AW: Wie gewinne ich beim RSP Spielen?
Spieler können ein Rollenspiel nicht gewinnen.
EIN Rollenspiel gewinnen ist auch schwierig, weil es anders als so manchen anderen Spiele meist kein wohldefiniertes Spielende hat, an welchem man die Erreichung der Siegbedingungen prüft.
Aber man kann sehr wohl eine Kampagne gewinnen oder verlieren (das dann als Gruppe natürlich).
Und man kann ein Szenario gewinnen (im Handstreich alleine, je nach Rollenspiel auch gegen die gesamte Rest-Gruppe, oder auch als Spielleiter!).
Mindestens aber kann man eine Szene gewinnen. Man kann mit einer kritischen Handlung Erfolg haben. Man kann einen Kampf gewinnen. Man kann die Barmaid für einen flotten Dreier mit der scharfen Zauberin und dem lüsternen Speerkämpfer gewinnen. - Gewinnen gibt es im Rollenspiel auf vielen Ebenen JEDE MENGE.
Und da muß man sich nicht verrenken und den Begriff "Gewinn" irgendwie solange verbiegen, bis da irgendetwas Schwammiges herauskommt, daß das gemeinsame Spiel doch für alle ein "Gewinn" sei. - So denken noch nicht einmal Sozialpädagogen-Dauerteetrinker-Hausmänner-Weicheier!
Gewonnen heißt, ich stehe und er ist tot!
Gewonnen heßt, ich habe die geheimen Forschungsdaten und kassiere meine Kohle.
Gewonnen heißt, ich habe die Hochzeit der liebreizenden Prinzessin mit dem Usurpator verhindert.
Verloren heißt, ich wurde vom Gegner getötet.
Verloren heißt, der Wachmann, den ich ausgeschaltet wähnte, schießt mir in den Rücken und ich verblute jämmerlich in der Gosse.
Verloren heißt, die Prinzessin hat den Usurpator geheiratet und nun ist meine Familie landlos, rechtelos, und vogelfrei.
Wie gesagt: man muß sich nicht verkünsteln, um einen GEWINN als solchen zu erkennen.
Schon gar nicht gegen andere Mitspieler.
Gegen wen denn sonst? - Ich meine, es ist ja sonst niemand am Tisch, gegen den man gewinnen könnte.
Der Spielleiter hat sein Total-Party-Kill-Vampire-saugen-Westernkleinstadt-aus-Szenario vorbereitet. Die Spieler überleben nicht nur alle, sondern ihre Würfel sind "heiß" und sie nieten alle Blutsauger um und fegen nachher noch den Staub aus den Gebäuden, bevor sie sich ihren verdienten Whisky genehmigen. - NATÜRLICH ist das gewinnen. - Diesmal gegen den Spielleiter.
Der Spielleiter hat einen fiesen Gegenstand mit einer exoterrestrischen Wesenheit ins Szenario eingebaut, der, wenn ihn die Spieler ohne diesem Ding auf die Schliche zu kommen, in die Zivilisation mitnehmen, nur Unheil, Leid, Zerstörung (und ein Sequel!) erzeugen wird. - Keiner der Spieler spannt etwas, bzw. die wenigen, die etwas spannen, können der Telenose nicht wiederstehen und sind somit hochkooperativ dem Exoterrestrier gegenüber eingestellt. - Am Ende des Szenarios sagt der Spielleiter: "YEAH! - Ich rocke! - Ihr habt Eure Welt zum Untergang verdammt! - Nehmt ruhig die paar Erfahrungspunkte und leidet, denn es war Eure Entscheidung, es waren Eure Würfelwürfe, es waren Eure Charaktere, die SCHULD sind." - Hier hat der Spielleiter gewonnen.
Und auch bei an sich NICHT-kompetitiven Rollenspielen ist es doch so, daß man als Spielleiter auch ohne Railroading einen GEWINN empfindet, wenn man die total freien Entscheidungen der Spieler KORREKT VORAUSGEAHNT hat und wohlvorbereitet weiter leiten kann. Hier ist die Menschenkenntnis, die Kenntnis der einzelnen Mitspielerpersönlichkeiten für den Gewinn entscheidend.
In einem Necropolis-Szenario versuche ich als Spielleiter mit den mir vom Szenario gegebenen Mitteln der NSC-Gegner (die Alliierten-NSCs werden ja eh von den Spielern geführt) soviele SCs wie möglich umzubringen oder mindestens das Missionsziel nicht erreichen zu lassen. - Gelingt mir das, dann jubele ich, und zwar auch direkt am Spieltisch. Keine falsche, verlogene Scham, wenn man es den zahlenmäßig eh überlegenen Spielern mal gezeigt hat, daß hier VOLLKONTAKT gespielt wird und nicht "Würfel dreh mich".
