Nostalgie War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

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Guest
Nachdem ich mal wieder einen ellenlangen (wenn auch guten!) Beitrag von Zornhau HIER beim Hofrat gelesen habe, ist mir aufgefallen, dass ich durchaus von vielen langjährigen Rollenspielern immer wieder in der ein oder anderen Version zu hören bekomme: "Früher, früher da war alles besser!"

Nun stellt sich mir natürlich die Frage, wie viel ist an dieser Aussage tatsächlich dran?

Zunächst einmal gab es "früher" (wann auch immer das gewesen sein mag, ich kann da nur von den 90ern sprechen) mehr Rollenspielläden, ja sogar mehr Spielwarenläden allgemein. Dem kann ich durchaus zustimmen. Die Gründe für das Aussterben dieser Läden, vor allem ersterer alleine im Internet und Versandshops zu sehen halte ich für verkehrt, dochist das nicht Teil dieser Diskussion. War das besser?
Ich sage eindeutig JA, ein Rollenspielladen ist ein Ort, an dem man Gleichgesinnte treffen konnte (und kann), an dem man mit den diversesten Leuten Fachsimpeln kann, an dem man in die diversesten Spielbücher und sonstigen Supplements wie Miniaturen, Bodenpläne, usw reinschauen kann, ein Ort an dem man an verschiedensten Spielrunden teilnehmen kann und zu guter letzt einfach ein Ort an dem man sich als Hobbiist wohlfühlt (auch ob und in wie weit dies noch zutrift gehört nicht unbedingt hierher, wiewohl durchaus der Punkt ob dem früher so war).
Daher sei an dieser Stelle ein ganz klares und großes JA zu Rollenspielläden ausgesprochen, mit der Aufforderung: SUPPORT YOUR LOCAL DEALER! Erhaltet diese uns eigene Biosphäre, denn sie wird immer seltener.

Wie war das mit den Spielern und dem Spielfeeling an sich?
Hier möchte ich Bezug nehmen auf Zornhau's Aussage, in der er behauptet, man spielte früher unbefangen und mit der Lust auf Neues.
Wenn ich so zurückdenke an die erste Zeit, so kann ich guten Gewissens sagen: Zornhau du hast Recht! Doch schon in den Spät-90ern ging es damit rapide bergab. Das äusserte sich sowohl in der eigentlichen Spiel-Mentalität als auch in der "was der Bauer nicht kennt frisst er nicht"-Mentalität. Ich kann mich noch sehr gut an jede Menge scheele Blicke und dumme Kommentare erinnern, wenn man mal nicht WoD oder Shadowrun spielen wollte, AD&D ging noch, wenn auch nur bedingt, so zumindest meine Erfahrungen. Auch und vor allem die ebenfalls von Zornhau erwähnte Angewohnheit, die Spieler in Watte zu packen und die daraus resultierenden Verhaltensweisen von Spielern, wenn man als SL das nicht so handhabte bringen mich immer wieder auf die Palme (das nimmt in letzter Zeit mal wieder neue Höhen an).
Doch kann man das so einseitig sehen? Gab es nicht auch damals genug Unfug, sowohl seitens Spielerschaft als auch seitens SL? Und ist wirklich alles was zwischenzeitlich so passiert ist schlecht? Ich sage nein, ist es nicht. Mir persönlich kommt es nur so vor, als sei wesentlich mehr schlechte als gute Entwicklung passiert, aber nicht, dass es gar keine gute Entwicklung gegeben hätte. Oder wie seht ihr das?

