Wirrkopf
Titan
- Registriert
- 26. Mai 2006
- Beiträge
- 4.802
Nachdem ich mich so häufig über die Plumpen Exposition-Giver-NPC in Descent into Avernus geärgert habe. Dachte ich ein kleiner Beitrag als SL Tipp könnte helfen, um mir den Frust von der Seele zu schreiben.
Exposition ist kurz gesagt, das Vermitteln von Hintergrundinformationen an den Leser oder Zuschauer oder in unserem Fall an die Spieler (im Rest des Textes Leser).
Exposition ist nicht per Definition schlechter Schreibstil. Auch wenn dies häufig beim Kritisieren von Büchern oder Filmen gesagt wird. Exposition ist ein notwendiger Teil jeder Story. Schlechter schreibstil ist es nur dann, wenn die Exposition zu offensichtlich ist.
Hintergrundinformationen können sein:
- Vorgeschichte bestimmter Charaktäre
- Pläne von Antagonisten oder Protagonisten
- Informationen über die fiktive Historie
- Informationen über besonderheiten des Settings
> Kultur
> Magie oder Hochtechnologie
> Ungewöhnliche Tiere oder Pflanzen
> Besonderheiten der Physik
Oder Kurz gefasst: Mit Exposition werden die Fragen beantwortet, wie die Fiktive Welt funktioniert und was die fiktiven Charaktäre prägt.
Mit dem Vermitteln von Exposition steht man jedoch vor einem Dilemma:
- Exposition ist notwendig für den Leser um die Story zu verstehen.
- Gerade Fiktive Settings leben von den Besonderheiten, die dem Leser vermittelt werden müssen.
- Zu viel Exposition kann langweilig zu lesen sein.
- Schlecht eingebundene Exposition kann unnatürlich wirken und die Immersion zerstören. "Wie wir beide wissen, nutzt unser Antrieb Antimaterie um..."
Es geht daher meistens darum die Balance zu finden. Der Leser soll die Hintergrundinformationen erhalten, damit das Szenario Sinn ergibt aber es soll nicht zu Plump wirken.
In einem Roman oder einem Film stehen einige Möglichkeiten zur Verfügung
- Eine Beschreibung des Settings am Anfang der Story. Auch bekannt als Up Front Loredump
- Innerhalb von Gesprächen zwischen Charaktären
- In Rückblenden
- Durch Umgebungsbeschreibungen
- Durch Fußnoten
Generell gilt "Show dont Tell" als eine der wichtigsten Faustregeln.
Beispiel:
Es soll die Information vermittelt werden, dass die örtliche Regierung mit Eiserner Faust regiert und das tägliche Leben der Bürger darunter leidet.
Möglichkeit 1: Der Allwissende Erzähler teilt mit: "Nun erreichen unsere Helden, das Dvindalische Empire in dem die Regierung mit Eiserner Faust regiert und das tägliche Leben der Bürger darunter leidet."
Möglichkeit 2: Den Hauptcharaktären kommt auf dem Weg in Richtung des Empires eine Reisegruppe Händler entgegen. Einer spricht die Hauptcharaktäre an: "Wenn Ihr auf dem Weg ins Empire seid. Passt bloß auf euch auf. Die Regierung dort ist Grausam und für den leisesten Verdacht auf Insubordination wird man gehängt."
Möglichkeit 3: Auf dem Weg in Richtung der Stadtmauer sind links und rechts Felder. Die Feldarbeiter werden überwacht von Männern in Uniform. Links und rechts neben dem Stadttor sind Galgen aufgestellt. An den meisten davon hängen noch Leichen, die von den Krähen zerpickt werden. Am Fuße jedes Galgens ist ein Schild, das das Verbrechen ausweist: Verrat, Hochverrat, Insubordination, Diebstahl von Nahrungsmitteln,...
