Willst du ernsthaft die Conan Geschichten mit den SC nachspielen?
Nein, natürlich nicht. - Aber ich kann ohne Conans Wirken in der Settinghistorie verankert zu haben eben immer noch die Schwarzen Seher (aus People of the Black Circle) bringen, auch wenn diese bei einem Conan als König von Aquilonien vernichtet wären. Oder ich kann immer noch Yara (aus The Tower of the Elephant) als NSC (samt noch intaktem Turm) einbauen. Oder ich kann die SCs auf Xuchotil und seine Bewohner (aus Red Nails) stoßen lassen, ohne daß alle direkt und indirekt durch Conans Wirken bereits tot sind.
Eine Welt, in der Conan schon jede Menge der interessantesten Lokationen abgegrast, der interessantesten NSCs umgelegt hat, ist ärmer als eine, die noch "unberührt" ist.
Und, so viele Rollenspieler kennen (heutzutage!) die Original-Geschichten überhaupt nicht mehr!
Die kennen den Film, den anderen Film und den schlechten Film und eventuell die noch grottigere Fernsehserie. Und dann kennen sie die Computerspiele und die aktuellen Comics, die leider oftmals den total verzerrten "Pastiche-Conan" präsentieren (anders als die in den frühen 70ern veröffentlichten Conan-Comics, die sich oft sehr eng an die literarische Vorlage gehalten haben).
Diese Spieler, also die HEUTIGEN Rollenspieler, kann man daher sehr schön in die Rolle Conans in den jeweiligen Lokationen bringen und sie ihre EIGENEN Lösungen finden lassen.
Das ist aber nicht mehr "kanonisch"! - Ja, und? - Dann ist es halt nicht mehr kanonisch.
Sobald eine Spielgruppe anfängt in der Spielwelt zum gesetzten Zeitpunkt loszulegen, wird sowieso die Welt geändert. Wer spielt denn schon ein solches literarisches Setting, nur um dann die Aktionen der Spielercharaktere irgendwie auf Krampf in den Kanon hinzubiegen? (Das ist doch das, was DSA macht. Metaplot, Railroading und Deprotagonisierung der SCs - MEIN Conan 2D20 ist da anders. Da sollten die SCs die HELDEN sein.
Und selbst wenn der eine oder andere - selten gewordene - Spieler die Originalgeschichten schon kennt, so ist es ja nicht so, daß er damit auch gleich die "Lösung" für die gestellten Probleme parat hat. Das ist ja das Schöne am Rollenspiel: Es gibt keinen Autoren, der die eine und einzige Lösung ersinnt, sondern alle in der Spielgruppe bringen ihre eigenen Ideen ein - und dann sprechen ja auch noch die Würfel ein Wörtchen mit.
Ich hatte mit meiner eigenen Savage-Worlds-Conan-Conversion solche Klassiker wie The Tower of the Elephant (natürlich als Gruppenabenteuer) oder Beyond the Black River schon öfter (also mit unterschiedlichen Spielern) geleitet. Das war nie ein Problem.
Conan ist toll in SEINEN Geschichten. Aber in MEINEN Geschichten möchte ich MEINEN SC als Hauptfigur sehen.
Klar könnte man, wie Mongoose, auch alles, was in den Original-Geschichten vorkam, als gesetzte Historie, als FAKT einbauen. Nur hat man dann lauter in den Originalen gut beschriebene Lokationen, die "verbraucht" sind. - Das heißt, daß man sich jede Menge NEUER Lokationen aus dem Ärmel schütteln muß. Und das gelingt mal mehr, mal weniger gut.
Daher finde ich den Ansatz, den Modiphius bei Conan 2D20 geht, auch so gut. Alles ist noch "unangetastet", noch frisch, unverbraucht. Und trotzdem wird es dazu natürlich noch eigenes Material geben. Aber insgesamt wirkt auf mich das Setting, so wie es allein aus dem Grundbuch schon rüberkommt, viel frischer und lebendiger als es Mongoose je hinbekommen hat.