AW: [02.05.2008] Abschied von Onkel Nathan
Ferdinand begleitete seinen Erzeuger noch bis zum Aufzug.
„Danke, dass du gekommen bist, Onkel Nathan, es war schön dich wiederzusehen. Ich wünsche dir eine gute Rückreise.“
Nachdem er sich also von Nathan verabschiedet hate ging Ferdinand zurück zu seiner eigenen Suite.
Nun also konnten sie ihre gewöhnliche frühe gemütliche Abendrunde abhalten. Henry brauchte nun keine Bettruhe mehr und setzte sich auch zu ihnen.
„Onkel Nathan ist soeben abgereist. Wie steht es eigentlich mit der Villa?“
„Der Kaufvertrag ist abgeschlossen“, antwortete Evelina.
„Die Möbel und die restlichen Sachen sind heute aus England eingetroffen, wir haben schon einige Kartons ausgepackt. Morgen tagsüber machen wir weiter, und ich denke Morgen Abend ist die Villa einzugsbereit, dann brauchen wir nicht mehr im Hotel zu wohnen. “
Ferdinand lächelte, er war froh, dass es Henry wieder gut ging und dass er wieder voll einsatzfähig war.
„Freut mich zu hören. Dann haben wir endlich wieder ein eigenes Heim.
Evelina – ich hoffe, du hast nicht allzu vielen Leuten erzählt, dass Onkel Nathan in der Domäne war?
„Dem Ghul des Primogens und Herrn Mentesse. Und Herrn Romero. War dir oder Onkel Nathan das nicht recht, nimmt er mir das übel?“
„Er hätte sich gewünscht, dass seine Anwesenheit unbemerkt bleibt.“
„Ich hatte doch gesagt, dass ich dem Sekretär Bescheid sage, und da hat Onkel Nathan keine Einwände gemacht. Aber er hätte sich am liebsten überhaupt nicht vorstellt? Und der Sekretär hat mich belehrt, weil ich überhaupt so was gefragt habe – ob denn eine Vorstellung notwendig sei.“
Evelina wirkte verwirrt und unsicher.
„Mach dir keine Sorgen, Evelina. Du konntest nicht wissen, dass Onkel Nathan derart bedacht darauf war seinen Aufenthalt geheim zu halten. Für einen eventuellen nächsten Besuch weißt du aber dann Bescheid.“
Evelina nickte.
„Vater…kann ich jetzt noch kurz unter vier Augen mit dir sprechen?“
„Natürlich, Evelina. Henry, würdest du uns einen Moment allein lassen?“
Henry verließ den Raum, er ging ins Schlafzimmer.
Dort lag Evelinas Handy auf dem Nachttisch. Da fiel ihm ein, dass er von einem Klingeln aufgewacht und dann wieder eingeschlafen war. Mit wem hatte Evelina denn da wohl telefoniert?
Er griff nach dem Handy um nachzusehen. Sowas machte man eigentlich nicht, aber…er musste das jetzt wissen.
Da sah er jedoch, dass auf dem Display gerade ein Foto von Miguel war. Das hatte sich Evelina offenbar vor kurzem angeschaut.
Aha! Das konnte ja nur eins heißen! Sie sehnte sich nach dem Kerl! Verdammt! Hatte sie etwa noch mehr Fotos von dem? Tatsächlich.
Am liebsten hätte Henry die alle gelöscht. Noch lieber hätte er jetzt das Handy zerquetscht, dafür hätte er genug Kraft. Er spürte eine unbändige Wut und Eifersucht in sich aufsteigen.
Und da sah er wieder die Fotos von damals vor sich. Die er zufällig gefunden hatte…die Fotos, die der verfluchte Zeitungsfritze von Alberta gemacht hatte…Aktfotos.
Dieser schleimige Charmeur, der genauso dreist wie Miguel vor den Augen von Henry seiner Frau unverhohlen angeschmachtet gemacht hatte.
Der Typ war mit einem Kollegen, einem Schreiberling, gekommen, der ein Interview mit Henry führte, für den Finanzteil der Zeitung, und der Fotograf hatte dann ein Bild von Henry gemacht. Aber er hatte die ganze Zeit mit Alberta geflirtet und auch Fotos von ihr gemacht, obwohl diese Fotos gar nicht notwendig waren.
Und dann später hatte er offenbar noch ganz andere Fotos von ihr gemacht, und da war klar, dass sie sich schon geraume Zeit lang heimlich trafen.
Und nun das!
Hatte der Spanier etwa auch schon Nacktfotos von Evelina gemacht??!
Hatte er sie nackt gesehen? Hatte er…?
Die letzten Nächte, Henry hatte doch soviel geschlafen, da hätte er es gar nicht gemerkt, wenn Evelina eine Weile weggewesen war…bei dem Frauenhelden.
Hatte sie etwa mit ihm...?!! Nein, das durfte einfach nicht sein!!
Nun konnte er Miguels Ghulin bestens verstehen, die aus Eifersucht getötet hatte. Wäre er absolut sicher, dass dieser Spanier mit Evelina geschlafen hatte, so wäre Henry imstande ihn…
Aber Miguel war gefangen, er käme niemals wieder, versuchte Henry sich zu beruhigen.
Er durfte Vater keine Schande machen.
Falls der unselige Spanier jemals zurückkäme und Henry ihn vernichtete, dann würde Ferdinand dafür büßen müssen, auch wenn der Typ doch bloß der reinste Abschaum war, aber er war immer noch ein Kainskind. Dann würde es heißen, Ferdinand hatte seine Ghule genauso wenig im Griff wie dieser Spanier.
Das durfte nicht passieren, das durfte Henry Ferdinand nicht antun. Henry musste sich also tunlichst zusammenreißen.
Er würde schon noch dafür sorgen, dass seine Frau sich nicht mehr nach diesem Hundsfott sehnte.
Henry hatte damals gar nicht um Evelina geworben. Nicht einmal einen Heiratsantrag hatte er ihr gemacht. Sie war es, die gefragt hatte.
„Du wirst mich doch heiraten, Henry?“, hatte sie gefragt, und er hatte Ja gesagt.
Und erst dann hatte er für sie einen Verlobungsring gekauft.
Dann würde er das Werben eben jetzt nachholen. Bestimmt würde es Evelina gefallen, wenn er nun um sie warb. Wenn er galanter war als jeder Toreador, dann würde sie sich sicher nicht mehr nach dem Süßholzraspler sehnen. Dann musste Henry eben zur Abwechslung selbst mal Süßholz raspeln. Wenn Frauen und vor allem Evelina eben auf so was flogen…
Und mit wem hatte Evelina denn nun telefoniert? Kiera, wer war das denn?