Brainstorming Warum dark?

AW: Warum dark?

Ja gut, man kann es so spielen.
Das verbiegt aber einen Großteil dessen, was das Spiel ausmacht und was z.T. sogar in den Regeln verzahnt ist (z.B. muss man bei Mord IMMER auf Menschlichkeitsverlust würfeln- egal ob es jetzt die alleinerziehende Mutter oder der sadistische Kinderschänder war, den man umgelegt hat).

Zumindest bei Masquerade konnte man sich relativ leicht davor schützen in den man auf einen der 'Pfade der Bequemlichkeit' wechselte (ja, ich weiß das es die Sache etwas vereinfacht darstellt aber ich habe eine Menge Spieler erleben müssen die das so handhabten). Diese Lücke wurde im neuen Spiel bekanntermaßen entfernt (wobei ich dennoch die anderen Spiele der Reihe bevorzuge).

Stop. Reden wir hier von Helden in der Fiktion (wie Rollenspielen) oder von "der Realität"(TM)?
Bei ersterem kann ich durchaus mit der Grundannahme leben, dass eine klare Abgrenzung zwischen dem was "heldenhaft" und dem Anderen existiert und dass für HELDEN bestimmte Handlungen gerechtfertigt sind. Ich könnte sogar damit leben, wenn diese Fiktions-Moral weitesgehend von dem abweicht was ich als akzeptables Verhalten betrachten würde, sofern sie ausreichend begründet ist, so dass ich den Charakter noch nachvollziehen kann.
Das wäre zwar nicht mehr "grau", aber ich käme damit klar (z.T., z.B. bei Super"helden" macht mir das sogar einen Heidenspaß).

In der Realität(TM) bin ich der Meinung, dass es unmöglich ist ein Held zu sein und gleichzeitig gesellschaftlichen und sozialen Schranken gerecht zu werden. Wir stilisieren gerne in Nachinein unsere Helden, aber letztendlich verehren wir dabei nur Verbrecher, die zufällig Erfolg hatten. :D

Aus eben diesem Grund ziehe ich es vor niemanden zu verehren. Ich habe durchaus Respekt vor bestimmten lebenden und toten Personen, aber ich würde jemanden wie Machiavelli niemals als sonderlich moralisch bezeichnen. Man kann ohnehin endlos darüber diskutieren was 'gut' ist ohne zu einem wirklichen Ergebnis zu kommen. Das ist im Spiel einfacher. Allerdings gibt es auch zahlreiche fiktive Werke wie zB 'Legends of Galactic Heroes' wo die Moral der zahlreichen Protagonisten nicht bewertet wird.

Generell mag ich deshalb den Ansatz der neuen World of Darkness in Bezug auf Moral. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Man bekommt gegebenenfalls einen Bonus auf den Moralwurf wenn man unter Notwehr oder für das größere Wohl handelt, aber würfeln muss man dennoch. Möglicherweise werden die Spiele dadurch auch düster, da auf diese Weise auch Charaktere mit guten Absichten leicht zu Antihelden werden.
 
AW: Warum dark?

Dark in dem Sinne, wie der OP es definiert, nämlich im Sinne von moralischer Grenzwertigkeit, im Sinne einer grausamen und erbarmungslosen Umwelt, im Sinne von Charakteren, die eher Antihelden als alles andere sind, finde ich gut. Muss ich nicht immer haben, aber gerne oft. Ich weiß nicht, wo diese Vorstellung von diesem „Emo-Dark“ herkommt, das hier bei den Blutschwertern so erpicht (und redundant) verteufelt wird. Manchmal glaube ich, Emo-Dark ist ungefähr so real wie der Munchkin.

