Was ist ein Rollenspiel?

Skar

Dr. Spiele
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Was ist Rollenspiel?

Was ist Rollenspiel?

Als erstes vorneweg, um die meistgestellten Fragen zum Thema zu beantworten: Weder spielen wir Theater, noch handelt es sich beim Rollenspiel um ritualisierte Sexualpraktiken. :)

Und nun zum Thema:
Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Grundstein zu allen bekannten Fantasy-Rollenspielen gelegt. Der englische Professor John Ronald Reuel Tolkien erschuf damals die Welt Mittelerde, die er in seinen Büchern "Der (kleine) Hobbit" und "Der Herr der Ringe" niederschrieb. Er kreierte eine Welt mit Zwergen, Elben, Hobbits, Orks und anderen fantastischen Wesen.

Durch Tokiens "Herr der Ringe" inspiriert, verlegte 1974 der Verlag TSR das erste Fantasy-Rollenspiel. Es nannte sich "D&D" (Dungeons and Dragons). Auch hier gab es Elfen, Zwerge und Hobbits (aufgrund eines Rechtsstreits mussten diese aber später in Halblinge umbenannt werden).

Das erste in Deutschland erscheinende Rollenspiel war "Midgard" im Jahre 1981. Es folgten weitere, unter anderem das bekannteste deutsche Rollenspiel "DSA" (Das schwarze Auge) im Jahre 1984.

Rollenspiele gibt es mittlerweile für alle Genres. Sei es Fanatasy, Science Fiction, Cyberpunk, oder Gothik-Punk, hier sind dem Ideenreichtum keine Grenzen gesetzt.

Rollenspiele werden vorwiegend am Tisch gespielt. Es gibt zwei unterschiedlich große Parteien: Den Spielleiter (1 Person) und die Spieler (mehrere Personen). Der Spielleiter (Meister) erklärt den Spielern wo sie sich (gedanklich) befinden, wie die Umgenung aussieht, welche Personen an diesem Ort zu sehen sind. Bei Bedarf spielt der Spielleiter alle Personen, mit denen die Spieler interagieren wollen.
Die Spieler spielen eine feste Person, die sie gerne verkörpern wollen und versuchen in der Welt, die der Spielleiter erklärt möglichst erfolgreich zurechtzukommen.

Beispiel: Die Spieler Fred, Hans und Klaus sitzen am Tisch dem Spielleiter Heinz gegenüber. Der Spielleiter Heinz erklärt wie folgt "Ihr tretet an den Rand einer runden Lichtung im Wald. Mitten auf der Lichtung steht eine kleine Hütte und ein Ork (der Feind der Spielercharaktere) sitzt am Lagerfeuer und brät ein Kaninchen.
Fred und Hans spielen einen Elfen namens Elrond und einen Menschen anmens Alrik: Fred zu Hans "Duck dich Alrik, da ist ja unser Widersacher, wir müssen dringend einen Plan fassen, wie wir ihm begegnen sollen. Der Wind steht günstig, er kann uns nichtmals wittern."
Klaus jedoch spielt einen Zwerg namens Torkar und brüllt "Beim Barte meiner Ahnen, da ist ja dieser ver***te Ork!" und rennt mit gezogener Waffe auf dem Feind zu, um ihm eins auf die Mütze zu geben.

So oder ähnlich könnte es am Spieltisch vorgehen. Man sollte jedoch bedenken, dass die Spieler ihre Charaktere von Geburt an, oder von Alter des Erwachsenwerdens an, spielen und das bis zum Tode oder sonstigen Ende des Heldenlebens ihres Charakters.
Es besteht also eine gewisse Verbindung vom Spieler zum Charakter, man möchte schließlich möglichst erforlgreich sein.
Ferner sind die Welten, in denen das jeweilige Rollenspiel spielt meist bis zum Letzten ausgeklügelt. Es gibt eine eigene Flora und Fauna, eigene Politik, eigene Religionen und so weiter. Es soll halt ein ganzheitlich anspruchsvolles Bild entstehen.

