Rollenspieltheorie Tarantino-Style-Storytelling

Skar

Dr. Spiele
#StandWithUkraine
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16. Januar 2003
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Wer hat Lust hier mal einen One Shot zu erarbeiten, in dem es tarantinomäßig zur Sache geht?
Was wir brauchen sind Rückblenden, skurrile Charaktere, trashige Musik und ein paar nette Splatterszenen.

Beginnen wir mit den Charakteren. Ein Gegenwartsszenario bietet sich an. Ob es dabei um Menschen, Vampire oder sonstwas geht, ist hier sekundär. Leichte Anpassungen an das Spielsystem wären daher nötig. Der Einfachheit halber gehe ich von vier Charakteren aus. Ein Anzugträger, ein cooler Biker, eine Kung-Fu-Tante und ein Besserwisser mit Geld und Brille.


Szene 1, der Kampf:

Eingefrorenes Standbild geschildert wird in blumigen Sätzen, wo die Charaktere sich befinden und was mit ihnen geschieht.

Alle: Dieser freundlich ausgestattete Empfangsraum ist wohl das Aushängeschild des Ladens. In leichten Pastelltönen gehalten wirken die Wand- und Einrichtungsfarben ruhig auf die Gemüter der hier sonst wartenden Personen.
Über mehrere kleine Lautsprecher trägt sich eine klassische Musik durch den Raum.

Musik: "Für Elise", Beethoven

Biker: Dein Messer bewegte sich zielstrebig auf die Achselhöhle des Angreifers zu. Fast den gesamten Arm hattest du ihn mit der kleinen Klinge abgetrennt.

Kung-Fu-Tussi: Schreckengeweihte Augen richten sich auf deine neuen Converse. Im Bruchteil einer Sekunde würde dein Spinning Kick am Höhepunkt der Kraft sein und seine dreckige Visage verbeulen.

Anzug: Laut hallt die Walter PPK durch den Raum und die kleinen Projektile machen sich auf den Weg in Richtung des fetten Blobs von Mensch, der auf dich zustürmt. Der erste Einschlag lässt sein Fleisch Wellen schlagen wie ein ins Wasser geworfener Stein.

Brille: Aus den Augenwinkelnkommt etwas auf dich zugeflogen. Es ist dunkel, schnell und wirkt gefährlich.

Die Szene wird fortgestezt und der Kampf wird ausgespielt. Er sollte nicht zu schwer sein und von allen ohne Tod überstnden werden. Begonnen wird bei der Brille mit den Worten:
*Klatsch* Ein Schwall warmen Blutes trifft dich an Gesicht, Schläfen, Hals und Brust. Der Biker neben dir hat ganze Arbeit geleistet. Vor deinen Augen läuft ein roter Schleier die Brillengläser hinab.


Szene 2, Rückblende, wie alles geschah

Wäret ihr doch nie in diesen japanischen Gewürzhandel gegangen. Der unbekannte Anrufer hatte euch dort zu einem Treffen geladen. Ihr ward nicht die Art von Leuten, die sich drückten. Es galt etwas in die Hand zu nehmen und ihr nahmt es in die Hand.
"Antilopenhoden? Ah, fül die beeindluckende Männlichkeit. Sehl wohl." Der kleine Japse reichte euch gerade bis zum Gürtel und seine drei Barthaare trugen nicht gerade dazu bei, ihn wie einen Erwachsenen zu behandeln.
"O'Doden. Wir wollen zu Mister O'Doden" hattet ihr mit einem Griff zu seinem Kragen aufgeklärt.
"Ja klal, habe velstanden." gab euch der Schlitzi mit über dem Boden baumelnden Beinen zu verstehen. "Da lang." Er deutete auf einen jener roten Perlenvorhänge, die in zwielichtigen Etablissements vor den Blicken noch zahlungsunwilliger Gäste schützten.

Musik: ?

Szene 2b, die coole Zeitlupe

Der Japse ward schnell wieder abgesetzt. Hier knackte der Biker mit seinem Genick, während eure weibliche Begleitung die Bandage um ihre rechte Faust nachzog. Es raschelt dort ein Anzug und das leise Entsichern einer Automatik war zu hören. Langsam und hallend bewegten sich eure Schritte auf den Vorhang zu, als würde der Laden die Luft anhalten und eure eigene Coolness die Luft zum Knistern bringen.


Szene 2c, ihr seid dran

Der Raum hinter dem Vorhang ist eine Warteraum. Aus der gegenüberliegenden Tür kommt ein Asiatenmischling im Anzug. Aus seinem Kragen ragen die Enden einer bunten Tätowierung. Er nimmt an einem leeren Schreibtisch Platz. Hinter ihm folgen vier Kämpfern mit diversen ostasiatischen Nahkampfwaffen und nackten Oberkörpern. Sie nehmen an den Wänden Aufstellung.