Kommen wir nun zum eigentlichen Ursprungspunkt dieser ganzen Diskussion, die Frage, ob Oldschool-/Retro-Clone gut oder schlecht sind. Genau diese Frage hat Zornhaus Beitrag beim Hofrat hervorgebracht und ist somit, wenn auch indirekt, für diesen Thread hier zuständig. Ich kann für mich selbst nicht in Anspruch nehmen, die ganzen Oldshool-Sachen wirklich gespielt zu haben, daher kann ich nur in begrenztem Umfang etwas dazu sagen, ob Rollenspiele früher wirklich besser waren oder nicht. Doch für mich stellt es sich dergestalt dar, dass die früheren Rollenspiele einfach ein ganz bestimmtes Feeling geweckt haben. Man konnte beim durchblättern und lesen der Werke die Abenteuerlust, die Kreativität und den Spaß der in dem Spiel steckte und auch in den Autoren SPÜREN, ja man wurde sogar damit angesteckt. Als weiterer Bonus kam natürlich hinzu, dass es damals ganz einfach war, etwas neues zu schaffen, schließlich gab es so viele RPG nicht, vor allem nicht hier in Good old Germany. Dieses Feeling fehlt mir in vielen der heutigen, durchdesignten Rollenspiele, mögen sie grafisch noch so toll aufgemacht sein.
Doch wie sieht es mit den Regeln an sich aus? Ich sage, natürlich begrenzt durch meine nur geringen Erfahrungen im eigentlichen Spiel, die Regeln früher waren ziemlich löchrig und bedurften vielerorts Interpretation, Reperatur oder gar Hinzuerfinden durch den SL. Auch war vieles festgefahren, was einmal irgendwo auf eine bestimmte Art gehandhabt wurde, wurde auch in den meisten anderen Spielen so gehandhabt (über Klassen- und Stufensysteme zu streiten halte ich allerdings hier für verfehlt, diese hatten und haben teilweise noch immer ihre Berechtigung!).
Heute gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichsten Rollenspielen mit einer schier erschlagenden Vielfalt an Regelkonstrukten. Natürlich ist auch hier viel (subjektiver aber auch teilweise objektiver) Mist zu finden, doch hat diese Unzahl auch Vorteile. Noch nie war es so einfach, ein Regelsystem zu finden, das auf die eigenen Vorlieben und/oder die Vorlieben der Gruppe genau passt. Auch viele neue Ideen und Regelumsetzungen ermöglichen teilweise ganz andere Spielgefühle und herangehensweisen an Spielsituationen. Von daher muss ich sagen, die Rollenspiele früher waren nicht wirklich besser, sie wurden nur mit mehr Liebe gemacht. Und das spürt(e) man.

Zu guter Letzt stellt sich natürlich noch die Frage, wie viel von dem Rumgeseiere und Geheule von wegen "früher war alles besser" einfach nur durch die beschönigende Wirkung der Zeit zustande kommt. Denn letztenendes sind es doch nur die schönen Erinnerungen, die uns permanent und unverändert erhalten bleiben. Oder wie seht ihr das?
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Daher sei an dieser Stelle ein ganz klares und großes JA zu Rollenspielläden ausgesprochen, mit der Aufforderung: SUPPORT YOUR LOCAL DEALER! Erhaltet diese uns eigene Biosphäre, denn sie wird immer seltener.
Nein danke. Mein "Local dealer" ist ein Unsympath, der Laden ist eine siffige Klitsche und die Typen, die da rumhängen, sind zu 90% TCG-Kiddies. Und der "Local dealer", den wir vorher hatten, war auch nicht viele besser. Jeder Internetshop verdient mehr Unterstützung als die.
Der "Not quite so local dealer", bei dem ich auch gelegentlich mal kaufe, ist schon besser, aber allgemein kaufe ich auch einfach weniger als früher. Das ist schade, denn das Einkaufen von Rollenspielmaterial (und anderem) ist etwas, das gegenüber früher erheblich besser ist. Wenn ich die heutige Situation mit Prä-Internet-Zeiten vergleiche - es ist ein goldenes Zeitalter für den Vertrieb von Nischenprodukten.

Doch für mich stellt es sich dergestalt dar, dass die früheren Rollenspiele einfach ein ganz bestimmtes Feeling geweckt haben. Man konnte beim durchblättern und lesen der Werke die Abenteuerlust, die Kreativität und den Spaß der in dem Spiel steckte und auch in den Autoren SPÜREN, ja man wurde sogar damit angesteckt. Als weiterer Bonus kam natürlich hinzu, dass es damals ganz einfach war, etwas neues zu schaffen, schließlich gab es so viele RPG nicht, vor allem nicht hier in Good old Germany. Dieses Feeling fehlt mir in vielen der heutigen, durchdesignten Rollenspiele, mögen sie grafisch noch so toll aufgemacht sein.
Jo. Kenn ich.
Liegt aber nicht an den Spielen, sondern an mir. Man wird halt älter und erfahrener, und nichts ist mehr so schön wie damals, als man angefangen hat. Gleichzeitig hat man weniger Zeit, was sich bei Rollenspielrunden verstärkt auswirkt, weil es alle Mitspieler betrifft.

Doch wie sieht es mit den Regeln an sich aus? Ich sage, natürlich begrenzt durch meine nur geringen Erfahrungen im eigentlichen Spiel, die Regeln früher waren ziemlich löchrig und bedurften vielerorts Interpretation, Reperatur oder gar Hinzuerfinden durch den SL.
Das möchte ich eigentlich nicht behaupten. Ganz im Gegenteil. Die RAW (Ich sage jetzt mal für DSA1-3, Traveller, Cthulhu, Paranoia, Star Wars D6, Mechwarrior 1st/2nd) haben damals hervorragend funktioniert. Nur aus heutiger Sicht - älter und erfahrener - erfüllen sie eben bestimmte Ansprüche nicht mehr, so daß man heute an den selben Regeln rumbasteln würde.