Das Harte, das Fragwürdige, das Düstere: Ist das realitätsnah? Ist unsere Realität „so“? Was weiß denn ich. Ich denke, es spiegelt jedenfalls einen Teil unserer Realität wider, und überspitzt eben die diesbezüglichen – inneren und äußeren – Konflikte. Davon leben doch ganze Genres, etwa Swords & Sorcery oder Cyberpunk. Diese Überspitzung sorgt im Rollenspiel dafür, dass die Konflikte schön pointiert zutage treten und nicht vor lauter Subtilität übersehen werden oder stundenlang auf sich warten lassen. Gleichzeitig fordert die Amoralität der Situationen und Protagonisten – egal ob in Literatur oder Rollenspiel – das eigene moralische Urteilsvermögen des Publikums bzw. der Mitspieler.

Das mag manchem ja zu hochtrabend sein, aber „Emo-Gewichse“ ist es deswegen noch lange nicht... :rolleyes:
 
AW: Warum dark?

Dark ist nicht grau. Meistens ganz und gar nicht. Die Noir-Welt von Vampire ist schon ziemlich verkommen und keiner ist ein Held - wirklich? Natürlich sind die Spieler auch blutsaugende Bastarde, aber letztlich ist die Welt nur so dunkel damit die "Helden", also die Spieler wirklich durchscheinen. In der "grau in grau" Fiktion gibt es immer jemanden der im entscheidenden Moment Anstand beweist - in letzter Konsequenz ist es dann immer der Herr der Ringe - aber die Hobbits koksen.

Wobei man natürlich in einem Rollenspiel die Misery-Tour lange aufrecht erhalten kann. Nur sind Welten in denen die Spieler nicht über sich hinauswachsen eben nur eine Misery-Tour und mMn. nicht grad spanend.
 
AW: Warum dark?

Ich würde das so nicht unterstützen.
Wenn die blutsaugenden Superhelden den Prinz der Domäne (natürlich den BÖSEN Prinz der Domäne) umgeblasen um sich dann an seine Stelle zu setzen, mögen sie sich selbst auf die Schulter klopfen wie toll das gerade war, aber im Grunde wars nur ein Militärputsch.
Heisst also, die Hobbits koksen, Gandalf trägt Frauenkleidern, Boromir steht auf Notzucht und Aragorn befriedigt seinen Lolita-Komplex mit Elfen, während sie den Ring nur vernichten weil sie ihn selbst nicht so toll benutzen können wie Sauron und deswegen nur verlieren können wenn sie es nicht tun.
 
AW: Warum dark?

Was heißt denn „Misery Tour“? Nur weil die Welt eben ein düsterer Ort ist, heißt das doch nicht, dass die Protagonisten irgenwie so schmachtende, leidende Gestalten sein müssen! Das ist alles irgendwie so Teil dieses „Emo“-Mythos, ich frage mich echt, wo das herkommt. Andererseits ist ein Protagonist, der dann über sich selbst hinauswächst, der außergewöhnliches erreicht, eben nicht zwingend doch wieder Samweis Gamdschie, auf welcher Droge auch immer. Vielleicht ist er auch Kane. Oder Tyrion Lannister. Oder Roy Batty. Oder meinetwegen Lestat.
 
AW: Warum dark?

Was heißt denn „Misery Tour“? Nur weil die Welt eben ein düsterer Ort ist, heißt das doch nicht, dass die Protagonisten irgenwie so schmachtende, leidende Gestalten sein müssen! Das ist alles irgendwie so Teil dieses „Emo“-Mythos, ich frage mich echt, wo das herkommt.

Gott bewahre, die meisten Vampire Spieler tun den Teufel und spielen selbst einen dem es so dreckig geht. Diese dubiose Art der Unterhaltung bleibt Grey Ranks vorbehalten. Aber man weidet sich natürlich irgendwo am Leid in der fiktiven Welt. Die Protagonisten sind gerade in Rollenspielen immer cooleSchweine, die so cool sind durch das Hervorheben vom Hintergrund. Die verzweifeln nicht an der Welt, die rocken. Aber die Welt an sich, die gibt dem ganzen den zusätzlichen Kick.

