Es klappt auch - oder sogar GERADE - mit einem ausformulierten Gruppenvertrag (wie eine Art Vertragsdokument) überhaupt nicht.
Die Voraussetzung ist so oder so die BEREITSCHAFT aller Mitspieler, sich aufeinander einzulassen, aufeinander Rücksicht zu nehmen, und MITEINANDER Rollenspiele zu spielen.
Wenn ein Spieler unachtsam ist, dann kann man mit ihm REDEN. Ihn fragen, ob ihn das Spiel nicht interessiert, ob er irgendwelche Probleme hat, die ihn ablenken. usw. - Und wenn herauskommt, daß ihn das Spiel nicht interessiert oder daß er unaufmerksam ist, weil z.B. seine Mutter gerade an einem langsam fortschreitenden Krebs stirbt und er das einfach nicht aus dem Bewußtsein verdrängen kann, dann ist klar, daß ein noch so "juristisch findig" formulierter Gruppenvertrag einfach KEINE HILFE darstellt.
Wenn Spieler bis kurz vor dem Spieltermin keine Zusage geben, dann kann es durchaus daran liegen, daß ihnen die Spielaktivität Rollenspiel längst nicht so wichtig ist, wie Dir. Vielleicht möchten sie sich Optionen offenhalten doch noch was anderes an dem Termin zu machen, oder die Kampagne ist nicht nach ihrem Geschmack, so daß ihnen jede Verzögerung, jedes Verschieben eher recht ist, als sich zu trauen zu sagen "Du, Deine Kampagne ist langweilig. Ich mag den Kram nicht mehr spielen." - Oder es sind einfach Leute, die sowieso NICHTS in Beruf oder Freizeit wirklich zeitlich und planungsmäßig auf die Reihe bekommen. Dann bekommen sie das auch nicht bei Zusagen zu Spielterminen hin. - Ein Gruppenvertrag hilft hier auch KEIN STÜCK.
Wenn ein Spielleiter den Spielern in alles reinredet, dann VERDIENT er es, wenn ihm die Spieler weglaufen. Man könnte natürlich auch mit dem Spielleiter REDEN und ihm sagen, was einem nicht an seiner Art paßt. Aber daß jemand seine gesamte Art ändern KANN, ist schon sehr unwahrscheinlich. Dennoch ist es sicherlich hilfreicher zu gehen, nachdem man KLAR Feedback gegeben hat, als einfach nur zu gehen. - Ein Gruppenvertrag hilft bei solch einem Spielleiter ÜBERHAUPT NICHT, da er so ist, wie er ist und sich seine Persönlichkeit nicht per Vertragsdokument ändern wird.
Wenn Du wirklich die Absicht hast, all das, was DIR an Deinen Mitspielern so stinkt, mal aufzuführen, dann ist das verständlich. Mach das. - Aber das ist KEIN GRUPPENVERTRAG! - Dazu ist ein Gruppenvertrag auch VÖLLIG UNGEEIGNET.
Das einzige, was bei einem Gruppenvertrag, der - egal ob schriftlich niedergelegt oder nur mündlich vereinbart - wirklich etwas für das Spielklima taugen soll, tatsächlich WICHTIG ist: das GEMEINSAME AUSHANDELN in der Gruppe!
Es ist der PROZESS und nicht so sehr das Ergebnis, das hier die Wirkung erzielt. Alle setzen sich zusammen, alle sprechen über ihre Ziele, Erwartungen, Vorstellungen, Vorlieben, Empfindlichkeiten. Alle sind in einer KOOPERATIVEN Stimmung, alle WOLLEN miteinander spielen, und alle WOLLEN einander mit Rücksicht, Respekt und Wertschätzung behandeln.
Wenn eine Gruppe Spielinteressierter sich die Zeit nimmt miteinander die "sozialen Spielregeln" (Gruppenvertrag) festzulegen, dann ist dieser Prozess des Festlegens VON ALLEN FÜR ALLE die eigentliche nutzbringende Eigenschaft am gesamten Gruppenvertragsthema.
Wer meint seinen Mitspielern einen Gruppenvertrag wie eine Art "Vertragsdokument" zum Unterzeichnen vorlegen zu können, der stellt sich damit allein schon ÜBER alle anderen und ABSEITS aller anderen! Allein derartiges Ansinnen könnte die Gruppe schon mehr belasten, als daß ein wie auch immer erwarteter Nutzeffekt sich einstellt.
Meine Empfehlung: Setzt Euch zusammen und REDET OFFEN und KONSTRUKTIV miteinander. - Dabei kannst Du all das, was Dich nervt, als Liste anzusprechender Punkte mitnehmen, muß aber Deinerseits auch OFFEN dafür sein zu hören, was Deine Mitspieler so nervt.
Ich würde dabei das Wort "Gruppenvertrag" MEIDEN. Warum? Weil es nach "Vertrag", also einer harten, festen und bei Verstoß mit Sanktionen geahndeten Vereinbarung aussieht. Das wirkt so formell und so bürokratisch-juristisch, daß MIR die Lust am Hobby, der Spaß am Spiel wegbliebe, wenn mir jemand mit so etwas als zu unterzeichnendes Dokument käme.