Heute gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichsten Rollenspielen mit einer schier erschlagenden Vielfalt an Regelkonstrukten.
War damals auch schon so.

Von daher muss ich sagen, die Rollenspiele früher waren nicht wirklich besser, sie wurden nur mit mehr Liebe gemacht. Und das spürt(e) man.
Rollenspiele werden auch heute noch mit genau so viel Liebe gemacht. Sie sind eben nur nichts neues, innovatives, gewagtes mehr. Und sie sind sich dessen bewußt. Gleichzeitig ist das Hobby in seiner Nische gereift, und dadurch zum einen etwas verkapselt und zum anderen mit gewachsenen Ansprüchen ausgestattet. Beides kann sich nachteilhaft auswirken. Kein Mensch würde es heute mehr wagen, wie FGU in den 80ern Rollenspiele zu allen möglichen Abenteuergenres am Fließband auszuspucken - und diese Spiele würden, wenn sie heute erschienen, in Foren wie diesem als unprofessioneller Mist zerrissen werden.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Ich denke im Pen & Paper ist seit dem Internet vieles Besser.
Es findet mehr austausch statt, es gibt mehr Systeme (Und vor allem kann man sich vor dem Kauf über sie schlau machen), dank Mailorder ist man kein Sklave des Local Gamestor mehr (Auch wenn diese als Forum für fans und persönlichen Austausch noch immer unentbärlich sind).
Die Systeme haben sich weiter entwickelt.

Und das beste : Wemm es nicht passt kann soweit er noch seine Orginale von Früher hat immer noch so spielen wie vor 10-20 Jahren.

Im Liverollenspiel war früher einiges Besser. Klar Großcons, ausrüstung die man nicht selber machen muss haben schon was für sich. Aber ich vermisse die Zeit als Liverollenspieler noch eine große Familie waren, die Zeit als man seine Ausrüstung rum liegen lassen konnte weil jeder jeden kannte und aus selben grund auch noch die Selbstkontrolle der Charaktere funktioniert hat, als es noch keine Massenwahre gab und noch wirklich jedes krümelchen Ausrüstung ein Einzelstück war ...
- tja das is vorbei ...
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Prinzipiell Zustimmung, aber:
Hier möchte ich Bezug nehmen auf Zornhau's Aussage, in der er behauptet, man spielte früher unbefangen und mit der Lust auf Neues.
Was sich vor allem im SpielINHALT niederschlug, nicht im SpielSYSTEM.
Bereits vor den 90ern haben AD&D- und DSA-Spieler die gleiche "Was der Bauer nicht kennt..."-Attitüde an den Tag gelegt und nur "ihr" System gespielt, ohne über den Tellerrand zu schielen. Das ist nichts, was erst mit Shadowrun oder der WoD erfunden wurde.

Trotzdem kann man sagen, dass damals die Spielgruppen (auch (oder gerade weil) sie nur ein System kannten) wesentlich unbefangener und experimentierfreudiger gespielt haben. Das mag freilich auch mit der größeren Planungsfreiheit (= mehr Zeit :D) zu tun gehabt haben.

Damals, in meinen ersten WoD-Runden, haben wir uns mehrmals pro Woche getroffen und oft 6+ Stunden pro Treffen gespielt. Da kann man natürlich Abenteuerideen verwirklichen und Sachen aufbauen, die für "werktätige" Rollenspieler schlicht utopisch sind. Entsprechend hatten diese Runden (so chaotisch improvisiert sie auch waren) natürlich eine ganz andere Qualität und einen wesentlich höheren Immersionsgrad, was dazu führte, dass (wie Zornhau schon ausgeführt hat) die Spieler unbefangener waren und sich eher auf Neues einließen.

Später, als wir andere Systeme kennenlernten, hatte jeder "sein" System und wir haben uns abgewechselt. Obwohl wir prinzipiell das gleiche gemacht haben, konnten die Runden, einfach dadurch, dass soviel Zeit zwischen ihnen lag, nicht mehr die gleiche Wirkung entfalten und sind dann irgendwann (als die Treffen, bedingt durch unterschiedliche Lebenswege nach dem Schulabschluss der Spieler, immer seltener wurden) eingeschlafen.