Die Charaktere erhalten von dem Mann am Schreibtisch den unmöglichen Auftrag, ihre Verbindungen (Boss, Familie, Auftraggeber) preiszugeben. Eine Forderung, die niemals erfüllt werden kann, da die Konsequenzen alles übertreffen würden, was hier im Raum auf die Charaktere warten könnte. Nur leider sieht euer Gegenüber das nicht ein und hetzt seine Leute auf euch.

Es folgt der Kampf aus Szene 1 (der schon vorher durchgespielt wurde).

Nach dem Kampf entdecken die Charaktere eine Kamera in einer Raumecke. Sie sind also gefilmt worden. Außerdem lassen sich vermehrt Hinweise auf die Yakuza finden.


Szene 3, das Schuldgeständnis

1 Tag später.
Zu eurem Boss/Auftraggeber/Vorgesetzen geladen bekommt ihr "euer" Video vorgespielt. Ihr habt die Ykauza, die neu am Ort ist aufgemischt und richtig in die Scheiße gepackt.
Eure Schuld lässt sich nicht leugnen und ihr seid die Auserwählten, die sich darum kümmern sollen.


Wie solle es weitergehen?

Keine Ahnung. Steuern wir auf einen Showdown zu oder müssen die Charaktere den Yakuzaboss umschmeicheln. Vielleicht müssen sie auch niedere Botengänge für ihn erledigen.

Also gebt mal ein paar Anregungen. Vor allem im Bezug auf den Tarantino-Style.
 
Bisher wurde relativ viel vorgegeben, um auch einen Einstieg in den Tarantino-Style zu bekommen. Jetzt dürfte es an den Spielern liegen, ob es ein gelungener Tarantino-Shot wird.

Eigentlich fehlt daher nur noch ein tarantinomäßiges Ende auf das der Shot (frei) zusteuern kann.

Und ein paar freakige Musikeinspieler könnten noch genannt werden.
 
Klingt interessant, eine Frage stell ich mir aber grade ernsthaft, Soundtracks einsetzen oder selbst Musik suchen?
 
Aus irgend einem Grund muss ich an den "Blues Brothers" Soundtrack denken.
Zum Beispiel eine Schießerei und im Hintergrund "Everybody needs somebody to love" oder alternativ auch "Wonderful World" von Louis Armstrong...
 
Szene 4, die Übergabe

Die Charaktere sind in einer dunklen, leeren Tiefgarage. Sie sollen den Koffer übergeben. Einen schwarzen Lederkoffer. Er fühlt sich leicht an. Scheinwerferlicht taucht auf, eine große Limousine röhrt gemächlich auf die Charas zu.

Er folgenden die üblichen (paranoiden) Übergabevorbereitungen, da die Charas diese Gruppe nicht sonderlich gut kennt. Wie zu erwarten treten die asiatischen MiBs aus der fremden Limousine ziemlich martialisch auf.

Noch während sich die beiden Gruppen gegenüberstehen, fliegt die Parkdecktür auf. Eine junge Japanerin spricht mit einem weinenden Kind, in ihrem Armen wiegend.

Fassungslos blickt die junge Frau in die Mündungen der MiBs (und womöglich auch in die der Spieler).

Ein Augenblick fassungsloser Stille, dann zerreißt ein Knall (SL schlägt mit Buch auf den Tisch) die Spannung. Die Frau lässt ihr Kind fallen, eine rote Blutspur bildet sich auf ihrer Stirn. Sie sackt zusammen. Aus der Mündung eines MiB (oder vielleicht sogar eines SC) tritt Rauch.

Sekunden später bricht das Chaos aus. Entweder die SC beginnen die Schießerei, oder die asiatischen MiBs können ihre unterdrückte Nervosität nicht mehr zügeln.

Der Kampf wird von den Schreien des Babys begleitet.

Nachdem die SC die Asiaten niedergemetzelt haben, herrscht ein Augenblick Stille. Die beiden Fahrzeuge sind Wracks, Boden und Wände mit Blutspritzern bedeckt, eine größere Lache breitet sich aus. Immer noch das Babygeschrei.

Aktivität und Geräusche von allen Richtungen. Noch bevor sie viel Zeit zum reagieren haben, ertönt die typische, monotone Lautsprecherstimme: "Hier spricht die örtliche Polizeidienststelle. Legen Sie die Waffen nieder und ergeben Sie sich."

Diese Scheißbullen müssen den Asiaten gefolgt sein und haben einfach den Kampfausgang abgewartet !