Möglichkeit 3 ist am effektivsten, weil der Leser die Information nicht direkt erhält, sondern aus den Indirekten Informationen zusammenpuzzeln muss und Szenen in Bildern besser im Gedächtnis haften bleiben.
Nicht immer ist so etwas Möglich. Die Information, dass die Regierung durch ein Netzwerk von Spitzeln die Bürger überwacht kann man schlecht in eine Umgebungsbeschreibung einarbeiten.
Ein häufiger Kunstgriff ist der "Unwissende Perspektive Charakter". Ein Charakter, der nichts vom Setting weiß, entweder weil er sein Gedächtnis verloren hat oder weil er aus einer welt, die unserer Realen Welt gleicht in das Setting geworfen wurde (Japan hat daraus ein komplettes Genre gemacht Isekai)
In diesem Fall gibt es einen In-Universe-Grund, für alle Charaktäre um den "Unwissende Perspektive Charakter" herum alles zu erklären, was sonst in dem Setting allgemeinwissen wäre, weil dieser eine Charakter das Wissen tatsächlich nicht hat.
Das Problem mit diesem "Kunstgriff" ist, dass es das Problem nicht löst sondern nur Lampshaded. Es sind immernoch Unnatürliche Gespräche über "alltägliche Dinge" über die ganze Story verteilt. Und es wirkt irgendwann zu konstruiert, wenn zu viele Storys einen Weltfremden oder an Amnesie leidenden Hauptcharakter haben.
---
In einem RPG haben wir eine besondere Situation:
- Die SC kennen die Welt normalerweise. Die Spieler häufig nicht. Man will für die Spieler einen Sense of Wonder erzeugen aber nicht für die SC.
- Gute Umgebungsbeschreibungen aus der Luft zu greifen kann schwierig sein.
- Als SL stehen jedoch mehr Werkzeuge zur Verfügung, die in einem Buch oder Film nicht funktionieren würden*:
> Handouts: Ein Schriftstück, das in Universe geschrieben wurde ist fast automatisch eine Interessante Requisite und kann Informationen selbst in einer relativ trockenen Art und Weise transportieren. Solange die Handouts nicht zu viele oder zu lang werden.
> Charakterwissen: Ein Wurf auf Intelligenz oder eine Wissensfertigkeit ist ein Hervorragendes Mittel um Relevante Exposition weiterzugeben. "Mach einen Wurf auf Wissen Religion. *CRIT* OK, du weißt folgendes über die Kulte von...". In diesem Fall stört es den Spieler (meistens) nicht einmal, wenn die Information als Loredump erzählt wird, weil die erhaltenen Informatioen im Loredump praktisch die Belohnung dafür sind, dass der Spieler bei dem Charakterbau in die relevanten Wissensfähigkeiten investiert hat. >>Mist zu Gold spinnen<<
> Besondere Fähigkeiten: Die meisten Spielsysteme geben den Charaktären Übernatürliche Mittel an die Hand, an zusätzliche Informationen zu kommen.
Auspex und Verdunklung bei Vampire; Scrying oder Speak with Dead bei DnD;...
Hier gilt das gleiche wie beim Charakterwissen. Jedoch geben die regeltexte der meisten dieser Fähigkeiten her: "Die Antwort ist meistens Kryptisch" Dies sorgt dafür, dass Spielleiter die Antworten häufig so Kryptisch machen, dass sie nutzlos werden.
Fazit:
Spielleiter sollten sich bewusst machen, von welchen Informationen sie WOLLEN, dass die Spieler sie wissen und sich für eine bessere Immersion überlegen, wie die Information vermittelt wird. Man sollte die Informationen immer irgendwie in die Story einbauen, damit es nicht Plump wirkt.
Die Information: Tut X mit Y damit Z passiert und vermeidet dabei W. Ist keine Exposition sondern Railroading.
Wenn es einen offensichtlichen Weg gibt, das Szenario zu lösen, dann sollte dieser in ein Mysterium verpackt werden, sodass die Spieler das Gefühl haben selbst auf die Lösung gekommen zu sein.