Erst später habe ich dann gelernt, wie man ein Abenteuer strukturiert, damit man es in "angemessener" Zeit (maximal 2-3 Spielsitzungen á 4 Stunden) "durchspielen" kann, aber trotzdem kommt mir das im Vergleich zu meinen damaligen Runden immer wie Fast-Food vor.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Damals, in meinen ersten WoD-Runden, haben wir uns mehrmals pro Woche getroffen und oft 6+ Stunden pro Treffen gespielt. Da kann man natürlich Abenteuerideen verwirklichen und Sachen aufbauen, die für "werktätige" Rollenspieler schlicht utopisch sind. Entsprechend hatten diese Runden (so chaotisch improvisiert sie auch waren) natürlich eine ganz andere Qualität und einen wesentlich höheren Immersionsgrad, was dazu führte, dass (wie Zornhau schon ausgeführt hat) die Spieler unbefangener waren und sich eher auf Neues einließen.

Seuftz, da kann ich mich nur absolut uneingeschränkt anschließen !
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

"Früher, früher da war alles besser!"

Jein, Der erste Kuss ist halt der erste! Den kann man in gewissem Sinne nicht toppen. Die Technik schon, keine Frage, aber nicht das Gefühl des neuen.

Es ist halt das erste mal das man eine Tür in eine neue Erfahrungswelt aufmacht. Und das ist es was man, wenn man nicht wirklich neue Türen auftut, eben einmalig.

Zunächst einmal gab es "früher" ... mehr Rollenspielläden, ... [snip]... SUPPORT YOUR LOCAL DEALER! Erhaltet diese uns eigene Biosphäre, denn sie wird immer seltener.

Gerade die um 1968 geborenen waren ein recht zahlenmäßig starker Jahrgang. Auch das ist in Westeuropa und Japan ein Grund von vielen.

Wie war das mit den Spielern und dem Spielfeeling an sich?
Hier möchte ich Bezug nehmen auf Zornhau's Aussage, in der er behauptet, man spielte früher unbefangen und mit der Lust auf Neues.

Jein. Wie beim Poppen wollte man zunächst möglichst oft das selbige tun. In den verschiedensten Varianten.

... Das äusserte sich sowohl in der eigentlichen Spiel-Mentalität als auch in der "was der Bauer nicht kennt frisst er nicht"-Mentalität. Ich kann mich noch sehr gut an jede Menge scheele Blicke und dumme Kommentare erinnern, wenn man mal nicht WoD oder Shadowrun spielen wollte, AD&D ging noch, wenn auch nur bedingt, so zumindest meine Erfahrungen.

Gerade Shadowrun, auch wegen dem Cyberpunk Thema, da halt mit Magie gemixt, hat einen Schwung Cyberpunk begeisterte Jugendliche ans Rollenspiel herangeführt. Ebenso Battletech, wenn auch weniger. Und die WoD, vor alle VtM hat einen weiteren Schwung herangeführt, die damals hochschwappende Gothic Szene hat viele zum Rollenspiel gebracht. Das erkannte ich daran das plötzlich viele jüngere Gesichter unter den Rollenspielern zu finden waren, Und das gerade kurz bevor MtG dem Rollenspiel massiv das Geld entzog, Ohne WoD hätte es damals wohl noch düsterer ausgesehen. Auch wenn viele über diese neuen Mitspieler die Nase rümpfen, man muss über das neue Blut dankbar sein...

Das Spieler und Spielrunden nicht immer wieder alle neu erfinden müssen, also nicht jede Sau die durch das Dorf getrieben wird gleich super finden müssen, vor allem wenn sie schon ein paar der alten kennen, das sollte doch klar sein,

Das neue muss schon besser sein, zumindest wenn man schon eine Nische gefunden zu haben meint. In der Sturm & Drang Phase reicht schon viel Neues. Da ist Neues an sich gut. Mit der Erfahrung wächst die Skepsis.

Auch und vor allem die ebenfalls von Zornhau erwähnte Angewohnheit, die Spieler in Watte zu packen ...
Das und auch den Dominator SL, der gerne auch mal einen beinahe TPK aus Machtphantasien ausleben wollte, gab es schon immer. Auch bei nicht-RPGs.

Kommen wir nun zum eigentlichen Ursprungspunkt dieser ganzen Diskussion, die Frage, ob Oldschool-/Retro-Clone gut oder schlecht sind.

Von der Spielmechanik sind die ersten beiden Generationen an Rollenspielen, also vieles was OldSchool ist, auch z.B. das T32, recht krude, abstrakt halt. Einer der Grossen Vor- und Nachteile ist bei diesen recht kruden Konstrukten das sie nicht auf alle Eventualitäten Antworten bereit halten. Somit bleibt für Improvisation mehr Raum als in, von den Regeln her moderneren und vollständigeren, Rollenspielen die es spätestens seit der Mitte der 80-er Jahre gibt. (Hero z.B.)

