Rollenspieltheorie Welche Motivationen haben eure Antagonisten?

BoyScout

Dhampir
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Nach einem Ausflug in einer Fertigkampagne (Sieben-Sonnen Kampagne vom Drachenlandverlag) muss ich Mitte des Jahres wieder meine eigene Kampagne aufnehmen, die Mangels Ideen auf Eis lag. Und das liegt zu großen Teilen daran, dass ich nach all den Jahren keine interessanten Motivationen für meine Gegenspieler mehr finde. Rache, Gier, Liebe, Macht, alles schon da.

Welche Motivationen haben eure Antagonisten, sofern welche vorhanden sind? Wie habt ihr die Motivationen begründet? Könnt' ja mal erzählen.
Ich möchte einen Versuch starten und schauen, ob dabei mehr als die üblichen 3-4 Beweggründe herauskommen. Oder wir bringen uns auf neue Ideen. Vielleicht auch einmal mal keine Motivation haben, wie der Joker.

Vielleicht genügt es ja auch, dieselben immer wieder zu wiederholen.
 
Mag ja sein, aber uns ist das irgendwie langweilig geworden. Kannst ja genauso gut beschreiben, wie du aus den Kategorien etwas Interessantes machst. Am Besten mit gespielten Kampagnen.
 
Ohne jetzt großartig auf System oder Hintergrundgeschichten einzelner NPCs einzugehen zu wollen, wiederholen sich bei mir meist diese Arten von Motivation:

1. Macht/Geld/Ruhm. Man hat zu wenig und will mehr. Wer im Weg steht, muss dringend entfernt werden.
2. Rache. Irgend jemand muss die Rechnung zahlen. Gerne auch mal, wenn eigentlich bloß Einbildung hinter der vermeindlichen Ungerechtigkeit steht. Ein nachvollziehbarer Grund ist noch besser.
3. Besessenheit. Der böse Zwilling der Liebe. Und des Hasses. Das da gehört mir, und ich will es. Sofort!!!!!111elf
4. Gutmenschentum. Die da sind anders und liegen falsch. Ich muss die Welt retten. Lässt sich hervorragend mit religiösen Leitmotiven paaren. Muss aber nicht.
5. Ehre. Ich muss das machen. Es wäre gegen meine Ehre, es nicht zu tun. Das verstehst du nicht.
6. Stimmen. Die Stimmen sagen, ich muss viele Babies essen, deine Haut anziehen und mich darin verpuppen wie ein Schmetterling. So ähnlich wie Bessessenheit. Nur witziger.
7. Der "Quick&Dirty". Ein Arschloch zu sein macht mir manchmal einfach Freude.
8. Angst. Mach das weg!
 
Vielleicht genügt es ja auch, dieselben immer wieder zu wiederholen.
Interessant wird so ein Grundton doch erst durch die konkrete Einfärbung. Die animalische Gier eines Insektenstaats, einer Krankheit oder der Borg bringt ja eine völlig andere Opposition mit sich als ein intriganter Bürgermeister/Mafiaboss.
 
Ich habe von deinen Punkten Nr. 2 und Nr. 3 sehr gerne genutzt. Bei Nr. 4 und Nr. 5 habe ich des Öfteren Spieler, die meinen, das Problem in einem längeren Gespräch mal eben zu lösen und den Gegenspieler mit Argumenten zu überzeugen. Und wenn das dann nicht klappt, dann sind das gleich unglaubwürdige SL-Charaktere für sie, deswegen nutze ich die beiden Punkte ungern.

Nr.6, Magie, Flüche, ist natürlich immer eine gute Sache.
Ich habe auch die Erfahrung gemacht, das manche Spieler nur SEHR UNGERNE von SCs betrogen werden, also mit Positionswechseln nicht klar kommen.

Ansonsten fehlen mir bei deinen Punkten etwas die Gründe. Also wie ich Maeschda schon vorschlug, dass es auch auf die Ausschmückung ankommt, ob etwas gut funktioniert.