Andererseits ist ein Protagonist, der dann über sich selbst hinauswächst, der außergewöhnliches erreicht, eben nicht zwingend doch wieder Samweis Gamdschie, auf welcher Droge auch immer. Vielleicht ist er auch Kane. Oder Tyrion Lannister. Oder Roy Batty. Oder meinetwegen Lestat.

Tyrion Lannister und die gesamte AGoT Bagage ist nun nicht dark. In keinster Weise. Und gerade beim Song of Ice and Fire ist schon ziemlich klar wer gut und böse ist. Dadurch das Tyrion gerne Nutten vögelt wird er nicht böse - er ist anständig und er wirkt umso anständiger weil sein Umfeld korrupt ist. Aber ja, Tyrion kommt aus einem Hintergrund der eher grau angelegt ist - der mechanismus mit dem Tyrion "cool" wird ist aber der gleiche.

Der Rest ist ja Standardkost für das was ich gesagt habe - Weiße Helden die man auf schwarze Leinwand malt. (Gut, welchen "Kane" du jetzt meinen könntest weiß ich nicht)
 
AW: Warum dark?

Ich glaube, jetzt sind wir wieder bei der Definition von „dark“ angelangt, die uneinheitlich ist. In jedem Fall denke ich, das Song of Ice and Fire durchaus moralisches Urteilsvermögen und auch Auseinandersetzung mit der moralischen Position der Protagonisten erfordert. Ich stimme dir zu, dass Tyrion geradezu der herausragend anständige Charakter der ganzen Reihe ist, aber: Um das festzustellen, muss man eben erstmal genauer hinsehen, und urteilen. Trotzdem war mein Beispiel nicht so gut, ich hätte lieber Jamie Lannister schreiben sollen.

Na ja gut, das driftet jetzt ab. Der OP spricht ja gerade von Charakteren, die ihre „eigenen Moralvorstellungen zum eigenen Vorteil veräußer[n]. Für Macht, Einfluss, Geld und Ruhm.“ Also eben Antihelden. Das ist die Amoralität, von der ich ursprünglich sprach, ehe ich mich von der „Misery-Tour“ ablenken ließ. ;)

P.S.: Jemand, der ein Howard-Zitat als Sigantur führt, sollte Kane unbedingt kennen.
 
AW: Warum dark?

"Roleplay-Because you will be arrested if you carry a sword in the RL!"

@Grau und so: Grau ist hässlich. Punktum . Und ich sehe unter "darkes" Rollenspiel immernoch alles was unter die Überschrift "Horror" passt: Tentakel, Dämonen,Vampire,Werwölfe. Klar weiss ich IRL dass das schlimmste aller Monster der Mensch ist,aber MUSS ich das ins Rollenspiel reinbringen?Nein muss ich nicht....es sei denn das Setting ist explizit dafür ausgelegt, wie UA oder in geringerem Masse Urban Twilights.
 
AW: Warum dark?

Das mag manchem ja zu hochtrabend sein, aber „Emo-Gewichse“ ist es deswegen noch lange nicht... :rolleyes:

Das behauptet, denke ich, auch niemand. Aber die Humorlosigkeit, die einige "dark"-Freunde für ihre präferierten Stil für unabdingbar halten, gibt sie halt auch der Lächerlichkeit preis.

"Dark" ohne Distanz (sei sie nun ironisch oder nicht) und mit dem Anspruch dass "in Realität das alles ja noch viel, viel schlimmer ist", ist halt nur dümmlich. Da bin ich mir auch nicht zu schade mit dem Finger drauf zu zeigen und laut zu lachen. Dass es diese Einstellung gibt, das kann man ja im Thread nachlesen.