Viele Spieler wollen wieder zurück zu ihren Wurzeln um das auszuprobieren was sie zu dem Hobby gebracht hat.

Zu guter Letzt stellt sich natürlich noch die Frage, wie viel von dem Rumgeseiere und Geheule von wegen "früher war alles besser" einfach nur durch die beschönigende Wirkung der Zeit zustande kommt. Denn letztenendes sind es doch nur die schönen Erinnerungen, die uns permanent und unverändert erhalten bleiben. Oder wie seht ihr das?

Gerade die Retrowelle kann das entzaubern, zumindest wenn man sich der Unzulänglichkeiten und Ungleichgewichte der damaligen herangehensweisen schmerzhaft wieder bewußt wird.

Es mag der eine oder andere die alte Zeit glorifizieren, aber wenn ich mir überlege was wir damals für einen Scheiß zusammengespielt haben, oder an was wir uns ergötzt haben, dann wundert mich die Retrowelle wirklich.

Als ich SF regelmäßiger zu lesen begann, also vor so 27 Jahren, mit 13, da fand ich neben den Terranauten auch Perry Rhodan ganz interessant. Und Perry Rhodan würde ich heute nicht in das Regel mit den Büchern stellen die ich erwäge noch mal zu lesen...
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Ich denke Fanboytum und Systemmonokultur sind kein neues Phänomen, das erst von Vampire/Shadowrun/AD&D2E/hier-Zerstörer-des-Hobbys-eintragen eingeführt wurde, sondern etwas was es schon immer gab.
Heute ist das Problem sogar tendenziell sehr viel kleiner als früher, da es sehr viel einfacher geworden ist, sich über andere Systeme zu informieren und an sie ranzukommen (v.a. bei freien Rollenspielen), man muss also oftmals nicht zur Katze im Sack greifen, um sich dann darüber schwarz zu ärgern dass man doch nur Midgard/DSA/D&D mit W30 statt W20 und Alf statt Alfen bekommen hat.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Moin,

ich werde wohl demnächst auch mal so ein Retro-RPG beginnen zu leiten, entweder LL oder OSRIC.

Allerdings nicht wegen irgend eines Podestes auf dass ich das stellen möchte, sondern weil ich ein System nehme, das ich für eine Runde nehmen will, die sich nur ein mal im Monat wenn nicht seltener trifft und in der ich einfach nur Spaß haben will.

Und zu viele Regeln sind mir dafür einfach hinderlich.

Zum alten Weg zu spielen oder wie man das nennen mag kann ich darüber vielleicht auch eher kommen, im Gegensatz zu den anderen Runden, on denen wir teilweise bewusst Metaplot spielen.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Moin,

ich werde wohl demnächst auch mal so ein Retro-RPG beginnen zu leiten, entweder LL oder OSRIC.

Allerdings nicht wegen irgend eines Podestes auf dass ich das stellen möchte, sondern weil ich ein System nehme, das ich für eine Runde nehmen will, die sich nur ein mal im Monat wenn nicht seltener trifft und in der ich einfach nur Spaß haben will.

Und zu viele Regeln sind mir dafür einfach hinderlich.

Zum alten Weg zu spielen oder wie man das nennen mag kann ich darüber vielleicht auch eher kommen, im Gegensatz zu den anderen Runden, on denen wir teilweise bewusst Metaplot spielen.

Ähh. Old-School heisst nicht unbedingt wenige Regeln.
Im Gegenteil haben gerade die originalen alten Rollenspiele, und viele Retro-Klone mit, genau ein Sammelsurium an Tabellen und unterschiedlichsten Situationsauflösungen, die nicht voneinander ableitbar sind.

Zum Spielen braucht man dann entweder häufig das Regelbuch, immer die wichtigsten Tabellen zur Hand, die unterschiedlichsten Würfel (W4, W8, W10, W12 und W20) und, wenn man was nicht findet (egal ob nun im System da oder nicht), viel Improvisationstalent.

Das kann man, bei modernen Systemen, auch haben, minus die untereinander nicht kompatiblen Auflösungsmechanismen, minus die unvollständigen Regeln (mehr oder weniger zumindest).

Old-School wird nachgesagt es sein schneller, das trifft aber nur auf neue Regelvarianten zu die minutiöser sind (GURPS ohne Tweaks z.B. da ein Kampf zwischen ausgeglichenen, fähigen, Gegnern auch schon mal 5 oder 10 Kampfrunden dauern kann.) und mehr taktisches Geschick verlangen.