Bei vielen Motivationen habe ich auch als SL selbst Probleme, die Motivationen oder Gründe nachzuvollziehen. Rache ist noch einfach. Aber was ist mit Macht? Das gibt mir persönlich gar nichts (oder wollt ihr die Welt brennen sehen :D?), dementsprechend fällts mir auch schwer, die Aktionen der Gegenspieler logisch zu begründen. Jetzt dreht sich unsere aktuelle Kampagne aber z.B. um die Thronfolge eines großen Imperiums und ich frage mich ständig "Wer zur Hölle will warum auf diesen heruntergekommenen Müllhaufen von Imperium?").
 
Also meine große Antagonistin bei SCION ist Gullveig. Die Motivation ist vordergründig erstmal einfach Rache. Das Ziel war den Wanenkrieg den sie beim ersten mal ausgelöst hatte zu toppen: Sie hat einen Krieg zwischen den Asen, den Griechen und den Kelten angezettelt. Die weiteren Motivationen und Ziele schreib ich mal lieber nicht ;) Aber generell find ich die Art und Weise des Vorgehens wichtiger als die eigentliche Motivation. Die Motivationen sind, wie du ganz richtig erkannt hast, sehr begrenzt.
 
Bei vielen Motivationen habe ich auch als SL selbst Probleme, die Motivationen oder Gründe nachzuvollziehen. Rache ist noch einfach. Aber was ist mit Macht? Das gibt mir persönlich gar nichts (oder wollt ihr die Welt brennen sehen :D?), dementsprechend fällts mir auch schwer, die Aktionen der Gegenspieler logisch zu begründen.
Echt? Nicht mal im Kleinen?

Beispiel aus meiner letzten Aventurien-Kampagne:

Drei kooperierende Fraktionen als Gegner
1) Piratenkapitän: Möchte Macht über dämonische Strudel als Geheimwaffe, um als gefürchtetster Pirat des Südmeers Chorhop, Brabak und Trahelien zu plündern.
2) Dämonenpriesterin: Hilft dem Kapitän vordergründig, aber vor allem, weil sie ihn als Gefäß misbraucht, um die dämonisch verseuchte, blutige See ins Südmeer auszudehnen.
3) Al'Anfa/Hand Borons: Spielt die Rolle des "naiven Gönners" und unterstützt die Pläne der "unheiligen Allianz" aus 1) und 2) mit Ressourcen (Sklaven, Waffen, exotische Ausrüstung) unter dem Vorwand, dass Chorhop, Brabak und Trahelien gemeinsame Feinde sind. Im Geheimen wurden die Piraten und Dämonenanhänger aber von Geheimagenten/Attentätern infiltriert, um nach den Plünderungen alle Rädelsführer schnell auszuschalten. Gleichzeitig wird eine Invasionsarmada vorbereitet, um die besiegten Südstaaten schnell zu übernehmen und die Vormachtstellung in Südaventurien ein für alle mal zu zementieren.
 
Was im Kleinen?

zu den drei Gegnern würde ich jedenfalls fragen:
Warum tun sie das?

Eine gute Begründung wäre m.E. ein Antrieb, der SCs zu etwas nötigt, was sie eigentlich gar nicht tun wollen, um einem Misstand entgegen zu wirken (z.B: entweder Diene ich meinem Dämon oder er frisst meine Seele). Gefürchtetster Pirat von irgendwas zu sein ist für mich z.B. erstmal keine gute Motivation für einen SC an sich. Das ist ein Ziel, klar, aber WARUM tut er das?
 