Charaktere können gewinnen.
Quark. - Charaktere EXISTIEREN NICHT!
Man kann VERMITTELS seiner Charaktere als Spielelemente gewinnen, indem der toll herausoptimierte Charakter genau in seiner Kernkompetenz das schwierige Problem lässig meistert und alle am Tisch anerkennend nicken. Da fühlt man sich gut. - "Man" ist hier der SPIELER und nicht der Charakter, denn die LEISTUNG für die man hier Lob gezollt bekommt, ist die Charakteroptimierung gewesen. Durch gute Vorausplanung und konsequentes Optimieren hat der Spieler diese Herausforderung GEWONNEN.
Oder man gewinnt mittels des eigenen Würfelglücks. Der Charakter ist scheiße, aber das Regelsystem erlaubt explodierende Würfel. Und nun kann der Charakter etwas im kritischen Augenblick Nötiges nicht, weil er es nicht gelernt hat, würfel auf Unskilled mit jenseits Abzügen und seine Würfel explodieren durch die Decke und er schafft ein Bravourstück, wie es nur einem Glückspilz gelingen kann. - Der SPIELER hat hier die Würfel gewürfelt. Es war sein Würfelglück, welches seinen Charakter hat Erfolg haben lassen. Der Spieler hat diese Szene GEWONNEN!
Oder man gewinnt aufgrund der eigenen Laberfähigkeiten. Der Charakter ist auf Klopperei ausgemaxt, weil der Spieler ein eloquenter Bastard ist, der bislang noch jeden Spielleiter niederreden konnte. Nun kommt der spielwertemäßige Sozialkrüppel in eine heikle politisches Situation, wo subtiles Argumentieren gefragt ist, und der Spieler gibt hier den Staranwalt, Meisterdiplomaten und Demagogen, auch wenn sein Charakter von den Werten her "Ich Tarzan. Du Jane" als Gesamtvokabular hat. Der Spieler redet dem Spielleiter massig Vorteile für die gesamte Gruppe aus dem Leib und noch höheren Rang, Status und sonstige In-Game-Vorteile. - Der Spieler kann sich mit dem Gefühl zurücklehnen, daß er diese Szene GEWONNEN hat.
Es gibt im Rollenspiel STÄNDIG Herausforderungen. - Die meisten sind sogar nicht einmal im jeweiligen Szenario vorgesehen, sondern kommen aus dem gegenseitigen Charakterspiel, welches Reibereien erzeugt, welches Fragen aufwirft, wer sich in der aktuellen Situation mit seinen Ideen gerade durchsetzen kann. - Und das sind NICHT die Charaktere, sondern die SPIELER, die sich durchzusetzen versuchen. - Sie tun dies, indem sie z.B. Spielresourcen einsetzen, Spielwerte ihrer Charaktere zum Tragen bringen und ein Quentchen Glück beim Würfeln haben, um ihr Durchsetzen als FAKT in der Spielwelt zu untermauern.
Allein schon ein Charakter mit "Neugierig" als Nachteil und ein anderer mit "Vorsichtig/Ängstlich" als Nachteil und BEIDE mit "Stur/Rechthaberisch" als weiterer Nachteil kann zu ständigem Gewinnen und Verlieren im Laufe eines Spielabends führen. - Und das ist dann auch charaktergerechtes Rollenspiel, weil diese Charaktere ja gewisse, eingebaute Reibungspunkte miteinander haben.
Ob ein Spieler nun mittels dem, was auf dem Charakterbogen steht, oder mittels seines Würfelglücks, oder durch Ziehen einer günstigen Karte oder dadurch, daß er mit seiner Miniatur zufällig in der besten Schußposition auf der Battlemap zum Stehen kam, GEWINNT ist egal. - Hauptsache er gewinnt, denn Gewinnen macht Spaß.
Belohnt werden auch, aber wenn man gewinnt, dann hatte man es AKTIV in der Hand und holt sich die Belohnung SELBST ab. Das ist Conan und nicht Hartz-IV!
Wie gewinnt man im Rollenspielen?
Durch Überwinden von Herausforderungen, die sich der Spieler selbst gesteckt hat, Herausforderungen, die sich aus dem Charakter ergeben (und bei vorgenerierten Charakteren z.B. nicht vom Spieler selbst ausgewählt wurden), Herausforderungen, die als Ereignis den Charakter und damit den Spieler zum Handeln nötigen, Herausforderungen aus dem Setting heraus (der Berg war einfach da, ich wollte schon immer mal einen Mazedragon töten, usw.). - Das alles und noch viel mehr würd ich machen, wenn ich Gewinner von Rollenspielen werden möchte.