*Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

Kaumt darauf an.
Es gab sicher eine Menge Miniregeln die nur Kleinigkeiten betroffen haben.

Allerdings gab es auch größere, vernetzte Verhausregelungsversuche, wie Tarnstufen samt Beziehungen zu Waffenbau, Waffenmodifikation und Wahrnehmungsregeln (und noch ein paar Regeln die ich schon wieder vergessen habe), oder ein Austausch des gesamten von grundauf vermurksten SR3-Matrixsubsystem.
(Ersteres ist nach mehreren Schreikrämpfen beim Versuch den Wirrwarr zu etwas sinnvollem umzuformen durch "Just wing it"-Refereeing ersetzt worden, zweiteres wurde von der SR4-Ankündigung überrumpelt ehe es Früchte tragen konnte.)
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

Hm ich weiß nicht...
Wenn ich mir HERO angucke, das ist ein riesiger Wust auch tollen Optionen, wo für mich der Spaß darin besteht, die für mich augenblicklich wichtigen zusammen zu suchen, und solange weiter zu machen, bis es passt, und dann gucken wie man's noch besser machen kann.
Insofern...
Perfektion ist immer langweilig. Annähernde Perfektion nimmt den Kuchen.
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

"Perfekte Regeln" seien definiert als Regeln die _keinerlei_ Abänderung und Verhausregelung mehr bedürfen, auch nicht für die Anpassung an den persönlichen Geschmack.

Hmm. Dieser Anspruch geht aber an der Realität der tatsächlich gespielten Rollenspiele vorbei.

Im Gegensatz zu physikalischen Gesetzen sind Rollenspielregeln frei gewählte Richtlinien und Vereinbarungen nach denen man interagiert. Es gibt keine Logik nach der man Regeln festmacht und entwickelt. Etwas wird einfach dadurch zur Regel, weil man sich daran halten will. Darum ist auch alles was "in-game" etabliert wird eine Regel. Es gibt keinen Unterschied zwischen "Alle Zwerge erhalten +2 auf Konstitution, weil sie so kräftig sind." und "Alle Bewohner der Höhlen in den Düsteren Bergen hassen jetzt Menschen und versuchen ihnen zu schaden." Alles was "in-game" etabliert wird, wird von den Aktionen der Spieler verändert und zwar nach dem persönlichen Geschmack der Spieler. Diese Regeln zu verändern, heißt ein Rollenspiel zu spielen.

So gesehen hast du zwar recht: es gibt keine "perfekten Regeln" und es will sie auch niemand haben. So wie es kein "perfektes Auto" gibt und auch das niemand haben will - wenn man ein "perfektes Auto" als etwas definiert, was keine Räder hat und nicht zur Fortbewegung benutzt werden kann.

Eine Unterscheidung, die man fällen kann, ist die Trennung zwischen Regeln, die an die "in-game" Ebene gekoppelt sind (meine Beispiele eben) und denen, die allein auf der Spielerebene gelten (wie etwa die Trennung von Spieler-Charakter und SL-Spielwelt).

Diese Spielerebene-regeln haben zwar eine Funktion, aber diese Zielsetzung ist vollkommen unabhängig von ästhetischen oder wertbaren Gesichtspunkten. Regeln in einem Rollenspiel sind dafür da einen bestimmten Spielablauf zu fördern; ein bestimmtes Spielerlebnis zu liefern; einen bestimmten Entscheidungsraum zu öffnen. Aber es gibt keinen "besseren" oder "schlechteren" Weg, was für Regeln man hier nimmt, sondern nur ihre Wirkung auf Spielablauf/Spielerlebis/Entscheidungsraum. Man kann diese Dinge nicht verbessern oder perfektionieren, man kann sie nur verändern.

D&D 3E mit 2W10 statt 1W20 zu spielen, ist nicht besser oder schlechter. Es ist nur anders.
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

Ist es vielleicht weniger Un*perfektion* von der wir reden - sondern mehr Un*komplettheit*? Der Freiraum um Dinge zu erweitern, zu straffen, zu ergänzen, zu verausführlichen und schlichtweg umzukrempeln, ähnlich (oder teilweise sogar identisch) mit dem was die Forgies als "Fruitful Void" bezeichnen?

