Vergessen

Lethrael

Schreiberling
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9. März 2004
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Guten Morgen, ich habe es endlich geschafft mich hinzusetzen und eine Geschichte zu schreiben. Entschuldigt bitte die Konfuse Ordnung, irgendwie bekomm ich das jetzt nicht mehr so wie gewünscht hin. Viel Spaß.
MdBG Leth
Vergessen.
Hart fiel er hin, leise lief eine Träne hinab in die harte Erde. Sein Kampf mit den Tränen forderte seinem jungen Willen alles ab
und doch konnte er ihnen für den Moment widerstehen.
Ruckartig sprang er auf, als ob er in einem Ameisenhaufen gelegen hätte. Schweigend und doch wimmernd,
sein kleines Gesicht zu einer Grimasse des Weinens verzogen, suchten seine getrübten Augen halt.
Doch er fand nur den Asphalt, der windend fortlief und das Dunkel des Waldes um ihn. Der Rucksack auf seinem drückte schwer auf seine Schultern,
wenigstens schenkte er ihm ein Gefühl von Wärme. Die Straße schien und sein kein Ende nehmen zu wollen, egal wie schnell er auch über sie lief.
Schneller, immer schneller lief er, doch lange konnte er nicht so schnell laufen, sein Schritt verlangsamte sich,
sein Atem keuchte in der immer dunkleren Dämmerung und Tropfen schimmerten im Halbdunkel auf seiner Stirn.
Noch jagten seine Augen hin und her, wie hüpfende Bälle.
Zuckend erleuchtete das Straßenlaternenlicht diese Dunkelheit und schenkte ihm wenigstens einen Hauch von Licht.
Doch ringsum diesen Lichtsäulen verschluckte die Dunkelheit Geräusche und Bewegungen.
Sein Kopf zog sich mehr und mehr in seine Schultern zurück, mit kurzen Fingern zuckelte er nach seiner Kapuze und zog sie sich über den Kopf.
Trippelnd, trappelnd schob sich sein Körper durch die abwechselnd hellen und dunklen Flecken
auf der fortlaufenden Bergstraße hinein in den Wald.
Endlos schien er dort entlang zu gehen, höher und höher.
Nur kurz verstummt er, um neuen Atem zu schöpfen und
ergeht sich in diese Nacht, die ihn mit kitzelnden kalten Fingern umarmte.
Kein Geräusch drang durch den Wald, nur leise trieben die gleichmäßigen Schritte einen Hall vor sich her,
keuchend erklang sein Atem dazu. Er schüttelt sich, als ein kalter Wind über ihn hinweg fuhr.
Sein Mund entsandte bleiche Wölkchen hinaus in die Dunkelheit, doch nicht lange hielten sie sich in der kalten Luft.
Endlich hallen Worte durch die Stille der Dämmerung, er sprach sich selbst Mut zu:
„Wieso?...Wieso hat sie mich vergessen?...Bin ich so unwichtig für sie?...Ich habe an der Schule gewartet, aber sie ist nicht gekommen. Wieso?“
Dieses Mantra sprach er immer schneller und schneller,
wie um seine Sprache seine Schritte anzupassen.
Die Erinnerung an Kekse, so plötzlich und fordernd überfiel sie ihn,
dass er innehalten musste. Kaum spürte er diesen Wunsch in sich,
nahm er schon den nächsten wahr, warmer süßer Tee,
der ihm wohltuend durch den Hals glitt.
Weitere Gedanken an Wärme, sein Bett und
Licht schoben sich zwischen die Straße und ihm.
Sein Körper reagierte auf seine Wünsche, er gähnte und
spürte die Kälte in seinen Mund fließen und brennen.
Unten in seinem Bauch fühlte er einen kleinen Sack leer und klamm rumoren. Als ob dies die Initialzündung gewesen war, brach sich eine Träne aus seinen zusammen gepressten Augen
und lief in dem kalten Wind brennend hinab zu seinem Mund.
Langsam lief die Kälte, Wasser gleich in seinen Kragen,
legte sich wie eine Hand auf seine Brust und floss tiefer unter die Kleidung.
Sein Pulli kratzte kalt und nutzlos über seine Haut.
Sein Anorak bauschte und lud weitere kalte Luft zwischen sich und den Pulli. An seinen Beinen lief die Gänsehaut hinauf und hinab und die Luft blies kalt durch die Aufschläge.
Kleiner und kleiner machte er sich, doch die Kälte breitete sich sogar in seine Hosentasche aus und schon bald taten ihm seine Finger weh,