Die einzige Möglichkeit hier raus ist natürlich die Treppe. Die Charas müssen über die tote Frau und ihr schreiendes Kind drübersteigen. Sie eilen die Treppe empor, die schweren Schritte der Polizeieinsatzkräfte bereits unter sich (daher ist der Weg nach unten versperrt).

Die Charas reißen die Parkdecktür auf - und befinden sich im Freien. Kalte Nachtluft umweht ihr Gesicht. Ein paar panische Augenblicke vergehen, bevor die Charas an die Seilausrüstung sehen, die sie vorher auf dem leeren Parkdeckdach deponiert haben.

Adrenalingeschwängert hetzen die Charas auf die Dachkante zu, nur um die beeindruckenden Umrisse der hell erleuchtenden Großstadt zu sehen. 20. Etage. Das Seil haben die Charas glücklicherweise schon vorab an der Mauer fixiert, denn just als sie das Seil am Gurt einhacken, fliegt die Parkdecktür auf.

Mehrere Scheinwerfer - und die dazu gehörenden Sturmgewehre - zeigen anklagend auf die Charas. Typische SEK-Goons.

Wenn die Charas das Baby bzw. einen bzw. beide Koffer dabei haben, ist das Abseilen erheblich schwieriger. Es sollte den Charas aber gelingen, just im letzen Augenblick von Dach abzuspringen und nach unten zu grappeln. Sollte der Koffer der Asiaten dabei sein, wird dieser genau jetzt aufspringen, und seinen Inhalt in die Lüfte entleeren - viele, viele luftig-leichte Banknoten, die in ästethischer Grazie das Hochhaus hinabschweben...


Szene 5, japanische Finesse

Ein Chara (z.B. der Anzugsträger) betrachtet versonnen einige Banknoten, während er mit seinen Kollegen im Stau steht. Der alte Wagen war irgendwie besser als der neue, aber es ist ja kein Wunder, dass den Charas momentan kein neues "Dienstfahrzeug" mehr zur Verfügung gestellt wird.

Die Charas sind auf dem Weg zum "Japanese Finesse", einem - welch Wunder - japanischem Restaurant und Geheimtipp der Stadt. Die Charas sind passend (oder wie der Biker unpassend) gekleidet, die Kung-Fu-Tante hat womöglich sogar ihr kleines Schwarzes hervorgekramt.

Die Charas betreten das Restaurant, um den Repräsentanten des Yakuza-Oyabun zu treffen, dessen Leute sie im Gewürzladen abgemurkst haben. In typischer japanischer Höflichkeit hat der Typ das "Japanesse Finesse" als "neutralen Treffpunkt" vorgeschlagen. Die prunkvollen Holzarbeiten in trad. japan. Stil sind wirklich beeindruckend.

Die Charas werden zu einem trad. japan. "Tisch" geführt, an dem bereits (2 Personen mehr als die Charas) Japaner Platz genommen haben. Besagter "Repräsentant", ein weißhaariger, nachsichtig lächelnder Mann, stellt sich mit einem Namen vor, den ohnehin nur die Kung-Fu-Tante richtig aussprechen kann. Die anderen Japaner sind anscheinend nur als sichtbare "Argumentationsverstärker" anwesend.

Es wird Sake und Tee gereicht, außerdem ist die Karte sehr reichhaltig, jedoch bedauerlicherweise nur japanisch beschriftet. Die Charas sollten mitkriegen, dass sie als jämmerliche Gajin keine Ahnung von japanischer (Ess-)Kultur besitzen.

Die Verhandlungen werden höflich und in ruhigem Ton (zumindest auf Seiten des Japaners), aber hart in der Sache geführt. Er fordert nicht mehr und nicht weniger als finanzielle Entscheidungen für den Tod der Mitglieder als auch für den angerichteten Schaden. Zudem sollen die Informationen über die Auftraggeber übergeben werden.

Alternativ dazu können die Charas allerdings auch bei der Yakuza anheuern, um die Schulden abzuarbeiten, da man "fähige Leute" durchaus benötige.

Inmitten der Verhandlungen, die ausschließlich von Mr. Yamaguza Shotozumi (dem weißhaarigen Japaner) geführt wird, steht plötzlich ein Japaner am Nebentisch auf und fängt an, irgendetwas (Japanisches) zu brüllen. Selbst japanischsprechende Charas verstehen nur unzusammenhängende Wortfetzen, da der Herr in feinem Armani-Zwirn eindeutig stark bedrunken ist, und in diesem Zustand auf den Chara-Tisch zuwankt. Alle anderen Japaner im Raum ignorieren den Mann und unterhalten sich ganz normal weiter.