Aber was ist mit Macht?
Vielleicht hilft dir der Gedankengang: Wer Macht will, der will damit etwas erreichen, das muss ihm aber nicht unbedingt klar sein.
Offensichtlich ist sowas wie den Konkurrenten um die Angebetete aus dem Weg räumen zu können, aber auch eine diffuse Angst vor einer ungewissen Zukunft kann eine starke Motivation sein - je mehr Macht jemand hat, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass etwas passiert, womit er nicht klar kommt. Aus Sicht von jemand der diese Ziele nicht durchschaut (was auch der Strebende selbst sein kann) sieht das aus wie blindes Machtstreben.
Echtes blindes Machtstreben lässt sich dann schön dadurch erreichen, dass man den so gestrickten zukünftigen Antagonisten in einer Situation stößt, in der all seine Macht nichts bringt (zB. weil die Angebetete eine unheilbare Krankheit hat, gegen die all sein Geld und seine Armeen nichts ausrichten können), aber weil er es nicht anders kennt macht er so weiter wie bisher (oder fällt auf die Lügen anderer nach Macht strebender rein) und dreht langsam durch weil ihm die Sinnlosigkeit des Ganzen nach und nach bewusst wird, er es aber nicht wahr haben will.
 
Eine hervorragende Motivation ist natürlich auch "Revierverhalten".
Gerade daraus lassen sich sehr schön mit ein paar Missverständnissen plausible Motivationen stricken, die die Spieler(charaktere) nicht auf den ersten Blick durchschauen...
 
Wie schon gesagt wurde sind die Motivationen begrenzt. Wie man sie umsetzt mag jedoch variieren. Hier mal ein paar von mir:

Rache / Neid
Das Volk der Elben hat vor langer Zeit zwei Untervölker hervorgebracht: die Elfen und die Dunkelelfen. Beide wurden von der Atlantisartigen Hauptinsel der Elben verstoßen und leben seit Generationen abseits der Elben in den Reichen der anderen Völker. Einer der Dunkelelfen ist nun in jungen Jahren über eine einfache Scherbe eines elbischen Kruges gestolpert. Diese Scherbe war so hervorragend gerarbeitet und verziert das er begann sich für die Geschichte seines Volkes zu interessieren... und wütend darüber wurde das sein Volk aus dem "Paradis" verbannt worden ist. Er hatte nun das Ziel eine Flotte aufzustellen und sich mit Gewalt Zutritt zur Heimat der Elben zu verschaffen und dafür zu sorgen das sein Volk endlich auch gut leben kann (der NPC ist im Laufe der Kampagne allerdings durch den Kontakt mit den Spielern von seinem Vorhaben abgekommen... er erkannte das sein Ziel nur Schrecken in das Paradis gebracht hätte. Stattdessen entschied er sich dazu seine Weltanschauung zu ändern: die Elben waren nun für ihn diejenigen die im selbstgewählten Exil lebten (abgeschottet vom Rest der Welt) während er fortan daran arbeitete die Welt zu einem Ort zu machen der irgendwann an die Elben-Insel heranreichen würde).

Machtgier / Fanatismus / Fehlgeleiteter Wille zum Guten
In einer meiner beliebtesten Kampagnen regiert ein Erzmagier mit tyrannischen Methoden. Er entzieht der Welt selbst ihre Energie um seine magischen Forschungen voranzutreiben und das Leid der Bevölkerung das dadurch hervorgerufen wird scheint ihm egal zu sein. Was die Spieler nicht wissen: Der Mann ist nicht direkt Machtgierig im eigentlichen Sinne. Er ist im Prinzip nur ein Wissenschaftler der forschen will. Doch als andere erkannten was seine Methoden bewirken wollten sie ihn aufhalten und er sah sich gezwungen sich zu wehren. Am Ende gab es für ihn nur eine Lösung: Die Herrschaft an sich reißen damit er ungestört weiter forschen kann (die eigentliche Herrschaft hat er seine Untergebenen abgegeben). Sein Ziel: Einen Weg zu finden wie er zum Gott aufsteigen kann. Nicht direkt aus Machtgier heraus. Ihm geht es einfach nur darum eine höhere Entwicklungsstufe zu erreichen. Ihm ist zwar bewußt das seine Methoden das Land beuteln aber er hat vor alles wieder zu richten sobald er ersteinmal ein Gott wird.
Seine Gegenspieler sind klassische Paladine. Als sie und ihre Armeen jedoch vom Erzmagier besiegt werden fallen sie vom Glauben ab und schließen einen Pakt mit der Finsternis um die nötige Macht zu erhalten um den Erzmagier aufhalten. Sie stellen eine neue Armee auf, zunächst aus Rebellen gegen den Erzmagier und stärken diese dann mit Untoten und Dämonen.
Die Spieler in dieser Kampagne sind irgendwo dazwischen und müssen beide Fraktionen aufhalten bzw bekämpfen ohne eine Fraktion so sehr zu schwächen das die andere gewinnen könnte.

