Rezension Traveller Grundregelwerk - Limitierte Fassung [B!-Rezi]

Infernal Teddy

mag Caninchen
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Traveller Grundregelwerk - Limitierte Fassung


Science Fiction-Abenteuer in einer fernen Zukunft - B!-Rezi


Wir saßen beim Frühstück, gemütlich zu Zweit beim Essen, als sie mich fragte. „Sag mal, Teddy, du hast doch schon Traveller rezensiert, warum hast du dich so auf das neue deutsche Grundregelwerk gefreut?“. So einfache Fragen beherrsche ich auch schon vor meiner ersten Tasse Tee, kein Problem. „Naja, weil ich bisher halt nur die englische Taschenbuchfassung hatte – da wir aber immer die deutschen Übersetzungen von 13Mann bekommen dachte ich, es wäre sinnvoll mal ein deutsches GRW zu haben. Und als sie uns dann auch noch die zur SPIEL erschienene limitierte Fassung schickten war das natürlich klasse“. Ich hatte mir gerade Tee eingeschenkt, wollte zum Honig greifen, aber bevor ich das Glas zu fassen bekam hatte sie es sich schon geschnappt, und stellte schon die nächste Frage...

„Was macht die limitierte Fassung denn so besonders? Abgesehen davon das sie limitiert ist?“ Das ist natürlich eine gute Frage. Ähnlich wie die normale Fassung ist auch das limitierte GRW ein schicker Hardcoverband mit angenehm schlichtes Design – wer meine Rezensionen zu anderen Travellerprodukten gelesen hat kennt ja die übliche Gestaltung. Allerdings hat dieser Band statt dem üblichen roten Traveller-Schriftzug einen silbernen spendiert bekommen. Die Rückseite hat ebenfalls etwas Farbe abbekommen, und zwar sowohl die Fortsetzung der silbernen Linie der Frontseite als auch ein schickes Sternenbild. „Wie sieht es mit deinem Lesebändchenfetisch aus?“ Auch da gibt es erfreuliches, 13Mann haben dem limitierten GRW gleich ZWEI davon spendiert. Soll ich weiter reden? „Na gut, von mir aus“. Innen zeigt sich auch ein Unterschied – während das Layout dem altbekannten entspricht ist das komplette Artwork ersetzt worden durch Farbbilder. Ja, richtig, das ganze Buch ist durchgängig in Farbe, selbst auf den Seiten auf dem sich kein Bild befindet sind unten und oben farbliche Ränder, und manche Überschriften sind ebenfalls farbig gehalten. Ich weiß nicht wie viele Seiten die deutsche Übersetzung ursprünglich hatte, aber ich kann mir vorstellen das der Umfang zugenommen hat durch das Artwork, das mir vorliegende Buch hat jedenfalls 304 Seiten, aber ohne das weiterer Inhalt dazugekommen wäre. Wer das normale GRW also schon hat, braucht diese Version nicht unbedingt. „Ich kenne das normale GRW aber nicht, warum sollte ich mir also Traveller kaufen?“ Du weißt ganz genau das ich die englische Fassung schon besprochen habe. Und Taysal hat das normale GRW schon besprochen, du könntest als einfach auf B! gehen und na... „Erzähl schon!“ Na gut...

Traveller ist ein universelles Science Fiction Rollenspiel das sich an die „Golden Age“ der SF orientiert, also an die Literatur der 50iger. Mit anderen Worten, es setzt ein Universum der großen Raumimperien voraus, der überlichtschnellen Raumschiffe und der mutigen Männer und Frauen die losziehen um besagtes Universum zu einem besseren Ort zu machen. 1977 ursprünglich erschienen sieht man hier durchaus Anleihen bei Asimovs Foundation-Zyklus, Heinleins Gesamtwerk, Herberts Dune, Nivens Ringwelt, und ja, auch Star Trek. Wer sich also in solchen Settings wohl fühlt – ich tue es jedenfalls – wird sich hier gleich ganz heimisch fühlen.