Wenn man auf dem Standpunkt steht dass Fiktion und System ohnehin das gleiche seien dann kann es natürlich nicht mal hypothetisch sein dass es das perfekte Rollenspiel gibt. Schließlich sind Situationen, dadurch eintretende Veränderungen und daraus folgende Konsequenzen Brot und Butter des Rollenspiels (und seien diese Veränderungen durch das tatsächliche Spiel auch so klein dass nur die Orkhöhle bei Nieder-Goblinbach von den Monstern gesäubert wird und so der Terror gegen die Schafe der Bewohner gestoppt wird.)
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

Ich falle wohl wiederum aus dem Rahmen. Ob WoD, Midgard, SR, DSA oder whatever, ich benutze Regel in dem meisten Fällen as written und mache mir überhaupt keine Gedanken um so etwas. Wenn etwas geändert oder festgelegt wird, geschieht das spontan während des Spieles, aber zwischen den Spielen habe ich gar keine Lust, mich mit Regeln auseinanderzusetzen, außer um sie anwenden zu können.

Mein Hauptinteresse liegt immer dabei, mich mit dem Setting zu befassen.
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

These:
1.) Rollenspiel beginnt damit dass sich jemand alleine abseits des Spieltisches mit einem System befasst: Charaktere erschaffen, Regeln lesen, Dungeons aufzeichnen, Hausregeln aufstellen, neue Crunchy bits erschaffen etc.
2.) Aus diesem Solospiel entsteht das Verlangen tatsächlich zu spielen, Spieler um sich zu scharen (oder einen SL zu shanghaien) und dieses Zeug tatsächlich einzusetzen.
3.) Gruppenspiel führt wiederum zu Solobeschäftigungsphasen (Charakterverbesserung, Hausregeln um aufgetretene Probleme zu beseitigen, Abenteuervorbereitung etc.), die wiederum das Momentum mitbringen um das Gruppenspiel in Gang zu halten.

Macht das Sinn?
Wie ist eure Erfahrung?
Was ist an Hausregeln so besonders momentumfördernd, was bei anderen Solobeschäftigungen mit dem Spiel nicht gegeben ist (z.B. Settingdesign, Baukastenbenutzung)?

Also meine Erfahrung ist das sich als Spieler eigentlich keine Solobetätigung ergibt (es sei denn man rechnet aus purer Lust am lesen und schmökern das einfach durchblättern von Spielen hinzu) und als SL hällt es sich arg in Grenzen, zu mindest was meine Vorbereitung angeht ist das im Minutenmaßstab.
Dinge wie die Charaktererschaffung tätigen wir hier meist am Spieltisch, sei es nun Shadowrun, Earthdawn, Midgard, URPG oder sonstwas. Lediglich für DSA4 haben wir letztens Charaktere vorbereitet und dann in der Gruppe zu Ende gebaut. Das ganze verhällt sich wohl so weil die meisten mit einer Hand voll netter Ideen zum spielen kommen, sich dann aber absprechen und gegenseitig inspirieren was die tatsächliche Charakter und GRUPPEN erstellung angeht.
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

Mhhh...

Nein, ich denke irgendwo hat er Recht: jedes Rollenspiel fängt zunächst als Solobeschäftigung an. Zuallererst muss jemand die Regeln und den Hintergrund durchlesen, wobei er ganz automatisch "seine" Version der Welt kreiert. Ebenso muß man zuerst einmal das Setting/System seiner Gruppe verkaufen. Ich kann mich nicht erinnern, das jemals die blosse Erwähnung eines Systems für begeisterte Mitspieler gesorgt hätte.

Naja, ausser vielleicht das selige Star Wars D6, aber da gibt es 3 "Verkaufsvideos" die einem die Arbeit abgenommen haben ;-).

Systeme haben Fehler. Es liegt in der Natur von SL und Gruppe, das sie versuchen als "fehlerhaft" empfundene Dinge zu bereinigen oder zu verbessern. Das reicht von simplen Hausregeln über recht üppige Umgestaltung des Hintergrunds bis hin zu Totalkonvertierungen in andere Systeme.

Interessanterweise empfinden aber nicht alle Gruppen die gleichen Dinge als "falsch". Natürlich gibt es da kapitale Prachtböcke, die ein Rollenspielentwickler weitestgehen unbemerkt schiessen kann, die allerdings dem breitesten Anteil der Fanbasis sofort auffallen und daher in den Errata korrigiert werden, Dinge die fundamental einfach Bockmist sind. Falsche Stats, unklare/unvollstänge Regeln etc. pp.
Gehen wir einfach mal aus, das das hypothetische "perfekte" Regelwerk keine Schnitzer in diesem Kaliber hat.

Nein, der Knackpunkt sind eher subtile Kleinigkeiten, die von verschiedenen Gruppen verschieden wahrgenommen werden. Seien es unnötig(?) komplexe Regeln (welche für andere Spieler aber eben einen optimalen Kompromiss aus Geschwindigkeit und "Realismus"* darstellen. Oder kleine Eigenheiten im Hintergrund, die einige Leute aus persönlichen Gründen stören (Ich z.B. mag die Idee der Frauen-und-Kastraten-only-Kavallerie in Reign überhaupt nicht, aber ich kenne genug Leute auf RPG.net die das für eine geniale, unglaublich zum Setting beitragende Idee halten. Naja, de gustibus non est disputandum...)