Der Japaner fällt den Charas vor die Füsse und regt sich nicht mehr. Die Japaner am Tisch (inkl. Shotozumi) ignorieren die Schnapsleiche, Shotozumi führt die Verhandlungen jetzt jedoch zu einem schnellen Ende, mit der Frage, ob sich die Charas seiner ehrwürdigen Vereinigung anschließen wollten. Auf jegliche Antwort reagiert der weißhaarige Japaner nur mit einem freundlichen Lächeln. Nur, falls die Charas sofort und überzeugend entweder sich bereits erklären, Yakuza-Mitglied zu werden oder die geforderten Background-Infos liefern, greift Shotozumi zum Handy und teils seinem Scharfschützen auf japanisch ein "Aktion beenden" mit. Anderenfalls (was wahrscheinlicher ist) steht Shotozumi auf und beendet das Gespräch mit einem freundlichen Nicken.

Anschließend ziehen er und seine Begleiter wortlos vom Tisch ab. Die Charas können noch zu Ende essen, bezahlt wurde die Rechnung in jedem Fall von Shotozumi.

Gerade, als die Charas das Gebäude verlassen, ertönt von innen ein infernales Scheppern. Als sich die Kung-Fu-Tante instinktiv umdreht, erkennt sie, dass die Schnapsleiche die Teeabstellplatte umgeworfen hat. Betonstücke zerfetzen ihre Wange. Scharfschütze ! Reflexiv sollten sich die Charas jetzt in Deckung werfen. Einige Passanten sehen die Charas seltsam an, ein weißer Pudel schnüffelt sie an, ansonsten passiert nichts weiter. Das Einschussloch am Eingangsportal bleibt die einzige Reminiszenz des Killers - vorerst.
 
Gefällt mir gut. Nur das Ende musst du mir nochmal erklären. Entweder sie schliessen sich nicht der Yakzua oder geben Informationen ab, dann eröffnet der Scharfschütze nicht das Feuer.
Ansonsten schiesst er, verletzt aber niemanden und liefert dafür einen Storyaufhänger für eine Fortsetzung.
Wollte der Betrunkene die Charas retten, oder warum hat er die Platte umgeworfen? Oder was das nur Zufall?
 
Skar schrieb:
Wollte der Betrunkene die Charas retten, oder warum hat er die Platte umgeworfen? Oder was das nur Zufall?
Lass dich überraschen. Die Story geht ja noch weiter ... ;)

Ich gebe den Staffelstab erst mal an einen anderen Autor ab .... 8)
 
Keiner ? Naja, dann mach ich halt weiter.


6. Die Killerin, Teil I

Sirenengeheul. Schon wieder. Die Charas springen über die Mauer. Kung-Fu-Lady beißt die Zähne zusammen. Eine tiefe Einschusswunde prangt in ihrer linken Schulter, auf ihrem reinweißen Kimono bilden sich dunkle Flecken. Sie hat den Biker hinter sich gelassen. Lahmarschige Motorradfahrer !

Nur sie ist noch vor ihr. Ihr langes, schwarzes Haar weht im Wind, das schlanke Präzisionsgewehr fest in der blutenden Hand. Sie dreht sich nicht um. Läuft. Um ihr Leben. Flieht vor den Charas. Nutzt Passanten geschickt als Deckung. Verschwindet in eine Nebenstraße.

Hinter der Kung-Fu-Lady schwitzt der Biker, Brillen-Bürschen kotzt das Frühstück auf den Gullydeckel. Zuviel für seine armen Beinchen. Der Anzugträger ist ohnehin zurückgeblieben.

Die Nebenstraße ist kaum bevölkert. Die Killerin nicht zu sehen. Eine Sackgasse ...


6.05 Intermezzo gewünscht ?

Hier lassen sich ohne Probleme einige Zwischenszenarien einfügen. Die aufkommende Paranoia lässt die Charas womögliche übliche Wohnungen und Treffs meiden. Zudem gehen die Auftraggeber (bzw. der Auftraggeber) zunehmend auf Distanz.

In Kürze jedoch wünscht der Hauptauftraggeber (nämlich derjenige, der die Kofferübergabe sowie den Gewürzladenbesuch angeordnet hat) die Charas am üblichen Ort zu sehen ...


6.1 Home, sweet Home

Die belebten Straßen der Großstadt ziehen an den Charas vorbei. Das Zielgebäude kommt in Sicht, unscheinbar, harmlos. Dennoch vermögen sich die Charas nicht zu entspannen. Verdammt ! Wieder mal keine Parkplätze in der Nähe.

Die Charas steigen aus. Das Knallen der Autotüren lässt sie zusammenzucken. Sie machen sich auf den Weg. Trotz vorgeschrittener Stunde sind viele Passanten unterwegs. Forsch vorbeischreitende Anzugsträger, Handy-süchtige Teenies, bedächtige Ältere sowie händchenhaltende Paare. Ein Bettler an der Straßenecke stiert vor sich hin.