Der einzige wirkliche Vorteil von Old-School ist, das es relativ viele vorgefertigte Abenteuer dafür gibt. Und wenn der Klon sehr nahe dem Original ist, dann muss man auch nicht viel, oder gar nicht umstellen.

Es hat schon einen Grund wieso viele Systeme über den Old-School Stand damals evolviert sind. Manchmal auch gewuchert (A)D&D 2+ bis D&D 4 und DSA 2 bis 4 z.B.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Ich würde mich der Aussage, dass früher (fast) alles besser war auch anschließen, wobei ich persönlich so bis ungefähr kurz vor erscheinen der WOD zurückgehen würde (nicht, das die WOD schuld wäre, eher ein Indikator).

Die Spieler:
Von dem Problem, das die meisten Spieler (junge wie alte) einmal abgesehen deutlich weniger Zeit haben (dafür können sie eigentlich meist kaum was) sehe ich einen deutlichen Wandel in der Mentalität. Ganz am Anfang hat eine erhebliche Zahl an Leuten sich selbst kreativ in diesem Feld betätigt, es war eine deutlich breitere Bereitschaft dieses oder auch andere neue Sachen auszuprobieren - im Privaten, aber auch auf Cons oder der Messe (wie viele Runden wo Leute - insbesondere mit Fremden- ihren neuen Rollenspielkram ausprobieren, gibt es noch auf der Spiel?) Dazu kommt eine ganz andere Erwartungshaltung. Es wird zwar zunehmend eine perfekte Bespaßung erwartet, eigener Aufwand wird abgelehnt. Dazu sehen sich viel zu viele Leute als die alleinigen Stars des Spiels, welche Spotlight und Interpretationshoheit für sich als gepachtet sehen und die Mitspieler nur als Nebendarsteller und Zuschauer gesehen werden - vielleicht eine Folge der vielen Einzelkinder.
Idioten hat es schon immer mal gegeben, aber die Zahl der "Edelkonsumenten" ist eine Welle der Moderne. Und die Spiele versuchen dies zu einem guten Teil zu bedienen und verstärken das dadurch auch noch.

Zu den Spielen:
Damals hatte ich nicht genug Geld, heute gibt es nicht mehr genug gute Werke, dass ich mit der Kaufsituation zufrieden sein könnte. Es wird eine riesige Menge an Material herausgeworfen, aber davon ist eine Menge auch nur in Masse herunter geschriebener Fluff oder Regelergänzungen, welche nicht von einer eigenen Schaffenshöhe sind, sondern eigentlich nur ein bestehendes Konzept aufnimmt, minimal verändert oder ergänzt bzw. die bekannten Parameter irgendwie neu kombiniert um Masse des Masse (und Geld) schaffens willen zu generieren.
Wo früher neue Ideen vielleicht in Heartbreakern versenkt waren, wurden zunehmend solche Ideen einfach nackt oder unreif und nur teilweise durchdacht auf den Markt geworfen. Eine wirkliche Arbeitsersparnis ist da nicht zu erkennen, und das wäre letztendlich wofür ich zahlen würde. Und dieser handwerkliche Qualitätsmangel wird dann auch noch modern schön geredet.
Mein Eindruck der Rollenspielkultur ist da: Innovation - Evolution - Degeneration.

Zum Internet
Das Internet erlaubt es in der doch scheinbar schwindenden Zahl an Spielern , seinen Wahrnehmungshorizont deutlich zu erweitern und so den individuellen Schwund in der persönlichen Umgebung zu kompensieren. Ohne Internet wäre das Rollenspiel schon tot, da sich die einzelnen kleinen Inseln nicht mehr verbinden, Ideen und Spieler austauschen könnten und so vereinzelt dann absterben würden.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Früher WAR alles besser. Und aus Holz.

...

Wie das Gros der Meinungen sagt: vieles davon ist subjektive Wahrnehmung. Nur weil Rollenspiele heute "professioneller" (eigentlich zeitgemäßer, in Hinsicht auf digitale Produktionsprozesse) aufgemacht sind, heißt das nicht, daß sie mit weniger Liebe oder Abenteuerlust gestaltet sind. In der persönlichen Anfangszeit wirkt das ganze halt noch aufregender.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Meine Güte Leute, ihr fangt echt an wie eure eigenen Opas zu klingen, findet ihr nicht?

Ja, früher war alles anders. Man war verrückter, hatte mehr Zeit und weniger Verpflichtungen. Man konnte die Nächte durchzocken, sich monatelang nur von Junkfood und Bier ernähren ohne nennenswert fett zu werden, ist weite Strecken mit dem Auto gefahren, um zu einem mickrigen Con oder auch nur zu einem Rollenspielladen zu fahren, von dem man irgendwie von irgendwem gehört hatte. Und Sex hatte man dazwischen auch noch regelmäßig.

