Brainstorming Wie baut man ein Mysterium?

Registriert
4. Juni 2007
Beiträge
43.250
Mache mir gerade ein paar Gedanken darüber, wie man ein Mysterium in einem Abenteuer am besten einbaut.
Darüber zu sprechen scheint schon ein No-Go zu sein. J.J. Abrams spricht in diesem TED-Talk uA. über Lost.

 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann dabei nur für mich sprechen, aber ich plane so etwas nicht wirklich. Bei einer meiner letzten Runden hatte ich beispielsweise die Karte eines Dorfes vorbereitet und bei dem oberen Haus vergessen Türen und Fenster einzubauen. Meine Spieler haben sich dann bestimmt eine halbe Stunde um das Haus versammelt und versucht herauszufinden, was es damit auf sich hat. Ich hab dann ganz spontan überlegt, was damit passiert sein könnte und zum Schluss wurde daraus das Haus eines Halblings, der vergessen hatte eine Türe zu setzen. Heldengilde Gründung Erdgeschoss.png
Klar plane ich auch Plot Twists und streue Informationen und Geheimnisse aber am spannendsten ist es, wenn ich spontan auf etwas reagiere kann, was für meine Spieler ein Mysterium darstellt. So bleibt meine Geschichte immer sehr lebendig und J.J.Abrams erklärt mit seinem Star Wars Beispiel ja durchaus, dass Mysterien eigentlich omnipräsent sind. Daher würde ich mir nicht so viele Gedanken machen, wie ich ein Mysterium in ein Abenteuer einbaue, weil für die Spieler erstmal alles neu und unergründlich ist.

Und wenn ich mir spontan etwas einfallen lassen muss, ist das für mich als Spielleiter auch immer lustig, weil sich dadurch Situationen ergeben, welche ich nie und nimmer hätte konstruieren können. Kann aber auch gefährlich werden, wenn man sich in Sachen verrennt und am Ende nicht mehr schlüssig aus einer Geschichte herauskommt. Star Wars würde ich da mal als Beispiel nehmen. Das mit Palpatine, seinen Klonen und der übermäßig gigantischen Flotte an Sternzerstörern wirke für mich wie der verzweifelte Versuch, das Mysterium des neuen Bösewichts irgendwie halbwegs passend zurechtzurücken.

Aber wie gesagt, für deine Spieler ist das ganze Abenteuer sowieso ein Mysterium und alles ist unbekannt, daher brauchst du dir keine Gedanken darüber machen ob und wie du eines einbaust, weil sowieso erstmal alles mysteriös ist.
 
Darüber zu sprechen scheint schon ein No-Go zu sein.
Wie meinst du das?

---

Ich persönlich denke ein Mystery Abenteuer ist eine Sonderform, des Investigativen Abenteuers.

Investigative Abenteuer KÖNNEN übernatürliche Elemente enthalten. Diese sind jedoch selten der Fokus.
Und investigative Abenteuer legen viel Fokus auf Soziale Interaktionen (Gerüchte, Zeugenaussagen, Intrigen,...)

Mystery Hat das Übernatürliche Element im Fokus. Das Übernatürliche Element ist der Gegenspieler, Die Tatwaffe, das Motiv, ...
Mystery kann komplett ohne soziale Interaktionen auskommen.
Ein Mystery in einer Verlassenen Ruine zum Beispiel.
 
Man spielt mit den Gedanken. Wenn man erzählt, worauf man hinaus wollte, dann ist das Spiel schon beeinflusst. Ich denke vor allem, es geht nicht darum, dass die Spieler lediglich ein Geheimnis ausgraben, sondern vor allem um deren Gedanken rund um die Situation in dem Moment in dem sie etwas erleben. So wie Abrams sagt, ihm war es nicht wichtig, die Magic Box für 15$ aufzumachen, sondern nur davor zu sitzen und sich in Gedanken damit zu beschäftigen, was alles möglicherweise dort drin sein könnte.

Die Fantasie ist besser als die Realität. Bei Lost waren alle tierisch enttäuscht, als sie wussten, worum ist in der Geschichte geh, weil sie vorher halt soviel Energie in die Spekulationen darüber geflossen ist, dass die Realität damit nicht nur nicht mithalten konnte, sondern sogar negative Gefühle ausgelöst hat. Das ist natürlich ein Extrem.
 
Aah so meintest du das also. #NoSpoilers

Ich dachte schon, du meinst es gäbe ein Tabu über das Erstellen von Mysterien zu reden.
Bei der Menge an SL Tipps die im Netz existieren hätte mich das gewundert.