Laut vernehmbares Klatschen. Fleisch auf Fleisch. Schmerzhaft hohes Mädchengeschrei. Eindeutig aus der Nebenstraße, an der die Charas just vorbeilaufen. Ein Erwachsener drückt ein Kind an die Wand. Das Kind, ein japanischer Teenie, sieht die Charas unverwandt an. Panik liegt in diesem Blick. Blut läuft über ihre Stirn. Der andere, ein schlanker, fies grinsender Japaner schlägt dem Mädchen mit der Faust in Gesicht. Der Kopf kracht gegen die Wand, die junge Japanerin sackt auf den Boden. Immer noch ist der Blick auf die Charas gerichtet, nicht mehr verzweifelt, sondern gebrochen.
Ihre Lippen formen etwas. Der Japaner tritt wie besessen auf ihren Körper ein.
Passanten eilen an den Charas vorbei, merklich schneller geworden.

Die Charas sollten nun eingreifen. Falls es sich um Vampire handelt, dann macht sie das Blut heiß. Sie sind hungrig, da sie in letzter Zeit etwas vorsichtiger trinken mussten.

Selbst weniger mitfühlende Charas fühlen sich von dem Mädchen irgendwie angezogen.

Gehen die Charas auf den Peiniger zu oder sprechen in an, dann zieht dieser ein Springmesser und zischt den Charas zu, sich zu verpissen. Letztendlich wird der etwas 20-Jährige jedoch abhauen, sollten ihm die Charas zu nahe kommen. Egal ob sich die Charas nun um das vielleicht 13-jährige Mädchen in japanischer Schuluniform kümmern oder die Verfolgung aufnehmen (oder beides): Das Mädchen schreit auf, deutet auf den Straßeneingang. Ein Motorradfahrer in schwarzer Bikerkleidung und Helm zielt mit einer ebenso schwarzen MP auf die Charas - und leert das Magazin. Sehr, sehr viele Schüsse peitschen durch die Nacht.

(SL würfelt ein paar Mal, schüttelt immer wieder den Kopf. Den Charas wird seltsamerweise kein Haar gekrümmt.)
Fassungslos blicken sich die Charas an, dann ein kollektiver Blick auf die bewegungslose, schwarze Gestalt und die rauchende Mündung. Danach ein ebenso kollektiver Angriff. (Sorry, aber diese Tarantino-Anleihe muss einfach sein. ;) )

Die Killerin verschwindet, braust mit dem Motorrad in die Nacht davon.

Das japanische Mädchen fängt hemmungslos an zu heulen. Ihr Peiniger liegt tot in seinem Blute (falls er nicht schon zuvor geflohen ist). Vampiren wünsche ich jetzt guten Appetit. ;)

Das Mädchen kommt nach geraumer Zeit wieder zur Besinnung und birgt ihren neonfarbigen, flashigen Schulrucksack. Unter Tränen erzählt sie, dass vor kurzem ihre große Schwester verschwunden ist, und sie nun wieder anschaffen gehen muss, um die Wohnung zu behalten. Dummerweise ist sie auf einen übermäßig gewalttätigen Freier gestoßen, der einigen Einfluss in ihrer Straße hat. Daher kann sie in ihre Wohnung nicht mehr zurück, und Geld kann sie auch nicht verdienen, da sie Angst hat.

Zitternd stammelt sie, dass sie jetzt wohl nirgendwo mehr sicher sei. Yakumo bearbeitet die Charas so lange, bis diese widerwillig das übel zugerichtete Mädchen mitnehmen.

Beim Treffpunkt angekommen reagiert zunächst niemand auf das Klingeln an der Haustüre, bis eine deutlich verärgerte Lautsprecherstimme den Charas mitteilt, dass Hausierer unerwünscht seien. Sie sollen es doch mal im Lotosblütenpark am Ieyasu-Pavillion versuchen.


6.2. Der Shogun und die Kriegerin

Blütengeschwängerte Nachtluft durchdringt die Nasen der Charas. Sanft plätschert der Seerosenteich, kein überflüssiges Blatt ziert die perfekte Welle der mondspiegelnden Oberfläche. Die japanischen Steingärten sind wohlgeformt, die Natur auf Menschenmaß zugeschnitten.

Der Ieyasu-Pavillion, ein schlichtes, rundes Steinkonstrukt, getragen von 8 filigranen, weißen Säulen, ist nahezu leer. Nur eine offensichtlich nervöse Gestalt ist zu sehen. Der Auftraggeber der Charas.