Kann das eventuell vielleicht so ein bißchen daran liegen, daß man damals verdammt jung war? Daß man heute nicht mehr ganz so jung ist und zudem noch berufstätig und vielleicht verheiratet und vielleicht sogar mit Kindern gesegnet? Ist das vielleicht eventuell so ein bißchen einfach nur der Lauf der Welt?

Think about it.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

ist mir aufgefallen, dass ich durchaus von vielen langjährigen Rollenspielern immer wieder in der ein oder anderen Version zu hören bekomme: "Früher, früher da war alles besser!"
Erstmal vorab: Kowalski sagte es bereits "der erste Kuss ist der beste". Man erinnert sich noch genau daran, wie weich die Lippen des Gegenübers waren, welches Feuer entfacht wurde und wie man zu lodern begann.

mehr Rollenspielläden, ja sogar mehr Spielwarenläden allgemein. Dem kann ich durchaus zustimmen. Die Gründe für das Aussterben dieser Läden, vor allem ersterer alleine im Internet und Versandshops zu sehen halte ich für verkehrt, dochist das nicht Teil dieser Diskussion. War das besser?
Ich sage eindeutig JA, ein Rollenspielladen ist ein Ort, an dem man Gleichgesinnte treffen konnte (und kann), an dem man mit den diversesten Leuten Fachsimpeln kann, an dem man in die diversesten Spielbücher und sonstigen Supplements wie Miniaturen, Bodenpläne, usw reinschauen kann, ein Ort an dem man an verschiedensten Spielrunden teilnehmen kann und zu guter letzt einfach ein Ort an dem man sich als Hobbiist wohlfühlt (auch ob und in wie weit dies noch zutrift gehört nicht unbedingt hierher, wiewohl durchaus der Punkt ob dem früher so war).
Vieles davon kann man jetzt im Internet erledigen. Zumindest, wenn man weiß, was man sucht. Das traf auf den Standard-Rollenspielladen aber ebenfalls zu.

Wie war das mit den Spielern und dem Spielfeeling an sich?
Hier möchte ich Bezug nehmen auf Zornhau's Aussage, in der er behauptet, man spielte früher unbefangen und mit der Lust auf Neues.
Rollenspiel war neu und von daher etwas Besonderes. Ganz nebenbei wirkten natürlich damals schon wie heute die fesselnden Elemente des Rollenspiels (Charakterbindung, Spielfreiheit).

Doch kann man das so einseitig sehen? Gab es nicht auch damals genug Unfug, sowohl seitens Spielerschaft als auch seitens SL? Und ist wirklich alles was zwischenzeitlich so passiert ist schlecht? Ich sage nein, ist es nicht. Mir persönlich kommt es nur so vor, als sei wesentlich mehr schlechte als gute Entwicklung passiert, aber nicht, dass es gar keine gute Entwicklung gegeben hätte. Oder wie seht ihr das?
Natürlich gab es früher sehr bescheidene SL. Kein Wunder, man hatte ja noch keine Zeit zum Lernen gehabt und Tipps waren rar.

Doch für mich stellt es sich dergestalt dar, dass die früheren Rollenspiele einfach ein ganz bestimmtes Feeling geweckt haben. Man konnte beim durchblättern und lesen der Werke die Abenteuerlust, die Kreativität und den Spaß der in dem Spiel steckte und auch in den Autoren SPÜREN, ja man wurde sogar damit angesteckt. Als weiterer Bonus kam natürlich hinzu, dass es damals ganz einfach war, etwas neues zu schaffen, schließlich gab es so viele RPG nicht, vor allem nicht hier in Good old Germany. Dieses Feeling fehlt mir in vielen der heutigen, durchdesignten Rollenspiele, mögen sie grafisch noch so toll aufgemacht sein.
Besser waren die Spiele auch nicht, sie waren vor allen Dingen neu und etwas besonderes. Man hatte halt weniger Vergleiche und gegen Monopoly schnitt ein Rollenspiel halt idR gut ab.

Doch wie sieht es mit den Regeln an sich aus? Ich sage, natürlich begrenzt durch meine nur geringen Erfahrungen im eigentlichen Spiel, die Regeln früher waren ziemlich löchrig und bedurften vielerorts Interpretation, Reperatur oder gar Hinzuerfinden durch den SL.
Das war nicht das Problem. Man machte das Spiel eh zu seinem Spiel (schon im Setting), da waren Hausregeln kein großer Schritt mehr. Und auch wenn die Regeln löchrig waren, man konnte damit zumindest relativ schnell losspielen. Das scheint mir heute nicht der Regelfall zu sein.