---

Natürlich sollte man in einem RPG nicht vorher über die Auflösung des Plots sprechen.
Das gilt aber nicht nur für Mystery

---

Was lost angeht:
Ich denke es wäre möglich gewesen, eine Coole auflösung zu erreichen.
Wenn das halbe Internet sich über die Mysterien den Kopf zerbricht muss man nur am Ende etwas haben, was NICHT bereits theoretisiert wurde und effektiv COOLER ist, als alles was die Fans bisher an Theorien hatten.
Schwierig praktisch umzusetzen aber nicht unmöglich.
 
Was für Plots hatten die Fans im Netz entwickelt? Hatte nur gehört, dass sie unzufrieden waren, aber was hätte man denn tun können?

Generell ist das Problem, das in Zeiten von sozialen Medien, Youtube-Labertaschen die aus einem 20-Sekunden-Trailer eine dreistündige Analyse basteln und hübsch aufbereiteten Trope/Klischeekatalogen wie TVTropes jeglicher Versuch, ein "echtes" Mysterium zu präsentieren von vorneherein zum Scheitern verurteilt, sofern die Publikation (sei es Film, Buch, Serie oder Comic) einen gewissen Bekanntheitsgrad überschreitet.

Aber wir reden davon, den Leutchen am Spieltisch eines vor die Nase zu setzen, nicht der breiten Allgemeinheit.

Generell würde ich als (Ex-)Spielleiter grob in 3 Kategorien unterteilen:

1. Zufallsmysterien.
Das kann die vergessene Haustüre von weiter oben sein, der streunende Hund bei dem "Magie Entdecken" anschlägt, der zufällig erwürfelte Beutegegenstand - Aus irgendeinem Grund haben die Spieler einen Narren an dem Ding gefressen und ignorieren den Plot, um dem Mysterium™ hinterherzusteigen.
Als SL ist man hier ganz besonders gekniffen, da man sich meistens was aus den Fingern saugen muss, am besten innerhalb der nächsten 10 Minuten. Nichts anmerken lassen, locker weiteratmen, sicherstellen das einen niemand Schwitzen sieht.

2. Plotrelevante Mysterien.
Da hat man sich als SL nun hingesetzt und einen Mystery-Plot mitsamt logischer (obligatorisches "ja, also von MEINEM Standpunkt aus war alles logisch!!1einself!!) Erklärung für den ganzen Zinnober und stimmungsvoller Präsentation vorbereitet.
Spieler tendieren dazu, diesen zu ignorieren. Hier am besten nicht die Gruppe in den Zug der transsibirischen Plotrailroad setzen, sonder getreu dem Motto "alle Wege führen nach Rom" bzw zum Bosskampf alternative Hooks und Pfade setzen. Schön, euch ist egal wer hier die lokalen NPC-Bevölkerung verknuspert, und ihr wollt auch nicht für einen Scoobie-Snack der Sache nachgehen. Ach, das nette Mädel von der Kneipe "zum lustigen Auftraggeber" hats euch angetan? Memo an mich selbst - ganz oben auf die Verknusperliste setzen.
Hat man die Spieler erstmal am Schlafittchen und sie steigen den Plot nach, beginnen meist die ersten (wirren) Theorien zu kreisen. Sollte eine davon besser sein als die eigene, ZUGREIFEN! Gut geklaut ist besser als schlecht erfunden, und gelegentlich sind die Gedankengänge der Spieler logischer als die des Spielleiters.

Für das Mysterium selbst gilt bei mir eigentlich "logische Grundstruktur aufbauen" und dann "mit allerlei übernatürlichem Schnickschnack und abergläubischem Geschwätz ausschmücken", eventuell noch "geheimnisvolle Prophezeiung!" zum Nachwürzen. Hier ist die Präsentation meist wichtiger als der eigentliche Sachverhalt.