* Dies soll natürlich nicht heißen, dass die anderen Schriftstellerischen Mittel außer Acht gelassen werden sollten.
Exposition ist kurz gesagt, das Vermitteln von Hintergrundinformationen an den Leser oder Zuschauer oder in unserem Fall an die Spieler (im Rest des Textes Leser).
Exposition ist nicht per Definition schlechter Schreibstil. Auch wenn dies häufig beim Kritisieren von Büchern oder Filmen gesagt wird. Exposition ist ein notwendiger Teil jeder Story. Schlechter schreibstil ist es nur dann, wenn die Exposition zu offensichtlich ist.
Hintergrundinformationen können sein:
- Vorgeschichte bestimmter Charaktäre
- Pläne von Antagonisten oder Protagonisten
- Informationen über die fiktive Historie
- Informationen über besonderheiten des Settings
> Kultur
> Magie oder Hochtechnologie
> Ungewöhnliche Tiere oder Pflanzen
> Besonderheiten der Physik
Oder Kurz gefasst: Mit Exposition werden die Fragen beantwortet, wie die Fiktive Welt funktioniert und was die fiktiven Charaktäre prägt.
Mit dem Vermitteln von Exposition steht man jedoch vor einem Dilemma:
- Exposition ist notwendig für den Leser um die Story zu verstehen.
- Gerade Fiktive Settings leben von den Besonderheiten, die dem Leser vermittelt werden müssen.
- Zu viel Exposition kann langweilig zu lesen sein.
- Schlecht eingebundene Exposition kann unnatürlich wirken und die Immersion zerstören. "Wie wir beide wissen, nutzt unser Antrieb Antimaterie um..."
Es geht daher meistens darum die Balance zu finden. Der Leser soll die Hintergrundinformationen erhalten, damit das Szenario Sinn ergibt aber es soll nicht zu Plump wirken.
In einem Roman oder einem Film stehen einige Möglichkeiten zur Verfügung
- Eine Beschreibung des Settings am Anfang der Story. Auch bekannt als Up Front Loredump
- Innerhalb von Gesprächen zwischen Charaktären
- In Rückblenden
- Durch Umgebungsbeschreibungen
- Durch Fußnoten
Generell gilt "Show dont Tell" als eine der wichtigsten Faustregeln.
Beispiel:
Es soll die Information vermittelt werden, dass die örtliche Regierung mit Eiserner Faust regiert und das tägliche Leben der Bürger darunter leidet.
Möglichkeit 1: Der Allwissende Erzähler teilt mit: "Nun erreichen unsere Helden, das Dvindalische Empire in dem die Regierung mit Eiserner Faust regiert und das tägliche Leben der Bürger darunter leidet."
Möglichkeit 2: Den Hauptcharaktären kommt auf dem Weg in Richtung des Empires eine Reisegruppe Händler entgegen. Einer spricht die Hauptcharaktäre an: "Wenn Ihr auf dem Weg ins Empire seid. Passt bloß auf euch auf. Die Regierung dort ist Grausam und für den leisesten Verdacht auf Insubordination wird man gehängt."
Möglichkeit 3: Auf dem Weg in Richtung der Stadtmauer sind links und rechts Felder. Die Feldarbeiter werden überwacht von Männern in Uniform. Links und rechts neben dem Stadttor sind Galgen aufgestellt. An den meisten davon hängen noch Leichen, die von den Krähen zerpickt werden. Am Fuße jedes Galgens ist ein Schild, das das Verbrechen ausweist: Verrat, Hochverrat, Insubordination, Diebstahl von Nahrungsmitteln,...
Möglichkeit 3 ist am effektivsten, weil der Leser die Information nicht direkt erhält, sondern aus den Indirekten Informationen zusammenpuzzeln muss und Szenen in Bildern besser im Gedächtnis haften bleiben.