Die Charas werden sich vermutlich nähern, womöglich nicht ohne Sicherungsmaßnahmen. Erleichterung, aber auch deutlich wahrnehmbare Besorgnis sind dem Auftraggeber anzumerken. Er fasst sich kurz, erläutert, dass nach zwei Aufträgen (Kofferübergabe und danach Gewürzhandelbesuch) jemand ziemlich massiv nach den Charas und nach ihm / ihr selbst sucht.

Der Auftraggeber hat keine konkrete Ahnung, jedoch muss es sich um jemanden ziemlich Einflussreichen handeln, da vor kurzem eine Profi-Killerin hinzugezogen wurde, die "Schwarze Lotos-Blüte", eine Meisterin ihres Fachs, die seit langem nicht mehr aktiv war.

Just in diesem Augenblick zerreißt der Kiefer des Auftraggebers. Blutspritzer, Fleischfetzen und Knochensplitter regnen den Charas warm ins Gesicht. Nach dem Schuss ist im Park ist kein Ton zu hören, nur das Rascheln der Chara-Kleidung. Aus dem Schussgeräusch und der Eintrittswunde kann grob die Position des Schützen bestimmt werden. Verdammt, die Charas sitzen auf dem Präsentierteller !

Wie unheilvolle Schatten bieten die Steinzypressen, Azaleenbüsche und Hortensienhecken dem Schützen Deckung. Sie würden auch den Charas Deckung liefern. Doch just als sich die Charas in Bewegung setzen, fällt ein weiterer gedämpfter Schuss, der Anzugsträger geht zu Boden, das Bein gekrümmt umklammernd. Der Schuss kam eindeutig vom Teehaus im Zentrum des Gartens.

Die Charas springen in Deckung (hoffentlich). Jede Annäherung an die Position des Schützens wird mit einem Schuss quittiert. Der brillenbewehrte Klugscheißer hält sich vornehm im Hintergrund, während sich die Kung-Fu-Tante sowie Mr. Biker annähern. Die beiden fangen sich Schusswunden ein - der Biker wird am Kopf gestreift, die Kampfsportlerin erhält einen glatten Schulterdurchschuss. Aber nun sind die Charas fast am Teehaus angekommen, die Steine des weitläufigen Steingartens knirschen unter ihren Füssen.

Keine Reaktion im Teehaus. Fast scheint es, als würde das gewaltige, spitze Dach die unscheinbaren Wände zerquetschen müssen. Die Charas nähern sich der Wand. Noch immer keine Reaktion. Egal wie sie nun ins Haus gelangen - über die Tür oder die dünnen Wände. Sie hören das charakteristische Klicken einer Granatensicherung.

Ein gewaltiges Feuerwerk zerreißt die Nacht. Brennende Stücke des Teehauses prasseln auf den kunstvoll angelegten Steingarten, zerfetzen die Hortensien, entzünden die Steinzypressen. Ein gewaltiges Dachstück landet laut klatschend im Seerosenteich.

Im Schein des Feuers erkennen die Charas eine Bewegung in einer brennenden Zypresse. Eine davonhuschende Gestalt, mit einem langen Gegenstand in der Hand. Nun sind die Charas die Verfolger...


6.3. Die Killerin, Teil II

Dieses verdammte Miststück hat es tatsächlich bis zur Gartenmauer geschafft ! Und ist jetzt in der Seitenstraße verschwunden. Aber in der Sackgasse gibt es kein Entrinnen, Showdown ist angesagt !

Die Straße ist ein typisches Hinterhofszenario, ein paar räudige Katzen fauchen die Charas an, es stinkt nach Müll. Die Mülltonnen bieten gute Deckung. Die Charas bemerken eine offene Tür im hinteren Teil der Gasse. Vor der Tür liegt ein gewaltiger Abfallberg, der Tonnendeckel liegt schief.

Bei Annäherung an die Tür (oder die Tonne) fliegt der Kung-Fu-Tante der Deckel der gegenüberliegenden Tonne entgegen. Sie kann knapp ausweichen (oder auch nicht), die Killerin schlägt einen Standsalto aus der Tonne, gefolgt von einem Sprungkick gg. die Kampfsportlerin. In beiden Händen gezückte Messer, die sie gewandt gg. die Charas verwendet. Jedoch setzt ihr der Holzsplitter in der rechten Hand zu, der sie bald in die Defensive bringt.

Sobald klar wird, dass sie den Kampf verliert, rammt sie sich ohne zu zögern das Messer ins Herz (falls die Charas sie nicht zuvor töten). Wortlos sinkt sie zu Boden, aus etlichen Wunden blutend. Sie trägt keinerlei Erkennungsmerkmale. Die Killerin ist eine Frau mit harten Gesichtszügen, einigen Blessuren und Narben am ganzen Körper. Sie ist vielleicht 30 Jahre alt, möglicherweise aber auch älter. Ihr Gewehr liegt unter dem Abfallberg.