so kalt war es. Er zog die Hände hervor, atmete seinen warmen bleichen Atem auf sie,
doch die Feuchtigkeit in seinem Atem trübte die Wärme letztlich und die Kälte siegte.
Langsamer und langsamer stieg er hinauf, die Kälte kitzelte seine Nase,
die am liebsten fortgelaufen wäre, zumindest kam ihm das so vor, s
chließlich lief sie und schniefend versuchte er nicht zu niesen.
Weit oben schien ein Licht aufzuleuchten, erst sporadisch, doch dann immer schneller brauste es auf ihn zu.
Brummend schoben sich zwei Lichtkegel den Berg hinab,
in den Kurven leuchteten sie in die Landschaft, wie ein Leuchtturm einem Schiff leuchtete.
Die Kälte kroch in seinen Hals, trocknete ihn aus und kratzte bei jedem Atemzug in seinen Lungen.
Beinah stach sie ihn mit tausend Dornen, so kalt war es.
Reif glitzerte in dem Licht des näher kommenden Etwas und im schwummerigen Licht der Straßenlaternen.
Er blieb stehen, zog wieder seine Hände aus den Taschen und blies darüber,
jetzt kratzte es so stark in seinem Hals, dass er husten musste.
Widerhallend glitt das Geräusch durch den Wald und schreckte irgendetwas auf, er hörte es knacken und schnaufend durch den Wald brechen.
Das Brummen war noch weit weg und er konnte dieses unheimliche Schnaufen laut und deutlich hören.
Seine Augen zuckten hin und her, versuchten innerhalb dieser Dämmerung eine Bewegung auszumachen, doch nichts sah er.
Das Knacken und Schnaufen wurde lauter und er lief los, den Berg hinauf. Die Kälte schien ihn mit harten Händen aufhalten zu wollen,
denn sie stach noch härter, als er atmete und floss noch mehr in seinen Kragen.
Es krachte jetzt direkt vor ihm und ein Wesen brach durch den Wald,
hinaus auf die Straße.
Ein Ding, halb so groß wie er, doch breiter, schwarz wie die Düsternis stand im Halbdunkel der Straßenlaterne und brummte.
Gelblich schimmerten Hauer an seinem unförmigen Maul und seine Augen glimmten bleich in dieser Nacht.
Näher und näher kam das Licht und das laute Brummen,
doch er konnte kaum darauf achten.
Viel eher nahm ihn das Wesen vor ihn in Beschlag, weiße Schwaden stieß er aus, schnaufend und prustend trottete er näher.
Stammelnd stand er frierend und steif da, nicht wissend, was er jetzt tun soll.
Stoßweise atmete er aus und ein, schnell hintereinander lösten sich weiße Wölkchen aus seinem Mund
und der Schweiß lief kalt seine Beine und sein Gesicht hinunter.
Grummelnd stand das Ding jetzt vor ihm, schnaufend und schnüffelnd hob es das Maul,
er roch diesen widerlichen Geruch von alten Fleisch und Fett. Er wand sich, doch gehen konnte er noch immer nicht.
Brummend bogen die Lichtkegel um die letzte Ecke und kamen endlich in Sichtweite.
Das Licht leuchtete ihm mitten in die Augen und blendete ihn für einen Moment. Vor ihm quiekte es einmal panisch und
hart stieß das Ding vor ihm gegen seine Beine, so dass er nach hinten umfiel. Der Rucksack dämpfte seinen Sturz und doch begannen seine Tränen zu fließen.
Sein Stimmchen zitterte, wie ein großer Teil seines Körpers,
doch warme Hände zogen ihn auf die Füße, stockten kurz und
hielten ihm ein Packet Taschentücher unter die Nase.
Völlig konfus griff er danach, beinah daneben und schnäuzte sich kräftig in ein warmes Tuch, das rau über seine Nase kratzte.
Jemand hob ihn hoch und trug ihn zum Licht, setzte ihn in ein warmes Auto und schnallte ihn ohne ein Wort zu sagen an.
Anschließend knallte dieser jemand die Tür zu und setzte sich nach vorne. Kein Wort der Entschuldigung ließ seine Mutter während der Fahrt fallen, sie starrte einfach nur nach vorne und schenkte ihrem weinenden Sohn kaum Beachtung…

Was Wohl besser ist? Vergessen, oder verachtet zu sein?
Der Leser mag selbst entscheiden.
 
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