Inhaltlich teilt das Buch seinen Text in dreizehn Kapiteln, dazu noch eine Einleitung und einen Index. „Steht in der Einleitung denn was anderes als das übliche 'Was ist ein Rollenspiel'?“ Ja, tatsächlich. Eigentlich FEHLT sogar der „Was ist ein Rollenspiel“ Teil – hier erklärt das Spiel, als was es sich versteht, erklärt den Würfelmechanismus (2w6+Modifikator>Zielwert), gibt ein Spielbeispiel, und stellt das Konzept der Technologielevel vor, ein Konzept das später andere Spiele wie GURPS übernommen haben, ursprünglich aber aus Traveller stammt. Technologielevel reichen von TL0 (Steinzeit) über TL7 (Prä-Stellar, im Moment sind wir laut dem Text irgendwo zwischen TL7 und TL8) bis hin zu TL15+ (Wo man so langsam in die Richtung „Clarketech“ kommt). Aber so richtig zur Sache geht es erst im nächsten Kapitel, die Charaktererschaffung.

Die Charakterschaffung ist bei Traveller schon fast ein eigenes Minispiel. Und so funktioniert es: zunächst würfelt man 2w6 sechs mal, und verteilt die Ergebnisse auf die sechs Attribute, und notiert sich Attributsmodifikatoren (falls man welche bekommt). Als nächstes bestimmt man, von welcher Art Heimatwelt man stammt (Also Agrarwelt, Flottenbasis, Forschungsstation, usw.), und erhält dafür eine Fertigkeit auf Stufe 0. Danach sucht man sich eine Karriere aus, und macht eine Attributsprobe, um zu bestimmen, ob man diese Karriere überhaupt ergreifen kann (Wenn man zum Beispiel einen Scout spielen möchte wäre das Intelligenz 5+). Gelingt das, und die Karriere ist die erste, die der Charakter ergreift, dann erhält der Charakter alle Basisfertigkeiten für diese Karriere. Gelingt die Aufnahmeprobe nicht kann man entweder eine Periode als Wanderer verbringen, oder sich Verpflichten lassen, was meist eine (zufällig bestimmte) militärische Karriere bedeutet. Jede Karriere hat drei Spezialisierungen, von denen man eine auswählen muss sobald man die Karriere beginnt. Für jede vierjährige Dienstperiode erhält man außerdem eine zufällig bestimmte Fertigkeit aus denen, die diese Karriere zur Verfügung stehen. Am Ende einer Dienstzeit muss noch eine Überlebensprobe absolviert werden. Gelingt diese, so kann man weiter der Karriere folgen, und würfelt auf der Ereignistabelle,um herauszufinden was in dieser Dienstperiode das herausragendste Ereignis war. Misslingt die Probe wird man ausgemustert, und würfelt auf der Unfalltabelle, um herauszufinden warum man gehen musste. Militärische Charaktere können auch für Beförderungen Proben ablegen. Sobald der Charakter das 34. Lebensjahr erreicht muss er anfangen, Alterungsproben abzulegen, um Attributsverminderungen zu verhindern. Wenn der Charakter eine Karriere verlässt (Sei es, weil er eine Probe nicht geschafft hat, oder weil der Spieler der Meinung ist, es sei genug) würfelt man pro Dienstzeit einmal auf einer Tabelle für Abfindungen - diese können finanzieller Natur sein, oder anderer Art, von Waffen und Schiffsanteilen über Attributssteigerungen bis hin zu einem eigenen Raumschiff. Am Schluss entscheidet sich die Gruppe als ganzes für ein Fertigkeitspaket, dessen Fertigkeiten zwischen den Charakteren aufgeteilt werden. Vielen Spielern werden die Fertigkeitswerte sehr niedrig vorkommen, die ein Charakter bei diesem Spiel erhält, doch sollte man nicht vergessen das selbst Stufe 0 in einer Fertigkeit jahrelange Übung und Ausbildung bedeutet. Bei Ereignissen, die anhand der entsprechenden Tabellen erwürfelt werden können die Spieler auch Kontakte zwischen ihren Charakteren knüpfen, und darüber noch weitere Fertigkeiten erlangen. Das bietet auch die Möglichkeit eine Gruppe zu bilden, die sich schon zu Beginn kennt, und auch in der Lage ist, zusammenzuarbeiten. „Klingt ja soweit ganz witzig, aber war Traveller nicht das Spiel bei dem man schon bei der Charaktererschaffung sterben kann? Und was ist mit den Spielern, die gerne etwas mehr Kontrolle darüber haben wie ihr Charakter am Ende aussieht?“ Naja, ist ist lange her seid man bei Traveller schon beim erschaffen sterben konnte, aber für Spieler, die gerne diese Option hätten gibt es die alternativen Erschaffungsregeln: Zum einen die sogenannten „Iron Man“-Regeln, die das ursprüngliche Traveller simulieren – wenn da eine Überlebensprobe versagt ist der Charakter tot bevor das Spiel beginnt – zum anderen eine „Point-Buy“ Charaktererschaffung, die aber etwas von dem nimmt was Traveller besonders macht. „Aliens, gibt es auch spielbare Aliens?“ Ja, gibt es, das dritte Kapitel behandelt dieses Thema ganz allgemein, und stellt auch sechs Alienspezies vorgestellt, die aus dem „offiziellem“ Traveller-Setting, dem Dritten Imperium stammen, die aber auch ganz allgemein verwendet werden können. Insgesamt muss man aber sagen das Traveller sehr humanozentrisch ist.