7. Funkstille

Die Charas können sich nun einige Zeit die Wunden lecken. Ihre Auftraggeber melden sich zurück, der schwer verwundete Hauptauftraggeber hat das Attentat knapp überlebt. Yakumo hat sich körperlich gut erholt, wo immer die Charas das Mädchen auch untergebracht haben. Jedoch ist die Kleine immer noch sehr verletztlich und anlehnungsbedürftig. Sie versucht zu helfen wo sie nur kann (tatsächlich sind ihre Fähigkeiten sehr - ähem - beschränkt) und bettelt mit ihren flehenden Augen, falls die Charas sie loswerden wollen.

Eigentlich läuft alles prima, als die Charas über einen Mittelsmann ihres Hauptauftraggebers erfahren, dass der eigentliche Verantwortliche für die Attentate sie persönlich zu sprechen wünscht, um die Sache beizulegen. Als Treffpunkt wird das Parkhaus vorgeschlagen, an demselben Ort, an dem die Schießerei stattgefunden hat. Der Mittelsmann garantiert persönlich, dass der Verantwortliche selbst zugegen sein wird, ein bekannter japanischer Industrieller. Daher bestünde keinerlei Gefahr eines Anschlags.

Tatsächlich taucht am nächsten Abend besagter Japaner auf, offensichtlich allein. Alle Überwachungsmaßnahmen der Charas ergeben keinerlei Auffälligkeiten, weder im Gebäude, noch draußen.

Der Mann, der auf die Charas zugeht, ist weißhaarig und gebrechlich. Er bemüht sich, aufrecht zu gehen. In sein Gesicht ist Kummer eingegraben, eine starre Maske des Schmerzes. Die Charas erkennen dieses Gesicht. Es ist die Schnapsleiche im "Japanese Finesse". Er hingegen scheint die Charas nicht zu kennen.

Handyklingeln zerreißt die Stille. Der alte Mann steht unbewegt. Es ist das Handy des Anzugsträgers. Yakumo. Sie fragt Anzugsträger, wie wohl er sich am Ort eines heimtückischen Mordes fühle. Dann berichtet eine eiskalte Stimme - eine Tonlage, die die Charas von Yakumo nicht kannten - dass die Charas mit der Erschießung ihrer Schwester ihrem Vater das Herz gebrochen hätten. Außerdem hätten sie damit für ihre Reaktivierung als "Schwarze Lotos-Blüte" gesorgt, eine Tätigkeit, die sie ihrer Schwester zuliebe aufgegeben hatte.

"Euer Feuer wird mein Herz erwärmen". Die vor Zynismus triefende Stimme klingt weder mädchenhaft, noch menschlich.

Der alte Mann nimmt sein Handy aus der Tasche und drückt eine Nummer. Sollten die Charas dies verhindern wollen, dann teilt der Alte ihnen mit leiser Stimme mit, dass ihre Kleidung binnen weniger Sekunden in Flammen aufgehen wird, wenn er nicht sofort eine Bildverbindung mit seiner Tochter herstellen würde.

Verhindern die Charas immer noch die Handynutzung, dann hören sie ein leises, statisches Zischen von ihren Klamotten ausgehen, die sofort lichterloh in Flammen stehen. Tja, dumm gelaufen (v.a. für Vampire). Aber selbst "normale" Charas erleiden im besten Fall schwerste Brandverletzungen (da ultraheiß brennende Kleidungsfetzen auf der Haut kleben bleiben), sollten sie es wieder Erwarten überleben, killt sie womöglich der Volumenverlust.

Erlauben die Charas eine Handywahl, dann drückt der Alte besagte Taste und murmelt nach kurzer Zeit völlig emotionslos: "Sie soll das Feuerwerk auch mit erleben."

Während die Charas schwitzen, geschieht lange Zeit nichts. Der Alte wird immer nervöser, sein verwirrter Blick aufs Handy gerichtet. Ganz aufmerksame Charas erkennen einen feinen Sprung in der Handyschale des Alten, entstanden wohl bei einem kürzlichen Sturz.

Plötzlich zerreißt ein klingelndes Handy die Stille. Wieder das Handy des Anzugträgers. Eine eiskalte Yakumo fordert die Übergabe des Handys an ihren Vater. Sollte das Handy anstandslos übergeben werden, so folgt ein kurzes Gespräch zwischen Yakumo und Daddy, danach deaktivert der Alte sein eigenes Handy. Sofort danach geht die Kleidung der Charas in Flammen auf.