Heute gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichsten Rollenspielen mit einer schier erschlagenden Vielfalt an Regelkonstrukten. Natürlich ist auch hier viel (subjektiver aber auch teilweise objektiver) Mist zu finden, doch hat diese Unzahl auch Vorteile. Noch nie war es so einfach, ein Regelsystem zu finden, das auf die eigenen Vorlieben und/oder die Vorlieben der Gruppe genau passt.
Wohlgemerkt für den informierten Menschen. Es gibt da draußen viele Runden, die einfach ihr System spielen, ohne nach links und rechts zu schauen. Das kann man keinem übel nehmen. Nicht jeder ist halt ein Nerd - wie wir.

Auch viele neue Ideen und Regelumsetzungen ermöglichen teilweise ganz andere Spielgefühle und herangehensweisen an Spielsituationen. Von daher muss ich sagen, die Rollenspiele früher waren nicht wirklich besser, sie wurden nur mit mehr Liebe gemacht. Und das spürt(e) man.
Ach watt. Das degradiert ja alles neue völlig pauschal. Es ist schwieriger was überzeugendes (neues) zu schaffen und der zuhörende Teil des Hobbys ist so gut informiert, dass er Regeln und Setting direkt abweist. (Dass sich der Rollenspiel-Nerd für so besonders hält, dass er jedem erzählen muss, wie schlecht doch Spiel A und B sind, wäre ein eigenes Thema.)
Sicher ist es ein Fehler, wenn man Rollenspiele quasi für sich schreibt und dann publizieren will. Aber wirklich geholfen ist keinem, wenn nur Zeter und Mordio geschrien wird.
(Aber Kritikfähigkeit ist ebenfalls ein anderes Thema.)
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Erstmal vorab: Kowalski sagte es bereits "der erste Kuss ist der beste". Man erinnert sich noch genau daran, wie weich die Lippen des Gegenübers waren, welches Feuer entfacht wurde und wie man zu lodern begann.
Definitiv war der erste Kuß nicht "der Beste". Irgendeine schäbige Alte, weil ich beim Flaschendrehen verkackt habe. Erinnern? Ja, klar. Gerne? Nein.

Und wenn ich mein Spielvergnügen von früher mit heute vergleiche, kann ich dieses ganze Geheule auch nicht verstehen. Bei den Blicken auf meine ersten Charaktere kommen mir, aufgrund des großen L-Schildes, die - sprichwörtlichen - Tränen. Es gab viele Dinge, die früher besser waren: es gab Karlsquell und man hatte für fünf Mark für zwei Abende das Vorsaufen gesichert, Kippen waren billiger und man war mittags von der Schule zu Hause und hatte den Nachmittag frei.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Definitiv war der erste Kuß nicht "der Beste". Irgendeine schäbige Alte, weil ich beim Flaschendrehen verkackt habe. Erinnern? Ja, klar. Gerne? Nein..

Well, sorry to hear that.

Es geht aber um den ersten Kuss der für einen selber zählt.

Und wenn ich mein Spielvergnügen von früher mit heute vergleiche, kann ich dieses ganze Geheule auch nicht verstehen. Bei den Blicken auf meine ersten Charaktere kommen mir, aufgrund des großen L-Schildes, die - sprichwörtlichen - Tränen.

Ja. Da sprichst Du ein wahres Wort. :D

Wobei das einem damals in jugendlichem Überschwang gar nicht auffiel. Und man erinnert sich ja oft nicht mehr an das tun selbst, sondern an die Gefühle die mit dem tun einher gingen...

Sind Erinnerungen nicht eh mit `ner rosa Brille versehen?
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Das rall' ich nicht. Bitte erklären.

Gibbet bei uns auch als gelben Aufkleber auf manchen Autos. Nur dann mit Text, Ausrufezeichen, Und Warndreiecken. Nur halt ohne grosses "L".
Und auch ohne kleines "l"...
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Wenn ich es nicht schon selber ergoogelt hätte, dann...


... wäre das auch keine wirklich hilfreiche Antwort gewesen.
 
AW: War früher alles besser (auch die Rollenspiele)?

Wenn ich es nicht schon selber ergoogelt hätte, dann...


... wäre das auch keine wirklich hilfreiche Antwort gewesen.

Ich wollte es ja auch nicht für doofe schreiben. Und ich hatte Recht. ... das ich das nicht an doofe addressierte....

Aber vielleicht war das hier nur ein freudscher verschreiber. ;)


Entweder fällt der Groschen oder man greift heute zu Google-Fu!
 
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