3. Settingsmysterien.
Gerne auch Teil des Metaplots, unangenehm häufig vom Verlag angerissen und nie zuende erklärt. Meistens auch für die Gruppe relativ uninteressant, da die Elemente selten(st) zum Tragen kommen.
Es gibt ein paar gute Ansätze in neueren Regelwerken, in dem man die Hintergrundsmysterien entweder erklärt, oder, besser, mehrere alternative Erklärungen anbietet und somit eine Richtlinie für eigene Ansätze gibt. Überpitzt Ausgedrückt dürften die Inhalte meist einfach als "Iss halt so" von den Spielern akzeptiert werden ("He, wieso hat der Hansel da übernatürliche Kräfte und fummelt mit einem bunten Leuchtstab rum?" "Das ist ein Jedi, Han(s)..." "Ach So(lo)!"). Es hat abso-fucking-lut keinen Interessiert, das die alle Midichlorianerbefall haben und daher mit Awesome! infiziert sind.
Auch das Herumreichen von Kinderbildern des Big Bad Evil Guy ist zu vermeiden. Es untergräbt die Authorität und die Aura des Mysteriösen des BBEG und ist zum Fremdschämen, wenn man einer solchen Präsentation beiwohnen muss. Hier ist weniger mehr.
 
Ich meine, am besten beschreibt es die Stimmung während des Spielens. Es ist kein Rätsel oder irgendein Faible der Spieler, dem sie hinterhergehen, sondern das "charaktergetriebene Spiel". Sie, die Spieler, erleben sich in einer anderen Welt und projizieren ebenso als wenn selber handeln würden, ihr Mysterium, ihr ureigenes Geheimnis über ihre Aktionen in die Welt. Man muss sie einfach nur lassen - wie Du sagst, locker bleiben und nicht railroaden, alle Wege führen nach "Rom", aber Rom ist halt nicht das, was der SL will, sondern dass, was die Spieler erreichen wollen.

Sicherlich gehört ein Erfahrung und vielleicht auch Menschenkenntnis bzw. Weisheit dazu, den Spielern das zu liefern, aber wenn man das noch nicht hat, dann lasst Euch auf das Abenteuer des Versagens ein. Keine Angst vor "Fehlern", die gehören sozusagen zum Mysterium des Spielleitens.
 
Ich mag Mystery-Items.

Als ich das letzte mal geleitet habe, was nun Jahre zurückliegt (Fantasy), hat eine Spielerin ein Buch gefunden. Sie war nicht magisch veranlagt, aber im Buch waren drei Zaubersprüche so niedergeschrieben die es einem erlaubt haben diese relativ einfach zu beschwören (Mittelschwerer Wurf für das System), selbst wenn man nicht magisch veranlagt war.
Das Rollenspielsystem hat erlaubt mit Einsatz von Psi-Punkten die Zauber zu senken und somit den Mindestwurf vorab zu reduzieren. Das Buch selber war ebenfalls ein "Cursed-Rulebreaker" und hat, wenn die Spielerin den Mindestwurf nicht geschafft hat den Mindestwurf nachträglich gesenkt.
Nun muss man wissen das man nicht unendlich Psi-Punkte hat und wenn der Betrag ins negative geht, kriegt man heftige Mali (leichte Kopfschmerzen bis hin zu schlaganfallähnlichen Zuständen und zum Schluss zum Tod).

Das Buch gehörte zu einer speziellen Buchreihe von "beseelten" Büchern und die Idee war das die Gruppe entweder direkt nach den Büchern jagen konnten oder über ein Stolpern (Belohnung für Abenteuer, etc). Mit so hinweisen, wer hat diese Bücher hergestellt, was treibt sie an und wieso.
 
In der Fantasy ist es durch Magie natürlich wesentlich einfacher, ein Mysterium einzubauen. Man muss natürlich aufpassen, dass man die Grenzen des Szenarios und der Regeln nicht bricht. In der eigens erschaffenen Welt demnach natürlich noch viel einfacher. Parallelräume, Mikroversen, unterschiedliche Ebenen - das macht die Fantasy zu einer unvorhersehbaren, immer zugänglichen Blackbox.
 
Ich denke es macht zum Teil ein Mysterium aus wenn es ein wenig die Regeln bricht. Ich meine, ansonsten wäre es ja nur ein normales Phenomen innerhalb der Welt und einfach zu erklären.
 
Es sei denn es handelt sich um Räume, die halt nicht von den Regeln begrenzt werden - wie Träume, Gedanken, Vorstellungen, Faible, Pareidologie, Symbole, Runen, bekannte Figuren, eine (vielleicht erfundene) Geschichte in einem Buch, eine inspirierende Malerei, eine unbewusste Melodie, letzte Worte, etc.

Oder "kleiner" werden, bis die Regeln unscharf werden. Es spricht ja nichts gegen etwas, das unerreichbar wäre und dennoch die Gedanken anzieht: Eine versunkene Insel, eine Ruine aus alter Zeit, ein Denkmal an einem Platz, der normal nicht zu erreichen wäre, aber gut sichtbar.
 
Zurück
Oben Unten