Sollten die Charas das Handy nicht übergeben, so lautet der letzte Satz, den sie von Yakumo für längere Zeit hören werden: "Ihr werdet brennen."

Nichts passiert. Der alte Mann kramt sichtlich enttäuscht in seiner Anzugsjacke und holt eine Schachtel hervor, aus der er eine unscheinbare, weiße Pille entnimmt. Schreiten die Charas ein, so bittet er darum, sein Gesicht zu wahren. Sein Herz sei ohnehin gebrochen.

Egal wie die Charas mit dem Greis verfahren, sein Leben ist verwirkt. Yakumo nicht auffindbar. Die Wohnung der Charas sieht aus wie sonst auch (keinerlei Fallen, Nachrichten, o.ä.). Das Handy des alten Industriellen - des Vaters der jungen Frau, die bei jener unglückseligen Kofferübergabe erschossen wurde - ist wohl defekt, wodurch ein verzerrtes Funksignal ausgestrahlt wird. Die Charas entdecken winzige Empfänger sowie eingewobene, elektrisch entzündliche hochbrennbare Materialen in ihrer Kleidung.

<edit: Rechtschreibung sowie minimale Veränderungen>
 
Ja, ich hätte ein paar Veränderungen in petto. Klingt aber ganz gut.

Da wäre zum Beispiel bei der Kleinen in der Seitenstraße zu nennen, dass wenn die Charas einfach weitergehen, um evtl. Ärger aus dem Weg zu gehen die Motorradtussi halt etwas früher erscheint.
Den Begriff Prostitution würde ich rauslassen, dafür würde ich was von "sich verkaufen" schreiben. Das kann dann jeder SL harmloser auslegen, falls er es für angebracht hält.

Bei Pavillon würde ich die Deckung als etwas geeigneter beschreiben und dann nicht direkt einen Beinschuß einbauen, sondern einen Streifschuß, als sich der Anzugträger gerade 5 mm aus seiner Deckung bewegt hat.
Dadurch bleiben die Chars etwas länger intakt und können nachher noch besser agieren.

Bei den brennenden Kleidungsstücken würde ich auch nur auf die Hose gehen. Das reicht vom Schaden her locker aus. Das Auslösen des Brandes ist ja auch schnell passiert. Außerdem könnte es ganz spaßig werden, wenn die Charas in aller Eile aus ihrer brennenden Hose heraus wollen.
 
Skar schrieb:
Da wäre zum Beispiel bei der Kleinen in der Seitenstraße zu nennen, dass wenn die Charas einfach weitergehen, um evtl. Ärger aus dem Weg zu gehen die Motorradtussi halt etwas früher erscheint.
Also quasi eine "unabsichtliche" Rettung des Mädchens durch (Selbst-)Rettungssprung in die Gasse. Klingt gut.

Skar schrieb:
Den Begriff Prostitution würde ich rauslassen, dafür würde ich was von "sich verkaufen" schreiben. Das kann dann jeder SL harmloser auslegen, falls er es für angebracht hält.
Yep. Alternativ kann man die ganze Prostitutionsgeschichte auch ganz fallenlassen. Yakumo behauptet dann einfach, sie wäre eine arme, kleine Vollwaise, die von dem Kerl in die Gasse gezogen worden sei (stimmt ja ohnehin beides nicht).

Skar schrieb:
Bei Pavillon würde ich die Deckung als etwas geeigneter beschreiben und dann nicht direkt einen Beinschuß einbauen, sondern einen Streifschuß, als sich der Anzugträger gerade 5 mm aus seiner Deckung bewegt hat.
Dadurch bleiben die Chars etwas länger intakt und können nachher noch besser agieren.
Kein Problem. War ohnehin nur als Beispiel gedacht, um eine mögliche Folge des Anschlags zu beschreiben.
Die SCs können sich ja zunächst unter dem etwas höheren Pavillon-Sockel verstecken. ;)

Skar schrieb:
Bei den brennenden Kleidungsstücken würde ich auch nur auf die Hose gehen. Das reicht vom Schaden her locker aus. Das Auslösen des Brandes ist ja auch schnell passiert. Außerdem könnte es ganz spaßig werden, wenn die Charas in aller Eile aus ihrer brennenden Hose heraus wollen.
Naja, wenn alles gut läuft, fängt die Kleidung gar nicht an zu brennen. Zudem will Yakumo es den Charas nicht einfach machen. Sie sollen (ver-)brennen. Reiner Zufall rettet ihnen abermals die Haut (oder vielleicht doch "divine intervention" ? -> Jules Winnfield :D )

Allerdings ist es eine herrliche Vorstellung, die Charas im Parkhaus die Kleidung panisch vom Leib reißen zu sehen ...
 
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