Von daher ist "mein perfektes System" ein ganz anderes Tier als z.B. "URPGs perfektes System". oder "Skyrocks perfektes System". Allerdings würden wir, um gemeinsam spielen zu können, uns auf ein gemeinsames System/Regelwerk einigen müssen. Wir würden einen Kompromiss finden, sicher, aber wirklich *perfekt* wäre der in keinem von unseren Augen.

Sicherlich gibt es eine gewisse Gruppenbeschäftigung/Verschwörermentaliät beim basteln von Hausregeln. Sicherlich auch ein bisschen Überlegenheitsgefühl. ("He, wir haben XYZ besser gelöst als die Autoren von Schwarze Töle! Yay us! Pwnage!". Hm, wenn ich's recht bedenke entstehen auf diesem Nährboden glaube ich Heartbreaker.) Andererseits ist es frustrierend, wenn Setting und Regeln eine einzige Baustelle sind.

Ich persönlich bin ja der Meinung, das jedes Rollenspiel ein wenig White Space braucht, in dem Spieler und GMs ihre Kreativität austoben können, ohne gleich von Grund auf eine neue Welt aufbauen zu müssen. Es ist ein Spiel, und das meiste Spielt sich in der Fantasie der beteiligten ab. Von daher muß man tatsächlich mit dem Setting/System herumspielen können.

Ich denke, wir haben hier das klassische Moorcock'sche Gleichgewichtsproblem: Pures Chaos funktioniert genausowenig wie pure Ordnung, nur in einem brauchbaren Mischungsverhältnis macht das ganze Spass. Und dieses Verhältnis ist von Person zu Person unterschiedlich.

(*)= Nein, diese Dose Würmer machen wir heute nicht auf. Was gemeint ist, ist ein für alle Beteiligten im Rahmen der gemeinsamen Erwartungen liegendes Ergebnis, dem Genre angepasst.

-Silver, zuckt noch.
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Tatsache, dass es nicht möglich ist ein gesamtes Regelwerk so zu formulieren, dass verschiedene Personen beim Lesen verschiedene Auslegungen des gleichen Textes kriegen. Niemand übernimmt also Regeln/Settings 1:1.
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

Ja, wobei man das bei den "harten" Regeln und Gebrauch von Errata hinkriegen kann. Eindeutigkeit der harten Regeln sind ein objektives Qualitätsmerkmal für diese.
 
AW: *Wollen* wir gar keine perfekten Regeln?

These:
1.) Rollenspiel beginnt damit dass sich jemand alleine abseits des Spieltisches mit einem System befasst: Charaktere erschaffen, Regeln lesen, Dungeons aufzeichnen, Hausregeln aufstellen, neue Crunchy bits erschaffen etc.
2.) Aus diesem Solospiel entsteht das Verlangen tatsächlich zu spielen, Spieler um sich zu scharen (oder einen SL zu shanghaien) und dieses Zeug tatsächlich einzusetzen.
3.) Gruppenspiel führt wiederum zu Solobeschäftigungsphasen (Charakterverbesserung, Hausregeln um aufgetretene Probleme zu beseitigen, Abenteuervorbereitung etc.), die wiederum das Momentum mitbringen um das Gruppenspiel in Gang zu halten.
Unterstellt diese These stimmt, ist deine Schlußfolgerung (die du sehr eindeutig im Titel präsentierst) falsch. Solobeschäftigung ist auch mit den perfekten Regeln möglich. Schau dir einfach deine selbstbenannten Beispiele an und du wirst merken, daß die Solobeschäftigung zur Beseitigung "unperfekter" Regeln nur einen von vielen Faktoren bildet.

Charaktere kann ich erschaffen, wenn das System perfekt ist, Nichtspielercharaktere kann ich erschaffen, wenn das System perfekt ist, Plots kann ich entwickeln, wenn das System perfekt ist, eigenen Hintergrund kann ich erschaffen, wenn das System perfekt ist, Dungeons kann ich entwickeln, wenn das System perfekt usw. usw. usw.

Irgendwie ist es mir schleierhaft (auch wenn du deine Schlußfolgerung noch konkretisierst), wie du zu dieser wirren Schlußfolgerung kommst. Das klingt so, als wäre Solobeschäftigung nur möglich, wenn die Regeln für'n Eimer - entschuldige, wenn die Regeln nicht perfekt sind.
 
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