Nicht immer ist so etwas Möglich. Die Information, dass die Regierung durch ein Netzwerk von Spitzeln die Bürger überwacht kann man schlecht in eine Umgebungsbeschreibung einarbeiten.
Ein häufiger Kunstgriff ist der "Unwissende Perspektive Charakter". Ein Charakter, der nichts vom Setting weiß, entweder weil er sein Gedächtnis verloren hat oder weil er aus einer welt, die unserer Realen Welt gleicht in das Setting geworfen wurde (Japan hat daraus ein komplettes Genre gemacht Isekai)
In diesem Fall gibt es einen In-Universe-Grund, für alle Charaktäre um den "Unwissende Perspektive Charakter" herum alles zu erklären, was sonst in dem Setting allgemeinwissen wäre, weil dieser eine Charakter das Wissen tatsächlich nicht hat.
Das Problem mit diesem "Kunstgriff" ist, dass es das Problem nicht löst sondern nur Lampshaded. Es sind immernoch Unnatürliche Gespräche über "alltägliche Dinge" über die ganze Story verteilt. Und es wirkt irgendwann zu konstruiert, wenn zu viele Storys einen Weltfremden oder an Amnesie leidenden Hauptcharakter haben.
---
In einem RPG haben wir eine besondere Situation:
- Die SC kennen die Welt normalerweise. Die Spieler häufig nicht. Man will für die Spieler einen Sense of Wonder erzeugen aber nicht für die SC.
- Gute Umgebungsbeschreibungen aus der Luft zu greifen kann schwierig sein.
- Als SL stehen jedoch mehr Werkzeuge zur Verfügung, die in einem Buch oder Film nicht funktionieren würden*:
> Handouts: Ein Schriftstück, das in Universe geschrieben wurde ist fast automatisch eine Interessante Requisite und kann Informationen selbst in einer relativ trockenen Art und Weise transportieren. Solange die Handouts nicht zu viele oder zu lang werden.
> Charakterwissen: Ein Wurf auf Intelligenz oder eine Wissensfertigkeit ist ein Hervorragendes Mittel um Relevante Exposition weiterzugeben. "Mach einen Wurf auf Wissen Religion. *CRIT* OK, du weißt folgendes über die Kulte von...". In diesem Fall stört es den Spieler (meistens) nicht einmal, wenn die Information als Loredump erzählt wird, weil die erhaltenen Informatioen im Loredump praktisch die Belohnung dafür sind, dass der Spieler bei dem Charakterbau in die relevanten Wissensfähigkeiten investiert hat. >>Mist zu Gold spinnen<<
> Besondere Fähigkeiten: Die meisten Spielsysteme geben den Charaktären Übernatürliche Mittel an die Hand, an zusätzliche Informationen zu kommen.
Auspex und Verdunklung bei Vampire; Scrying oder Speak with Dead bei DnD;...
Hier gilt das gleiche wie beim Charakterwissen. Jedoch geben die regeltexte der meisten dieser Fähigkeiten her: "Die Antwort ist meistens Kryptisch" Dies sorgt dafür, dass Spielleiter die Antworten häufig so Kryptisch machen, dass sie nutzlos werden.
Fazit:
Spielleiter sollten sich bewusst machen, von welchen Informationen sie WOLLEN, dass die Spieler sie wissen und sich für eine bessere Immersion überlegen, wie die Information vermittelt wird. Man sollte die Informationen immer irgendwie in die Story einbauen, damit es nicht Plump wirkt.
Die Information: Tut X mit Y damit Z passiert und vermeidet dabei W. Ist keine Exposition sondern Railroading.
Wenn es einen offensichtlichen Weg gibt, das Szenario zu lösen, dann sollte dieser in ein Mysterium verpackt werden, sodass die Spieler das Gefühl haben selbst auf die Lösung gekommen zu sein.
* Dies soll natürlich nicht heißen, dass die anderen Schriftstellerischen Mittel außer Acht gelassen werden sollten.