Im Anschluss an die Charaktererschaffung werden natürlich auch alle Fertigkeiten erklärt, was die verschiedenen Stufen bedeuten, und auch wie man Fertigkeiten steigern kann. „Ich dachte immer, bei Traveller ginge das nicht...“ Naja, es geht schon – aber es dauert sehr, sehr, sehr lange. Ich vermute mal manche Gruppen werden ein Erfahrungssystem aus einem anderen Spiel übernehmen wollen, aber anderseits passt die angesetzte Lernzeit auch zu dem was eine Fertigkeitsstufe bedeutet innerhalb der Spielwelt. Die anschließenden Kampfregeln sind mit zwölf Seiten angenehm knapp, decken alle Situationen ab – inklusive Fahrzeuge – und basieren auf dem Fertigkeitssystem. Was einige Spieler im ersten Moment irritieren dürfte ist das es keine irgendwie geartete Trefferpunkte gibt. „Wie wird dann Schaden gemessen?“ Das wollte ich gerade erklären, Schaden wird von den körperlichen Attributen abgezogen, und sobald ein Attribut bei Null ankommt ist der Charakter tot.

Begegnungen und Gefahren ist das Thema des nächsten Kapitels. Die erste Hälfte des Kapitels behandelt Umweltgefahren, Krankheiten und Kreaturen (Inklusive eines Baukastens für solche Wesen), während die zweite Hälfte auf NSCs eingeht, und mögliche Motivationen und Abenteuervorschläge vorstellt. Ebenfalls enthalten sind hier eine Tabelle für Zufallsbegegnungen auf der Planetenoberfläche und einige „typische“ NSC in einer Kurzbeschreibung. Was wäre in der SF der Held ohne seine Ausrüstung? Richtig, hilflos, weswegen das nächste Kapitel auch so wichtig sein dürfte, nämlich Waffen und Ausrüstung. Hier findet der Spieler alles was sein Herz begehrt, von den Kosten für eine Passage in das nächste Sternensystem über einen gepanzerten Raumanzug bis hin zum TFK (Tragbare FusionsKanone, die fieseste Waffe im GRW. Macht 16w6 Schaden, und zusätzlich noch Strahlungsschäden.). Dieses Kapitel deckt alle Optionen ab die man als Spieler haben möchte, und wer hier nicht fündig wird, für den gibt es ja den Ausrüstungskatalog. Ebenfalls zur „Ausrüstung“ im weitesten Sinne zählen Raumschiffe, und auch für diese bringt das GRW einen Baukasten mit. Dieses Grundsystem erlaubt nur Schiffe bis zu 2000 Verdrängungstonnen (Was nicht das selbe ist wie massebedingte Tonnen wie man sie aus dem Alltag kennt), aber es wird ja im Zusatzbuch Raumflotte. Hier sind auch eine Reihe von Beispielschiffen enthalten, so das man auch um das eigene entwerfen von Schiffen drum herumkommt. Abgerundet wird das Ganze noch durch das Kapitel „Raumschiffoperationen“, welches erklärt was man mit den Dingern anstellen kann, und wie ein Kampf zwischen den Pötten so abläuft.