Das Handwerkszeug der Rollenspieler sind ein Charakterbogen und ein Stift, dazu gehören einige Würfel, die es in verschiedenen Formen gibt (vierseitige, sechsseitige, acht-, zehn-, zwölf- und zwanzigseitige), um mal die häufigsten zu nennen.
Auf dem Charakterbogen stehen die Eckdaten und Eigenschaften des verkörperten Charakters. Also eine Charakterbeschreibung, und die persönlichen Werte in festgelegten Eigenschaften wie Mut, Körperkraft, Geschick usw.. Eine Vorgeschichte des Charakters (woher stammen er und seine Eltern, wie kommt er zu diesem Abenteuerleben usw.) runden das Bild meist ab.
Mit den Würfeln können Proben auf die Eigenschaften der Helden gewürfelt werden. So versucht zum Beispiel einer der Charaktere einen schweren Stein zu heben. Den höchsten Wert für Körperkraft hat der Zwerg und damit auch die höchste Wahrscheinlichkeit, den Stein zu bewegen. Er würfelt und das Ergebnis sollte unter seinen Wert der Eigenschaft liegen. Je höher also sein Eigenschaftswert für Körperkraft ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Vorhaben gelingt.

Das Handwerkszeug des Spielleiters sind ebenfalls die Würfel, er muss ja schließlich alle anderen Figuren der Spielwelt steuern können, und ein Abenteuerbuch und eventuell ein Regelheft.
Erfahrene Spielleiter verzichten ganz auf das Abenteuerbuch und stellen die gesamte Geschichte, in der die Spieler agieren, im Kopfe her.

Um dem Ambiente des heimischen Küchentisches am besten entfliehen zu können, und die Fantasie der Spieler anzuregen, wird oft bei Kerzenschein und zu den Spiel-Episoden passender Musik gespielt.


Wie bei jedem Hobby gibt es Befürworter und Gegner für die jeweilige Freizeitbeschäftigung. Als langjähriger Fan mit reichlich Spieler- und Spielleiter-Erfahrung bin ich gerne für alle Diskussionen zu diesem Thema bereit.
Allen, die unbegründete Kritik an den Mannn bringen wollen, sei gesagt, dass sie sich erst ein eigenes Bild über das Rollenspiel verschaffen sollen, indem sie selber an einer Spielrunde teilnehmen. Erst dann bin ich bereit, mich mit diesen über das Thema Rollenspiel zu unterhalten.

Skar

P.S.: Bitte ergänzt mich, wenn ich Wichtiges zum Thema Rollenspiel vergessen haben sollte.
 
Original von Skar
Durch Tokiens "Herr der Ringe" inspiriert, verlegte 1974 der Verlag TSR das erste Fantasy-Rollenspiel.

Wobei es, so weit ich weiss, nicht ganz klar ist wie stark der Einfluss von Tolkiens Werken auf Gygax tatsächlich war...

mfG
jdw
 
@ Blutglas:

Weisst Du Näheres zu dem Rechtsstreit wegen den Hobbits/Halblinge ?
 
@blut_und_glas

Treibst du dich unter demselben Namen auch im Fanpro-Forum rum?
 
Gute Beschreibung, besonders der Ausschnitt aus dem Spiel gefällt mir.

Gut geschrieben.
 
Gary Gygax und Jim Ward wurden zwar zum Teil inspiriert durch Tolkiens Werk, die grundlegende Idee zum RPG kam ihnen aber wärend einer ihrer vielen Tabletop-Schlachten. Die beiden waren begeisterte Spieler dieser Tabletops, hatten demnach riesige Zinnminiaturenarmeen (ob jetzt historische oder Fantasy Schlachten, weiß ich nicht, vermute aber ersteres).

Nach bzw während einer dieser Schlacht überlegten sich die beiden, was denn z.B. Soldat/Ritter sowieso zwischen zwei Schlachten so treibt, was er so erleben könnte und ob er auch alleine, mit ein zwei Freunden, kleinere Scharmützel erlebt. Aus dieser Idee, gepaart mit Einflüßen der Fanatsy-Literatur (sprich: Tolkien) entstand das erste RPG: Dungeons und Dragons, von den beiden zunächst im heimischen Keller, dann in einem kleinen Mietsbüro entwickelt und produziert, an einfachen Kopierern vervielfältigt, zusammengeheftet und in billige Pappkartons verpackt, dann an interessierte Freunde verschickt, und die ersten Fans waren da. Mit den ersten paar Dollar, die sie damit gemacht haben, ließen sie dann weitere Exemplare mehr oder weniger professionell in einer Druckerei vervielfältigen.

Mehr Details lassen einer der letzte Ausgaben des Dragon Magazines anlässlich des 25 Jährigen Jubiläums und der veröffentlichung der 3. Edition entnehmen.

Alutius
 
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