Verschwinde [Graue Wirklichkeit]

Freako

Der Kriegerpoet
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Verschwinde [Graue Wirklichkeit 7]

Mit einem Ruck löste er seinen Blick von ihrem Namen. Es war besser, wenn er jetzt ging.

Er trat durch die Tür und hinaus in den strömenden Regen. Dieser war mittlerweile noch stärker geworden; große, schwere Tropfen, die mit Gewalt herniederprasselten und regelrechte kleine Bäche und tiefe Pfützen auf dem Bahnsteig bildete. Als Steve über das verrostete Drehkreuz kletterte erhellte ein Blitz den schwarzen Himmel und ließ seine Umgebung für einen winzigen Augenblick in einem unglaublich hellen Licht erscheinen. Dann folgte ein so gewaltiger Donnerschlag, dass Steve kurz zusammenzuckte und resignierend nach oben sah. Er musste einen trockenen Platz finden, wenn er sich nicht böse erkälten wollte.

Mit schnellen Schritten ging er los, die Gasse hinunter, die parallel zu den Bahnschienen in die Richtung führte, aus der er gekommen war. Immer wieder zuckten Blitze und krachten laute Donnerschläge über ihm, doch er registrierte es kaum. Immerhin klärte der eiskalte Regen seinen Kopf, wenn er auch nicht seine Gedanken an sie vertreiben konnte. Er war es leid, warum musste es so weh tun? Früher hatte ihn nichts so erschüttert, sie war nicht einmal seine erste Freundnin gewesen- bei Weitem nicht. Und doch...

Er ballte wütend die Faust. Was sollte das? Es konnte nicht sein, dass er so schwach geworden war... er fühlte Zorn, Zorn über sich selbst, über das Schicksal, ads sie auseinandergerissen hatet, ja, sogar Zorn auf sie, weil sie ihn so sehr peinigte, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Doch dann öffnete er seine Finger wieder und seufzte laut. Es war unrealistisch, dass er sie jetzt schon vergessen konnte- sich aufzuregen brachte auch nicht viel.

Zumindest ein Teil von ihm lebte noch, dachte er mit einem Anflug von Ironie.

Die Bewegung von der Seite nahm er nicht wirklich war, und dennoch reagierte etwas in ihm blitzschnell darauf. Ein Schatten schnellte von der Seite heran und stieß mit einem blitzenden Gegenstand nach seinem Rücken. Im letzten Moment warf er sich zur Seite und packte gleichzeitig den Arm, der das Messer hielt. Er drehte ihn mit solcher Kraft herum dass er Knochen knacken hörte. Die Gestalt schrie auf vor Schmerz, doch es war ihm egal. Flammender, roter Zorn vernebelte auf einmal seine Sicht, und als der nächste Blitz aufzuckte packte er das Messer und drückte es an die Kehle des anderen.

Er wollte ihn töten, ihm den Halz aufschlitzen, ihn elendig verrecken sehen. Alles in ihm schrie danach, all die Verzweiflung, die sich in ihm in den letzten Stunden aufgestaut hatte, all die Trauer, all der Zorn wollten sich bahn brechen und ihn dazu bringen das Leben dessen zu beenden, der seines hatte nehmen wollen.

Seine Hand zitterte so stark, dass sie die Haut des Kerls ritzte. Im Licht eines Blitzes erblickte Steve die vor Schmerz und Angst aufgerissenen Augen, die ihn anstarrten und das Ende erwarteten.

Doch es kam nicht. Einen Augenblick lang hielt Steve den Jungen noch fest, dann ließ er ihn los und stieß ihn von sich.

Der Kerl stolperte ein stück von ihm weg und hielt sich seinen gebrochenen Arm. Angstvoll sah er Steve an, doch dieser blieb reglos stehen.

"Verschwinde" sagte er leise, und der Andere ließ sich das nicht zweimal sagen. Er fuhr herum und rannte, so schnell sein Zustand es erlaubte. Eine Gestalt, gehüllt in Lumpen, klein, fast zierlich und ziemlich abgemagert. Ein Junge des Ghettos, der in seiner Verzweiflung beim Versuch zu überleben auch vor einem Mord nicht zurückschreckte. Seinen wahrscheinlich letzten Besitz hielt Steve nun nachdenklich in den Händen und drehte ihn langsam hin und her. Es war ein billiges Schnappmesser, dessen zerschrammte Klinge matt schimmerte.

Lange stand Steve da und sah es an, dann zuckte er die Schultern und schob die Klinge zurück. Er steckte das Messer in seine Hosentasche und setzte seinen Weg fort.
 
Na ja, was soll ich sagen?

Deine Geschichten gefallen mir alle. Nicht unbedingt die Art von Geschichten die mich persönlich ansprechen würden und die ich mir im Buchhandel kaufen würde, aber das ist ja eine persönliche Sache.

Du hast eine tolle Art zu schreiben schon büsschen neidisch gucktz

Ich erteil dir hiermit Postverbot *g*
 
Ich find den Schreibstil gut, allerdings lese ich ungerne lange Sachen und hab daher die anderen Teile von "Graue Wirklichkeit" nicht gelesen. Vielleicht mach ich es nach und nach.
Aber welcher Teil ist das hier nun?

EDIT: Wer lesen kann ist klar im Vorteill.. Teil 7 g
 
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