Kampf um die Heimat
Einst lebten die Völker der Menschen und Dunkelelfen auf einer großen Insel (oder eines kleinen Kontinentes) in Frieden. Doch dann kam eine große Einwanderunswelle (Asiaten) aus einem fernen land. Die Neuankömmlinge wurden freundlich aufgenommen. Doch bald wurde das Land knapp und das Mißtrauen der Asiaten gegenüber den schwarzhäutigen Dunkelelfen führte zu Spannungen. Erbost darüber das die Neuankömmlinge so undankbar waren griffen die Dunkelelfen zu den Waffen um sie zu vertreiben. Doch damit machten sie sich bei den Menschen beider Volksgruppen keine Freunde und trotz all ihrer Macht verloren die Dunkelelfen den Krieg. Sie wurden in den unwirtlichen Norden vertrieben wo sie sich nun das Land mit Orks, Goblins und anderem Gesocks teilen müssen. Im Laufe der Generationen haben die Dunkelelfen jedoch aus ihrer Not eine Tugend gemacht und begonnen die Einheimischen wilden Stämme und Bestien zu unterwerfen. Als die Kampagne beginnt stehen die Spannungen auf dem Höhepunkt: Die Dunkelelfen sind endlich bereit sich mit Gewalt die Länder zurückzuholen aus denen sie einst vertrieben wurden...
Diese Kampagne kann man guten Gewissens für beide Seiten bespielen (wir haben das tatsächlich Zeitgleich gemacht). Die Dunkelelfen wollen ihre angestammten Länder wieder haben und nicht mehr in einer Einöde leben. Die Menschen hingegen wollen ihre Heimat gegen Dunkelelfen, Orks und andere Monster verteidigen.

Fanatismus
Die Ur sind ein Volk von Raumfahrenden Sauriern. Sie haben massive körperliche Boni, sind jedoch in anderen Bereichen (geistig, sozial etc.) unterlegen. Sie selbst sehen das jedoch anders: nach ihren eigenen Tests sind sie die klügsten und weisesten (und natürlich auch stärksten) Bewohner der Galaxis. Ihr Imperium ist alt und mächtig (hauptsächlich weil sie ein paar hundert Jahre vor den anderen Völkern mit der Raumfahrt begonnen haben). Da ist es nur natürlich das sie die Anführer aller Völker sein sollten. Sollte nicht immer der Beste den Anführer stellen ? Doof nur das diese barbarischen anderen Völker das nicht einsehen wollen. Aber zum Glück gibt es ja die Imperiale Raumflotte mit der man die anderen Überzeugen kann....
Auch hier eine spannende Kampagne in der die freien Völker sich gegen ein großes und mächtiges Imperium behaupten müssen. Interessant hierbei ist das die Ur nicht direkt böse sind. Sie wollen nicht regieren weil sie die Macht wollen, sie finden sie sollten regieren weil sie am besten dafür geeignet sind (unterworfene Völker werden z.B. nicht ausgebeutet, sie müssen sich nur den Regeln der Ur anpassen).

Das kleinere Übel
Keine Kampagne die ich (bis jetzt) geleitet habe. Aber ein gute Idee die von Ereignissen aus den den "Black Company" Romanen inspiriert wurde. Der Tyrann hält die Welt in einem eisernen Griff um sie vor einem größeren Übel zu beschützen das möglicherweise entfesselt werden würde wenn der Tyrann nicht da währe um es zu verhindern.
 
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