Gegen "dark" als Ausprägung, die sich im Spiel ergibt, hab ich ja auch nichts. Ich spiele selbst gerne WFRP, Paranoia (irgendwo zwischen Straight und Classic) und demnächst auch wieder Poison'd und das sind alles keine Spiele, die von einer kuscheligen oder optimistischen Grundstimmung leben. Aber letztendlich ist so ein "dark" Setting nur ein Mischmasch aus den Vorurteilen, Fantasien und ggf. Ängsten der Beteiligten. Darin einzutauchen kann immer seinen Reiz haben (wie halt auch Horrorfilme und ähnliches Leute unterhalten können).

Es mag nicht meine erste Wahl sein, aber verteufeln oder schlecht machen würde ich "dark" deshalb nicht. (Nur die Fanboys halt. Aber das ist ja überallso üblich. ;) )
 
AW: Warum dark?

Rede ja nicht von "Es ist schlimmer, es ist verkommener, blabla...".
Erinnere mich noch an Einführungsrunden zur WoD, wo der SL erklärte "Die WoD ist im Grunde wie unsere Welt, nur dass die Politik korrupter, das Verbrechen gewaltäiger und die Umwelt noch mehr im Arsch ist, als sonst..." und die Spieler (mich eingeschlossen) feixten.
Merke: Superlativ und Komparativ sind nicht geeignet, um den Spielern zu zeigen, wie "furchtbar dark" die Welt ist. :ROFLMAO:

Im Grunde geht es nur um folgendes: es ist wertfreier. Es ist weniger klar abgegrenzt und offen für Interpretation, was denn nun "richtig" und was "falsch" ist.
Es ist überhaupt nicht erforderlich, dass die Welt ein total abgefuckter Ort ist um den Horror zu transportieren (hab keine Ahnung, warum so viele WoD-Städte unbedingt Gotham City sein wollen), es reicht vollkommen aus, dass die Spieler vor Entscheidungen gestellt werden, die ihr Urteilsvermögen in Frage stellen.
 
AW: Warum dark?

Aber "the witcher" ist definitiv "dark", er ist also nicht grau.
Seine Entscheidung trifft er aus Selbstsucht heraus, er tötet Monster, aber die größeren Monster sind jedoch die er beschützt.
Gut ich gehe von einem Computerrollenspiel und eine Geschichtsreihe aus, und nicht von einem "klassischen" Rollenspiel aus, aber die Welt ist düster, der Hauptprotagonist ist düster und die meisten seiner Entscheidungen sind "moralisch" fragwürdig.

Auch warhammer (vor allem die 40K-Variante) würde ich als düster bezeichnen, Massenmord wird glorifiziert, Engstirnigkeit ist erwünscht und die eigenen Taten machen die Welt nicht gerade besser.
WoD ist tatsächlich eher grau, vorallem da man eher die "guten" Typen spielst, also die die Welt etwas besser machen, da sie eine oftmals eine bösere Bedrohung (Werwölfe kloppen für Gaia, Vampire mit dem Sabbat usw.) ausschalten.
 
AW: Warum dark?

Ein Rollenspiel in dem Massenmord glorifiziert wird ist für mich nicht düster sondern bestenfalls ausgesprochen fragwürdig. Und gerade das alte Werwolf war weniger grau als eher schwarz-weiß (generell bedienen viele Spiele der alten WoD sehr das 'Kill Whitey' Prinzip). Wenn sowas erwachsen und realistisch ist sieht es wohl für die Welt düster aus ...
 
AW: Warum dark?

Auch warhammer (vor allem die 40K-Variante) würde ich als düster bezeichnen, Massenmord wird glorifiziert, Engstirnigkeit ist erwünscht und die eigenen Taten machen die Welt nicht gerade besser.

Und die vom Saint_of_Killers propagierte Anständigkeit der Figuren offenbart sich allzu oft an ihrer Unterstützung derlei Gräuel, auch wenn dafür die Engstirnigkeit in anderer Hinsicht (scheinbar?) durchbrochen wird.

mfG
ipm
 
Zurück
Oben Unten