Ich hatte das schon aus beiden Blickrichtungen gemeint.
Als Erzähler habe ich bemerkenswerte "Erfolge", wenn ich es geschafft habe, die Spieler wirklich zu fesseln, wenn die Geschichte gut rübergekommen ist, aber auch, wenn sich die Geschichte dank aktiv-konstruktiven Mitspielen der Spieler zu etwas ganz anderem, aber Begeisternden entwickelt hat, als ich es vorher selbst gedacht oder erwartet hatte. (Z.B. wurde eine Savage Worlds Fantasy Dungeon-Crawl-Geschichte unerwartet, aber SEHR unterhaltsam in einen echten Staatsstreich umgebogen - und zwar in jeder Hinsicht ungeplant, aber so bemerkenswert, daß alle noch gerne darüber reden. Da bin ich als Erzähler hocherfreut darüber (auch wenn ich mitten in der Entwicklung wirklich "mit'm Arsch fliegen" mußte, um den Ideen der Spieler improvisierend nachzukommen - die resultierende Geschichte war jedenfalls das Engagement aller wert). Aber in solch einem Fall ist es eben die gesamte Gruppe der Spieler, die wirklich gut drauf waren und deren eigene Kreativität sich konstruktiv Bahnen gebrochen hat, die vom (ursprünglich Kauf-)Szenario so nie vorgesehen waren.
Individuelle Erfolge aus Erzählersicht sind für mich z.B. moralische Zwickmühlen, in die ich einzelne Charaktere bewußt oder auch mit dem Fluß der Handlung mitgehend gebracht habe, und die echtes Mitfühlen und Überlegen der betreffenden Spieler nachsichzogen. Das ist für mich deshalb "individuell", da es im engen Fokus nur eines Spielers (und meiner Einflußnahme natürlich) liegt.
Aber nicht nur die ethische Seite eines Charakters kann für einen Spielleiter zu einem individuellen Empfinden etwas Bemerkenswertes ins Spiel gebracht oder zumindest den Rahmen zu solch einem Bemerkenswerten Ereignis ermöglicht zu haben dienen. So hatte ich ein Babylon 5 Szenario (eigentlich eine Mischung aus dem alten Classic Traveller Szenario "Murder on Arcturus Station" und dem C.J.Cherryh Sci-Fi-Roman "Heavy Time") nach einem selbst-modifizierten BRP-System gespielt, in der es einen Showdown gab, in dem der Station Security Chief eine Vorstellung gab, die man nur als Die Hard (den ersten natürlich) in Space bezeichnen kann. DAS war denkwürdig, auch wenn es keinerlei ethisch-moralische Fragestellungen hatte, sondern nur auf der Sturheit eines Spielers/Charakters basierte, die dazu führte, daß es tatsächlich gerade noch so "gut" ausging, was vorher wie ein sicheres Depressiv-Ende aussah. So kann es auch gehen. Und darüber redet man immer wieder gerne (oder schreibt
).
Sind negative Begebenheiten gleich gut erinnerungswert wie positive?
Ich habe eher die Eigenheit negative Erlebnisse als Spieler oder Erzähler bald zu verdrängen. Vor allem, wenn es irgendwie um Schuldzuweisungen geht ("Der eine Spieler hat alles versaut." oder so ähnlich). Es ist doch so, daß man sich vielleicht noch nach längerer Zeit über manches ärgert, aber daß es dann "denkwürdig" ist, das sehe ich nicht so.
Eine gewisse Denkwürdigkeit hatte aber z.B. die - im Thread über den "Tod der Spielercharaktere" geschilderte - Begebenheit, in der ein kritischer Fehler eines vom Spielleiter gesteuerten NSCs die GESAMTE Charaktergruppe ausgelöscht hatte. Sozusagen ein Spielleiter-verursachter TPK. Da waren wir alle - inklusive Spielleiter - ganz schön geschockt. Das war ein echter Tiefschlag. Aber einer, an dem eigentlich auch nicht wirklich der Spielleiter "schuld" war.
Das ist übrigens ein Vorteil von Würfelsystemen: wenn das gilt, was gewürfelt wurde - und zwar auch für NSCs - dann geht es eben aus "Systemgründen" in die Hose, aber nicht, weil der Spielleiter so fies war und seine miese Laune abreagieren mußte. Ich handhabe das je nach System unterschiedlich, wieviel ich als Spielleiter an Würfelergebnissen so verbiege, daß ich meine Story noch durchziehen kann - eher erzählorientierte Spiele erfordern ja sowieso das ständige Anpassen durch den Spielleiter, wobei da ja meist kein "harter" Regelmechanismus in die Quere kommt (siehe Engel, Everway, InSpectres etc.). Bei meiner Savage Worlds Fantasy Kampagne ist es derzeit jedoch so, daß ich alle meine Würfe offen vor den Spielern mache ("pulling no punches"), weil das Setting gerade ein hartes, gnadenloses und unbarmherziges ist und ich durch diese Offenheit eine Transparenz und Fairness als Spielleiter vermitteln will - nicht daß es zu Vorwürfen wegen eventueller persönlicher Boshaftigkeit des Spielleiters kommt, wenn ich alles das austeile, was die - vorgefertigte - Kampagne so alles den Spielercharakteren zuzumuten vorsieht. - Bei einem anderen, leichteren Setting handhabe ich das im gleichen Regelsystem aber wieder anders, weil dort das Universum Nachsicht mit Hauptdarstellern/Main Characters kennt.
Das Potential "denkwürdig" zu sein, gibt es überall - unabhängig vom Setting, vom Spielsystem, vom persönlichen Spielstil des Spielers oder des Erzählers. Und das finde ich gut so.