Ein beliebtes Thema der SF in den 50ern war dank Campbell die „Psionik“, und da ist es nicht verwunderlich das Traveller dazu auch ein kurzes Kapitel enthält, inklusive einer kleinen Auswahl an Kräften und einer entsprechenden Karriere, wobei diese Regeln nur unter Absprache mit dem Spielleiter verwendet werden sollten. Sonderlich ausführlich ist dieses Kapitel nicht, aber ich vermute mal das es im Buch „Psionik" erweitert wird – die meisten Traveller-Runden kommen aber auch vollkommen ohne aus. Die letzten beiden Kapitel beschäftigen sich mit Handel und Weltenerschaffung, wiederum einfache Systeme, die man auch als „minigames“ betreiben könnte. Vor allem die Erschaffung von Welten macht Laune, und es kann durchaus passieren das man schnell mal einen ganzen Sektor ausgewürfelt hat. Das schöne am System ist das es einem zwar konkrete Ergebnisse liefert, einem dabei aber genug Platz lässt um es nach eigenem Geschmack zu interpretieren. Abgerundet wird das Buch durch den Charakterbogen, einem Schiffszertifikat (Datenblatt), Frachtpapiere, einer leeren Sektorkarte zum selbst ausfüllen, und einen guten Index.

Fazit:
„Dir gefällt Traveller, oder?“ ja, mir gefällt Traveller sehr. Es ist ein sehr einfaches, schnelles und elegantes Rollenspiel das für diese Art Science Fiction optimal geeignet ist. Ob in Verbindung mit dem offiziellen Setting, oder als Grundlage für ein Eigenes, wer klassische Space Operas leiten möchte und dabei eher in der „Hard SF“-Ecke zuhause ist sollte hier zuschlagen. Klar, das Spiel eignet sich nicht für jede Art SF – Transhumanismus oder Cyberpunk dürfte sehr schwer umzusetzen sein – und auch Science Fantasy wie Star Wars oder Warhammer 40K setzt man besser mit anderen Regelsystemen um, aber für die reine Space Opera ist Traveller das wohl beste Spiel das es derzeit auf dem deutschen, vielleicht sogar internationalem Markt gibt.
„Und die limitierte Fassung?“ Die limitierte Fassung ist ein Schmuckstück – durch die Farbbilder und dem Farbeinsatz im Layout wird das Buch optisch immens aufgewertet, ohne das es an seiner eleganten Schlichtheit verliert. Wer sich das GRW schon zugelegt hat BRAUCHT dieses Buch nicht unbedingt, aber es macht sich sehr gut in der Sammlung (Man könnte ja dann jemanden aus seinem Freundeskreis das alte Buch schenken...), und wer sich Traveller noch nicht angesehen hat, hat jetzt noch einen Grund mehr dazu.Den Artikel im Blog lesen
 
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