt schon, im Norden der Stadt. Sie sagte, dass der Ort ein Zeichen ihres guten Willens ist, da er sich möglichst weit vom Gebiet der Garou entfernt befindet. Sie ist bereits dort und wartet. Ihre einzige Bedingung ist, dass du nicht mehr als einen Begleiter mitbringen darfst. Auch sie hat einen Begleiter bestimmt. Es versteht sich von selbst, dass dieses Treffen rein parlamentarischer Art ist und das jeglicher aggressiver Akt, zum Abbruch der Gespräche führt."

Für einen Moment verstummt Silva. Ihre Erleichterung über diese durchaus positive Wendung schien sie fühlbar zu erleichtern. Es war ihr nicht gelungen die ältere Schattenlord zu überzeugen, aber sie hatte sie dazu gebracht, sich auf Verhandlungen und Gespräche mit dem Feind einzulassen.

"Soviel zum offiziellen Teil! Hört sich alles ziemlich verkrampft an, ich weiß.Aber Mutter ist gezwungen ihr Gesicht zu wahren... öhm unser Gesicht zu wahren. Sie ist zu diesem Vorgehen gezwungen, wenn sie ihr Gesicht vor den anderen nicht verlieren will. Du verstehst was ich meine? Es gilt sich mit den Untoten, den Draugar zu verbünden um geliebte Brüder und Schwestern zu attakieren. Das entscheidet man nicht so leicht aus dem Bauch heraus, so etwas braucht einen Prozess der Eingewöhnung. Ich hoffe du verstehst, wie knifflig die ganze Sache ist? Versuche die ein wenig in sie hineinzuversetzen... Ach was rede ich! Was ich sagen will, versuch dich zu benehme und lege nicht jedes ihrer Worte auf die Goldwaage, es geht um mehr als nur ne kleine Klopperei!"

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Es gab für Enio eigentlich nicht viel zu überlegen. Er war schon viel zu weit gegangen um ein direktes Treffen mit Silvas Mutter zu vermeiden. Es mußte wohl sein. Was waren das nur für verrückte Zeiten? Enio Pareto traf sich mit einer Werwölfin um Verhandlungen zu führen und einen gemeinsamen Weg, der hoffentlich nur ein sehr kurzer aber effektiver sein würde, zu ebnen und eine gemeinsame Strategie zu spinnen. Wahnsinn! Aber immerhin Wahnsinn den man selber in der Hand hatte und zu dem man sich selbst entschieden hatte. Machte es das besser? Ein innerliches Seufzen bahnte sich seinen Weg durch Enios Gehirn. „Ich akzeptiere die Bedingungen deiner Mutter. Ich werde gegen 22:00 Uhr dort sein“. Ja verdammt… Enio hatte noch ein paar Dinge vorher zu erledigen und die hatten überwiegend mit Blut zu tun. Einer Menge an Blut und die konnte man nicht so einfach von 1 bis 2 Personen abzweigen. Manchmal war das Gewissen eine lästige Gefährtin.

Kam nun der inoffizielle Teil. Gut… Yvonne X hatte ihrer Tochter geglaubt. Jedenfalls hörte es sich so an. Aber natürlich war jedem Beteiligten klar, daß das ganze einem Tanz auf dem Vulkan glich. Enios Hass auf die Garou und all die Jahrzehnte des Kampfes und der Flucht hatten einfach geprägt und waren nicht so einfach beiseite zu schieben. Vielleicht würde das auch für Silva und ihre Brut gelten. Es gab hier einfach ein höheres Ziel beziehungsweise einen gemeinsamen Feind, daher machte sich Enio eigentlich keine großen Gedanken um sein Gesicht und wie er es wahren konnte. Er hatte eine Entscheidung getroffen und die würde er jetzt durchziehen. Dabei wollte er jeden Ehrenkäse ausen vor lassen und war bereit sich gelassen auch ein paar Beleidigungen an den Kopf werfen zu lassen. Warscheinlich fühlten sich die Werwölfe einfach besser wenn sie die Untote Brut als Plage der Menschheit und Monster bezeichnen konnte. Der sheriff würde mit einem nicht erkennbaren Lächeln auf dem Gesicht das Gewäsch anhören und es mit einem Achselzucken abtun. Vielleicht war sogar er als Brujah da schon ein Stück weiter wie die Gestaltenwandler. „Wir werden uns schon nicht gleich an die Gurgel gehen. Es gibt Wichtigeres um das wir uns kümmern müssen und wir haben auch mitlerweile die eine oder andere neue Information.“ Enio war so knochentrocken wie eh und je. Wenn er sich schon mit Garou unterhalten mußte, dann wollte er es wenigstens bei der sachlichen Ebene belassen. Umarmen und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen konnten sie hinterher, wenn Zacharii endgültig in der Hölle schmohrte und die feindlichen Garou mitsamt den verdammten Tänzern allesamt Knochenbrei waren. Wenn sie das tatsächlich schaffen sollten und sich hinterher die überlebenden Fraktionen nicht doch noch gegenseitig an die Eier gehen würden… ja dann würde vielleicht sogar der griesgramige alte Italiener seine Einstellung gegenüber den Werwölfen – zumindest gegenüber den hiesigen – überdenken. Vielleicht!